Feldverwendungsfähig! – Aschaffenburger Schlaglicht März 1918

Seit dem hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs werden im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg monatlich wechselnde „Schlaglichter“ in Form einer kleinen Präsentation gezeigt. Ausgewählte Dokumente, Fotografien und Objekte, zumeist aus den Beständen des Archivs (und ab und an auch in Kooperation mit regionalen Sammlern und Heimatforschern) werden über einen Zeitraum von jeweils vier Wochen gezeigt. Die jeweiligen Präsentationstexte sowie ausgewählte Bilder werden seit dem August 2014 über die Homepage des Archivs dokumentiert (Rückblick).

Das aktuelle Schlaglicht behandelt die Reklamation des Kanzlisten Bartholomäus Buckreuß:

Buckreuß ist feldverwendungsfähig! oder „Die Reklamation des Kanzlisten Buckreuß, ‚damit wir nicht hinter der Front zusammenbrechen‘!“

Bartholomäus Buckreuß, seit 1909 bei der Stadt Aschaffenburg als Kanzlist beschäftigt, hatte ab August 1914 als Offizierstellvertreter des 8. Reserve-Infanterie-Regiments im Felde gestanden und im Sommer 1917 schwere Verwundungen in der Schlacht von Flandern davongetragen. Als „felddienstuntauglich“ setzte ihn die Militärverwaltung zunächst in der Schreibstube des Regiments in Pirmasens ein und beurlaubte ihn anschließend von Oktober 1917 bis Februar 1918 „zur Dienstleistung“ nach Aschaffenburg.

Während dieser Zeit setzte sich der Aschaffenburger Oberbürgermeister für ein Entlassungsverfahren ein, das im Februar 1918 durch das Reserve-Infanterie-Regiment abgewiesen wird. Im März 1918 wendet er sich nochmals an die vorgesetzte Behörde und schildert die desolate Lage der Stadtverwaltung Aschaffenburg: Die Kanzlei „führt (…) den gesamten Sitzungsdienst, besorgt den ganzen Einlauf und Auslauf und (…) ist also für das Amt also das, was der Feldwebel für die Kompanie oder der Adjudant für das Bataillon ist: Die rechte Hand für den Amtsvorstand.“ Außerdem obliege der Kanzlei die Bearbeitung von „Schulsachen, Bausachen, eine Menge polizeilicher Konzessionssachen, ferner wichtige finanzielle Geschäfte“, in die er Buckreus eingewiesen habe. „Die Registraturen und Referatszuständigkeiten muß jemand beherrschen. Da wurde Buckreus nun gerade im Moment des gänzlichen Ausscheidens des Kanzleirates einberufen und zurückbehalten. Zugleich erkrankte der (…) Expedient Stürmer und nunmehr arbeitet dieses wichtige Referat mit einem ganz jungen Kanzleigehilfen und einem Fräulein! Dies das wichtigste Referat einer Stadt von 30.000 Einwohner im Weltkriege!“

Abb.: Ansicht des Aschaffenburger Rathauses in der Dalbergstraße, undatiert, Stadt- und Stiftsarchiv, Fotosammlung

„Ich finde keine Möglichkeit der Schilderung des Ernstes und der Mißlichkeit einer solchen Lage! Mein ganzes Personal ist heruntergeschunden, auf die Hälfte zusammengeschrumpft, Ersatz für diese Stelle kann ich weder im Hause noch außerhalb desselben finden“, führt Oberbürgermeister Matt aus und bemerkt schließlich: „Ich verkenne nicht die (…) militärischen Forderungen, bitte aber doch dringendst solchen Verhältnissen, wie sie hieramts herrschen, zu steuern, damit wir nicht hinter der Front zusammenbrechen.“

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv
Wermbachstraße 15
63739 Aschaffenburg
Telefon: 06021 45 61 05 0
Telefax: 06021 / 2 95 40
stadtarchiv@aschaffenburg.de
www.archiv-aschaffenburg.de 

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.