Mehr als 30 Jahre nach der deutschen Einheit will das Bundesarchiv einen neuen Anlauf starten, Millionen Seiten zerrissener Stasi-Akten mit Computertechnik rekonstruieren zu lassen. Dazu werde der Vertrag mit dem bisher beauftragten Fraunhofer Institut gekündigt, teilte der Präsident des Bundesarchivs, Prof. Dr. Michael Hollmann, am 31.1.2023 mit. Nun folge eine „Markterkundung“ und die Suche nach einem geeigneten Anbieter für die virtuelle Rekonstruktion nach heutigem Stand der Technik.
Abb.: Rund 16.000 solcher Säcke mit von Hand zerrissenen Stasi-Unterlagen sind nach dem Ende der DDR aufgefunden worden (Foto: Bundesarchiv).
Beschäftigte des Ministeriums für Staatssicherheit hatten während der friedlichen Revolution in der DDR 1989 und 1990 im großen Stil Akten des Geheimdiensts zerrissen. Rund 15.500 Säcke mit Schnipseln wurden gesichert in der Hoffnung, die zeitgeschichtlich wichtigen Dokumente wieder zusammenzusetzen. Das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) prüfte seit 2007, wie dies mithilfe von Computertechnik zu bewerkstelligen wäre und konnte seitdem 23 Säcke mit 91.000 Seiten bearbeiten.
Im Herbst 2013 konnte das Fraunhofer IPK nachweisen, dass die von seinen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickelte Software, der sogenannte e-Puzzler, prinzipiell funktioniert. Das Verfahren erwies sich allerdings nicht als massentauglich. Insgesamt hat das Projekt zu keiner Zeit die vorgesehene automatisierte Rekonstruktionsquote von mindestens 80 Prozent erreicht.
Einige manuell rekonstruierte Dokumente hätten sich zum Beispiel auf die Bespitzelung und Verfolgung von Oppositionellen wie Jürgen Fuchs, Robert Havemann oder des Schriftstellers Stefan Heym bezogen, erläuterte das Bundesarchiv. Auch Einblicke in die Dopingpraxis des DDR-Sports und die Grenzsicherung seien möglich geworden.
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Quelle: Bundesarchiv, Stasi-Unterlagen-Archiv, Pressemitteilung, 31.1.2023; Deutschlandfunk, 31.1.2023; rbb24 Inforadio, 31.01.2023, 14:10 Uhr; ntv.de, 31.1.2023