Weiden. Das Foto einer attraktiven Badenixe im „so genannten Frauenbad“ lässt stutzen. Der Sittenkodex sorgte im Stadtbad am Ufer der Naab für die Trennung der Geschlechter. Vor 1900 mussten die Damen des Weidener Bürgertums gar in angepachteten Badehäuschen unbesehen in der Naab plantschen: überraschende Facetten der „Lebensader Waldnaab“.
Der Brunnen vor dem Neuen Rathaus der Stadt Weiden in der Oberpfalz gluckste und plätscherte, als Oberbürgermeister Hans Schröpf gemeinsam mit dem Direktor des Wasserwirtschaftsamts, Erich Eichenseer, am Donnerstag, den 26. Juni, im Freien die mit der Stadtgärtnerei und dem Stadtarchiv geschaffene Ausstellung eröffnete.
Historische Fotos führen dem Betrachter den gewaltigen Einschnitt der Hochwasserfreilegung Ende der 1930er Jahre ebenso vor Augen wie die ersten Erfolge der Renaturierung. In der Schweinenaab siedelt bereits wieder der Flusskrebs, vom Aussterben bedrohte Kleinstlebewesen und Pflanzen kehren zurück. Zufriedenen Blickes beäugen in der Ausstellung ein fetter Biber und ein stolzer Reiher die Selbstreinigungskraft eines fließenden Gewässers – im Vergleich zu einer stehenden „Brühe“.
Die Schautafeln erklären auch das Rätsel eines „Dükers“: der – unterirdischen – Kreuzung von Flutkanal und Naab. Die Gegenüberstellung der Gewässergütekarten von 1970 und 2003 beweist, dass es Waldnaab und Naab (ab Weiden-Süd) vom gelb-roten, kritisch bis hoch belasteten Fluss in den idealen „grünen Bereich“ (gering bis mäßig belastet) geschafft haben.
„Zurück zur Natur“, freute sich OB Hans Schröpf über besonders gelungene Beispiele der Renaturierung. Der Direktor des Wasserwirtschaftsamts, Erich Eichenseer, berichtete vom „Boom der Flüsse“ in Bayern, vom Kampf um das Wasser, mit dem Wasser und gegen das Wasser. „Die Waldnaab hat auch die Stadtentwicklung und das Erscheinungsbild Weidens mit geprägt.“ Als Stadt am Fluss habe Weiden einen nicht unerheblichen Standortvorteil. Ein Team des Wasserwirtschaftsamtes unter Leitung von Rolf Schlapschy konzipierte die Ausstellung. Georg Otto steuerte farbenkräftige Landschaftsbilder bei. Mit Adern verglich Leitender Baudirektor Jörg Ernstberger von der Regierung das Wesen der Flüsse: „Sie verbinden und halten das Leben in Gang.“
Stadtarchivarin Annemarie Krauß schilderte anschaulich jene Zeit, als jedes Frühjahr bis zu 2000 Hektar Naabwiesen unter Wasser standen und der Eisstoß immer wieder die Brücken beschädigte. Die Stadtarchivarin zitierte aus den Erinnerungen ihres verstorbenen Mannes Fritz an die Heumahd bei Moosbürg, als es noch zahllose Frösche gab und bis zu einem halben Dutzend Störche über die frisch gemähte Wiese stakste. Alle Arbeit war vergebens, wenn die wilde Waldnaab nach einem Gewitterregen das Heu einfach weg schwemmte.
Fast 20 Jahre, von 1857 bis 1876, stritten sich die Weidener in einer „Schutzgenossenschaft“ ohne praktischen Erfolg um eine Hochwasserfreilegung. Mit den ersten Planungen beauftragte die Regierung 1912 das städtische Kulturbauamt. Es dauerte schließlich bis 1923, ehe der Entwurf für einen Hochwasserkanal vorlag. Bei dem Millionenprojekt – der damals bedeutendsten Wasserbaumaßnahme in der Oberpfalz – mussten die Landwirte pro Tagwerk eine Umlage von 385 Reichsmark aufbringen, einen Tausender mehr kostete die Hochwasserfreilegung von Bauland.
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Quelle: Oberpfalznetz, 27.6.2003