Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu an Mainzer Landesmuseum ausgeliehen

Das Jahr 2020/21 hat die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) zum „Kaiserjahr“ in ganz Rheinland-Pfalz ausgerufen und lädt mit dem Themenschwerpunkt „Mittelalter“ bis 31. Oktober 2021 zur Entdeckungsreise ein. Im Mittelpunkt steht die große Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“. Von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa“, die noch bis zum 13. Juni 2021 im Landesmuseum Mainz der GDKE gezeigt wird.

In einer faszinierenden Schau mit einzigartigen Exponaten beleuchtet die Landesausstellung erstmals das dynamische Beziehungsgeflecht, in dem über einen Zeitraum von fünf Jahrhunderten Kaiser und Könige, Fürsten und Feldherren, Ritter und Reichsfürsten, Bürger und Städte miteinander verwoben waren. Sie stellt ausgewählte Kaiserpersönlichkeiten und die „Säulen ihrer Macht“ vor. Angefangen bei der Krönung Kaiser Karls des Großen im Jahr 800 über die hochmittelalterliche Kaisermacht bis zum Erstarken der Städte und Fürsten.
Interessanterweise blieb der Raum am Rhein mit seinem Zentrum im heutigen Rheinland-Pfalz über Jahrhunderte hinweg die politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrallandschaft Europas. Hier lag, wie der Chronist Otto von Freising im 12. Jahrhundert schrieb, die „größte Kraft des Reichs“. Und nirgendwo sonst schlossen sich drei jüdische Gemeinden zu einem einzigartigen Verbund zusammen, genannt SchUM, die bis heute als „Wiege des aschkenasischen Judentums“ gelten.

Die Ausstellung beinhaltet herausragende Exponate und spannende Geschichten, darunter einzigartige Leihgaben international renommierter Museen, die es in dieser Zusammenstellung noch nie zu sehen gab und auf Jahrzehnte nicht mehr zu sehen geben wird. – Zu diesen herausragenden Exponaten gehört auch die im Niedersächsischen Landesarchiv – Abteilung Wolfenbüttel verwahrte Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu aus dem Jahre 972, die zu den prachtvollsten Urkunden zählt, die aus dem frühen Mittelalter erhalten sind und zu den wertvollsten des Niedersächsischen Landesarchivs.


Abb.: Die Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu aus dem Jahr 972 (Bildrechte: Niedersächsisches Landesarchiv)

In dem in lateinischer Sprache abgefassten Dokument bezeugt Kaiser Otto II., dass er seiner Braut, der byzantinischen Prinzessin Theophanu, Landbesitz von außerordentlichem Umfang in Italien, Deutschland, Belgien und den Niederlanden als Heiratsgut überträgt. Die aus drei aneinandergeklebten Pergamentblättern bestehende Urkunde von fast anderthalb Metern Länge und etwa 40 cm Breite ist komplett farbig in Gold, Purpur und Indigoblau mit kunstvollen Ornamenten und Tierfiguren gestaltet, und der Text ist in einer kalligraphischen Buchminuskel mit Goldschrift geschrieben. Somit handelt es sich nicht nur um ein Rechtsdokument von höchster politischer Bedeutsamkeit, sondern zugleich um ein einzigartiges Kunstwerk, das 2005 sogar zur Aufnahme in das Weltdokumentenerbe nominiert wurde.

Aufgrund ihres Wertes und ihrer besonderen Empfindlichkeit werden Anfragen zur Ausleihe für Ausstellungen meistens abgelehnt. Doch der Leihanfrage der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz vom Oktober 2019 wurde ausnahmsweise zugestimmt, da für die große Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht. Von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa“ im Landesmuseum Mainz weitere hochkarätige Leihgaben aus ganz Europa vorgesehen waren, u.a. die Heidelberger Liederhandschrift Codex Manesse, das Armreliquiar Karls des Großen aus dem Pariser Louvre, die Grabkrone von Kaiserin Gisela und die Mainzer Goldene Bulle (aus Wien), die nach über zwei Jahrhunderten an ihren Ursprungsort zurückkehrt.

Die aktuelle Situation in Zeiten der Covid-19-Pandemie bildete dabei eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten auf Museums- und Archivseite. Die weiteren Schritte erfolgten in enger Abstimmung mit der Zentralen Werkstatt des Landesarchivs, wobei erstmals das neu ausgearbeitete Leihverfahren mit Facility Report, detaillierten Checklisten und einheitlichem Vertragsformular zur Anwendung kam. Zu den Bedingungen dieser Ausleihe gehörte eine Befristung auf acht Wochen (22.02.-18.04.2021), so dass die Urkunde einen besonderen Höhepunkt zum Ende der Ausstellung bilden würde. Ein dauerhaftes Aufbewahrungs- und Schutzbehältnis aus Plexiglas, bestehend aus Unterteil und Deckel, wurde passend für diese Urkunde angefertigt.


Abb.: Klimakiste für das Aufbewahrungs- und Schutzbehältnis aus Plexiglas für die Urkunde (Foto: Niedersächsisches Landesarchiv)

Ebenfalls eine Spezialanfertigung war die von der beauftragten Kunstspedition gelieferte Klimakiste für den Transport, die schon im Januar eintraf, um sich ausreichend bis zum geplanten Transport im Februar akklimatisieren zu können.

Doch dann zeichnete sich ab, dass die aufgrund der Covid 19-Pandemie Anfang November 2020 erfolgte Schließung des Museums über den Februar hinaus andauern würde. Damit konnte der ursprüngliche Leihtermin nicht gehalten werden, ja es stand sogar die ganze Ausleihe in Frage. Nach Abstimmung mit zahlreichen Leihgebern wurde jedoch eine Verlängerung der Ausstellung bis zum 13.6.2021 und damit ein neuer Leihvertrag möglich. Am 14.4.2021 wurde die Urkunde durch die Kunstspedition und in Begleitung einer Restauratorin des Landesarchivs aufwändig verpackt, zum Mainzer Museum transportiert und mitsamt der Klimakiste in den Ausstellungsraum gebracht. 24 Stunden später konnte die Kiste geöffnet und die Urkunde – berührungsfrei im Plexiglasunterteil liegend – anstelle des bisher gezeigten Faksimiles in die Ausstellungsvitrine gelegt werden.


Abb.: Die Urkunde wird im Mainzer Museum in die Ausstellungsvitrine gelegt (Bildrechte: Niedersächsisches Landesarchiv)

Es steht zu hoffen, dass das Museum bald seine Pforten wieder öffnen kann, so dass noch möglichst viele Besucherinnen und Besucher Gelegenheit zur Besichtigung bekommen. Zwischenzeitlich wird die Heiratsurkunde der Theophanu auch in einer Digitalen Kurzführung präsentiert.

Um dennoch vielen Interessierten einen Besuch der Ausstellung zu ermöglichen, wurde das gesamte Konzept der Schau inzwischen in eine kostenfreie Online-Version übertragen. So sind Einblicke in alle Sektionen der Schau möglich, die Ausstellungsmedien wie Filme, Grafiken oder auch Auszüge aus dem Audio-Guide sind abspielbar und viele wichtige Exponate werden ausführlich vorgestellt.

Kulturminister Prof. Dr. Konrad Wolf begrüßt das zusätzliche digitale Angebot: „Hier wird unsere rheinland-pfälzische Landesausstellung für alle Interessierten kostenfrei nach Hause gebracht. Die Präsentation macht Lust, Originalexponate später auch persönlich im Mainzer Landesmuseum in Augenschein zu nehmen. Der virtuelle Besuch ist informativ und ganz einfach ohne Anmeldung oder Registrierung möglich. Eine schöne Ergänzung bis unser Landesmuseum wieder öffnen kann“.

Seit dem ersten Lockdown nach Eröffnung der Landesausstellung hat die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) ihr Digitalangebot rund um die Kaiserausstellung sukzessive ausgebaut. Unter http://www.kaiser2020.de/ ist nicht nur ein knapp 5-minütiger Video-Rundgang, sondern auch eine Reihe von interessanten Kurzführungen zu entdecken. Einzelne Exponate der Schau werden dabei ganz persönlich vorgestellt und wöchentlich durch weitere Filme ergänzt (auch zu finden auf Instagram).

Auch auf Instagram, wo bereits seit Beginn der Ausstellung viele interessante und spannende Aspekte der Landesausstellung vorgestellt werden, sind diese Filme eingestellt.„Wir haben uns für die Online-Version sehr stark am tatsächlichen Ablauf der aktuellen Ausstellung im Landesmuseum orientiert und auch an die optische Anmutung angelehnt. Sie ist zudem eine wunderbare Ergänzung und ganz besonders für alle Besucherinnen und Besucher geeignet, die die Ausstellung schon gesehen haben und ganz gezielt einige Abschnitte nachbereiten wollen“, so Dr. Birgit Heide, Direktorin des Mainzer Landesmuseums.

Die Angebote sollen auch nach dem offiziellen Ende der Landesausstellung am 13. Juni 2021 verfügbar bleiben und die Geschichte des Mittelalters in der Region für alle Interessierten zugänglich sein.

Kontakt:
Niedersächsisches Landesarchiv – Abteilung Wolfenbüttel
Forstweg 2
38302 Wolfenbüttel
Tel.: 05331 / 935 – 0
Fax: 05331 / 935 – 211
Wolfenbuettel@nla.niedersachsen.de

Landesmuseum Mainz
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz
Große Bleiche 49 – 51
55116 Mainz
Tel.: 06131 / 28 57-0
Fax: 06131 / 28 57-288
landesmuseum-mainz@gdke.rlp.de

Quelle: Niedersächsisches Landesarchiv, Aktuelles; Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDK), Aktuelle Nachrichten, 23.04.2021; Landesmuseum Mainz, Faszination Mittelalter, Das Kaiserjahr

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