Essen (NRZ). Das älteste steht in Rom. Es wurde im Jahre 1888 gegründet und erforscht die Archive des Vatikans. Das jüngste „Deutsche Historische Institut“ wird demnächst in Mokau eröffnet. Fünf Jahre lang werden die Krupp- und die Zeit-Stiftung die Kosten von je 2,5 Millionen Euro tragen. Die Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (D.G.I.A.) ist ebenfalls beteiligt. Später übernimmt alles die Bundesregierung.
Gestern wurde in der Villa Hügel die Gründungs-Urkunde von Professor Dr. Berthold Beitz (Krupp), Professor Dr. Michael Göring (Zeit) und Professor Dr. Wolfgang Schieder (D.G.I.A.) unterschrieben. Leiten wird das Moskauer Institut Professor Dr. Bernd Bonwetsch, Historiker an der Ruhr-Universität Bochum. Bonwetsch: „Ich bin rußland-süchtig, aber ich weiß, dass sich die Zusammenarbeit mit Russen vor allem in Hinblick auf deren Archive noch normalisieren muss.“
Immerhin hofft er, Themen wie den „sowjetischen Einfluss auf die KPD“, die „Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee“, Fragen wie „Was wollte die sowjetische Deutschland-Politik“ oder die Hintergründe des Mauerbaus in Berlin erarbeiten zu können. Das Institut soll in das deutsch- russische Kulturabkommen aufgenommen werden, und, wie man en passant hört, sollen auch die sechs deutschen Wissenschaftler, die dort arbeiten, einen Diplomatenstatus erhalten, weil ihnen dies das Leben in Moskau doch sehr erleichtern dürfte.
Drei russische Studenten (oder fellows) will man aufnehmen, und die Zusammenarbeit mit russischen Historikern ist ohnehin selbstverständlich. Für die deutschen Wissenschaftler sind allerdings gute Russisch-Kenntnisse unabdingbar.
Wichtig sei vor allem der Aufbau einer großen eigenen Bibliothek, sagt Bonnwisch. Die Nutzung russischer Archive ist derzeit schwierig, doch hofft man, dass deren Schließung nur vorübergehend sein möge. Inzwischen gibt es außer in Rom (wo die Forschungen mit Erlaubnis des Vatikans jetzt bis zum Jahre 1939 ausgedehnt werden durften) noch weitere Institute in Warschau, Rom, Paris, London und in Washington. Sie sind übrigens einzigartig. Kein anderes Land hat im Ausland solche Forschungseinrichtungen für Geschichte.
Das DHI in Moskau wird sich schwerpunktmäßig auf die Erforschung der deutsch-russischen Beziehungen in jüngerer Zeit spezialisieren. Da besteht laut Bonnwisch noch erheblicher Bedarf.
Quelle: NRZ online vom 17.6.2003.