Gedenkstein für ermordeten polnischen Zwangsarbeiter in Olpe

Vor 75 Jahren, am 20.10.1942, wurde der polnische Zwangsarbeiter Stanislaus Komakowski in Olpe-Rhonard von Gestapobeamten erhängt. Der Grund: Er hatte eine Liebesbeziehung zu einer Deutschen.

Der Heimatverein für Olpe und Umgebung e.V. und mehrere Bürger der Stadt haben sich für die Erinnerung an das Schicksal des Mannes und die Errichtung eines Gedenksteines eingesetzt. Am 20.10.2017, zugleich Komakowskis 75. Todestag und 102. Geburtstag, wurde der Gedenkstein enthüllt und eingeweiht. „Es geht auch darum, diese dunkelsten Kapitel, die hier vor Ort geschehen sind, der Öffentlichkeit nahezubringen. Wir haben diese Pflicht, diese Geschichte aufzuschreiben, niederzuschreiben, und für unsere Nachkommen festzuhalten“, betonte Axel Stracke vom Heimatverein Olpe gegenüber dem WDR.

Abb.: Auf der Tafel des Gedenksteins wird an Stanislaus Komakowski erinnert (Foto: Jonathan Baer/WDR)

Stanislaus Komakowski wurde, so ergaben es Ermittlungen der Kriminalpolizei Olpe im Jahre 1960, am 20. Oktober 1915 in dem kleinen Flecken Starorypin im Bezirk von Rypin (56 km östlich von Thorn) geboren. Seine Eltern lebten 1942 in dem nahegelegenen Dorf Godziszewy. Offensichtlich war Komakowski zur polnischen Armee eingezogen worden und dann beim „Polenfeldzug“ 1939 in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten. Er kam, wohl über das Lager Hemer, mit anderen Kriegsgefangenen im Jahr 1940 nach Rhonard, wo die Gefangenen anfangs in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht waren. Bei Rhonard handelt es sich um eine kleine Ortschaft mit seinerzeit etwa 75 Einwohnern, einer Gastwirtschaft und etwa eine knappe Stunde Wegs von Olpe entfernt. Dort landete Komakowski bei einem Bauern als Zwangsarbeiter. Dr. Hans-Bodo Thieme vom Heimatverein Olpe hat sich intensiv mit dem Schicksal Komakowskis beschäftigt und dafür vor allem im Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen recherchiert. Demnach wurde der Zwangsarbeiter bei dem Bauern gut versorgt, wurde menschlich behandelt und hatte Familienanschluss. Zum Verhängnis sei ihm geworden, dass er und die Tochter des Bauern sich ineinander verliebten. Das Mädchen wurde schwanger. Als ihr Vater das erfuhr, zeigte er Stanislaus Komakowski an und verlangte, dass er vom Hof entfernt werde, „ohne sich allerdings die Folgen seines Verhaltens vorstellen zu können“, so der Heimatverein.

Komakowski wurde verhaftet, misshandelt und ins Dortmunder Gefängnis Steinwache gebracht. Denn es gab den Befehl, Vorkommnisse wie Liebesbeziehungen zwischen Deutschen und Menschen, die die Nationalsozialisten als „rassisch minderwertig“ einstuften, der Gestapo-Dienststelle in Dortmund zu melden. Das Reichssicherheitshauptamt in Berlin verfügte eine „Sonderbehandlung“ des Polen: dessen Hinrichtung ohne ordentliches Gerichtsverfahren. Und zwar dort, wo die Liebesbeziehung begonnen hatte. Laut Heimatverein fuhren ein Pkw und ein Lkw in Olpe-Rhonard vor, besetzt mit Gestapobeamten in SS-Uniform. Sie führten den gefesselten Stanislaus Komakowski mit sich. Der auf dem Lkw mitgeführte Galgen wurde aufgerichtet und Komakowski gegen 15 Uhr erhängt. Anschließend wurde allen aus der Gegend zusammengerufenen polnischen Zwangsarbeitern mitgeteilt, dass sie das Gleiche erwarte, wenn sie sich mit einem deutschen Mädchen einließen.

Tochter starb im Waisenhaus
Elf Tage nach der Ermordung Komakowskis starb die knapp sieben Monate alte Tochter aus der verbotenen Beziehung. Das Kind war unmittelbar nach seiner Geburt ins Waisenhaus der Olper Franziskanerinnen gebracht worden, teilt der Heimatverein mit. Die Mutter des Kindes starb im Jahr 2015.

Anonyme Anzeige 1960
Über den Fall wurde jahrzehntelang geschwiegen. Nach einer anonymen Anzeige im Jahr 1960 begannen laut Heimatverein umfangreiche Ermittlungen einer Sonderkommission der Kriminalpolizei. Der Heimatverein berichtet, dass sowohl der damalige Reviervorsteher der Olper Polizeiwache, der Komakowski misshandelt hatte, als auch die Gestapobeamten, die Komakowski erhängt haben, nie zur Rechenschaft gezogen wurden: „Nach vorübergehender Entfernung aus dem Dienst im Jahre 1945 konnten sie bis zu ihrer Pensionierung wieder als Polizeibeamte tätig sein; der letzte von ihnen verstarb, wohlversorgt mit seinem Ruhegehalt, erst 1998 im Alter von 93 Jahren.“

Kontakt:
Heimatverein für Olpe und Umgebung e.V.
Franziskanerstraße 6
„Altes Lyzeum“
57462 Olpe
Telefon: 02761 / 831 293
Telefax: 02761 / 832 293
j.wermert@olpe.de

Quelle: WDR, Nachrichten, 20.10.2017; Hans-Bodo Thieme: Leiden und Sterben des polnischen Fremdarbeiters Stanislaus Komakowski. Eine Fallstudie zur Rassenpolitik des Dritten Reichs, in: Jahrbuch des Heimatvereins für Olpe und Umgebung e.V. Olpe in Geschichte und Gegenwart, Band 23/2015, S. 49-94.

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