Den kuriosesten Fund, den Margit Rinke-Olbrisch gemacht hat, als sie das Archiv der Familie von Heyl vom Nonnenhof durchforstete, war die Haarlocke einer ägyptischen Mumie. Sie sei rund 3000 Jahre alt, steht handschriftlich auf dem Tütchen vermerkt, in dem sie aufbewahrt wird. Dieses Detail bringt in Erinnerung, dass die Heyls über lange Zeit nicht nur die größten Arbeitgeber der Stadt Worms, sondern auch Mäzene und Sammler waren, denen Worms große Schätze verdankt.
In Findbuch festgehalten
Welche Briefe sie mit Architekten und Künstlern – beispielsweise Schmoll von Eisenwerth – wechselten und welche Dankesschreiben sie erhielten, als sie durch Professor Heinrich Boos die Wormser Urkunden sichten und ordnen ließen, all dies und noch viel mehr enthalten die Dokumente, die Dr. Ludwig von Heyl dem Stadtarchiv vor rund einem Jahr zur Nutzung überlassen hat und die jetzt dank eines Findbuchs zugänglich sind.
Wie Dr. Ludwig von Heyl bei der Vorstellung dieses Registers erzählte, hatte sein Onkel Leonhard von Heyl, Vorbesitzer des Nonnenhofs, die Familiendokumente gesammelt von Tagebüchern und Fotos über Briefe und Urkunden bis hin zum Rohmaterial für einen Film, aus dem ein Firmen- und Stadtporträt hätte entstehen sollen. Weil er selbst die Aufarbeitung nicht leisten könne, so Ludwig von Heyl, habe er die Sammlung dem Stadtarchiv überlassen.
Margit Rinke-Olbrisch sichtete daraufhin das gesamte Material, erschloss jedes Papier durch eine kurze Inhaltsangabe und ordnete es sowohl nach Personen wie nach Themengruppen.
Wer zukünftig Unterlagen über die Familie von Heyl sucht, wird unter den jeweiligen Stichwörtern jetzt schnell fündig, ob er sich nun über die wirtschaftliche Entwicklung der Lederindustrie informieren oder ob er anhand von Gästelisten und Bauplänen Einblick in die beeindruckende Selbstinszenierung der Familie gewinnen will, die, aus dem Bürgerstand kommend, mit viel Aufwand und Glanz versuchte, sich in Adelskreisen zu etablieren. Hinter den Kulissen eines harmonischen Erscheinungsbildes sei es allerdings immer wieder zu erbitterten Streitigkeiten gekommen, urteilt Stadtarchivar Dr. Gerold Bönnen.
Die Materialien seien „absolut spektakulär“, betonte er. Einige Unterlagen habe man schon verloren geglaubt. Nach der Registrierung könne man sie nun wissenschaftlich aufarbeiten. Alle Daten des Findbuchs lassen sich auch über Computer abrufen.
Geschichte geschrieben
Wie wichtig diese Dokumente sind, machte noch einmal Kulturdezernent Gunter Heiland klar. Die von Heyls hätten fast 200 Jahre lang Wormser Geschichte geschrieben und weit über die Stadt hinaus gewirkt – bis in den Berliner Reichstag hinein. Wer die Familiengeschichte erforscht, wird also zweifellos auch ein bedeutendes Stück Stadt- und Reichsgeschichte sichtbar machen können.
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Quelle: Wormser Zeitung, 8.9.2003