75. Westfälischer Archivtag in Dülmen

Thema: „Lösungen finden! Methodische Ansätze archivischer Überlieferungsbildung – bewährte Kooperationsmodelle“.

Am 19. und 20. März kamen mehr als 250 Archivarinnen und Archivare in Dülmen zusammen, wo zum 75. Mal der Westfälische Archivtag stattfand. Das Archivamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) hatte gemeinsam mit den Archivarinnen und Archivaren ein Programm erstellt, das vor allem Kooperationsmodelle für kleinere Archive in den Mittelpunkt rückte. Hintergrund: Die kommunalen Archive sehen sich immer mehr vor Aufgaben und Herausforderungen gestellt, die sie am besten zusammen angehen und lösen können.

„Gerade die Digitalisierung der Verwaltung erfordert gemeinsames Nachdenken und Handeln“, betont Prof. Dr. Marcus Stumpf, der Leiter des LWL-Archivamts. „Zum Beispiel ist der Schriftverkehr eines Bürgermeisters wichtig für die lokale Geschichte und daher in jedem Fall ins Archiv zu übernehmen. Früher war das einfach, solange die Korrespondenz ordentlich in Leitzordnern abgeheftet wurde. Aber jetzt müssen E-Mails aus E-Mail-Postfächern archiviert werden.“


Abb.: Digitalisierung von Archivgut in der Praxis (Foto: LWL-Archivamt).

Zu Beginn der Veranstaltung diskutierten LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, der Landrat des Kreises Coesfeld, Dr. Christian Schulze Pellengahr, und der Dülmener Bürgermeister Carsten Höwekamp über die Rolle der Archive bei der Aufarbeitung von Unrecht. „Dabei geht es letztlich um Transparenz und Rechtssicherung für Bürgerinnen und Bürger. Das ist ja eine zentrale Aufgabe der Archive“, so Rüschoff-Parzinger. Um die Aufarbeitung von Unrecht ging es auch im Eröffnungsvortrag, in dem Jasmin Hartmann, Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen, anhand von Beispielen aus der Praxis die Arbeit ihrer Einrichtung vorstellte.

Herausforderungen archivischer Überlieferungsbildung standen im Mittelpunkt der Vorträge des ersten Tages. Dr. Max Plassmann, Historisches Archiv der Stadt Köln, plädierte für den Einsatz von Dokumentationsprofilen als Bewertungsgrundlage für die Archivwürdigkeit etwa von Nachlässen und Sammlungen. Kira Knappkötter, Kreisarchiv Soest, stellte ihre Herangehensweise bei der Bewertung und Übernahme von Dateisammlungen am Beispiel der digitalen Fotosammlung der Pressestelle des Kreises Soest vor. Der Vortrag von Thomas Lienkamp M.A., LWL-Archivamt, widmete sich den Herausforderungen der E-Mail-Archivierung und ging dabei insbesondere auf den sog. Capstone-Approach als Bewertungsansatz auf Grundlage von Accounts anstelle von einzelnen E-Mails ein.

Der Nachmittag stand im Zeichen von Diskussionsforen, die sich der Rolle der Heimatvereine, der Bedeutung von Zeitungen in Kommunalarchiven, der Praxis des ersetzenden Scannens und den Anforderungen an die archivische Fortbildung angesichts eines in Wandel begriffenen Berufsbildes widmeten. Abgerundet wurde der erste Tag durch einen Vortrag Dr. Stefan Sudmanns, Stadtarchiv Dülmen, zur Geschichte der Stadt im Kalten Krieg, die durch die gleichzeitige Stationierung deutscher, britischer und amerikanischer Streitkräfte geprägt war.

Am zweiten Tag standen bewährte Formen der Zusammenarbeit im Mittelpunkt. Schon immer förderte das LWL-Archivamt die Zusammenarbeit vor Ort in regionalen Arbeitskreisen. Die konsequenteste Form der Zusammenarbeit entsteht gerade im Kreis Coesfeld: Dort schließen sich (mit Ausnahme der Städte Dülmen und Coesfeld, die traditionsreiche eigene Archive unterhalten) die kleinen Archive zusammen: Das Archiv des Kreises Coesfeld vergrößert sich entsprechend personell und wird zum Kreiszentralarchiv. Die aktuellen Planungen stellte Schulze Pellengahr in seinem Vortrag vor.

Etabliert in Westfalen ist mittlerweile auch die Langzeitarchivlösung „DiPS.kommunal“ im Verbund des Digitalen Archivs NRW. Kristina Ruppel, LWL-Archivamt, zog in ihrem Vortrag ein Zwischenresümee der bisherigen Schnittstellenarbeit und wies auf die noch bevorstehenden Herausforderungen hin. Ralf Othengrafen, Kreisarchiv Gütersloh, beschrieb am Beispiel des Arbeitskreises der kommunalen Archive des Kreises Gütersloh, wie Zusammenarbeit vor Ort in der Praxis aussehen kann. Dr. Andrea Ammendola, ULB Zentralbibliothek Münster, stellte das Zeitungsdigitalisierungsprojekt zeit.punktNRW vor, an dem sich bislang 108 Institutionen, überwiegend Archive, aus ganz NRW beteiligen.

Abgeschlossen wurde der Archivtag mit einer Aktuellen Stunde, in der Nachrichten aus westfälischen Archiven bekanntgegeben wurden. Interessierte hatten im Anschluss Gelegenheit, bei einem Stadtrundgang mit dem Dülmener Stadtarchivar Sudmann einige Erinnerungsorte der Stadt zu erkunden.

Der 76. Westfälische Archivtag findet am 11. und 12. März 2025 in Gütersloh statt.

Nähere Informationen zu den einzelnen Vorträgen und Diskussionsforen finden Sie im Archivamtblog.

Kontakt:
LWL-Archivamt für Westfalen
Jahnstraße 26
48147 Münster
Tel.: 0251/591-3890
Fax: 0251/591-269
lwl-archivamt@lwl.org

Quelle: LWL-Archivamt für Westfalen, Pressemitteilung, 19.3.2024, Abstracts.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.