Digitale Perspektiven für das Stadtarchiv St. Ingbert

Im Keller des Rathauses von St. Ingbert befindet sich das Stadtarchiv. Dr. Heidemarie Ertle, die Archiv-Leiterin, zwei weitere feste Mitarbeiter und zeitweise auch studentische oder wissenschaftliche Hilfskräfte hüten hier das Gedächtnis der saarländischen Mittelstadt. Auch für das Stadtarchiv St. Ingbert steht die Digitalisierung ganz oben auf der Tagesordnung. Mit finanzieller Unterstützung des Bundes im Rahmen von „Neustart Kultur“ konnte ein groß angelegtes Digitalisierungsprojekt gestartet werden, dessen Ergebnisse nun vorliegen.


Abb.: Das Team vom St. Ingberter Stadtarchiv: v.l.n.r. Peter Klaus, Dr. Heidemarie Ertle, Leiterin Stadtarchiv, und Patrick Bohrer (Foto: Foto: Johannes Ertle).

Die Bestände des Stadtarchivs St. Ingbert aus der Zeit vor der Gebietsreform 1974 sowie die im Archiv vorhandenen Nachlässe, die Bürgerinnen und Bürger oder Vereine dem Stadtarchiv übergeben haben, wurden in den vergangenen 12 Monaten digital erfasst und zu Findbüchern zusammengestellt.

  • Wirtschaftsarchiv – Hier finden sich Dokumente ansässiger Firmen. Privatunternehmen sind nur während ihrer Geschäftstätigkeit verpflichtet, Unterlagen aufzuheben. Nach einer Geschäftsaufgabe werden diese häufig vernichtet. Das Stadtarchiv bietet an, für die Stadtgeschichte wichtige Unternehmensnachlässe zu übernehmen, da es sich meist um wertvolle Informationen handelt. In St. Ingbert gibt es z. B. den Bestand der ehemaligen Brauerei Becker.
  • Altes Archiv – In diesem Teil des Archivs werden alle Dokumente aus der Zeit vor 1974 gesammelt. So finden sich in den Regalreihen unter anderem alle Ausgaben des St. Ingberter Stadtanzeiger ab 1867, Dokumente aus den einzelnen St. Ingberter Stadtteilen, eine große Menge an Nachweisen aus der NS-Zeit, die zum Teil noch nie ausgewertet wurden, Unterlagen zum Waldstreit aus den Jahren 1754 bis 1791, einige Unterlagen aus dem späten Mittelalter und viele weitere Schätze.
  • Privatnachlässe – In diesen Beständen werden Unterlagen aus den Nachlässen von Privatpersonen gesammelt. Die teils noch lebenden Personen oder auch die Erben bestimmen selbst, ob und wenn ja, wann die Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen. Das St. Ingberter Stadtarchiv beherbergt neben zahlreichen anderen die Nachlässe des Heimatforschers Dr. Wolfgang Krämer und des Heimatdichters Karl Uhl, die ebenfalls in Findbüchern katalogisiert sind.
  • Standesamtsregister – Personenstandsdokumente dürfen aus Datenschutzgründen erst 110 Jahre nach der Geburt oder 30 Jahre nach dem Tod einer Person veröffentlicht werden. Im Archiv findet sich unter anderem ein Standesamtsregister aus dem Jahr 1808. Ein wirkliches Goldstück, da vorher die Personenstände nur in Kirchenbüchern festgehalten wurden. Erst Napoleon Bonaparte führte das Standesamtsregister ein, weshalb das Dokument in den Regalen des St. Ingberter Archivs auch in französischer Sprache abgefasst ist. Der Ahnenforschung sind mit solchen Dokumenten fast keine Grenzen gesetzt.
  • Ein großer Aktenschrank mit breiten Schubladen birgt alte Karten und Pläne, die in St. Ingbert derzeit noch nicht sortiert und verzeichnet wurden.

Das sogenannte Alte Archiv beinhaltet in einer thematischen Gliederung Dokumente aus der St. Ingberter Geschichte bis zum Jahr 1974. Zu den bedeutendsten Nachlässen zählen die des Heimatforschers Dr. Wolfgang Krämer und des St. Ingberter Unternehmers und Kunstsammlers Franz Josef Kohl-Weigand. Zu den Beständen liegen jeweils Findbücher vor. Eine eigenständige Abteilung bildet das Musikarchiv. Es enthält Material zu Komponisten, die in St. Ingbert geboren wurden oder in der Stadt gewirkt haben. Einen beträchtlichen Teil des Musikarchivs verdankt man ebenfalls den Nachlässen der Komponisten.

Diese Findbücher stehen nun als PDF-Dateien auf der Internetseite der Stadt St. Ingbert allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern online zur Verfügung. Sie vermitteln einen Eindruck von den Schätzen des Stadtarchivs. Wer das Archiv besuchen möchte, kann sich nun im Vorfeld online, vom eigenen PC aus, einen Überblick verschaffen und über die Verzeichnisnummern die gewünschten, einzelnen Dokumente bei den Archivmitarbeiterinnen und -mitarbeitern zur Ansicht bestellen. Darüber hinaus besteht nun die Möglichkeit, im Stadtarchiv in der Archivdatenbank selbständig zu recherchieren.


Abb.: Fotos wie dieses von einem Seifenkistenrennen hat der St. Ingberter Fotograf Erich Isenhuth (*1923, +2010) in den 1960er Jahren aufgenommen (Foto: Stadtarchiv St. Ingbert).

Ein besonderes Highlight im Rahmen des Digitalisierungsprojektes des Stadtarchivs St. Ingbert sind die Bilder von Erich Isenhuth (1923-2010). Der St. Ingberter Fotograf hatte 2001 seinen Fotonachlass dem Stadtarchiv St. Ingbert vermacht. Tausende Negative lagerten seitdem im Stadtarchiv. Mit Bundesmitteln, im Rahmen von „Neustart Kultur“, wurden nun rund 76.000 Negative von einer Firma im Auftrag des Stadtarchivs digitalisiert. Sie werden in einer Datenbank verzeichnet, die Interessierte im Stadtarchiv für ihre Recherchen nutzen können. Eine erste kleine Auswahl der Bilder ist ebenfalls auf der Internetseite des Stadtarchivs zu sehen, eine größere Auswahl soll in einer Fotoausstellung im Sommer 2022 gezeigt werden. Die Bilder geben einen wunderbaren Eindruck vom Leben in St. Ingbert, insbesondere für den Zeitraum der sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts.

Kontakt:
Stadtarchiv St. Ingbert
Am Markt 12
66386 St. Ingbert
hertle@st-ingbert.de

Quelle: Stadt St. Ingbert, Aktuelles, 22.2.2022; Stadt St. Ingbert, Aktuelles, 3.5.2022

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