„Praktisch sein leicht gemacht!“
Fotos, Grafiken, Urkunden, Akten, Briefe oder historische Bücher: Im Depot von Stadtarchiv und Stadthistorischer Bibliothek Bonn lagert so manche Rarität. Die Reihe „Zeitfenster“ gewährt jeden Monat einen Blick in die Vergangenheit Bonns. Im Monat Februar 2021 handelt es sich dabei um einen Kalender aus der NS-Zeit aus dem Jahre 1941.
Das Stadtarchiv Bonn besitzt eine Sammlung mit 134 Kalendern, darunter auch einen Kalender aus der NS-Zeit mit dem Titel „Praktisch sein leicht gemacht!“ für das Jahr 1941, der vom Kaufhof Bonn herausgegeben wurde. Er ist historisch interessant – als NS-Propagandamittel war er ein wichtiges Verbreitungsmittel der Blut- und Bodenideologie der Nazis.
Abb.: „Praktisch sein leicht gemacht!“, 1941 (Signatur: 2001/78, Stadtarchiv Bonn)
Der Kalender richtet sich an die „deutsche Hausfrau“ über die Hitler 1936 sagt: „Die Welt der Frau [sei] die Familie, ihr Mann, ihre Kinder, ihr Heim“ – diese Rolle spiegelt der Kalender durchgängig wider. So wird dem 1938 ins Leben gerufenen „Muttertag“ natürlich auch ein Kalenderblatt gewidmet. Da viele Männer an der Front sind, der Kalender wurde 1940 – also im zweiten Kriegsjahr – produziert, wird die Frau zu einem wichtigen Vermittler der nationalsozialistischen Ideologie und kämpft „heldenhaft“ als Frau und „deutsche Mutter“ für die Volksgemeinschaft an der „Heimatfront“.
Abb.: Kalenderblatt der 31. Woche 1941 aus: „Praktisch sein leicht gemacht!“ (Stadtarchiv Bonn)
Bei dem mittelgroßen Abreißkalender (Maße: 16 x 24 cm) im Hochformat wird die Kalenderwoche jeweils von einem Foto unterlegt. Die schwarz-weißen beziehungsweise braungetönten Kalenderblätter geben unter anderem beidseitig Schönheits- und Haushaltstipps, so wie beispielsweise zur „Fuß-Gymnastik und -Pflege“ oder zur „Richtigen Nähmaschinen-Pflege“. Da die „deutsche Hausfrau“ vor allem Mutter war, kommen Ratschläge zur Kindererziehung nicht zu kurz: neben dem Abriss über „die wichtigsten Ereignisse der ersten Monate“ eines Kindes, dem Stricken von Windelhosen über das Anfertigen von Wadenwickeln bei Fieber, bis hin zu dem Einrichten eines Schularbeitsplatzes zu Hause, wird alles Existentielle behandelt.
Zum Auflockern der eigentlichen Thematik – den Überlebensstrategien in Kriegszeiten – wurde von den Herausgebern der Erholung und Freizeit gedacht: So zeigt das erste Kalenderblatt fröhliche Skifahrer in idyllischer Winterlandschaft. Darüber hinaus gibt es nicht nur Anleitungen zum „richtigen“ Einkellern von Kartoffeln, dem „Bauen eines Treibhauses am Küchenfenster aus einer alten Kiste“ oder Tricks beim wirtschaftlichen Heizen, sondern es werden auch „Erste Hilfe“-Maßnahmen aufgelistet.
Wie hochpolitisch der so unverfänglich wirkende „Hausfrauenkalender“ war, verdeutlichen die Eintragungen bestimmter Ereignisse. So wird im Kalender nicht nur die Propagandaaktion des monatlichen „Eintopfsonntags“ vermerkt. Politische Ereignisse, wie der Eintrag am 30. Januar: „1933 Adolf Hitler wird Reichskanzler“, die „Kriegserklärung Englands und Frankreichs an Deutschland“ am 3. September 1939 oder die „Heimkehr des Saarlandes“ am 1. März 1935 sowie die Kapitulationen verschiedener Länder, sind eingetragen. Auch Geburts- und Todesdaten von NS-Prominenz fehlen nicht in diesem vornehmlich Propagandazwecken dienenden Druckwerk.
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Quelle: Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn, Zeitfenster, Februar 2021