Der Letmather Carl Overweg (1805-1876) hat im Revolutionsjahr 1848 gegen den König von Preußen agitiert und so seine Beförderung zum Kommerzienrat verspielt. Diese neuen Erkenntnisse präsentierte der Iserlohner Stadtarchivar und Geschichtsforscher Götz Bettge vorgestern einer Ururenkelin von Carl Overweg, die erstmals in ihrem Leben die Stätte ihrer Ahnen – das Haus Letmathe – besuchte.
Carl Overweg, der von 1852 bis zu seinem Tode im Haus Letmathe wohnte, hat sich laut Bettge über Jahrzehnte als liberalkonservativer Politiker und Vertreter der Wirtschaftsverbände engagiert. Im Revolutionsjahr 1848 bezog er als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung eine deutliche Gegenposition zur Politik der Preußischen Regierung. Unter anderem setzte er sich, wie Bettge herausfand, für Schutzzölle und gegen den Freihandel ein und forderte in einem Flugblatt die Ablösung des Ministerpräsidenten. So wurde er öffentlich bezichtigt, den Aufstand in Iserlohn mit angestiftet zu haben.
Die Engländerin Maria Fox, geb. Ebbinghaus, die zum ersten Mal in ihrem Leben das Geburtshaus ihrer Mutter – das Haus Letmathe – betrat, nahm diese Erkenntnisse über ihren Ururgroßvater mit großem Interesse auf. Auch ihr Mann John Fox sowie Jürgen Overweg aus Bad Hersfeld, ein weiterer Nachfahre des „revolutionären Politikers aus Letmathe“, und dessen Frau Helga freuten sich über die Neuigkeiten aus der Geschichtsforschung.
Aber auch Archivar Götz Bettge empfand das Treffen mit den Overweg-Nachfahren im Heimatmuseum als äußerst bereichernd. Hatten die Familien aus Bad Hersfeld und aus dem englischen Leigh-on-Sea doch eine ganze Menge alter Fotos und Dokumenten mitgebracht. Bettge hofft nun, daraus weitere Erkenntnisse über die Geschichte der Overwegs sowie über Iserlohn und Letmathe gewinnen zu können.
„Ich war furchtbar aufgeregt“, beschreibt die 70-jährige Maria Fox ihr Gefühl, als sie die Schwelle zum Haus Letmathe überschritt. „Es war schon ein emotionaler Augenblick, in das Gebäude hineinzugehen, in dem meine Mutter (Anna E. Ebbinghaus) ihre Kindheit verbrachte. Ich weiß noch genau, wie sie mir früher stolz davon erzählt hat, dass das Haus im Jahr 1900 zum ersten Mal elektrischesLicht bekam und wie fasziniert sie war, als sie zum ersten Mal auf den Schalter drückte.“
Die Psychotherapeutin Maria Fox wurde 1933 in Witten an der Ruhr geboren und lebt seit 44 Jahren in England. Mit ihrem Mann John, einem geschichtlich sehr interessierten Unternehmensberater, wohnt sie in der Nähe von London. John Fox ist stolz darauf, mit Lena und Marga Deneke befreundet zu sein, zwei Professorinnen in Oxford, die als Töchter von Clara Deneke ebenfalls aus der großen Letmather Overweg-Familie abstammen.
Quelle: Westfälische Rundschau, 11.10.2003