Ehrenbürgerurkunde des Architekten und Bruchsaler Ehrenbürgers Fritz Hirsch

Mit einer digitalen Ausstellung wollen Stadtarchiv Bruchsal und Städtisches Museum im Barockschloss Bruchsal anlässlich seines 150. Geburtstags an den Architekten und Bruchsaler Ehrenbürger Fritz Hirsch (1871-1938) erinnern und verschiedene Aspekte seiner Persönlichkeit beleuchten. Anhand ausgewählter Archivalien und Exponate werden seine Biographie sowie sein Schaffen in der Stadt und der Region näher vorgestellt. Hierzu gehören sein Wirken als Bauingenieur und Schlosserneuerer, aber auch sein Leben als Familienmensch sowie seine Einordnung als Ehrenbürger Bruchsals.


Abb.: Der Architekt und Bruchsaler Ehrenbürger Fritz Hirsch posiert im sommerlichen Leinenanzug und mit Pfeife im Garten (Foto: Stadtarchiv Bruchsal)

Als Archivale des Monats April 2021 hat deshalb das Stadtarchiv Bruchsal die Ehrenbürgerurkunde ausgesucht, die Fritz Hirsch im Jahr 1922 von der Stadt Bruchsal verliehen wurde.


Abb.: Ehrenbürgerurkunde von Fritz Hirsch (Foto: Stadtarchiv Bruchsal)

Verschlungene Wege führten diese Ehrenbürgerurkunde zurück nach Bruchsal. Ein Austauschstudent aus Karlsruhe bekam sie Ende der 1990er von seiner Gastfamilie in den USA geschenkt und überließ sie nach seiner Rückkehr ohne Vergütung dem Stadtarchiv Bruchsal.

Das Triptychon des Künstlers Ludwig Barth geht auf die Leistung Hirschs als Renovator des Bruchsaler Schlosses ein und zeigt neben dem gesamten Schlossareal auch Szenen aus dem ursprünglichen Schlossbau unter den Bischöfen von Speyer. Neben Bruchsal verlieh auch die Stadt Schwetzingen dem in der gesamten Region tätigen Renovator Fritz Hirsch die Ehrenbürgerwürde. Die Universität Freiburg ernannte ihn zum Ehrensenator.

Hirschs Karriere endete abrupt: 1933 wurde ihm der Lehrauftrag an der Technischen Hochschule in Karlsruhe entzogen und im Zuge des irreführend betitelten „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, mit dem jüdischen und politisch missliebigen Beamten die Existenzgrundlage entzogen wurde, folgte die Entlassung aus allen Ämtern.

Mehr erfährt man über das Leben von Fritz Hirsch und seine Leistungen als Schlossrenovator auf der Seite „Grüße vom Schloss Bruchsal“. Dort stellen Stadtarchiv Bruchsal und Städtisches Museum im Barockschloss Bruchsal den Ehrenbürger der Stadt Bruchsal mit vielen weiteren Archivalien und Exponaten vor.

Friedrich (Fritz) Hirsch wurde am 21.4.1871 in Konstanz geboren. Seine Eltern mosaischer Abstammung, hatten sich vom jüdischen Glauben getrennt, der Sohn wird im Geburtsregister als evangelisch geführt. Fritz Vater war Kaufmann, seit 1875 Stadtverordneter und von 1876-1882 Präsident der Handelskammer. Nach dem Abitur 1889 studierte Fritz das Baufach in Karlsruhe, München und Heidelberg.

1905 wurde Hirsch zum Bezirksbauinspektor in Bruchsal berufen. Mit Ehefrau und Stieftochter zog er in das Kavaliersgebäude des dortigen Schlosses. In ihren Memoiren beschreibt die spätere Schauspielerin Anneliese Born ihre Kindheit im Schlosspark und der Bruchsaler Schule. Ob sie auch das Mädchen ist, das auf der Sphinx des Bildhauers Heinrich Ehehalt sitzt, die Fritz Hirsch vor seinem Haus aufstellen ließ und die die Büste seiner Ehefrau trägt, ist nicht bekannt; ihren Memoiren nach, in denen sie vom pietätlosen Herumturnen auf den barocken Statuen des Bruchsaler Schlossparks schreibt, jedoch nicht abwegig. Die Statue stand später bis zur Zerstörung im März 1945 im Schlossmuseum.


Abb.: Sphinx des Bildhauers Heinrich Ehehalt (Foto: Stadtarchiv Bruchsal)

Fritz und Annas Sohn Peter, 1939 in die USA emigriert, besuchte Jahre später anlässlich des 100. Jubiläums des von seinem Vater entworfenen Fürst-Stirum-Krankenhauses seine Geburtsstadt. Bereits in den 1950er Jahren hatte er der Stadt Fotografien zukommen lassen, um im Krieg zerstörte Objekte zu ersetzen.

Fritz Hirschs Architektenkarriere verlief alles andere als geradlinig. Nach der Ausbildung in Süddeutschland ging er für einige Jahre als Lehrer für Baugewerke in den Norden, bevor er als Baupraktikant zurückkehrte. 1905 wurde er Bauinspektor in Bruchsal. Neben seiner Hauptaufgabe, der Schlossrenovierung, war er für viele weitere Renovierungs- und Bauprojekte verantwortlich wie beispielsweise für das alte Schulhaus in Obergrombach.


Abb.: Altes Schulhaus Obergrombach (Foto: Stadtarchiv Bruchsal)

Schon früh betätigte sich Fritz Hirsch auch publizistisch. Neben kunstgeschichtlichen und architekturwissenschaftlichen Texten und Bildbänden engagierte er sich auch im Bereich Heimatgeschichte. Während seiner Zeit in Bruchsal veröffentlichte er immer wieder Beiträge in den Beilagen der Bruchsaler Zeitung; so 1912 den Aufsatz „Was die Turmspitze der Bruchsaler Stadtkirche zu erzählen weiß“, nachdem bei dortigen Umbauarbeiten alte Urkunden in einer Blitzableiterkugel entdeckt wurden. Doch nicht alle Projekte stießen in der Fachgemeinschaft auf Gegenliebe. Der Landesverband Baden des Bundes Deutscher Architekten kritisierte offen seine Ausrichtung der Denkmalpflege, insbesondere die offensive Farbwahl für renovierte Gebäude. Nicht auszuschließen, dass hier bereits antisemitische Motive eine Rolle spielten, die 1933 zuerst zur Entziehung seines Lehrauftrages an der Technischen Hochschule in Karlsruhe führten.

Die Renovierung des Bruchsaler Barockschlosses stellte Hirsch – wie auch bei der Sanierung anderer Bauten – auf das Fundament eines sorgfältigen und bauhistorisch grundierten Quellenstudiums, wodurch er Aufbau und Wesen eines Bauwerks zu erfassen suchte. Zwischen den Jahren 1900 bis 1909 wurde Schloss Bruchsal zunächst unter Emil Lang und ab 1905 durch Fritz Hirsch für insgesamt 1 Million Mark wieder in Stand gesetzt.


Abb.: Schlusssteinversetzung der Schlossrenovierung von 1912 (Foto: Stadtarchiv Bruchsal)

In diesem Rahmen erschien 1910 im Verlag der Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung in Heidelberg eine großformatige Publikation über das Bruchsaler Barockschloss und seine Renovierung. Im Vorwort bezeichnet das Grossherzogliche Ministerium der Finanzen – Herausgeber des Werks – seinen Autor Hirsch als den „wohl besten Kenner des Bruchsaler Schlosses“.


Abb.: Front der 52x43cm großen Publikation von Fritz Hirsch über das Bruchsaler Schloss (Foto: Städtisches Museum Bruchsal)

Der Foliant im Jugendstil wird auch als „Hirsch-Mappe“ bezeichnet und beinhaltet circa 80 großformatige, teils farbige Abbildungen sowie eine Abhandlung über die Baugeschichte und Architektur des Gebäudes. Vor allem durch diese Bebilderung des Zustandes von Schloss Bruchsal vor den beiden Weltkriegen und der damit verbundenen Zerstörung stellt das Werk bis heute eine reiche Quelle an Eindrücken dessen dar, wie die Anlage samt Innenräumen ausgesehen hat. Im begleitenden Text thematisiert Hirsch die Geschichte der Bruchsaler Residenz und führt chronologisch und durch ausgiebige Literaturrecherche bestens belegt durch die einzelnen Bauperioden des Schlosses unter Fürstbischof Schönborn und seinen Nachfolgern. Sein technisches Verständnis sowie sein umfassender Blick auf diese Thematik ergeben eine detaillierte Einsicht in die Baugeschichte dieses Bruchsaler Barockgebäudes. So erfährt man beispielsweise, dass für den Rohbau zunächst kaum Baumaterial aus anderen Regionen nötig war, da der verwendete Kalkbruchstein direkt vom Steinsberg hinter dem Schlossgebiet abgebaut werden konnte. Weiterhin thematisiert Hirsch die Arbeit verschiedener Baumeister, darunter Balthasar Neumann, sowie die Entwicklung der Gestaltung der Innenräume und deren Ausbau unter Fürstbischof Hutten.

Aber auch die Kosten für den Schlossbau sowie eine kunstgeschichtliche Einordnung des Schlosses in die Epochen des Barock und Rokoko finden Eingang in Hirschs Dokumentation. Letztlich thematisiert er den Schlossgarten und Schönborns Bemühung um denselben. So bestellt dieser im Februar 1724 „allerhandt bluhmensahmen, zwieffeln u. pflanzen“, außerdem „500 bommeranzen und Citornen“ für die Anlage.

Entstanden ist eine detaillierte und kompetente Beschreibung des Bruchsaler Barockschlosses, die das Bauwerk aus vielfältigen Perspektiven erforscht und dokumentiert. Beinahe minutiös wird so die Entwicklung des Baus nachvollziehbar, weshalb Hirschs Werk bis heute eine wichtige Quelle hinsichtlich Architektur und Innengestaltung von Schloss Bruchsal darstellt.

Kontakt:
Stadtarchiv Bruchsal
Otto-Oppenheimer-Platz 5
76646 Bruchsal
Tel.: 07251 / 79-708
stadtarchiv@bruchsal.de

Postanschrift:
Stadtarchiv Bruchsal
Postfach 2320
76613 Bruchsal

Quelle: Stadtarchiv Bruchsal, Archivale des Monats April 2021Ostergruß von Stadtarchiv und Städtischem Museum Bruchsal

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