Das Stadtarchiv Dresden hat in den letzten Monaten eine neue Fachausstellung mit dem Titel „Verpacktes Wissen – wir konservieren Stadtgeschichte“ vorbereitet, die am Montag, den 17. Mai 2021 gestartet ist.
Abb.: Ausstellungsplakat (Foto: Anja Maria Eisen/Antje Werner)
Vom mittelalterlichen Urkundenfass über den Aktenschrank und die Kartonage bis hin zum digitalen Datenträger – in den Verpackungsformen des Wissens spiegelt sich die Entwicklungsgeschichte verwalterischen und archivarischen Arbeitens und zugleich eine Kulturgeschichte des Wissens – seiner Ordnung und Verwahrung, seiner Konservierung und Tradierung. In diesem Sinne widmet sich die Ausstellung der materiellen Kultur der Archive. Sie fragt nach den vielfältigen Funktionen von Verpackungen im Rahmen der Archivarbeit. Dabei beleuchtet sie die Anfänge der Konservierung schriftlicher Dokumente ebenso, wie aktuelle Fragen der Sicherung zunehmend entmaterialisierter digitaler Informationen, etwa im Rahmen des Elektronischen Stadtarchives.
Abb.: Verpackung und Konservierung von Urkunden (Foto: Elvira Wobst)
In den letzten Jahren wurden Verpackungen selbst zunehmend als überlieferungswürdige Kulturzeugnisse erkannt und damit archivwürdig. Grund genug, um zudem einen Einblick in die Sammlung historischer Produktverpackungen des Dresdner Stadtarchivs und die sich mit ihnen verbindende Geschichte der Dresdner Verpackungsindustrie zu gewähren. In der Konfrontation mit populären Warenverpackungen der Vergangenheit kann dann jeder selbst einmal austesten, inwieweit persönliches Erinnern auch über das Kulturgut Verpackung funktioniert.
Abb.: Messeprospekt für eine Süßwarenverpackungsmaschine des VEB Verpackungs- und Schokoladenmaschinenfabrik NAGEMA in Dresden um 1955 (Foto: Stadtarchiv Dresden)
Ob Pralinenschachtel, Suppentüte oder Waschpulverkarton – Verpackungen und Markenlabels funktionieren über Wiederkennungseffekte und werden oft zu persönlichen und kollektiven Erinnerungsträgern ganzer Generationen. Sie erst erschaffen gewissermaßen ein Produkt, wie beispielsweise die berühmte ODOL-Flasche Lingners.
Für die Zeit der Moderne werden Warenverpackungen zunehmend als wichtige Quellen für die Alltags-, Konsum-, Design-, Industrie- und Handelsgeschichte erkannt und erhalten einen eigenständigen Kultur- und Sammlungswert. Das Stadtarchiv Dresden bewahrt mit Sammlungen zum Dresdner Verpackungsmaschinenbau und mit dem Betriebsarchiv des VEB Polypack und seiner Vorgängerunternehmen umfangreiche Bestände zur Geschichte des Verpackungswesens. Dazu gehört auch eine bedeutende Mustersammlung von Warenverpackungen der DDR aus Polypack-Produktion.
Abb.: Erste Friedensproduktion des VEB Polypack Dresden (Foto: Sylvia Drebinder-Pieper)
Exemplarisch für diesen bedeutenden Teil Dresdner Industriegeschichte präsentiert das Stadtarchiv Dresden im Monat Mai 2021 ein Messeprospekt für eine Süßwarenverpackungsmaschine des VEB Verpackungs- und Schokoladenmaschinenfabrik NAGEMA in Dresden aus der Zeit um 1955.
Dass der Raum Dresden sich frühzeitig zu einem innovativen Zentrum der deutschen Papierverarbeitungs- und Verpackungsindustrie entwickeln konnte, ist dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu verdanken: Die Residenzstadt war wichtiger Standort einer verpackungsintensiven Kolonial-, Genuss- und Luxuswarenfabrikation in Deutschland. Das sich früh industrialisierende Sachsen bildete zudem ein Zentrum des Maschinenbaus, welches zeitig auf neue Entwicklungen im Bereich der Papierherstellung und -verarbeitung reagierte. Namhafte Unternehmen machten den Großraum Dresden um 1900 zu einem bedeutenden Fabrikationsort für Papiermaschinen. Firmen wie Universelle, Loesch, Gäbel und andere bemühten sich in teils enger Zusammenarbeit mit der Dresdner Tabak- und Schokoladenindustrie um die Entwicklung und Herstellung fortschrittlicher Verpackungsmaschinen.
Im Anschluss an diese breite Vorkriegstradition blieb der Standort Dresden trotz reparationsbedingter Demontagen, Verstaatlichung der Betriebe und Abwanderung vieler Unternehmerfamilien in der DDR-Zeit erhalten. So entstand 1950 der VEB Schokoladen- und Verpackungsmaschinen Dresden, auch „Schokopack“ genannt, durch die Vereinigung von Maschinenbaufirmen des Dresdner Ballungsraums. 1972 bildete sich durch die Zusammenlegung des VEB Schokopack und des VEB Tabakuni, als der Nachfolgefirma von Universelle Zigarettenmaschinen, der VEB Verpackungsmaschinenbau Dresden. Dieser war bis 1990 der Leitbetrieb des Kombinates Nahrungs- und Genussmittelmaschinenbau NAGEMA.
Im Rahmen der Archivale des Monats Mai sowie als Teilbereich der Ausstellung „Verpacktes Wissen. Wir konservieren Stadtgeschichte“, welche vom 17. Mai bis 24. September 2021 im Stadtarchiv Dresden zu sehen ist, werden aufgrund des aktuellen Pandemie-Geschehens erste Einblicke in die Ausstellung zunächst nur online präsentiert.
Quellen:
Stadtarchiv Dresden, Bestand 13.72 Förderverein für Wissenschaftler, Ingenieure und Marketing Dresden e.V. (WIMAD), Nr. 18 Verpackungsmaschinenbau NAGEMA. Stadtarchiv Dresden, Bestand 9.1.30 Aktiengesellschaft für Kartonagenindustrie/Polypack.
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Quelle: Stefan Dornheim, Stadtarchiv Dresden, Archivale des Monats Mai 2021; Stadtarchiv Dresden, Ausstellungen