Corvey und das Erbe der Antike: Kaiser, Klöster und Kulturtransfer im Mittelalter

Große Sonderausstellung 2024 im Diözesmuseum Paderborn.

Politik, Philosophie, Kunst und Literatur – so manches, was unsere freiheitliche Gesellschaft bis heute prägt, hat seine Wurzeln in der Antike. Und doch ist vieles, was wir über die Zeit von Homer, Caesar, Tacitus und Co. wissen, nur in der Überlieferung des Mittelalters erhalten. Mit der großen Sonderausstellung Corvey und das Erbe der Antike vom 21.9.2024 bis 26.1.2025 zeigt das Diözesanmuseum Paderborn anhand einzigartiger und faszinierender Leihgaben aus Europa und den USA, wie antikes Wissen und Kultur durch die Jahrhunderte übermittelt wurden und unsere europäische Gesellschaft bis heute prägen.

Anlass der Ausstellung ist die Gründung des Klosters Corvey vor über 1.200 Jahren und das 10-jährige Jubiläum seiner Ernennung zum Welterbe der UNESCO.

Kaiser, Klöster und die Think-Tanks des Mittelalters
Bedeutende Klöster wie die Reichsabtei Corvey an der Weser spielten bei der vom Frankenkaiser Karl dem Großen (747/48–814 n. Chr.) geförderten Wissenssammlung und -organisation eine entscheidende Rolle. Deren Bibliotheken waren nicht allein Horte des Wissens zur Antike, sondern auch Relaisstationen für dessen Verbreitung. Doch nur das, was man in den Think-Tanks der Herrschenden für überlieferungswürdig hielt, wurde auch abgeschrieben und weiterverbreitet. Gleichzeitig entstanden in den Bauhütten und Werkstätten der mittelalterlichen Klöster und Königspfalzen faszinierende Werke der Architektur, der Goldschmiede- und Elfenbeinkunst in antiker Tradition. Mitunter arbeiteten die mittelalterlichen Handwerker antike Originale um oder integrierten sie prominent in ihre eigenen Werke. Vereinnahmt und geprägt vom jeweiligen Zeitgeist, erzählen sie eigene, neue Geschichten und geben uns bis heute Rätsel auf.

Wie kam Odysseus an die Weser?
Ein solch rätselhaftes Werk findet sich noch heute an den Wänden des Westwerks Corvey. Vor mehr als 1.000 Jahren entstanden hier Malereien, die den Kampf des antiken Helden Odysseus gegen das Meeresungeheuer Skylla zeigen. Es ist die älteste erhaltene mittelalterliche Darstellung dieses antiken griechischen Epos. Doch woher kannten ihre Schöpfer die Geschichte? Warum war die Erzählung von Odysseus im Mittelalter noch so wichtig, dass sie an den Innenräumen eines bedeutenden kirchlichen Gebäudes angebracht wurde? Die Auftraggeber solcher Wandmalereien, aber auch imposanter Werke der Schatzkunst und aufwändiger Abschriften antiker Texte zählten zu den Mächtigsten im Reich. Doch was wussten sie eigentlich über die Antike?

Die Sonderausstellung geht diesen Fragen anhand zahlreicher historischer Exponate nach. Arbeiten zeitgenössischer Kunst, die den Themenkanon der Antike aufgreifen, erhalten zudem ein eigenes Ausstellungskapitel. Dabei wird die kulturelle Aneignung der Antike nicht als reine Erfolgsgeschichte präsentiert. Denn gerade in Gebieten wie Westfalen, die nie zum Römischen Reich gehört hatten, wurde Wissen traditionell mündlich weitergegeben. Vieles davon ist für immer verloren. Auch das wird Thema der Ausstellung sein.


Abb.: Die Odysseus/Skylla-Szene an der Nordwand unter der Westempore des Johanneschors im Westwerk der Klosterkirche Corvey (Foto: Kalle Noltenhans).

Einzigartige Schätze und multimediale Installationen
Die einstige Bibliothek der Abtei Corvey besaß bedeutende, teils kunstvoll gestaltete Pergamenthandschriften, die heute in alle Welt verstreut sind. Für die Sonderausstellung werden einige der wichtigsten noch erhaltenen Werke in Paderborn wieder vereint. Architekturfragmente, wunderbar gearbeitete Elfenbeine, Schatzkunst, Stuck- und Wandmalereifragmente beantworten darüber hinaus die Frage, wie antike Kunsttechniken, die in der Zeit nach dem Untergang des Römischen Reiches fast verloren schienen, im Mittelalter wieder aufleben konnten.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die kostbaren Originale. Flankiert werden sie von virtuellen Interventionen, die exklusive Einblicke in die Tätigkeit von Restauratoren, Forschern und Naturwissenschaftlern geben, die heute das antike Erbe für uns bewahren.

Kontakt:
Erzbischöfliches Diözesanmuseum
und Domschatzkammer
Markt 17
33098 Paderborn
Tel. +49 (0) 5251-1251400
museum@erzbistum-paderborn.de

Quelle: Diözesanmuseum Paderborn, Pressemitteilung, 2.11.2023

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