Fundstück des Monats Februar 2023 der Villa ten Hompel.
Am 26. Mai 1945, also 18 Tage nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, gab der damalige Bürgermeister der Stadt Münster, Fritz-Carl Peus (1871-1950), dem Polizeipräsidenten folgende Anweisung: „1. Alle Inschriften der NSDAP müssen entfernt werden. […] 3. Beauftragen Sie die Polizei, alle ansässigen Bürger aufzufordern, solche Inschriften an privaten oder Geschäftshäusern zu entfernen oder unkenntlich zu machen. […]“
Abb.: Bürgermeister an Polizeipräsident in Münster, 26.5.1945 (Foto: Stadtarchiv Münster)
Das „Objekt des Monats Februar 2023“ des Geschichtsorts Villa ten Hompel in Münster kann als Sinnbild dieser Entnazifizierung der öffentlichen Infrastruktur gesehen werden: Es handelt sich um ein Glasschild mit der Beschriftung „Verkehrslokal NSDAP“. Solche „Verkehrslokale“ waren Gaststätten, deren Wirtsleute und Stammpublikum in der Regel Parteimitglieder waren.
Abb.: Fundstück NSDAP-Schild (Foto: Karolin Baumann)
Die rechte Seite des Schildes ist vollständig erhalten, auf der linken Seite jedoch wurde das Hakenkreuz teilweise abgebrochen. Vermutlich hatten die damaligen Inhaber der Gaststätte „Dorfschenke“ in Wolbeck das Schild nach Kriegsende entfernt und zerbrochen, bevor es über Jahrzehnte auf dem Dachboden verschwand. 2013 wurde es dort wiederentdeckt. Seit 2015 ist es in der Ausstellung „Geschichte – Gewalt – Gewissen“ zu sehen.
Auf die Entnazifizierung von Gebäuden und Straßen folgte die personelle Entnazifizierung der ehemaligen NSDAP-Parteimitglieder: Zunächst auf unterschiedliche Weise in den Besatzungszonen durchgeführt, erfolgte ab Januar 1946 durch den Alliierten Kontrollrat der Versuch einer Standardisierung der Richtlinien. Hohe Parteifunktionäre, aber auch Helferinnen und Helfer, Nutznießerinnen und Nutznießer wurden mithilfe eines Fragebogens in fünf Gruppen eingeteilt: 1. Hauptschuldige, 2. Belastete, 3. Minderbelastete, 4. Mitläufer und 5. Entlastete. Der Anspruch, die Besatzungszonen von Nationalismus und Militarismus zu befreien, konnte aber nur in Teilen umgesetzt werden. Zum Vergleich: In der amerikanischen Besatzungszone reichten zwar dreizehn Millionen Menschen einen Entnazifizierungsbogen ein, doch nur etwa zehn Prozent von ihnen wurden schließlich verurteilt. Weniger als 1 Prozent der zu Entnazifizierenden erhielt tatsächliche Strafen oder dauerhafte Nachteile.
Schilder und Inschriften konnten leicht zerbrochen oder abgetragen werden, aber das nationalsozialistische Gedankengut aus den Köpfen zu eliminieren, war sicher eine Herausforderung größeren Ausmaßes.
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