Offene Archive 2022 in Koblenz: Tagung, Workshops, ArchivCamp

Anmeldung, Zeitplan, Informationen.

Die Konferenz „Offene Archive“ kommt gemeinsam mit dem ArchivCamp unter dem Motto „Partizipation, Offenheit, Transparenz“ zurück!

Die Veranstaltung findet vom Mo., 13. bis Mi., 15. Juni 2022 in Koblenz statt.

Die Anmeldung ist seit dem 29. März und noch bis einschließlich 8. Juni 2022 über das Anmeldeformular des LVR möglich.

Weiterführende Informationen auf der Webseite zu Konferenz und ArchivCamp. Den Tagungsflyer finden Sie hier.

Tag 1 (13. Juni 2022)

Tagungsprogramm

ab 12:30 Uhr: Eintreffen, get-together

13:30 Uhr: Begrüßung durch Prof. Dr. Michael Hollmann (Präsident Bundesarchiv), Grußworte von Vertreter:innen des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA), der „Bundeskonferenz der Kommunalarchive“ beim Deutschen Städtetag (BKK) und des Arbeitskreises „Offene Archive“ im VdA

14:30 Uhr: Keynote Dr. Konstantin von Notz, MdB (Stellv. Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen) Weiterlesen

Digitale Perspektiven für das Stadtarchiv St. Ingbert

Im Keller des Rathauses von St. Ingbert befindet sich das Stadtarchiv. Dr. Heidemarie Ertle, die Archiv-Leiterin, zwei weitere feste Mitarbeiter und zeitweise auch studentische oder wissenschaftliche Hilfskräfte hüten hier das Gedächtnis der saarländischen Mittelstadt. Auch für das Stadtarchiv St. Ingbert steht die Digitalisierung ganz oben auf der Tagesordnung. Mit finanzieller Unterstützung des Bundes im Rahmen von „Neustart Kultur“ konnte ein groß angelegtes Digitalisierungsprojekt gestartet werden, dessen Ergebnisse nun vorliegen.


Abb.: Das Team vom St. Ingberter Stadtarchiv: v.l.n.r. Peter Klaus, Dr. Heidemarie Ertle, Leiterin Stadtarchiv, und Patrick Bohrer (Foto: Foto: Johannes Ertle).

Die Bestände des Stadtarchivs St. Ingbert aus der Zeit vor der Gebietsreform 1974 sowie die im Archiv vorhandenen Nachlässe, die Bürgerinnen und Bürger oder Vereine dem Stadtarchiv übergeben haben, wurden in den vergangenen 12 Monaten digital erfasst und zu Findbüchern zusammengestellt.

  • Wirtschaftsarchiv – Hier finden sich Dokumente ansässiger Firmen. Privatunternehmen sind nur während ihrer Geschäftstätigkeit verpflichtet, Unterlagen aufzuheben. Nach einer Geschäftsaufgabe werden diese häufig vernichtet. Das Stadtarchiv bietet an, für die Stadtgeschichte wichtige Unternehmensnachlässe zu übernehmen, da es sich meist um wertvolle Informationen handelt. In St. Ingbert gibt es z. B. den Bestand der ehemaligen Brauerei Becker.
  • Altes Archiv – In diesem Teil des Archivs werden alle Dokumente aus der Zeit vor 1974 gesammelt. So finden sich in den Regalreihen unter anderem alle Ausgaben des St. Ingberter Stadtanzeiger ab 1867, Dokumente aus den einzelnen St. Ingberter Stadtteilen, eine große Menge an Nachweisen aus der NS-Zeit, die zum Teil noch nie ausgewertet wurden, Unterlagen zum Waldstreit aus den Jahren 1754 bis 1791, einige Unterlagen aus dem späten Mittelalter und viele weitere Schätze.
  • Privatnachlässe – In diesen Beständen werden Unterlagen aus den Nachlässen von Privatpersonen gesammelt. Die teils noch lebenden Personen oder auch die Erben bestimmen selbst, ob und wenn ja, wann die Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen. Das St. Ingberter Stadtarchiv beherbergt neben zahlreichen anderen die Nachlässe des Heimatforschers Dr. Wolfgang Krämer und des Heimatdichters Karl Uhl, die ebenfalls in Findbüchern katalogisiert sind.
  • Standesamtsregister – Personenstandsdokumente dürfen aus Datenschutzgründen erst 110 Jahre nach der Geburt oder 30 Jahre nach dem Tod einer Person veröffentlicht werden. Im Archiv findet sich unter anderem ein Standesamtsregister aus dem Jahr 1808. Ein wirkliches Goldstück, da vorher die Personenstände nur in Kirchenbüchern festgehalten wurden. Erst Napoleon Bonaparte führte das Standesamtsregister ein, weshalb das Dokument in den Regalen des St. Ingberter Archivs auch in französischer Sprache abgefasst ist. Der Ahnenforschung sind mit solchen Dokumenten fast keine Grenzen gesetzt.
  • Ein großer Aktenschrank mit breiten Schubladen birgt alte Karten und Pläne, die in St. Ingbert derzeit noch nicht sortiert und verzeichnet wurden.

Das sogenannte Alte Archiv beinhaltet in einer thematischen Gliederung Dokumente aus der St. Ingberter Geschichte bis zum Jahr 1974. Zu den bedeutendsten Nachlässen zählen die des Heimatforschers Dr. Wolfgang Krämer und des St. Ingberter Unternehmers und Kunstsammlers Franz Josef Kohl-Weigand. Zu den Beständen liegen jeweils Findbücher vor. Eine eigenständige Abteilung bildet das Musikarchiv. Es enthält Material zu Komponisten, die in St. Ingbert geboren wurden oder in der Stadt gewirkt haben. Einen beträchtlichen Teil des Musikarchivs verdankt man ebenfalls den Nachlässen der Komponisten.

Diese Findbücher stehen nun als PDF-Dateien auf der Internetseite der Stadt St. Ingbert allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern online zur Verfügung. Sie vermitteln einen Eindruck von den Schätzen des Stadtarchivs. Wer das Archiv besuchen möchte, kann sich nun im Vorfeld online, vom eigenen PC aus, einen Überblick verschaffen und über die Verzeichnisnummern die gewünschten, einzelnen Dokumente bei den Archivmitarbeiterinnen und -mitarbeitern zur Ansicht bestellen. Darüber hinaus besteht nun die Möglichkeit, im Stadtarchiv in der Archivdatenbank selbständig zu recherchieren.


Abb.: Fotos wie dieses von einem Seifenkistenrennen hat der St. Ingberter Fotograf Erich Isenhuth (*1923, +2010) in den 1960er Jahren aufgenommen (Foto: Stadtarchiv St. Ingbert).

Ein besonderes Highlight im Rahmen des Digitalisierungsprojektes des Stadtarchivs St. Ingbert sind die Bilder von Erich Isenhuth (1923-2010). Der St. Ingberter Fotograf hatte 2001 seinen Fotonachlass dem Stadtarchiv St. Ingbert vermacht. Tausende Negative lagerten seitdem im Stadtarchiv. Mit Bundesmitteln, im Rahmen von „Neustart Kultur“, wurden nun rund 76.000 Negative von einer Firma im Auftrag des Stadtarchivs digitalisiert. Sie werden in einer Datenbank verzeichnet, die Interessierte im Stadtarchiv für ihre Recherchen nutzen können. Eine erste kleine Auswahl der Bilder ist ebenfalls auf der Internetseite des Stadtarchivs zu sehen, eine größere Auswahl soll in einer Fotoausstellung im Sommer 2022 gezeigt werden. Die Bilder geben einen wunderbaren Eindruck vom Leben in St. Ingbert, insbesondere für den Zeitraum der sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts.

Kontakt:
Stadtarchiv St. Ingbert
Am Markt 12
66386 St. Ingbert
hertle@st-ingbert.de

Quelle: Stadt St. Ingbert, Aktuelles, 22.2.2022; Stadt St. Ingbert, Aktuelles, 3.5.2022

Stadtarchiv will Bremerhaven-Lexikon zum Stadtjubiläum 2027

Stadtarchivleiterin neue Vorsitzende des Verbandes der niedersächsischen Archivarinnen und Archivare.

Das Stadtarchiv Bremerhaven beabsichtigt, anlässlich des 200. Geburtstags der Seestadt im Jahr 2027 ein Bremerhaven-Lexikon mit eintausend Stichworten von A-Z zu erarbeiten. In dem Nachschlagewerk sollen wichtige stadtgeschichtliche Persönlichkeiten, Orte, Gebäude, Phänomene und Ereignisse erklärt und teilweise auch mit Bildern dokumentiert werden.

Gesucht sind neben derartigen Bremerhaven-Begriffen, die typisch für die Stadt oder die eng mit ihr verbunden sind, nun auch interessierte Personen, die an dem Projekt mitwirken möchten. Bremerhaven sei eine der wenigen Großstädte, für die ein solches Lexikon in gedruckter oder in digitaler Form bislang nicht vorliege, erklärt die Leiterin des Stadtarchivs Bremerhaven, Dr. Julia Kahleyß, gegenüber der Nordsee-Zeitung. Diese Lücke solle mithilfe möglichst vieler Geschichtsinteressierter geschlossen werden. Die Stadtgemeinde Bremerhaven ist eine kreisfreie Stadt, die als Exklave zum Bundesland Freie Hansestadt Bremen gehört.

Dr. Julia Kahleyß (Foto: Stadtarchiv Bremerhaven)

Die Direktorin des Bremerhavener Stadtarchivs, Dr. Julia Kahleyß, wurde auf dem am 25./26.4.2022 in Delmenhorst abgehaltenen 5. Niedersächsischen Archivtag zur neuen Vorsitzenden des Verbandes Niedersächsischer Archivarinnen und Archivare e.V. (VNA) gewählt. Sie folgt in diesem Amt auf die Leiterin des Stadtarchivs Hannover, Dr. Cornelia Regin. Gleichzeitig wurde die VNA-Satzung erweitert, so dass der Verband die niedersächsischen und die bremischen Archive vertreten kann. Die Archivarinnen und Archivare wollen auf diese Weise ihre schon lange bestehende gute und regional übergreifende Zusammenarbeit dokumentieren und gemeinsame Projekte voranbringen.

Kontakt:
Stadtarchiv Bremerhaven
Stadthaus 5, Erdgeschoss
Hinrich-Schmalfeldt-Str. 30
27576 Bremerhaven
Tel.: 0471 590-2567
Fax: 0471 590-2005
Stadtarchiv@magistrat.bremerhaven.de

Quelle: Stadt Bremerhaven, Pressemitteilung, 4.5.2022; Norderlesen.de / Nordsee-Zeitung, 1.4.2022; Nord24.de / Nordsee-Zeitung, 7.5.2022

Vorlass von Friedrich Schorlemmer wird erschlossen

Der Vorlass des Wittenberger Theologen und Bürgerrechtlers Friedrich Schorlemmer wird derzeit gesichtet und für die Übernahme ins Archiv vorbereitet. Gemeinsam mit der Leiterin des Landeskirchlichen Archivs der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Christina Neuß, ordnet Schorlemmer derzeit seine Bibliothek und seine Schriftstücke, die mehr als 200 Regalmeter in seiner Wittenberger Altbauwohnung in Anspruch nehmen, wie die Mitteldeutsche Kirchenzeitung „Glaube+Heimat“ und die Mitteldeutsche Zeitung berichten. Diesen Schatz zu bergen und unter seiner Regie zu sortieren, sei eine Mammutaufgabe, so Archivarin Neuß gegenüber der MZ. Bei dem Vorlass handele sich um Skizzen, Andachten, Reden, Essays und Korrespondenzen des Theologen.

Abb.: Friedrich Schorlemmer spricht bei der Berliner Großdemonstration am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz: 500.000 Bürger beteiligten sich an einer Demonstration für den Inhalt der Artikel 27 und 28 der Verfassung der DDR. Auf dem anschließenden Meeting auf dem Alexanderplatz ergriff auch Pfarrer Schorlemmer aus Wittenberg das Wort (Bundesarchiv, Bild 183-1989-1104-038 / Link, Hubert / CC-BY-SA 3.0).

Friedrich Schorlemmer war zwischen 1971 und 1978 Studentenpfarrer in Merseburg, von 1978 bis 1992 Dozent am Evangelischen Predigerseminar sowie Prediger an der Schlosskirche in der Lutherstadt Wittenberg. Von 1992 bis 2007 amtierte Schorlemmer als Studienleiter der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt. Der 1944 in Wittenberge (Prignitz) als Sohn eines evangelischen Pfarrers geborene Friedrich Schorlemmer erlangte im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR gesamtdeutsche Bekanntheit. Er gehörte zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs „Für unser Land“ vom 26.11.1989, war Mitbegründer der Partei Demokratischer Aufbruch (DA) und wechselte bald zur Sozialdemokratischen Partei in der DDR über. Bis 1994 war er Fraktionsvorsitzender der SPD im Wittenberger Stadtparlament. Öffentlich artikulierte er sich immer wieder kritisch gegenüber den Globalisierungstendenzen. 2009 wurde Friedrich Schorlemmer, der krankheitsbedingt nicht mehr öffentlich in Erscheinung tritt, mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Bereits 1993 hatte er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten.

Die Vorbereitung seines Vorlasses begleitet er wohlwollend, aber mit gemischten Gefühlen, wie er der MZ verriet: „Wenn ich sehe, wie die Archivleiterin mit Sinn und Verstand an die Aufgabe rangeht, das gefällt mir und tut mir gut. Da muss ich nichts erklären“, lobt Schorlemmer die Archivarin. Es sei schon schmerzhaft, sich von all dem zu trennen. Aber was man nunmehr angefangen habe, das müsse auch zu Ende gebracht werden. Er habe das Glück, dass seine Arbeit nicht umsonst war und im Landeskirchlichen Archiv „in Magdeburg anstatt im Reißwolf landet“, freut sich Schorlemmer.

Kontakt:
Landeskirchenarchiv Magdeburg
Freiherr-vom-Stein-Str. 47
39108 Magdeburg
Tel. 0391 / 506 659 90
Fax 0391 / 506 659 96
archiv.magdeburg@ekmd.de

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung, 12.4.2022; Meine Kirchenzeitung, 13.4.2022; Art. Friedrich Schorlemmer, in: Wikipedia, 26.4.2022

Stadtarchiv Meerbusch überlässt 150 Stahlregale dem Archiv in Stolberg

Nach Hochwasserkatastrophe im Jahr 2021.

150 Stahlregale mit rund 600 Regalmetern haben sich am 4.5.2022 auf den Weg von Meerbusch in die rund 80 Kilometer entfernte Kupferstadt Stolberg gemacht. Die Regale wurden im Zuge des Umzugs des Meerbuscher Stadtarchivs ausgemustert, da in dem neuen Archivgebäude am Neusser Feldweg in Osterath ein anderes Regalsystem verwendet wird. Da die Regale aber noch in einem guten Zustand waren, konnten sie der von der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr betroffenen Stadt Stolberg und dem dortigen Archiv zur Verfügung gestellt werden.


Abb.: Gemeinsam mit den Mitarbeitern einer Spedition verladen Stadtarchivar Michael Regenbrecht (vorne, 2.v.r.), Sandra Wilting (Mitte) und Holger Thom (2.v.l.) vom Meerbuscher Stadtarchiv die 150 Stahlregale für den Transport nach Stolberg (Foto: Stadt Meerbusch). 

„Ich freue mich, dass wir mit unseren Regalen helfen konnten“, sagt Meerbuschs Stadtarchivar Michael Regenbrecht. Nach dem Umzug des Archivguts vom alten Standort in Büderich in das neue Domizil, konnten die Regale nun abgebaut und nach Stolberg gebracht werden. Regenbrecht und sein Team begleiteten den Transport und überreichten die Möbel an Stolbergs Stadtarchivar Christian Altena.

Das Archiv der Kupferstadt Stolberg in der Nähe von Aachen war bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 schwer beschädigt worden. Einige historische Archivalien konnten in letzter Minute gerettet werden (siehe Beitrag vom 1.8.2021).

Die Stadt Meerbusch hatte bereits kurz nach dem verheerenden Unwetter zwei Feuerwehrfahrzeuge den Gemeinden Nettersheim und Hellenthal in der Eifel überlassen. Außerdem kümmerte sich eine Privatinitiative um den Transport von mehreren hundert ausrangierten Schulmöbeln Meerbuscher Grundschulen ins Ahrtal.

Kontakt:
Stadtarchiv Meerbusch
Michael Regenbrecht
Karl-Borromäus-Straße 2a
Meerbusch-Büderich
Tel.: 02132 – 916 358
michael.regenbrecht@meerbusch.de

Quelle: Stadt Meerbusch, Pressemitteilung, 4.5.2022

Berichte aus den Pfarreien des südlichen Bayerns am Ende des Zweiten Weltkriegs

Mit den rund 560 „Kriegs- und Einmarschberichten“ von Geistlichen des Erzbistums München und Freising besitzt das Archiv des Erzbistums München und Freising einen der wichtigsten Quellenbestände zum Ende des Zweiten Weltkriegs im südlichen Bayern. Die vollständige Edition dieser Berichte, die 2005 in Buchform erschien, ist seit langem vergriffen. Nun wird der komplette Text online gestellt.


Abb.: Ausschnitt aus der Anweisung zur Erstellung der Kriegs- und Einmarschberichte vom 7. Juni 1945 (Foto: Archiv des Erzbistums München und Freising)

Als im Gebiet des Erzbistums der Zweite Weltkrieg in den letzten April- und ersten Maitagen 1945 mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen zu Ende ging, hatten die Behörden des nationalsozialistischen Regimes ihre Tätigkeit bereits eingestellt; die Wehrmacht befand sich in Auflösung. Die kirchlichen Verwaltungsstrukturen funktionierten dagegen weiterhin. Dies war die Voraussetzung dafür, dass die Ereignisse vor 77 Jahren heute noch fast unmittelbar nachverfolgt werden können: Am 7. Juni 1945 forderte der Münchner Generalvikar Ferdinand Buchwieser (1874-1964) alle Seelsorgestellen auf, über die Kriegsereignisse und speziell das Kriegsende in der jeweiligen Pfarrei zu berichten.

Die so entstandenen, zwischen August 1945 und Juni 1946 im Ordinariat eingegangenen „Kriegs- und Einmarschberichte“ bieten eine Fülle von Informationen zum Kriegsende an fast jedem Ort des Bistumsgebiets. Sie beruhen größtenteils auf eigenem Erleben der Geistlichen und wurden sehr bald nach den Ereignissen niedergeschrieben, auch wenn man bei der Auswertung natürlich stets den subjektiven Blickwinkel der einzelnen Berichterstatter berücksichtigen muss.

Entsprechend oft wurden und werden die Berichte genutzt, seitdem das Archiv sie 2005 erstmals vollständig in Buchform veröffentlicht hat. In vielen Ortsgeschichten sind sie zitiert. Zahlreiche Schülergruppen haben mit ihnen gearbeitet, um das Kriegsende in ihrer Heimatregion zu erforschen und mit Dokumenten von amerikanischer Seite sowie mit Berichten noch lebender Zeitzeugen zu vergleichen. Sie wurden genutzt, um die Vergewaltigung deutscher Frauen bei Kriegsende zu dokumentieren und sogar um Blindgänger auf Baugrundstücken aufzuspüren. Vor allem aber bieten sie den einzelnen Pfarrgemeinden die Möglichkeit, diesen einschneidenden Moment ihrer Geschichte besser kennen zu lernen und die Erinnerungen ihrer früheren Seelsorger etwa bei Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende einzubeziehen.

Besonders eindrucksvoll und für Unterrichtszwecke gut einsetzbar sind hier zum Beispiel folgende Berichte:

  • Pfarrei München-St. Sylvester (Dekanat München-Nord) mit einer Beschreibung der Erstkommunion kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner, während der bereits Kanonendonner vom Stadtrand her zu hören ist
  • Pfarrei Pullach (Dekanat München-Süd) mit dem eindrucksvollen Bericht über die Ermordung eines alliierten Fliegers kurz vor und der Tötung des NS-Ortsgruppenleiters kurz nach dem Kriegsende
  • Pfarrei Dachau-St. Jakob (Dekanat Dachau) mit (diskussionsbedürftigen) Aussagen zur Befreiung des Konzentrationslagers und zum Wissen beziehungsweise Nichtwissen der Dachauer über die NS-Verbrechen
  • Pfarrei Degerndorf (Dekanat Wolfratshausen) mit einer bewegenden Schilderung des „Todesmarsches“ von KZ-Häftlingen, der durch den Ort führte

Die anhaltende Nachfrage nach den Berichten hat das Archiv des Erzbistums verlasst, den gesamten, 1.498 Seiten umfassenden Buchtext der Edition mit Einverständnis des Verlags Schnell & Steiner (Regensburg) in seinem Internetangebot online zu stellen:

Peter Pfister (Hg.):
Das Ende des Zweiten Weltkriegs im Erzbistum München und Freising. Die Kriegs- und Einmarschberichte im Archiv des Erzbistums München und Freising,
Regensburg 2005, 2 Teile, 1.498 S., ISBN 3-7954-1761-9, € 29,90 (vergriffen)

Link zum PDF-Volltext: https://www.erzbistum-muenchen.de/cms-media/media-59068120.pdf

Mit Hilfe des Ortsregisters können alle gesuchten Einzelberichte schnell aufgefunden und dann heruntergeladen oder ausgedruckt werden. Die Texte sind mit kurzen Angaben zu den berichtenden Geistlichen versehen. In einer ausführlichen Einleitung werden Entstehung und Quellenwert der Berichte sowie – vom renommierten Münchner Landeshistoriker Prof. Dr. Walter Ziegler – der Verlauf des Kriegsendes im Erzbistum dargestellt.

Kontakt:
Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Prof. Dr. Johannes Merz (Leiter Archiv und Bibliothek)
Karmeliterstr. 1
80333 München
Telefon: 089 2137-1346
Fax: 089 2137-1702
archiv@eomuc.de
https://www.erzbistum-muenchen.de/archiv-und-bibliothek

Quelle: Dr. Roland Götz, Archiv und Bibliothek des Erzbistums, Mai 2022 (Link).

Völklingens Botschaften in die Zukunft

Im Jahr 2022 blickt die saarländische Stadt Völklingen auf eine 1.200 Jahre alte Geschichte zurück. Aus diesem Anlass sammelt der Verein Miteinander in Völklingen e. V. in Kooperation mit dem Stadtarchiv Völklingen noch bis zum 30.5.2022 Botschaften in die Zukunft.

Erlebnisse, die in Zusammenhang mit Völklingen stehen, können in Briefen niedergeschrieben und z. B. an einen Verein, zukünftige Mieter der eigenen Wohnung oder die noch unbekannte Verwaltungsspitze adressiert werden.

Alle Briefe werden 20 Jahre im Stadtarchiv Völklingen gelagert und im Jahr 2042 für Sie verschickt. Wer ein emotionales Erlebnis in der Zukunft erwirken möchte, schicke die schriftlich niedergelegten Erlebnisse im Wandel der Zeit an den Verein Miteinander in Völklingen e.V.

Kontakt:
Verein Miteinander in Völklingen e. V.
Kopernikusstraße 41
66333 Völklingen
Tel.: 06898-22641
info@miteinander-in-voelklingen.de
https://miteinander-in-voelklingen.de/

Quelle: Stadt Völklingen, Pressemitteilung, 21.4.2022

Bibliothek des Kreisarchivs im Rhein-Erft-Kreis jetzt online

Die Bibliothek des Kreisarchivs des Rhein-Erft-Kreises ist jetzt Mitglied im Verbund der Erft-Bibliotheken (erftbib), der mit dem Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz) zusammenarbeitet. Die erftbib ist ein kooperatives Angebot der Bibliotheken im Rhein-Erft-Kreis und der Stadt Euskirchen, um Medienbestände aller Bibliotheken über eine gemeinsame digitale Oberfläche im Internet zu recherchieren.


Abb.: Ab sofort können die Meta-Daten der Bibliothek des Kreisarchivs über https://rhein-erft-kreis.digibib.net durchsucht werden.

Nach zwei Jahren technischer und rechtlicher Vorbereitungen konnte Landrat Frank Rock das Verbundprojekt für das Archiv mit dem hbz unterzeichnen. Mit Hilfe des hbz wurden die Meta-Daten aus der Augias-Datenbank für die hbz-Suchmaschine aufbereitet und stehen nun über www.digibib.net und die Bearbeitungsoberfläche der hbz-Online-Fernleihe zur Verfügung.

„Jetzt kann jeder Interessierte von zu Hause aus im Portal nach Literatur des Kreisarchivs recherchieren“, erklärt Landrat Frank Rock. „Eine Suche genügt, um festzustellen, ob das gewünschte Buch, die Zeitschrift oder zum Beispiel die Gesetzessammlung in der Bibliothek des Kreisarchivs vorhanden ist, oder ob eine andere kooperierende Bibliothek das Medium vorhält. Das erleichtert den Zugang zu Medien für Jedermann und stellt die Daten zu den bibliophilen Schätzen des Kreisarchivs schnell und unkompliziert zur Verfügung.“

Die Bibliothek des Kreisarchivs ist seit 1996 bei der Sigelstelle der Staatsbibliothek Berlin mit dem Bibliothekssigel: Bgh1 eingetragen und verfügt heute über 30.000 Medieneinheiten. Zudem ist die Bibliothek Sammelstelle für die Werke der im Kreis ansässigen Heimatvereine und bietet Interessierten Einblick in eine umfassende Bibelsammlung und genealogische Werke, die teilweise bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen.

„Die Bereitstellung der Metadaten im erftbib-Portal und der Fernleihe ist ein weiterer Schritt der Digitalisierung des Kreisarchivs. Seit 2019 konnte der Rhein-Erft-Kreis schon die historischen Zeitungen aus Bergheim und Bedburg im Portal ‘zeit.punktNRW´ im Volltext für die Forschung zur Verfügung stellen. Mit Hochdruck wird nun bis Ende des Jahres 2022 an der Einspielung der ersten Meta-Daten der historischen Aktenbestände in das Portal ‘Archive in NRW‘ gearbeitet, damit auch die Informationen zu historischen Aktenbeständen schnell gefunden werden können“, so Landrat Frank Rock.

Die Recherche im erftbib-Portal ist sehr einfach. Ohne Anmeldung kann mittels Suchbegriff über ein oder mehrere Suchfelder eine Suchanfrage gestartet werden. Zudem besteht die Möglichkeit, die Suche in weiteren Datenbanken in Deutschland oder im internationalen Raum auszuweiten. Gefundene Treffer können dann mit einem Klick auf das Werk im Detail geöffnet und in einer Merkliste gespeichert werden.

Gefundene Meta-Daten zu Medien aus dem Bestand der Bibliothek des Kreisarchivs in Bergheim können per Mail an das Archiv gesandt und die entsprechende Literatur oder Zeitung dann im neu eingerichteten Lesesaal des Archivs in der Kreisverwaltung, Willy-Brandt-Platz 1, in Bergheim eingesehen werden.

Link erftbib: www.erftbib.de

Kontakt:
Kreisarchiv Rhein-Erft-Kreis
Willy-Brandt-Platz 1
50126 Bergheim
archiv@rhein-erft-kreis.de
https://www.rhein-erft-kreis.de/familie-bildung-kultur/kultur/kreisarchiv
https://www.archive.nrw.de/kreisarchiv-rhein-erft-kreis

Quelle: Rhein-Erft-Kreis, Pressemeldung, 13.4.2022

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2022 in Schleswig-Holstein

Am 8.5.2022 finden die nächsten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein statt. 16 Landeslisten sind für die Landtagswahl zugelassen. Der Verband schleswig-holsteinischer Kommunalarchivarinnen und -archivare (VKA) hat verschiedenen Parteien Fragen mit archivpolitischem Inhalt („Wahlprüfsteine“) vorgelegt. Auf der VKA-Webseite kann man die Fragen sowie die Antworten der Parteien (Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP, SPD und SSW) nachlesen.

Der VKA hat gefragt – und die Parteien haben geantwortet:

Frage 1
Archivierung ist eine gesetzlich festgelegte Pflichtaufgabe für das Land, die Kreise und die Kommunen. Insbesondere Kreisarchive werden gebraucht, um den kreisangehörigen Kommunen fachliche Hilfestellung zu geben – mit welchen konkreten Maßnahmen setzen Sie die gesetzlichen Aufgaben in allen Kommunalverwaltungen durch?

Frage 2
In den Verwaltungen ersetzt die Digitale Akte zunehmend den Aktenordner und die Datenbank die Karteikarte. Diese neuen Formen von Unterlagen müssen durch Archivare bewertet und digital gesichert werden. Mit welchen Schritten unterstützen Sie diesen technischen und organisatorischen Strukturwandel?

Frage 3
Für Archive ist es schwierig, Fachkräfte zu finden und die kommenden Pensionierungswellen aufzufangen. Archivar*innen werden nur durch das Landesarchiv ausgebildet. Kommunen könnten in die Berufsausbildung von FAMIs (Archiv) einsteigen. Wie wollen Sie die Kommunen konkret unterstützen, Fachkräfte zu gewinnen?

Frage 4
Welche Bedeutung messen Sie der Erinnerungskultur zum Erhalt demokratischer Grundrechte bei? Zahlreiche Archive bieten sich den Schulen als außerschulischer Lernort für die öffentliche Erinnerungskultur an. Mit welchen Maßnahmen sollen Schulen mehr Raum für eine Zusammenarbeit mit Archiven erhalten?

Kontakt:
VKA Schleswig-Holstein e.V.
Geschäftsstelle:
Dr. Johannes Rosenplänter
Stadtarchiv Kiel
Fleethörn 9-17
24103 Kiel
Tel: 0431/901-3420
info@vka-sh.de
https://vka-sh.de

Veranstaltungen in Gelsenkirchen zum Gedenktag 8. Mai

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches. Diese markierte den Zusammenbruch der nationalsozialistischen Terrorherrschaft, die viele Millionen Opfer gefordert hatte. Der Rat der Stadt Gelsenkirchen hat im Mai 2021 beschlossen, künftig in besonderer Weise mit Veranstaltungen und Bildungsangeboten an die Bedeutung des 8. Mai zu erinnern, um die gesellschaftliche Relevanz dieses Datums für die Gegenwart herauszustellen.


Abb.: Stellten das Programm zum Gedenktag 8. Mai vor (v. l. n. r.): Wiltrud Apfeld, Leiterin des Kulturraums „die flora“, Birgit Klein, Leiterin der NS-Dokustätte, Anja Herzberg, Leiterin der Stadtbibliothek, VHS-Leiterin Dr. Bianca Westermann und Knut Maßmann vom Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung (Foto: Bildrechte: Gerd Kaemper).

Das Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen (ISG), die Volkshochschule Gelsenkirchen, die Stadtbibliothek Gelsenkirchen und der Kulturraum „die flora“ haben gemeinsam mit dem „Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung“ und zivilgesellschaftlichen Institutionen in diesem Jahr ein umfangreiches Programm mit Gedenkveranstaltungen und Bildungsangeboten für den Monat Mai organisiert. Alle geplanten Veranstaltungen wurden in einem übersichtlichen Flyer zusammengestellt, der nun an vielen öffentlichen Stellen ausliegt und zum Download zur Verfügung steht.

Fluchterfahrungen und Erinnerungen
Für Sonntag, 8. Mai 2022, sind dabei unter anderem um 14 Uhr ein öffentliches Gedenken an der Grabplatte der „Opfer des Nationalsozialismus“ auf dem Westfriedhof am Grawenhof 25 geplant, von 11 bis 13 Uhr werden in Horst in Höhe der Buerer Straße 8 Stolpersteine geputzt. Der Kulturraum „die flora“ an der Florastraße 26 zeigt ab 15 Uhr den Film „Gestrandet“ über Fluchterfahrungen mit anschließender Diskussion, und die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ an der Cranger Straße 323 lädt von 11 bis 17 Uhr zum Tag der offenen Tür mit kostenfreien Führungen um 11 und 15 Uhr ein.

Fortgesetzt wird das Programm am Dienstag, 10. Mai 2022, mit der Vorstellung des Buches „Die ersten Jahre in Deutschland – Junge Geflüchtete schreiben“, das in Gelsenkirchen im Rahmen eines VHS-Kurses entstanden ist. Dort wird es auch vorgestellt, im Bildungszentrum an der Ebertstraße 19 ab 19 Uhr.

Fachvorträge mit Blick in die Geschichte
Gleich zwei Fachvorträge stellen am Mittwoch, 11. Mai 2022, die Zeit des Zweiten Weltkriegs in den Mittelpunkt: Professor Dr. Nicolai Hannig widmet sich auf Einladung des ISG ab 18 Uhr mit dem Vortrag „Protest und Gewalt im Nachkrieg“ im Wissenschaftspark an der Munscheidstraße 14 der Besatzungszeit im Ruhrgebiet. Um 18.30 Uhr beginnt derweil ein Online-Vortrag der Volkshochschule Gelsenkirchen, in dem Cassandra Speer „Die Sprache im Nationalsozialismus“ kritisch beleuchtet. Die Referentin wird am Mittwoch, 18. Mai, von 18.30 bis 20.15 Uhr vor Ort in der VHS an der Ebertstraße 19 in einem Workshop auch erläutern, wie man „Hate Speech“ begegnen sollte.

Eine „Mahnwache für den Frieden“ ist für Samstag, 14. Mai 2022, von 11 bis 13 Uhr auf dem Heinrich-König-Platz vor der Altstadtkirche geplant. Zu den Kriegerdenkmalen in Gelsenkirchen, die überwiegend nach 1933 entstanden sind, führt am Sonntag, 15. Mai, eine zweistündige „Antifaschistische Fahrradtour“ mit Knut Maßmann, die um 11 Uhr am Ehrendenkmal in Gelsenkirchen-Buer startet.

Zu allen Veranstaltungen sind die Bürgerinnen und Bürger eingeladen; zum Teil sind Voranmeldungen erforderlich (Hinweise dazu gibt es beim jeweiligen Veranstaltungsort). Die Stadtbibliothek Gelsenkirchen hat zudem im Rahmen des Recherchetrainings für Schülerinnen und Schüler ein Medienpaket zusammengestellt mit dem Themenschwerpunkt 8. Mai. Dieses soll über www.stadtbibliothek-ge.de unter dem Stichwort „Medienverzeichnisse und Formulare“ zu finden sein.

Kontakte:
Stadt Gelsenkirchen
Institut für Stadtgeschichte
Munscheidstraße 14 – Wissenschaftspark
45886 Gelsenkirchen
Telefon: +49 (209) 169-8551
isg@gelsenkirchen.de

Stadtbibliothek Gelsenkirchen
Ebertstraße 19
45875 Gelsenkirchen
Telefon: +49 (209) 169-2819
stadtbibliothek@gelsenkirchen.de

Kulturraum die flora
Florastraße 26
45879 Gelsenkirchen
Telefon: +49 (209) 169-9105
flora@gelsenkirchen.de

Volkshochschule (VHS)
Ebertstraße 19
45879 Gelsenkirchen
Telefon: +49 (209) 169-2508
vhs@gelsenkirchen.de

Quelle: Stadt Gelsenkirchen, Aktuelles, 28.4.2022