Im Stadtarchiv Salzgitter befindet sich ein neuer Schatz der lokalen Wirtschaftsgeschichte: Ein rund zehn Kilo schwerer und in Leder gebundener Foliant, der Prospekte, Preislisten, Leistungsverzeichnisse und Werbeanzeigen der Firma Dr. Dörnemann & Co von der Firmengründung bis in die 1980er Jahre enthält.
Elegant, korrosionsfest und stabil: Mit diesen drei Eigenschaften bewarb die einst in Gitter ansässige Firma Dr. Dörnemann & Co ihre seit 1957 unter dem Warenzeichen Elkosta hergestellten Erzeugnisse. Pfosten, Tore, Zäune, Schranken und Profile gehörten zur Produktpalette des mittelständischen Unternehmens, an dessen Gründer noch heute die Dr.-Dörnemann-Straße zwischen Salzgitter-Bad und Gitter erinnert.
Abb.: Der elkosta-Foliant „Werbung im Wandel der Zeit“ für das Stadtarchiv Salzgitter. Der Kundenkreis der Firma Dr. Dörnemann & Co umfasste Privatpersonen und öffentliche Einrichtungen im In- und Ausland. Die Einfahrt des Bundeskanzleramtes in Bonn war einst mit Technik aus Gitter gesichert (Foto: Stadt Salzgitter).
Der Kaufmann und NSDAP-Politiker Karl-Friedrich Dörnemann (1901-~1966), 1933 Mitglied des Preußischen Landtags, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Geschäftsführender Gesellschafter der Elkosta GmbH und der VKS Dr. Dörnemann & Co. in Salzgitter tätig. Das 1951 gegründete Familienunternehmen wurde 1994 zunächst an die Euromicron AG Frankfurt und zehn Jahre später schließlich an den schwedischen Gunnebo-Konzern verkauft. Im Herbst des Jahres 2004 gab der Konzern bekannt, dass die Produktion nach Salzkotten verlagert werden solle. Die Belegschaft in Salzgitter wehrte sich unter anderem mit Unterschriften- und Protestaktionen, die Politik schaltete sich vermittelnd ein, konnte letztendlich aber nicht verhindern, dass über 100 Elkosta-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Kündigung erhielten.
Auch wenn die Spezialisten für Sicherheitstechnik in Salzgitter bereits Geschichte sind: Noch heute werden unter dem Markennamen Elkosta weltweit Sicherungsanlagen wie Absperrungen und Poller vertrieben. Dank eines ehemaligen Mitarbeiters der elkosta security systems GmbH konnte das Stadtarchiv Salzgitter den mehr als zehn Zentimeter dicken und fast ebenso viele Kilo schweren in Leder gebundenen Foliant übernehmen: Er enthält Prospekte, Preislisten, Leistungsverzeichnisse und Werbeanzeigen von den Anfängen des Unternehmens bis in die 1980er Jahre.
Das Stadtarchiv Salzgitter hat dieses Kleinod, das die Sammlung von Archivalien zur lokalen Wirtschaftsgeschichte bereichert, gerne in seinen Bestand aufgenommen. Wer mehr wissen möchte, kann sich an Claudia Böhler im Stadtarchiv wenden.
Zur Ausbeutung der großen, bereits im Mittelalter bekannten Eisenerzvorkommen im Gebiet von Salzgitter gründeten die Nationalsozialisten 1937 die Reichswerke Hermann Göring. Bis Kriegsbeginn trug die Stadt in den Plänen den Namen „Hermann-Göring-Stadt“. Als 1939 mit dem Bau begonnen wurde, sollte die Stadt aber „Watenstedt-Salzgitter“ heißen. Die Hermann-Göring-Werke ließen sich Abertausende von Zwangsarbeitern zuführen und nutzten deren Arbeitskraft schonungslos aus. Die neue Stadt stand deshalb weniger für Modernität und Wohnkomfort als vielmehr für ein unmenschliches Lagersystem, das vielen das Leben kostete. Der Aufbau der Hermann-Göring-Werke erforderte überdies eine einheitliche Verwaltungsstruktur im gesamten Raum, und so wurde gemäß Salzgitter-Gesetz zum 1.4.1942 ein einheitlicher Stadtkreis (kreisfreie Stadt) gegründet. 1951 wurde mit Watenstedt-Salzgitter in Salzgitter umbenannt. Salzgitter in seiner jetzigen Form war eine der wenigen neuen Stadtgründungen in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
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Quelle: Stadt Salzgitter, Pressemeldung, 4.4.2022; Jörg Leuschner: Salzgitter – Die Entstehung einer nationalsozialistischen Neustadt von 1937-1942, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Band 65/1993, 33-48; Vom Größenwahnsinn blieb nichts mehr übrig, in: WELT, 14.5.2002; Art. Karl-Friedrich Dörnemann, in: Wikipedia, 31.1.2021; Art. Salzgitter, in: Wikipedia, 19.3.2022; Stahlwerk mit Stadt – Die Gründung der Stadt Salzgitter vor 75 Jahren (1942) (NLA Wolfenbüttel K 4661), in: Aus den Magazinen des Landesarchivs (April 2017)