Katastrophenvorsorge in Archiven

Vom 24. bis 26. Juni 2003 trafen sich rund 45 Archivarinnen und Archivare sowie Gäste aus dem Bibliotheks- und Museumsbereich in Markersbach/Sachsen zum Seminar „Katastrophenvorsorge in Archiven. Bestandsaufnahme“. Dabei handelte es sich um die jährlich von der Bundeskonferenz der Kommunalarchive (BKK) beim Deutschen Städtetag durchgeführte Fortbildungsveranstaltung, die traditionell vom Westfälischen Archivamt vorbereitet wird und an der sich angesichts der Flutkatastrophe vom August 2002 der Landesverband Sachsen im VdA und die Fachgruppe 2 des VdA -Verband deutscher Archivarinnen und Archivare beteiligt haben. Das Seminar diente dazu, den Stand der Katastrophenvorsorge in Archiven und die Anwendbarkeit vorliegender Katastrophenpläne zu ermitteln sowie wesentliche Punkte für realistische und aussagekräftige Handreichungen zusammenzutragen.

Raymond Plache, Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen im VdA, führte eine „Chronologie der Flut“ an, in der er neben der Schilderung der zur Flut führenden meteorologischen Umstände vor allem den Ablauf der Tage im August 2002 in Sachsen und den anderen betroffenen Regionen schilderte.
Die erste Arbeitssitzung stand ganz im Zeichen der Erfahrungsberichte einzelner Kolleginnen und Kollegen über die noch allgegenwärtige Hochwasserkatastrophe vom August 2002. Die Stadtarchivarin von Pirna, Angela Geyer, und die Mitarbeiterin des Stadtarchivs Grimma, Jaqueline Forner, informierten auch über eingeleitete Maßnahmen zur Rettung ihrer Archivalien und den derzeitigen Sachstand.

Veronique Töpel, Sächsisches Wirtschaftsarchiv Leipzig, informierte die Anwesenden über Hilfsangebote des Archivs und die Hochwasserschäden in sächsischen Wirtschaftsarchiven. Insbesondere ging sie anhand von Erfahrungsberichten aus den Unternehmen auf die Rettung von Hochwasser geschädigten Dokumentationsakten zum Gasleitungsnetz in der Stadtwerke Chemnitz GmbH und auf die Situation im Archiv der Sächsischen Zeitung ein.
Dr. Wolfgang Frühauf, Landesbeauftragter für Bestandserhaltung an der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden, referierte über die Flutschäden und die Fluthilfe in sächsischen Bibliotheken. Dr. Thomas Schuler rundete mit seinem Beitrag über die Schäden in sächsischen Museen und dem Hinweis auf die von ihm sozusagen druckfrisch erarbeitete Agenda-Liste zur Katastrophenvorsorge den Nachmittag ab.

Am zweiten Seminartag ging es u.a. um die Vorsorge für den Katastrophenfall. Dazu waren Referenten aus dem Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes eingeladen. Man ermunterte die Anwesenden, das Gespräch mit den zuständigen Behörden bzw. der örtlichen Feuerwehr selbst zu suchen, um die gegenseitigen Befindlichkeiten vor dem Eintritt eines Katastrophenfalls zu klären, auch um vorhandene Vorlaufzeiten besser zu nutzen. Die Bereitschaft der örtlichen Behörden zur Aufnahme der Archive in die Einsatzpläne ist vielfach vorhanden. Dass Archive dann tatsächlich darin ihren Platz erhalten, ist auch ein Ergebnis des persönlichen Engagements.

Arnd Weinhold vom Sächsischen Ministerium des Innern, Referat Katastrophenschutz, referierte über Rechtsvorschriften zum Katastrophenschutz und die Zuständigkeit von Bund, Ländern und Gemeinden im Katastrophenfall. Insbesondere informierte er über das Zivilschutzgesetz, über das Gesetz über den Katastrophenschutz im Freistaat Sachsen und über die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut von 1954. Besonders interessant für die Kolleginnen und Kollegen war der Hinweis auf §9 des Sächsischen Katastrophenschutzgesetzes, welcher die Mitwirkung der Gemeinden im Katastrophenschutz zwingend vorschreibt. Die Ausführungen Weinholds zeigten Wege auf, Archive in die Katastrophenpläne einzubeziehen, eine Forderung, die bereits seine Vorredner gestellt hatten.

Frau Dr. Andrea Wettmann, Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden widmete sich in ihrem Referat den Hochwasserschäden an Registraturen der Justiz und den Auswirkungen der Verluste auf die Geschichtsforschung. Von besonderem Interesse für die Kolleginnen und Kollegen war, das den ablieferungspflichtigen Stellen seitens des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden keine Genehmigung zur Kassation sämtlicher von der Flut beschädigter Unterlagen erteilt wurde, wie es die Verantwortlichen der Registraturbildner teilweise gefordert hatten, sondern das die Vernichtung einschließlich der Finanzierung in deren Zuständigkeit erfolgte.

Der dritte Seminartag diente dazu, vorhandene Musternotfallpläne und die aus dem Seminar gewonnen Erkenntnisse zu bündeln mit dem Ziel, eine praktikable Handreichung zu erarbeiten. An die Vorstellung des Musternotfallplanes für westfälische Kommunalarchive durch Rickmer Kießling vom Westfälischen Archivamt Münster schloß sich eine Gesprächsrunde zur Umsetzung der an den Seminartagen gewonnenen Erkenntnisse in einem künftigen Musternotfallplan an. Man verständigte sich, dies im kleineren Kreis weiter zu bearbeiten. Die Ergebnisse sollen bis zum Herbst zusammengefasst und später gemeinsam mit den Referaten veröffentlicht werden.

Quelle: Seminarbericht von Grit Richter-Laugwitz, Vorstand des Landesverbandes Sachsen

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