Vor 200 Jahren fanden zwischen Rhein und Weser im Zuge der französischen Revolutionskriege Umwälzungen der politischen Landkarte und Eigentumsverschiebungen größten Ausmaßes statt. Die Kirche verlor ihre weltliche Macht und enormen materiellen Besitz. Viele Klöster und Stifte wurden aufgelöst, Mönche und Nonnen heimat- und arbeitslos, Kirchenschätze in alle Winde verweht.
Mit der Ausstellung „Klostersturm und Fürstenrevolution. Staat und Kirche zwischen Rhein und Weser 1794/1803“ erinnern die nordrhein-westfälischen Staatsarchive im Dortmunder „Museum für Kunst und Kulturgeschichte“ an das Ende der Klöster und geistlichen Staaten vor 200 Jahren.
Die Ausstellung zeigt mehr als 430 Exponate und umfasst elf Abteilungen. Die ersten drei Abteilungen beleuchten den Vorabend der Säkularisation: Sie geben einen Einblick in das Klosterleben des 18. Jahrhunderts, in die zeitgenössischen Vorurteile gegen Nonnen und Mönche sowie die Eigenheiten der geistlichen Staaten. Die folgenden vier Abteilungen geben einen Überblick über die politischen Ereignisse, die mit der Französischen Revolution ihren Anfang nahmen und mit der Auflösung bisher selbständiger Staaten endeten.
Einer dieser Bereiche ist der Reichsstadt Dortmund gewidmet, die 1803 ebenfalls ihre Selbständigkeit verlor und deren Klöster und Stifte durch die neuen Landesherren in Besitz genommen wurden. Die letzten vier Bereiche veranschaulichen die praktischen Konsequenzen der Säkularisation. Die Schicksale einiger heimatlos gewordenen Mönche und Nonnen werden ebenso beleuchtet wie die Auswirkungen auf die klostereigenen Kunstschätze. Illuminierte Handschriften des Mittelalters, Tafelbilder, Skulpturen und liturgische Gefäße erzählen vom rücksichtslosen Umgang mit sakralen Kostbarkeiten und von den Spuren ihrer oft abenteuerlichen Odyssee.
Der Ausstellungsrundgang endet mit der Umnutzung ehemaliger Klöster als Gefängnis, Irrenanstalt oder Fabrik und zeigt die Neubewertung mittelalterlicher Architektur am Beispiel Altenbergs. Zu den Höhepunkten der Präsentation gehören der „Hitda-Codex“ aus dem ehemaligen Damenstift St. Walburgis in Meschede und die Altartafel „Hl. Jakobus“ aus dem Kloster Liesborn. Der „Hitda-Codex“, ein Auftragswerk der Äbtissin Hitda aus dem 11. Jahrhundert, ist in einer Kölner Malerschule entstanden und weist mittelbyzantinische Einflüsse auf. Im Zuge der Säkularisation gelangte die Handschrift in die Hofbibliothek des Landgrafen Ludewig X. von Hessen-Darmstadt und befindet sich heute in der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt.
Abenteuerlich ist die Reise der Altartafel „Hl. Jakobus“, die Anfang des 14. Jahrhunderts im Umkreis des Meisters von Liesborn entstanden ist: Da mittelalterliche Kunst bei den Aufhebungskommissaren zunächst keine Beachtung fand, wurden die Gemälde erst 1825 versteigert. Für den „Hl. Jakobus“ begann damit eine Odyssee. Zunächst wurde er Deckel einer Mehlkiste, nacheinander Teil von zwei Privatsammlungen, Exponat der Londoner National Gallery, Auktionsgut bei Christie, Besitz eines schottischen Marquess und dann versteigert bei Sotheby. Letztlich kehrte er an seinen Bestimmungsort im Museum Liesborn zurück.
Zur Ausstellung ist ein Begleitband mit zahlreichen Abbildungen erschienen. Vorträge führen in die ereignisreiche Zeit um 1800 ein, und bei Stadtrundgängen können sich Interessierte auf die Spuren des Dortmunder Klosterlebens begeben. Das Begleitprogramm wird in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark, die Museumsgesellschaft zur Pflege der Bildenden Kunst, dem Katholischen Bildungswerk der Dortmunder Dekanate e.V. und der Dokumentationsstelle für Dortmunder Kirchengeschichte durchgeführt.
Ort:
Museum für Kunst und Kulturgeschichte
Hansastraße 3
44137 Dortmund
Tel.: 0231/50-25522
Fax: 0231/50-25511
mkk@stadtdo.de
http://www.museendortmund.de/mkk/
Öffnungszeiten:
dienstags, mittwochs, freitags und sonntags von 10.00 bis 17.00 Uhr;
donnerstags von 10.00 bis 20.00 Uhr; samstags von 12.00 bis 17.00 Uhr.
Eintritt:
5 Euro, ermäßigt 3,50 Euro, Schulklassen 2 Euro
Dauer:
Die Ausstellung ist noch bis zum 17. August 2003 zu besichtigen.