Anfang Oktober 2022 nutzte Martina Decker die Gelegenheit, die ab dem Jahr 1974 über vier Jahrzehnte geführte Chronik des Geraer Milchhofes zur Aufbewahrung für die Ewigkeit und Einsichtnahme durch die interessierte Öffentlichkeit an das Stadtarchiv Gera zu übergeben. Die beiden blau eingebunden, großformatigen Chronikbände umfassen den Zeitraum von 1929 bis 1994 und reichen damit sogar zurück bis in die Gründungszeit des Milchhofes vor über 90 Jahren.
Abb.: Milchhäuschen des Geraer Milchhofes (Foto: Stadtarchiv gera, Fotograf unbekannt)
Neben Frau Decker hatte vor allem ihr Vater Hans Brauer, der sein Leben lang eng mit der Milchwirtschaft verbunden war und den Geraer Milchhof viele Jahre als dessen Direktor prägte, maßgeblichen Anteil an der Führung und Aufbewahrung dieser Betriebschronik. „Über das Ende dieses Geraer Großbetriebes, vor allem aber auch über die zahlreichen Höhepunkte und positiven Aspekte der Betriebsgeschichte informieren die beiden reich illustrierten Chronikbände sowie ein Hefter mit Staniolmustern für Verpackungen der im Milchhof erzeugten Produkte, ein Sortimentskatalog des Ostthüringer Molkereikombinats e.G. Gera und zahlreiche Fotografien. Mit diesem Konvolut kann ein markantes Stück der Geraer Industriegeschichte der jüngsten Vergangenheit durch aussagekräftige und in ihrer Zusammenstellung einmalige Dokumente dem Vergessen entrissen werden,“ beurteilte Archivleiterin Christel Gäbler den historischen Wert der übergebenen Unterlagen.
Die Firma Milchhof Gera wurde am 16. Juli des Jahres 1929 als „Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht“ in das Genossenschaftsregister beim Thüringischen Amtsgericht/Registergericht Gera eingetragen. Am 14. September desselben Jahres konnte die Einweihungsfeier des Milchhofes in der heutigen Straße des Bergmanns 10/Ecke Gagarinstraße in Gera-Bieblach begangen werden. Aufgrund des Bevölkerungszuwachses in Gera wurde bereits in den 1950er Jahren über eine Erweiterung des Milchhofes nachgedacht. Eingeweiht werden konnte der neu erbaute Milchhof jedoch erst im Jahr 1979 in der Industriestraße. An diesem heute noch bekannten Standort endete mit der letzten Rohmilchannahme bzw. mit der letzten Milchlieferung der Erzeuger am 4. Januar 1995 die Geschichte der Geraer Milchproduktion. In den darauffolgenden Monaten Januar bis Mai 1995 fand die Abwicklung der Osterland GmbH statt, welche das Milchproduktionsende am Standort Gera besiegelte. Fast sämtliche der rund 150 Beschäftigten hatten ihre betriebsbedingte Kündigung zum Jahresende 1994 erhalten. Seit 1995 steht das Betriebsgelände des alten Milchhofs in Gera still und machte seither nur mit mehreren Bränden auf sich aufmerksam.
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Quelle: Stadt Gera, Meldung, 18.10.2022; Neues Deutschland, 5.1.1995; iamlost, Der alte Milchhof in Gera, o.D. (2019)