Dr. Gabriele Stüber tritt nach fast 30 Jahren als Direktorin des Archivs der pfälzischen Kirche in den Ruhestand.
Das „Gedächtnis“ der Evangelischen Kirche der Pfalz hat sie lange Jahre gehütet wie einen Schatz. Wenn Gabriele Stüber nun Ende März 2022 in den Ruhestand geht, endet eine kleine Ära in der Landeskirche. Die 65 Jahre alte gebürtige Lübeckerin hat als Archivdirektorin i.K. das landeskirchliche Zentralarchiv in Speyer in den vergangenen fast 30 Jahren maßgeblich zu einem modernen und nutzerfreundlichen Dienstleister entwickelt. Unter der Direktorin Stüber mauserte sich das landeskirchliche Archiv seit 1992 zu einem Eldorado für Familien- und Heimatforscher.
Abb.: Leitete seit 1992 das Zentralarchiv der Pfalz in Speyer: Dr. Gabriele Stüber (Foto: lk/Zentralarchiv Pfalz).
Mit findigen Ideen, großem Spaß und kommunikativem Geschick zeigte die promovierte Historikerin, dass Archivarbeit alles andere als „staubig“ sein muss. Mit Bildungsangeboten wie Lesekursen und Workshops gelang es Stüber und ihrem kleinen Team, zahlreiche Menschen generationsübergreifend für die pfälzische Kirchengeschichte zu begeistern.
Der wohl größte Kraftakt war für die rührige Archivarin und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die andauernde Digitalisierung von Kirchenbüchern aus den protestantischen Gemeinden der Pfalz und Saarpfalz. Digitalisierte Kirchenbücher aus ganz Deutschland werden über das kirchliche Internetportal „Archion“ mit Sitz in Stuttgart wissenschaftlichen und privaten Nutzern zugänglich gemacht. Stüber baute das Webportal mit rund 140.000 Kirchenbüchern mit auf und gehörte dem Aufsichtsrat an.
Eine bleibende Aufgabe für Archivare sei es, für die Notwendigkeit von archivarischer Arbeit zu werben, sagt Stüber. Auch in der Kirche sei manchen nicht bewusst, dass die Bewahrung und Pflege historischer Dokumente und Gegenstände wichtig für die Identität einer Gemeinschaft sei. Ein Meilenstein in der jüngeren Historie des fast 100 Jahre alten Zentralarchivs war unter Stüber die Mithilfe an der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der pfälzischen Landeskirche. Ergebnisse waren das 2016 gemeinsam mit der Evangelischen Akademie der Pfalz herausgegebene und viel beachtete Buch „Protestanten ohne Protest“ sowie eine Wanderausstellung. „Die Landeskirche stellt sich ihrer Geschichte“, würdigt sie.
Auch für mehrere kirchliche Jubiläen steuerte das Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz Materialien und Know-how bei: für die großen Reformationsjubiläen zu 475 Jahre Reformation (1992) und 500 Jahre Reformation (2017), zu 100 Jahre Gedächtniskirche der Protestation in Speyer (2004) und zuletzt 2018 zum 200. „Geburtstag“ der Landeskirche. Schließlich ordnete Stüber das im Haus untergebrachte Archiv der Deutschen Ostasienmission (www.doam.org) mit seinen wertvollen Glasdias und Fotos.
Ein Steckenpferd der mit Humor gesegneten Norddeutschen ist die bemerkenswerte Sammlung zur Volksfrömmigkeit, die sie im Speyerer Archiv aufbaute. Dafür trug die gut vernetzte Archivarin rund 7.600 Objekte wie Andachts- und Schutzengelbilder, christlichen Wandschmuck und Gebetbücher zusammen. Die ökumenische Sammlung hinterlässt sie nun ihrer Nachfolgerin Dr. Rebecca Rose, der bisherigen Leiterin des Digitalisierungszentrums beim Landesarchiv Speyer, als ein Erbe.
Für das bis unters Dach angefüllte Zentralarchiv in Speyer wünscht sich die scheidende Chefin von der Kirchenleitung neuen Platz für das Archivmaterial, das auch weiter digital gesichert werden müsse, sowie mehr Personal. Als Privatfrau will Gabriele Stüber nicht untätig sein, plant etwa Veröffentlichungen zu historischen Themen. Auch in ihrer Heimatgemeinde Neustadt-Hambach ist sie weiter aktiv: Die ökumenischen Sternsinger laufen sich unter ihrer Betreuung schon warm für die kommende Sammelaktion.
Dr. Alexander Lang (Evangelischer Pressedienst epd)
Kontakt:
Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz
Domplatz 6
67346 Speyer
zentralarchiv@evkirchepfalz.de
www.zentralarchiv-speyer.de
Quelle: Alexander Lang: Das Zentralarchiv mit guten Ideen entstaubt, in: Evangelischer Kirchenbote 12/2022. Zwischen Rhein und Saar, Seite 7, 20.3.2022