(AP) Auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg haben Bauarbeiter ein 59 Jahre altes Dossier ehemaliger Häftlinge entdeckt. Wie die Gedenkstätte Neuengamme am Dienstag mitteilte, besteht das Dokument aus 14 beidseitig beschriebenen Zetteln. Darauf sind 408 Häftlinge mit ihrem Namen, ihrem Beruf und ihrem Herkunftsort verzeichnet. Der Fund sei von unschätzbarem Wert, sagte Jens Michelsen, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte.
Ein Großteil der Dokumente in Neuengamme sei nach dem Zweiten Weltkrieg vernichtet worden, hieß es: „Es gibt nur ganz wenige Zeugnisse aus der KZ-Zeit.“ Bei den verzeichneten Häftlingen handelt es sich um ehemalige französische Minister, Senatoren und Präfekten, Offiziere, Geistliche und andere „wichtige Funktionsträger“ in Frankreich, erklärte Michelsen.
Nach Angaben der Gedenkstätte sind die französischen Gefangenen im Juli 1944 in zwei Transporten als Geiseln in das Lager Neuengamme eingeliefert worden. Sie waren dort in einem abgetrennten Bereich, dem „Prominentenlager“, untergebracht. Es wird vermutet, dass das Dossier dort wahrscheinlich bei Umbauarbeiten versteckt worden ist. Im April 1945 wurden die Gefangenen nach Theresienstadt transportiert. Fast alle haben den Krieg überlebt.
Etwa einen Meter von den in Zeitungspapier eingewickelten Dokumenten entfernt fanden die Bauarbeiter außerdem mehrere Lederstücke. „Wir gehen davon aus, dass sie nichts mit dem Dossier zu tun haben“, sagte der Mitarbeiter. Die Lederstücke seien aber wahrscheinlich bewusst für Tauschgeschäfte dort hingelegt worden. Die beiden Fundstücke werden nun restauriert und sollen in der Ausstellung der Gedenkstätte zu sehen sein. Die Fundstücke wurden beim Umbau der früher von der SS genutzten Garagen entdeckt.
(Der Artikel erschien in Die Welt und in der Frankfurter Rundschau vom 30.4.)