Zeitschrift für Archivwesen erhält einen neuen Namen.
Die Redaktion von „ARCHIVAR. Zeitschrift für Archivwesen“ kündigt die abermalige Umbenennung der zentralen deutschen archivfachlichen Vierteljahresschrift an. Der Beirat der Zeitschrift, in dem das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen und der VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archive e.V. jeweils mit drei Mitgliedern vertreten sind, hat im Frühjahr 2021 beschlossen, diese „gendergerecht umzubenennen“. Die ausschließlich männliche Bezeichnung des Berufs im 2007 gewählten Titel der Zeitschrift sei „nicht mehr zeitgemäß“ und von der „personellen Realität“ im Archivwesen „längt überholt“. – Das ist zwar bereits vor anderthalb Jahrzehnten der Fall gewesen, und auch schon damals gab es Stimmen (aus allen Genera der Mitgliederschaft), die allein die Streichung des männlichen Artikels der Zeitschrift als nicht zu Ende gedacht empfanden.
Doch anders als der „Verein deutscher Archivare“, der sich auf dem 71. Deutschen Archivtag in Nürnberg 2000 in „Verband deutscher Archivarinnen und Archivare“ umbenannte, um u.a. dem großen Anteil an Frauen im Archivwesen gerecht zu werden, wird die seit 2007 als „Zeitschrift für Archivwesen“ (wohlgemerkt: nicht die, sondern das Archivwesen) untertitelte Grande Dame der deutschen Archivpublikationen diesem Beispiel nicht folgen und fortan „ARCHIVARIN und ARCHIVAR“ heißen oder – gemäß den eingetretenen Mehrheiten – schlicht „ARCHIVARIN“. Die in die engere Wahl – vermutlich der Redaktion, des Beirats und des VdA-Vorstands – gelangten Vorschläge lauten hingegen „Zeitschrift für Archivwesen“, wodurch der bisherige Unter- zum Haupttitel promoviert würde, und „Archivtheorie und -praxis“, was aufgrund der Bindestrich-Kleinschreibung ein wenig holprig und für die bibliothekarische Formalerschließung (Gruß an die Kolleg:innen!) ein wenig herausfordernd erscheint.
Das generische Maskulinum wird jedenfalls fortan (angepeilt ist Heft 1/2023) auch im deutschen Archivwesen nicht mehr Standard sein. Der Name der Zeitschrift „ARCHIVAR“ solle nunmehr „geschlechterneutral geändert werden“, wie es in der bereits eingangs zitierten Mitteilung „In eigener Sache“ in der aktuellen Ausgabe 4/2021 vom „ARCHIVAR“ weiter heißt. – Von ihrer Gründung im Jahr 1947 bis Ende 2007 war die Zeitschrift unter dem Titel „Der Archivar. Mitteilungsblatt für deutsches Archivwesen“ erschienen. Mit der ersten Ausgabe des Jahrgangs 2008 fiel der Artikel „Der“ zugunsten eines „neutraleren Titel[s]“ fort, und der Untertitel wurde dem gewandelten Selbstverständnis angepasst – weg von der gleichsam unidirektionalen Kommunikationsrichtung des alten „Mitteilungsblattes“.
Die sprachliche Nähe, die diskursive Diffusion und die teilweise Übereinstimmung von grammatischem und biologischem Geschlecht im Deutschen lassen die Duden-Grammatik (ebenfalls eine publizistische Instanz) in der Debatte um gendergerechte Sprache mittlerweile (9. Auflage 2016) zwischen „sexusspezifisch“ (geschlechtsbezogen) und „sexusindifferent“ (geschlechtsneutral) unterscheiden. Aber auch diese Kategorisierungen sind heute nicht über jede Kritik erhaben, so dass der bisherige Archivar, wie auch das Archivwesen die Untiefen der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter nur umschiffen können, wenn sich die zukünftige Zeitschrift für Archivwesen weder indifferent noch neutral präsentiert. Der Titel fordert im Archivwesen immer noch Dignität ein, verliert jedoch angesichts des vielfach in Blogs und Foren verlagerten archivarischen Austauschs und der dort geführten archivfachlichen Debatten an Relevanz.
Quelle: Archivar 4/2021: In eigener Sache, 230; Archivar 1/2008, 5; Der Archivar 3/2007, 203; Der Archivar 4/2007, 394f.; archive.nrw: Über den „Archivar“ (Stand: 1.12.2021)