Neues Vortragsprogramm des Stadtarchivs Iserlohn beginnt am 27. Januar 2022.
Das neue Vortragsprogramm des Stadtarchivs Iserlohn für das I. Halbjahr 2022 liegt vor. Alle Veranstaltungen stehen unter dem Thema „Jüdisches Leben und jüdische Schicksale in Iserlohn, Letmathe und Hennen“. Nach dem Auftaktvortrag zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Iserlohn von Prof. Dr. Arno Herzig im vergangenen November in der Bauernkirche widmen sich nun von Januar bis Juni 2022 weitere Veranstaltungen der jüdischen Geschichte im Iserlohner Raum.
Bereits seit dem vergangenen Jahr erarbeiten Stadtarchiv und Stadtmuseum Iserlohn anlässlich des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ mit mehreren Autorinnen und Autoren eine Publikation zur Geschichte des jüdischen Lebens in Iserlohn, Letmathe und Hennen, die in diesem Jahr erscheinen soll. „Die Beteiligten des Buchprojektes wirken nun an der Veranstaltungsreihe mit und sollen neugierig auf die neue Veröffentlichung machen“, betont Iserlohns Stadtarchivar Rico Quaschny. Er ist froh, mit dem Forum im Gymnasium An der Stenner, dem Evangelischen Gemeindehaus Hennen und dem Kolpinghaus Letmathe passende Veranstaltungsorte gefunden zu haben, die ausreichend Platz für viele Interessierte bieten – auch unter Pandemiebedingungen. Quaschny weist darauf hin, dass für den ersten Vortrag am 27. Januar die 2G-Regel und eine Maskenpflicht gelten.
Die Reihe beginnt am Donnerstag (27. Januar), dem Gedenktag an die Opfer des Holocaust, mit einem Vortrag von Prof. Dr. Daniel Hoffmann aus Köln über die deutsch-jüdische Lebensgeschichte seines Vaters Paul Hoffmann. 1921 in Iserlohn geboren, wuchs Paul Hoffmann in einer integrierten Familie auf. Nach 1933 gehörte jedoch der Holocaust mit all seinen Schrecken zur Familiengeschichte. Paul Hoffmann kehrte aus Auschwitz und Buchenwald zurück, zwar nicht nach Iserlohn, aber ins deutsche Heimatland, dem er bis zu seinem Tod 2008 in Düsseldorf auf seine Art die Treue hielt.
Der Historiker und Archivar Prof. Dr. Wilfried Reininghaus behandelt in seinem Vortrag am 22. Februar die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hennen vom 17. bis ins frühe 20. Jahrhundert. Bis zum heutigen Tag ist sie durch die Gräber auf dem Friedhof in der Waldemey präsent. Schon während des Ersten Weltkriegs war jedoch die letzte jüdische Familie aus Hennen in Großstädte verzogen. Unter den Weggezogenen gehörten die Brüder Josephson und die Familie Reifenberg zu Prominenten, die ihre Spuren in der westfälischen und deutschen Geschichte hinterlassen haben.
Am 24. März spricht die Historikerin Katja Hofbauer über Leben und Schicksal der jüdischen Geschwister Koppel aus Letmathe, deren Familie schon im 19. Jahrhundert in Letmathe ansässig war. Der Vortrag, ursprünglich schon für 2020 angekündigt, findet in Kooperation mit dem Heimatverein Letmathe und dem Förderverein Haus Letmathe im Kolpinghaus Letmathe statt.
Stadtarchivar Rico Quaschny stellt am 26. April die Geschichte der jüdischen Familie Ehrlich aus Iserlohn vor. Die seit 1887 in Iserlohn ansässige Familie führte über mehrere Jahrzehnte ein großes Haushaltswarengeschäft in der Innenstadt im Haus Markt 10 (heute Alter Rathausplatz 10). In dem Vortrag wird die Geschichte der Familie Ehrlich als Beispiel einer jüdischen Familie aus Iserlohn skizziert, die bis 1933 anerkannt und integriert war und danach diskriminiert, verfolgt, deportiert und schließlich ermordet wurde.
Am 24. Mai widmet sich die Iserlohner Autorin Sabine Hinterberger Charly Kipper (1926–2014), einem wichtigen Zeitzeugen für jüdische Geschichte in Iserlohn. Dreizehn Jahre lang begleitete er Schülerinnen und Schüler aller Schulformen und Altersklassen bei Rundgängen und erzählte unermüdlich von dem, was er selbst in seiner Kindheit erlebt hat. Sabine Hinterberger, die gemeinsam mit ihm sein Buch „Onkel Willy, warum weinst du?“ geschrieben hat, stellt ein sehr persönliches Porträt vor, das sich aus Begegnungen und Teilen der Biografie zusammensetzt.
Neben dem Blick auf die Vergangenheit findet zum Abschluss der Reihe ein Podiumsgespräch zur Erinnerungskultur in Iserlohn statt. Der frühere Stadtarchivar Götz Bettge, die Redakteurin Alexandra Lehmann und Jörg Simon vom Kinder- und Jugendschutz der Stadt Iserlohn werden in einem Gespräch mit Museumsleiterin Dr. Sandra Hertel und Stadtarchivar Rico Quaschny erläutern, welche Formen und sichtbaren Zeichen des Gedenkens in Iserlohn entstanden sind. „Wir werden in der Diskussion auch zu der Frage kommen, wie es angesichts des Verlustes der Zeitzeugengeneration gelingen kann, junge Menschen für die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit zu gewinnen“, erläutert Dr. Sandra Hertel.
Für die gesamte Veranstaltungsreihe konnten neben dem Stadtmuseum Iserlohn und der Volkshochschule Iserlohn auch der Verein 321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V. und weitere Kooperationspartner gewonnen werden.
Das Faltblatt mit einer Terminübersicht und kurzen Informationstexten zu den einzelnen Vorträgen liegt im Stadtarchiv, weiteren Kulturinstituten, der Stadtinformation und im Rathaus aus. Es wird auf Wunsch gern zugesandt und ist im Internet abrufbar. Alle Veranstaltungen sind auch im neuen VHS-Programm zu finden.
Die Veranstaltungen im I. Halbjahr 2022 im Überblick:
Donnerstag, 27. Januar, 18.30 Uhr
„Weit ist der Weg zurück ins Heimatland …“. Paul Hoffmann (1921–2008). Eine deutsch-jüdische Lebensgeschichte aus Iserlohn
Vortrag von Prof. Dr. Daniel Hoffmann
Gymnasium An der Stenner (Forum), Stennerstraße 5
Dienstag, 22. Februar, 18.30 Uhr
Die jüdische Gemeinde in Hennen und die Familien Josephson und Reifenberg
Vortrag von Prof. Dr. Wilfried Reininghaus
Ev. Gemeindehaus Hennen, Auf der Palmisse 5
Donnerstag, 24. März, 18.30 Uhr
Vier Brüder aus Letmathe. Leben und Schicksal der jüdischen Geschwister Koppel
Vortrag von Katja Hofbauer M.A.
Kolpinghaus Letmathe, Kolpingstraße 14
Dienstag, 26. April, 18.30 Uhr
Die Geschichte der jüdischen Familie Ehrlich in Iserlohn
Vortrag von Rico Quaschny
Gymnasium An der Stenner (Forum), Stennerstraße 5
Dienstag, 24. Mai, 18.30 Uhr
Carl-Heinz Kipper (1926–2014) – Sein Leben als Zeitzeuge für jüdische Geschichte in Iserlohn
Einführung und Lesung von Sabine Hinterberger
Gymnasium An der Stenner (Forum), Stennerstraße 5
Dienstag, 21. Juni, 18.30 Uhr
„Erinnern – Gedenken – Mahnen“. Ein Podiumsgespräch zur Erinnerungskultur in Iserlohn
Götz Bettge, Alexandra Lehmann und Jörg Simon im Gespräch mit Dr. Sandra Hertel (Stadtmuseum) und Rico Quaschny (Stadtarchiv)
Gymnasium An der Stenner (Forum), Stennerstraße 5
Kontakt:
Stadtarchiv Iserlohn in der „Alten Post“
Theodor-Heuss-Ring 5
58636 Iserlohn
Tel.: 02371 / 217-1921
Fax: 02371 / 217-2982
archiv@iserlohn.de
www.archiv-iserlohn.de
Quelle: Stadt Iserlohn, Pressemitteilung, 20.1.2022