Neue Schätze aus dem Stadtarchiv Radebeul

Das Stadtarchiv Radebeul möchte im Jahr 2022 vermehrt besondere Archivquellen auf der Internetseite der Stadt Radebeul präsentieren. Die Schätze aus dem Stadtarchiv sollen Lust auf mehr machen und eindrucksvoll zeigen, welche Möglichkeiten mit der Digitalisierung in Archiven und Bibliotheken verbunden sind. Womöglich entdeckt der eine oder die andere das Interesse an der Geschichte der Heimatstadt Radebeul und beschließt, in den im Radebeuler Stadtarchiv überlieferten Originalquellen zu forschen.

Los geht es mit dem 150. Geburtstag des 1. Radebeuler Stadtchronisten Adolf Schruth (1872-1946): Wenn man den Namen „Schruth“ in die Datenbank des Stadtarchivs Radebeul eingibt, dann erscheinen 151 Treffer, die schon erahnen lassen, dass es sich hier um eine für Radebeul bedeutsame Persönlichkeit handelt.


Abb.: Stadtarchiv Radebeul veröffentlicht Archivmaterial von Chronist Adolf Schruth (Foto: Stadtarchiv Radebeul)

Am 11. Februar 1872 wurde dem Dresdner Kaufmann Emil Theodor Schruth und seiner Ehefrau Anna Johanna Schruth, geb. Schnell ein Sohn geboren, der die Vornamen Fritz Adolph Theodor erhielt. Zunächst trat er beruflich in die Fußstapfen seines Vaters, als er 1921 als Kaufmann mit 39 Jahren einen Kolonialwarenladen in Naundorf, Hauptstr. 19 eröffnete. Er heiratete am 09.07.1899 Friederike Pauline Schäller (1876-1949), eine Thüringerin aus Ruhla.

Die erste schriftliche Überlieferung in den Naundorfer Gemeindakten zu Adolf Schruth enthält eine Konzession zum Verkauf von Branntwein in versiegelten Flaschen aus dem Jahre 1923. Seine Freizeitpassion war aber die Heimatgeschichte. Schruth interessierte sich schon immer sehr dafür. Durch seinen Beruf als Kaufmann kam er sicher mit vielen ins Gespräch und erfuhr so manches aus Vergangenheit und Gegenwart. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg brachte allgemein einen Boom des Interesses der Heimatgeschichte mit sich, denn erstmals waren amtliche Unterlagen für die Öffentlichkeit zugänglich und damit die staatlichen Archive. Auch die gesellschaftlichen Bedingungen der Bevölkerung – gezeichnet vom Krieg, krisengeschüttelt und politikverdrossen – könnte ein Grund dafür gewesen sein für das gestiegene heimatgeschichtliches Interesse im Allgemeinen.


Abb.: Wer neugierig geworden ist und wissen will, was Adolf Schruth 1924 zur Heimatgeschichte der Lößnitz geschrieben hat, kann hier (S. 4-6) selbst nachlesen und sich an seinen kurzweiligen „Geschichten“ erfreuen. Die nachfolgenden Jahrgänge sind im Stadtarchiv einsehbar. Es sind Unikate, die in dieser Vollständigkeit nur im Stadtarchiv Radebeul überliefert sind (Foto: Stadtarchiv Radebeul).

Deshalb übernahm Schruth im August 1924 die Redaktion der heimatkundlichen Beilage der Kötzschenbrodaer Zeitung „Die Elbaue – Blätter für sächsische Heimatkunde“, zu deren Mitarbeitern er von Beginn an gehörte. Schon 3 Jahre später wurde er hauptamtlicher Redakteur und von 1929 bis 1941 als Nachfolger von Wilhelm Georg Ziegner (1865-1929) verantwortlicher Schriftleiter der Kötzschenbrodaer Zeitung, machte damit sein Hobby zum Beruf. Er forschte zur Historie der Lößnitzgemeinden und es entstanden zahlreiche Aufsätze und Chroniken zu Kötzschenbroda, Naundorf, Zitzschewig, Niederlößnitz, Fürstenhain und Serkowitz. Da er als erster überhaupt die Akten des Sächsischen Hauptstaatsarchivs auswertete und Kontakte zu vielen Persönlichkeiten seiner Zeit unterhielt, auch Einblick in die Gemeindeakten der Lößnitzorte erhielt, kann man zurecht behaupten, dass er der Begründer der Radebeuler Stadtgeschichtsforschung ist. Seine Beiträge waren kurzweilig und gut zu lesen und erfreuten sich allgemeiner Beliebtheit.

Es finden sich auch unterhaltsame Theaterstücke in der Sammlung des Radebeuler Stadtarchivs von ihm, wo historische Überlieferungen in phantasievolle Geschichten umgesetzt wurden. Vielleicht werden sie mal wieder aufgeführt … Wer weiß? Mit 69 Jahren wurde er 1941 vom damaligen Oberbürgermeister Heinrich Severit (1888-1977) zum Stadtchronisten als Ehrenbeamter berufen. In den folgenden Kriegs- und Nachkriegsjahren entstanden die Tageschroniken der Stadt Radebeul 1942 bis 1945, die dann von Paul Brüll (1892-1982), dem späteren Stadtarchivar bis 1949 fortgeführt wurden. Am 10. Oktober 1946 starb er im Alter von 74 Jahren in Radebeul. Er wohnte viele Jahre in der Nähe seines Arbeitsdomizils.

Die Chroniken, die heimatgeschichtlichen Beiträge der Elbaue und andere seiner Werke im Stadtarchiv Radebeul sind bereits digitalisiert. Der Jahrgang 1924 der Elbaue ist jetzt auf der Homepage der Stadt zu finden. Darüber hinaus freut sich das Stadtarchiv Radebeul über einen Besuch – persönlich oder virtuell.

Kontakt:
Stadtarchiv Radebeul
Wasastraße 50 Haus 1
01445 Radebeul
Tel. 0351 8305252
Fax: 0351 8362198
stadtarchiv@radebeul.de

Quelle: Annette Karnatz: Dem 1. Radebeuler Stadtchronisten Adolf Schruth (1872-1946) zum 150. Geburtstag gewidmet (Aktuelles aus dem Stadtarchiv); Stadtarchiv Radebeul: Schätze aus dem Stadtarchiv; DNN: Stadtarchiv Radebeul veröffentlicht Archivmaterial von Chronist Adolf Schruth, 10.2.2022

Mit WhatsApp die jüdische Geschichte Aschaffenburgs erkunden

Am 14. Februar 2022 startet das digitale Erzähl-Format „Erinnern. Immer“ beim Messengerdienst WhatsApp. In einer Projektlaufzeit von nur vier Monaten ist ein innovativer Beitrag zur Erinnerungskultur in Aschaffenburg entstanden. Über einen Zeitraum von zweieinhalb Wochen erhalten die Abonnentinnen und Abonnenten des Angebots WhatsApp-Nachrichten, in denen die Biographie des Aschaffenburger Kaufmanns Max Hamburger (1881-1942) erzählt wird.

„Die Text- und Sprachnachrichten sind so formuliert, als würde Max Hamburger die persönlichen Erinnerungen an sein Leben in Aschaffenburg mit den Nutzerinnen und Nutzern teilen“, so Bürgermeister Eric Leiderer. Er ergänzt: „Durch diese Erzählform ist ein behutsames Annähern an die Historie möglich; einer Historie, die sich für uns heute – 80 Jahre später – als eine Leerstelle im gesellschaftlichen und kulturellen Leben auch in Aschaffenburg bemerkbar macht. Was diese Leerstelle bedeutet, dafür möchten wir mit ‚Erinnern. Immer‘ ein Bewusstsein schaffen. Und gerade die Beschreibung von Alltäglichem und Einblicke in das Familienleben birgt hierfür ein großes Potenzial.“

„Der Inhalt der Nachrichten basiert auf Daten und Fakten, die in der Datenbank Jüdisches Leben in Unterfranken abrufbar sind; also auf der tatsächlichen Biographie Max Hamburgers und seiner Familie. Was bei ‚Erinnern. Immer‘ vermittelt wird, hat sich so zugetragen“, erklärt Oded Zingher, Vorsitzender des Vereins „Jüdisches Leben in Unterfranken. Biographische Datenbank e.V.“ Er führt weiter aus: „Die gründlichen Archivrecherchen unserer Mitarbeiter*innen und das gewissenhafte Einpflegen der Ergebnisse in unsere Datenbank bilden also die inhaltliche Grundlage für ‚Erinnern. Immer‘.“

Das Projekt ist ein weiterer wichtiger Baustein der digitalen Erweiterung des Stadt- und Stiftsarchivs Aschaffenburg, wie Archivleiter Dr. Joachim Kemper unterstreicht. „Mit dem Relaunch der grundlegenden Digitalangebote im digitalen Stadtlabor Aschaffenburg 2.0, der anstehenden Weiterentwicklung um eine native Smartphone-APP und insbesondere verschiedenen umfangreichen Förderzusagen aus Bundes- und Landesmitteln können wir mit Blick auf neuartige digitale Mitwirkungs- und Präsentationsformen optimistisch in die nähere Zukunft blicken.“

Die Anmeldung für das kostenlose Angebot „Erinnern. Immer“ ist ab dem 14.2.2022 via WhatsApp möglich. Weitere Informationen gibt es hier.

Das am 1. November 2021 begonnene Kooperationsprojekt „Erinnern. Immer“ des Vereins „Jüdisches Leben in Unterfranken. Biographische Datenbank e.V.“ mit dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg konnte dank einer Förderung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt realisiert werden. Diese Stiftung ist eine erst im Jahr 2020 gegründete öffentliche Stiftung des Bundes mit Sitz in Neustrelitz. Die Förderung von “Erinnern. Immer” ist im Rahmen des Programms „100xdigital“ erfolgt.

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv
der Stadt Aschaffenburg
Wermbachstraße 15
63739 Aschaffenburg
Telefon: +49 6021 4561050
stadtarchiv@aschaffenburg.de
https://stadtarchiv-aschaffenburg.de

JÜDISCHES LEBEN IN UNTERFRANKEN
– Biographische Datenbank e.V. –
Mattstr. 5
63741 Aschaffenburg
info@juedisches-unterfranken.de
http://www.juedisches-unterfranken.de

Quelle: Stadt Aschaffenburg, Aktuelles, 10.2.2022; Link: https://aschaffenburgzweinull.stadtarchiv-digital.de/projekt/erinnern-immer/

Die Hausbesitzer in Niederösterreich 1751-1755

In den Jahren 1748 und 1756 wurde in Niederösterreich im Zuge der Theresianischen Staats- und Verwaltungsreform erstmals eine umfassende Aufnahme der steuerpflichtigen Einnahmequellen durchgeführt. Dies erfolgte für den Grundbesitz als das bedeutendste Steuerobjekt in Form der sogenannten Dominikal- und Rustikal-„Fassion“ (siehe unten die exemplarische Abb. aus dem NÖ Landesarchiv). Ab 1751 entstand die erste flächendeckende Erfassung aller Grundstücke sowie Hausbesitzer in den österreichischen Kronländern. Diese Theresianische Fassion stellt zugleich die erste von der landesfürstlichen Regierung veranlasste einheitliche Grundlage zur Steuerbemessung dar.

Die genealogische Datenbank GenTeam hat mit Unterstützung des Niederösterreichischen Landesarchivs in St. Pölten alle Hausbesitzer Niederösterreichs aufgrund der Rustikalfassionen erfasst und online gestellt. Neben dem Familiennamen und Vornamen der mehr als 100.000 Hausbesitzer wurden aufgenommen: das Viertel, in dem sich das Haus befindet, die Nummer der über 1.700 Fassionen, der Name der Herrschaft, die Buchnummer, (die Grundbuchsnummer), die Seite in der Fassion, der Ort/das Amt bzw. der Hofname. Gleichzeitig erfolgt eine laufende Onlinestellung der digitalisierten Fassionen selbst im Findbuch des NÖ Landesarchivs.

Zum Hintergrund
Bis zur Theresianischen Fassion verteidigten die Stände hartnäckig die Steuerfreiheit des „Herrenlandes“ (Dominikale). Diese wurde nunmehr beseitigt, wenngleich das Dominikale gegenüber dem „Bauernland“ (Rustikale) noch steuerlich günstiger eingestuft wurde. Die Theresiana wurde nach Herrschaften angelegt. Für jede Grundherrschaft war eine Fassion anzufertigen. Keine Fassionen liegen allerdings für die landesfürstlichen Städte und Märkte (mit Ausnahme von Perchtoldsdorf) vor, die zuvor bereits Gegenstand der Gaisruckschen Erhebungen gewesen waren.

Die Theresianische Fassion umfasst für Niederösterreich über 3.000 Bände. Das Erhebungsjahr war 1751. Erfasst wurden alle landwirtschaftlich genutzten Grundstücke nach ihrem Verkehrswert und ihrer Qualität, die gewerblichen Produktionsstätten (z. B. Mühlen) und vermietete Räume (Zinszimmer). Die Fassion jeder Herrschaft gliedert sich in Dominikal-, Rustikal- und Überländfassionen. In der Dominikalfassion sind alle von der Grundherrschaft in Eigenregie bewirtschafteten Liegenschaften, Betriebe und herrschaftlichen Rechte (= Einkünfte) verzeichnet.

Die Rustikalfassion enthält die von den Untertanen bewirtschafteten Gründe und Produktionsstätten. Zu jedem Haus wurden der Name des Besitzers, wenn vorhanden der Hausname, die an die Herrschaft zu entrichtenden Grunddienste, die zugehörigen Hausgründe und allenfalls das Hausgewerbe erfasst. (Die Eintragung der Gewerbe, bei denen die Gewerbekonzession mit dem Besitz des Gebäudes verbunden – also in einem Haus verwurzelt – war, in die Theresiana bildet die Grundlage für den Charakter als radiziertes Gewerbe.) Wenn ein zeitgleiches herrschaftliches Grundbuch vorhanden ist, können die Häuser anhand der Besitzernamen identifiziert werden. In der Überländfassion sind die durch die Grundherrschaft frei zu vergebenden, nicht fest mit einem Haus verbundenen Rustikalgründe (Überländen) aufgelistet, die auch an auswärtige Untertanen ausgegeben sein konnten.

Alle Flächenangaben beruhten auf Schätzungen und mündlichen Auskünften, eine Bodenvermessung fand nicht statt.

Kontakt:
Amt der NÖ Landesregierung
Abteilung NÖ Landesarchiv und NÖ Landesbibliothek
Landhausplatz 1
Haus Kulturbezirk 4
3109 St. Pölten
Tel: 02742/9005/16255
Fax: 02742/9005-12052
post.k2archiv@noel.gv.at
https://www.noe.gv.at/noe/Landesarchiv/Landesarchiv.html

Quelle: NÖ Landesarchiv, Aktuelles, 4.2.2022; Bernhard Hackl: Die Theresianische Dominikal- und Rustikalfassion in Niederösterreich 1748-1756. Ein fiskalischer Reformprozeß im Spannungsfeld zwischen Landständen und Zentralstaat (Beiträge zur neueren Geschichte Österreichs; Bd. 7), 1997

Stadtarchiv Singen digitalisiert Großformate und Gemeinderatsprotokolle

Das Stadtarchiv Singen konnte 2021 dank des Förderprogramms „WissensWandel“ einen Scanner für die Digitalisierung von Formaten bis DIN A1 in seinem Benutzersaal aufstellen. Damit haben die Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs rund 150 großformatige Pläne und die ältesten Gemeinderatsprotokolle digitalisiert und online gestellt.


Abb.: Singens Stadtarchivarin Britta Panzer digitalisiert ein Gemeinderatsprotokoll aus dem 19. Jahrhundert (Foto: Stadt Singen). 

Die Corona-Pandemie hat auch positive Seiten: 2020 bewarb sich das Stadtarchiv Singen erfolgreich bei dem vom Deutschen Bibliotheksverband aufgelegten Förderprogramm „WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb von Neustart Kultur“. Für ein Digitalisierungsprojekt, das die Online-Stellung der ältesten, gebundenen Gemeinderatsprotokolle und großformatiger Pläne aus der Kartensammlung zum Ziel hat, sollte ein geeigneter Buchscanner beschafft werden.

„Wir wollen nicht nur Gemeinderatsprotokolle vorlagenschonend digitalisieren, sondern auch unsere Karten. Ein Großteil hat ein Format größer als DIN A3 und wird rollend gelagert, was bereits jetzt schon zu Schäden an den Plänen geführt hat“, führt Stadtarchivarin Britta Panzer zu den Anforderungen an den Scanner aus. Der angeschaffte Scanner könne Karten bis zu einem Format DIN A1 scannen und ermögliche mit seiner integrierten Buchwippe auch die Digitalisierung von gebundenen Amtsbüchern, die bis in die Buchfalz beschrieben sind. Auch die Hegau-Bibliothek wurde mit ins Boot geholt, um mit der Zeitschrift „Hegau Jahrbuch“ des Hegau-Geschichtsvereins noch eine weitere Quellengattung digital für Benutzerinnen und Benutzer bereitstellen zu können.

Inzwischen wurden rund 150 Karten und Pläne aus der Kartensammlung vom Team des Stadtarchivs Singen inhaltlich erschlossen und mit Hilfe des neuen Buchscanners digitalisiert. Darunter befinden sich auch rund 20 Karten aus dem Depositum Reischach, das 2019 ins Stadtarchiv übernommen wurde. „Mit den Karten lässt sich die grundherrschaftliche Ausdehnung der Freiherren von Reischach im 19. Jahrhundert sehr genau nachverfolgen“, zeigt sich die Stadtarchivarin begeistert. Die Digitalisate stehen für alle Interessierten kostenfrei online zur Verfügung.

Jennifer Bach, Mitarbeiterin im Stadtarchiv, arbeitet inzwischen täglich mit dem neuen Scanner und freut sich über die Benutzerfreundlichkeit des Geräts: „Die Benutzung des Buchscanners ist ganz einfach und gleichzeitig materialschonend. Ich finde es toll, dass wir fragile Archivalien ohne lange Transportwege hier direkt im Haus digitalisieren konnten. Jetzt können sie geschützt verpackt werden und sind gleichzeitig online für alle verfügbar.“

Der Buchscanner soll künftig auch Benutzerinnen und Benutzern des Stadtarchivs für eine hochwertige Digitalisierung von Quellen zur Verfügung stehen. Auch sind bereits weitere Projekte geplant, etwa die Digitalisierung von Urkunden oder auch von Nachlässen, die für die Singener Geschichte eine große Bedeutung haben und häufig nachgefragt werden. „Gemeinsam mit einem ehrenamtlichen Unterstützer haben wir gerade Unterlagen aus dem Nachlass von Hannes Ott digitalisiert, dem früheren Singener Stadtbaudirektor. Das ist ein wahrer Schatz zur Baugeschichte unserer Stadt“, so Panzer. „Dank des Buchscanners können wir nun nach und nach wichtige historische Dokumente online stellen und damit einen niederschwelligen Zugang zur Stadtgeschichte schaffen. Das Förderprogramm war dabei eine einmalige Chance für uns, solch ein Gerät anschaffen zu können!“

Das Stadtarchiv Singen ist ein junges Archiv. Aufgebaut wurde es in den 1950er Jahren, seit März 2001 ist es gemeinsam mit der Zentralregistratur im Dienstleistungsareal DAS 2 untergebracht. Die archivischen Bestände mit einem Umfang von rund 1,2 Kilometern werden in einem klimatisierten Magazin verwahrt. Sie reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert.

Kontakt:
Stadtarchiv Singen
Julius-Bührer-Straße 2
78224 Singen (Hohentwiel)
Tel.: +49 7731 85-253
Fax: +49 7731 85882254
archiv@singen.de

Quelle: Stadt Singen, Pressemitteilung, 8.2.2022; Wochenblatt Singen, 7.2.2022; Singen KulturPur, Stadtarchiv Singen, o.D.

Stadt- und Kreisarchiv Düren als außerschulischer Lernort

Geschichte nicht nur im Schulunterricht erarbeiten, sondern praktisch anhand von alten Originalunterlagen und Dokumenten erleben – diese Möglichkeit möchte das Stadt- und Kreisarchiv Düren Schülerinnen und Schülern der Dürener Schulen bieten.

„Das Stadt- und Kreisarchiv ist die Schatzkammer der Stadt und des Kreises. Durch die Arbeit mit diesen Schätzen können Schüler Geschichte anschaulich erfahren und zum Leben erwecken“, sagt Archivleiter Daniel Schulte, der seine Pläne unter das Motto „Schüler ins Archiv! Das Stadt- und Kreisarchiv Düren als Lernort“ stellt.


Abb.: Dr. Achim Jaeger (r.), Geschichtslehrer am Stiftischen Gymnasium Düren, und der Leiter des Stadt- und Kreisarchivs Düren, Daniel Schulte, wollen im Archiv Geschichte für Schülerinnen und  Schüler erlebbar machen (Foto: Stadt Düren).

Unter anderem etwa 750 Urkunden, die ältesten aus dem 13. Jahrhundert, rund zwei Kilometer Akten der Stadt- und Kreisverwaltung, alte Kirchenbücher, etwa 50.000 Fotos, Postkarten und Dias und rund 5.000 Karten, Pläne und Plakate warten in der Sammlung des Dürener Stadt- und Kreisarchivs darauf, von den Schülern entdeckt und erforscht zu werden. Dazu noch Lokalzeitungsausgaben ab dem Jahr 1818. „Dabei handelt es sich um Unikate, die einzigartig sind für die Stadtgeschichte“, erklärt Daniel Schulte. „Sie sind nicht bearbeitet oder retuschiert. Dadurch können die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel eine kritische Quellenanalyse erlernen, die ein wichtiges Merkmal des modernen Geschichtsunterrichts ist.“

Aber das Dürener Stadt- und Kreisarchiv bietet Möglichkeiten nicht nur für den Geschichtsunterricht. Auch etwa in den Fächern Deutsch, Politik, Sozialkunde, Erdkunde, Religion, Biologie oder Physik könnten im Unterricht erworbene Kenntnisse im Archiv praktisch angewendet werden – anhand alter Wahlunterlagen, historischer Karten oder überlieferter Baupläne von Maschinen oder Fabriken. „Dabei können die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel Recherchekompetenz, Sachkompetenz oder Handlungskompetenz erlernen. Alles Anforderungen, die auf dem Lehrplan stehen“, so Schulte, der auch eine engere und verbindlichere Zusammenarbeit zwischen Archiv und Schulen im Blick hat. „Da denke ich an Führungen, Facharbeiten und auch an Bildungspartnerschaften, wie sie in anderen Archiven schon Standard sind.“

Einer, der schon viel Erfahrung mit Schülerinnen und Schülern im Kreis- und Stadtarchiv gemacht hat, ist Dr. Achim Jaeger, Geschichtslehrer am Stiftischen Gymnasium Düren. Er lässt gerne und möglichst oft lokalgeschichtliche Aspekte in den Unterricht einfließen: „Das Arbeiten mit Archivalien eröffnet häufig neue Perspektiven und schafft beziehungsweise schärft ein Bewusstsein dafür, dass wir alle in komplexen historischen Kontexten leben.“

Jaeger findet die Pläne des Archivleiters gut. Das große Archivangebot bietet Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern seiner Meinung nach vielfältige Möglichkeiten, das Lernen anschaulich zu gestalten. „Ich habe schon oft gesehen, wie fasziniert die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel vom Alter der Dokumente oder der Münzen sind“, berichtet Jaeger aus seiner eigenen Erfahrung. „Im Archiv können sie Schätze heben, die dann auch mit den Händen begreifbar sind. Die konkrete Begegnung mit historischen Materialien und die kritische Analyse der Quellen ermöglichen es den jungen Menschen in besonderer Weise, ein Geschichtsbewusstsein zu entwickeln.“

Interessierte Schulen oder Lehrerinnen und Lehrer können sich per Mail oder telefonisch mit dem Leiter des Dürener Stadt- und Kreisarchivs, Daniel Schulte, in Verbindung setzen. Unterrichtseinheiten sind montags und freitags ganztägig und mittwochs ab 13 Uhr möglich.

Kontakt:
Stadt- und Kreisarchiv Düren
Daniel Schulte
Haus der Stadt
Stefan-Schwer-Straße 4 – 6
52349 Düren
Tel. 02421/25-2555
d.schulte@dueren.de

Quelle: Stadt Düren, Pressemitteilung, 7.2.2022

Gründungssatzung der Feuerwehr Montabaur von 1872 ans Stadtarchiv übergeben

Montabaur ist die Kreisstadt des Westerwaldkreises in Rheinland-Pfalz. Die Stadt ist gleichzeitig Verwaltungszentrum der gleichnamigen Verbandsgemeinde, der weitere 24 Gemeinden angehören. Überregional bekannt ist die Stadt durch ihr auffällig gelbes Schloss und den ICE-Bahnhof an der Schnellfahrstrecke Köln-Rhein/Main. Montabaur hat sieben Stadtteile.

Die Freiwillige Feuerwehr Montabaur wurde im Jahre 1872 gegründet; sie feiert in diesem Jahr ihr 150jähriges Bestehen. Zur Zeit versehen 80 Aktive den Feuerwehrdienst. Jährlich haben die Mitglieder der Stadt Feuerwehr durchschnittlich 250 Einsätze zu bewältigen. – Ein 150jähriges Bestehen ist ein besonderes Ereignis. Wenn allerdings noch die Satzung zur Gründung vorhanden ist, ist dies etwas sehr Seltenes. Dieses Glück nun den Wehrleuten und dem Archivar der Stadt Montabaur, Dennis Röhrig, zuteil.

Im Rahmen einer kleinen Übergabe im Stadtarchiv Montabaur konnte Ehrenwehrführer Manfred Heinz berichten, wie die Dokumente zwei Weltkriege und viele Schicksalsschläge unbeschadet überstanden haben. Dennis Röhrig vom Stadtarchiv Montabaur zeigte sich sehr beeindruckt über diese Satzung und versprach diese in Ehren zu halten. „Es ist etwas Einmaliges solche zeitgeschichtlichen Dokumente über unsere städtische Feuerwehr zu erhalten“.


Abb.: Im Stadtarchiv Montabaur: Wehrführer Carsten Stach, Montabaurs Stadtarchivar Dennis Röhrig, Ehrenwehrführer Manfred Heinz und stellv. Wehrführer Axel Winterwerber (v.l.) übergaben historische Dokumente (Foto: Florian Neuroth).

Die anwesenden Kameraden zeigten sich hocherfreut, dass ihre Satzung und einige weitere Dokumente aus dem 19. und 20. Jahrhundert nun einen Platz erhalten haben, wo sich viele Generationen dran erfreuen können. „Vielleicht wird man in 50 oder 100 Jahren über diesen Schatz noch mehr staunen, als wir es bisher schon getan haben“, so Wehrführer Carsten Stach abschließend.

Das Stadtarchiv Montabaur verfügt über eine Reihe von Archivalien, die Auskunft über heimatkundliche Fragestellungen geben können. Die Archivbibliothek, das Zeitungsarchiv und zahlreiche Nachlässe enthalten wertvolle Informationen über Brauchtum, Sprache, Dialekt, Dichtung und Klöster. Der Schwerpunkt der Archivbestände reicht vom 15. bis ins 20. Jahrhundert. Neben den Zeitungen und den Nassauischen Annalen stellen die Stadtratsprotokolle, Steuer- und Armenlisten sowie Rechnungen wertvolle Quellen für die wissenschaftliche Forschung dar. Diese widmet sich der Lokalgeschichte sowie Themen rund um Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Minderheitenforschung oder Agrargeschichte.

Kontakt:
Stadtarchiv Montabaur
Dennis Röhrig, Leiter Stadtarchiv
Verbandsgemeindeverwaltung
Konrad-Adenauer-Platz 9 (4. Stock)
56410 Montabaur
Telefon (0 26 02) 126 – 376
Fax (0 26 02) 126 – 251
droehrig@montabaur.de

Quelle: Freiwillige Feuerwehr Stadt Montabaur, Aktuelles, 2022; Freiwillige Feuerwehr Stadt Montabaur, Montabaur, o.D.; WW-Kurier, 4.2.2022

Neue Leiterin des Stadtarchivs Monheim

Sonja Felten (25), Historikerin aus Monheim am Rhein, ist neue Leiterin des Stadtarchivs Monheim. Am 1.2.2022 löste sie Michael Hohmeier (63) ab, der nach rund 32-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand ging.

Sonja Felten ist in Monheim am Rhein aufgewachsen, besuchte hier die Lottenschule, die Peter-Ustinov-Gesamtschule und das Otto-Hahn-Gymnasium, wo sie das Abitur machte. Sie studierte Geschichte und Musikwissenschaften in Köln. Das Studium beendete sie 2021 mit bestandener Bachelorprüfung. Thema ihrer Abschlussarbeit war die mittelalterliche Befestigung der Freiheit Monheim.


Abb.: Sonja Felten leitet seit 1.2.2022 das Stadtarchiv Monheim im Rathaus (Foto: Thomas Spekowius).

Das Studium brachte Sonja Felten 2018 auch erstmals in Kontakt mit dem Monheimer Stadtarchiv. Sie absolvierte dort ein Praktikum, woraus sich eine weitere Beschäftigung als studentische Hilfskraft ergab. Im April 2021 erhielt sie eine feste Stelle. Ein Arbeitsschwerpunkt für die neue Archivleiterin ist die Digitalisierung von Archivalien und Findmitteln, wozu das Stadtarchiv mit einem Hochleistungsscanner ausgestattet wird. „Als weitere wichtige Aufgaben sehe ich die Restaurierung von Archivalien und den Schutz des Archivs vor Feuer- und Wassergefahren“, sagt Sonja Felten.

Der bisherige Stadtarchivar Michael Hohmeier bleibt dem Stadtarchiv weiterhin mit zehn Stunden wöchentlich verbunden. Bis Sommer 2013 übte Hohmeier gar eine Doppelfunktion im Rathaus aus: Als Pressesprecher der Stadtverwaltung wirkte er bis dahin knapp 14 Jahre lang, bevor er sich (wieder) ganz auf seine Arbeit als Stadtarchivar konzentrieren konnte.

Auch unter der neuen Leitung bleibt das Stadtarchiv die zentrale Stelle für alle Fragen zur Monheimer Geschichte. Eine wichtige Quelle insbesondere für Familienforscher sind die Standesamtsregister. Voraussetzung für eine erfolgversprechende Recherche ist, dass sich unter den Vorfahren Personen aus Monheim, Baumberg, Hitdorf oder Rheindorf befinden. Die Verzeichnisse der Geburten, Heiraten und Sterbefälle beginnen im Jahr 1810. – Das Stadtarchiv Monheim befindet sich im Rathaus, Eingang Alte Schulstraße 32. Anfragen sind jederzeit möglich, Besuche nach Terminvereinbarung.

Kontakt:
Stadtarchiv Monheim
Rathaus
Alte Schulstraße 32
40789 Monheim
Telefon +49 02173 951-4720
archiv@monheim.de

Quelle: Stadt Monheim, News, 5.9.2013; Stadt Monheim, News, 1.2.2022

Olympische Spiele Innsbruck 1964

Am 4.2.2022 begannen die XXIV. Olympischen Winterspiele, die bis zum 20.2.2022 in der chinesischen Hauptstadt Peking ausgetragen werden. Die Olympischen Winterspiele in Peking sind begleitet von Diskussionen über Vergabekriterien für Olympiaden, über die Menschenrechtslage in China und über den schmalen Grat zwischen „diplomatischem Boykott“ und der Lage der Sportlerinnen und Sportler, die lange auf diesen Höhepunkt hingearbeitet haben.

Olympische Winterspiele werden als Teil der Olympischen Spiele seit 1924 ausgetragen. Bis 1992 fanden die Winterspiele im selben Jahr wie die Olympischen Sommerspiele statt, seit 1994 im zweijährigen Wechsel mit den Olympischen Sommerspielen. Das Österreichische Staatsarchiv Wien widmet seine „Archivale des Monats Februar 2022“ den IX. Olympischen Winterspielen, die vom 29. Januar bis 9. Februar 1964 in Innsbruck, der Hauptstadt des österreichischen Bundeslandes Tirol, ausgetragen worden sind.

Innsbruck hatte sich bei der Vergabe der Olympischen Winterspiele im Juni 1959 deutlich gegen die Mitbewerber Calgary und Lahti durchsetzen können. Die organisatorischen Vorbereitungen begannen bereits im Jahr 1960, wobei man sich nur bedingt am Austragungsort der Spiele dieses Jahres orientieren konnte. Squaw Valley im US-Bundestaat Kalifornien war ein eigens für die Durchführung olympischer Wettkämpfe geschaffenes Dorf und deshalb mit den Herausforderungen, vor denen Innsbruck als Stadt stand, kaum vergleichbar. Wesentlich weitere Wege zwischen dem olympischen Dorf und den teilweise noch zu errichtenden Sportstätten waren nur ein Punkt, den es zu berücksichtigen galt. Ein Bulletin aus dem Jahr 1962 mit einem Bericht des Organisationskomitees über den Verlauf der Vorbereitungen sowie der weitgehend abgeschlossenen Bauarbeiten und ein Musterplakat mit Informationsprospekten dokumentieren die zu diesem Zeitpunkt bereits feststehende Werbelinie und sind in einem Akt des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau enthalten und hier zu sehen.

Was die Technik betrifft, waren es revolutionäre Spiele. Erstmals wurden die Zeiten bei den alpinen Schibewerben in Hundertstelsekunden gemessen, was durch eine Kooperation mit der Firma IBM, welche die technischen Mittel für die gesamte Erfassung und Verarbeitung der Resultate zur Verfügung stellte, möglich gemacht wurde. Weitere Neuerungen zu vorangegangenen Winterspielen waren unter anderem, dass das olympische Feuer erstmals im antiken Olympia entzündet wurde und Rodelbewerbe ins Programm aufgenommen worden waren. Die Spiele selbst konnten trotz eklatanten Schneemangels und eines Anfang Februar 1964 aufkommenden Föhns komplett durchgeführt werden. An den 34 Wettbewerben, um sieben mehr als in Squaw Valley 1960, nahmen 1091 Athletinnen und Athleten (199 Damen und 892 Herren) in zehn Disziplinen teil.


Innsbruck 1964 Offizieller Film | IX Olympic Winter Games, Innsbruck 1964

Kontakt:
Österreichisches Staatsarchiv (Zentrale)
Nottendorfer Gasse 2
1030 Wien
Tel: +43 1 79540 640115
oesta@oesta.gv.at
https://www.oesta.gv.at

Quelle: Österreichisches Staatsarchiv, Archivale des Monats Februar 2022, (Dieter Lautner); Signatur: ÖStA/ADR, Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, Signatur 425, Grundzahl 170822-25/1962

Zunftbrief von 1665 fürs Stadtarchiv Alsfeld

Neuzugang nun das älteste Dokument im Aktenbestand „Zünfte“.

Ein Zunftbrief aus dem Jahr 1665 aus Privatbesitz wurde von Eigentümerin Diana Allendorf-Schilling jüngst dem Stadtarchiv Alsfeld übergeben. Bürgermeister Stephan Paule und ehrenamtlicher Stadtarchivar Dr. Norbert Hansen freuten sich über diese wertvolle Ergänzung.


Abb.: Übergabe des Zunftbriefs von 1665 an das Stadtarchiv Alsfeld. V.l.n.r.: Ehrenamtlicher Stadtarchivar Dr. Norbert Hansen, Diana Allendorf-Schilling, Bürgermeister Stephan Paule (Foto: Stadt Alsfeld).

Vor kurzem informierte Diana Allendorf-Schilling aus Berfa den Alsfelder Bürgermeister Stephan Paule über den Fund eines Zunftbriefes, den sie in alten Unterlagen ihres verstorbenen Großvaters entdeckt habe. Sie könne ihn leider nicht lesen, aber vielleicht sei er interessant für die Stadt. Das Stadtarchiv Alsfeld erstellte daraufhin von der 15seitigen Handschrift eine Transkription und damit eine Übertragung in eine heute lesbare Schrift.

Das Titelblatt lautet: „Lower Zunfftbrief zu Alsfeldt de a[nn]o 1665“. Lower steht hier für Löber, eine andere Bezeichnung für den früheren Handwerksberuf der Lohgerber. Mit der Lohe, einem pflanzlichen Gerbmittel aus zerkleinerter Baumrinde, konnten Tierhäute nachhaltig konserviert und dadurch zu strapazierfähigem Leder für Schuhsohlen, Stiefeln oder Sätteln verarbeitet werden. Noch heute erinnert die Löbergasse in Alsfeld an das alte Handwerk.

Der Zunftbrief war 1665 von Landgraf Ludwig VI. (1661-1678) ausgegeben worden. Er trägt ein Siegel und ist vom Kanzler Philipp Fabricius unterzeichnet. Nach der üblichen formelhaften Einleitung „Von Gottes Gnaden, wir Ludwig, Landgraf zu Hessen, Fürst zu Hersfeld, Graf zu Catzenelenbogen, Dietz, Ziegenhain, Nidda usw.“ erfährt man viele Einzelheiten über die damaligen Zunftordnung. Besonders auffällig die häufige Erwähnung von Gebühren und Strafen, bei denen der Landgraf meist die Hälfte für sich beanspruchte. Deshalb war jede Landgrafengeneration bestrebt, bei Dienstantritt Zunftbriefe zu erneuern. Was die Alsfelder Lohgerber angeht, befinden sich Zunftbriefe bereits von 1605 im Staatsarchiv Darmstadt. Damals gab es in Alsfeld 10 verschiedene Zünfte; im 18. Jahrhundert waren es bereits 20.

Zum umfangreichen Aktenbestand über Zünfte im Stadtarchiv Alsfeld gehört auch ein Konvolut über die Weißgerber, allerdings erst mit einem Zunftbuch von 1700 beginnend. Der jetzt übernommene Zunftbrief von 1665 wäre damit das früheste Dokument innerhalb dieser Sammlung und stellt eine wertvolle Ergänzung dar. Seine Entstehung geht wahrscheinlich auf das Jahr 1662 zurück, als Landgraf Ludwig VI. von Hessen-Darmstadt wegen missbräuchlichen Entwicklungen innerhalb der Alsfelder Zünfte eine Revision der Zunftordnung veranlasste.

Kontakt:
Stadtarchiv Alsfeld
Dr. Norbert Hansen
Beinhaus
36304 Alsfeld
Tel.: 06631/182-168
archiv@stadt.alsfeld.de

Quelle: Dr. Norbert Hansen: Original-Zunftbrief von 1665 für das Stadtarchiv, in: Aktuelles aus Alsfeld, 2.2.2022

Bildung des Stadthistorischen Zentrums Bonn beschlossen

Stadtarchiv, Stadtmuseum und Gedenkstätte werden zum »Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen«.

Die drei zum Kulturamt der Stadt Bonn gehörenden Institute Stadtarchiv Bonn, Stadtmuseum Bonn und Gedenkstätte sollen gemeinschaftlich und zielgerichtet weiterentwickelt werden. Dafür schließen sie sich ab dem 1.3.2022 unter dem Namen „Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen“ zusammen. Die individuellen Schwerpunkte und Profile der Institute bleiben jeweils erhalten. Der nicht unumstrittene Transformationsprozess wurde am 1.2.2022 im Bonner Kulturausschuss vorgestellt, wie die Stadt Bonn mitteilt. In der Pressemitteilung heißt es weiter:

„Ziel ist es, Querschnittsaufgaben gemeinsam umzusetzen, die uns in den nächsten Jahren beschäftigen werden“, erklärt Dr. Birgit Schneider-Bönninger, Dezernentin für Sport und Kultur. „Darunter fallen zum Beispiel die Digitale Transformation, Erinnerungskultur, Bildungsarbeit oder Umzüge, die alle Institute gleichermaßen betreffen.“ Das neue Zentrum soll Bonner Bürger*innen, Initiativen, Vereinen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Verwaltung und Politik vielfältige Möglichkeiten bieten, Stadtgeschichte zu erforschen, zu erfahren und zu erleben. Ein besonderer Fokus soll dabei auf dem Thema „Erinnerungskultur“ und der Weiterentwicklung vorhandener Erinnerungskonzepte liegen.

Erinnerungskultur leistet einen wesentlichen Beitrag für den Erhalt demokratischer Werte. Sie sensibilisiert für Zivilcourage und fördert Vielfalt und Teilhabe in der Stadtgesellschaft. Um diese Aspekte weiter zu stärken, braucht sie eine wissenschaftliche Basis. Diese ist unter anderem mit Forschungen im Stadtarchiv gegeben.

Jedes der drei Institute behält im Zentrum für Stadtgeschichte eine eigene wissenschaftliche Leitung und die individuellen, fachspezifischen Schwerpunkte. Die Bündelung der städtischen Gedächtnisinstitutionen soll zahlreiche Synergien schaffen, etwa:

  • Gemeinsame Nutzung von Einrichtungen wie Lesesaal, Seminar-, Vortrags- und Ausstellungsräumen für die auszubauende historische Bildungsarbeit
  • Gemeinsamer pädagogischer Dienst: Entwicklung gemeinsamer geschichtspädagogischer Programme und Vermittlungsprojekte, Integration der Erinnerungskultur in lokale Bildungskonzepte
  • Zusammenführung von Sammlungen, zum Beispiel eine gemeinsame Bonner Fotothek
    Gemeinsame Veranstaltungs- und Ausstellungsformate und wissenschaftliche Publikationen
  • Übergreifende Einbindung der freien Szene Stadtgeschichte (Vereine, Heimatmuseen etc.) in die Arbeit des Zentrums
  • Effiziente Vermeidung von Arbeitsdopplungen durch institutsübergreifende themen- und fachbezogene Querschnittsteams
  • Implementierung einer agilen Organisationsstruktur und -kultur, um schneller auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren zu können

Die Stelle für die Leitung des Zentrums wurde im Dezember 2021 intern ausgeschrieben. Die Vorstellungsgespräche haben in der vergangenen Woche stattgefunden. Mit der Entscheidung ist in Kürze zu rechnen.


Abb.: In Bonn herrscht Freude. Ausschnitt aus der städtischen Webseite www.bonn.de.

Hintergrund und gemeinsame Herausforderungen
In Bonn wird das kulturelle Gedächtnis in verschiedenen Institutionen in städtischer und nicht-städtischer Trägerschaft intensiv gepflegt. Der Schwerpunkt dieser Pflege liegt auf den jeweiligen Sammlungen. Diese beinhalten das Bewahren und Erschließen, die wissenschaftliche Aufarbeitung sowie Präsentation und Vermittlung des kulturellen Erbes für die Gegenwart und nachfolgenden Generationen.

Stadtarchiv Bonn und Stadtmuseum Bonn verkörpern – jedes auf seine Weise – das kulturell-historische Selbstverständnis der Stadt und sind Hort des kollektiven Gedächtnisses. Zugleich sind sie „Arenen“ aktueller Diskurse sowie Orte der Reflexion über die Geschichte und Zukunft der Stadt. Die Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus ist seit Januar 2021 in städtischer Trägerschaft und im Stadtarchiv integriert.

Vor den Einrichtungen des Bonner Stadtgedächtnisses liegen die gleichen, großen Herausforderungen:

  • Die künftigen Standorte (Umzug des Stadtarchivs in die Pestalozzischule und Magazinneubau, Umzug der Gedenkstätte nach Endenich, Auszug des Stadtmuseums aus dem Viktoriakarree)
  • Die voranschreitende Digitalisierung und
  • die Notwendigkeit einer lebendigen Geschichtsvermittlung, die neue Zielgruppen für Geschichte begeistern, aber auch einen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie leisten soll.

Archive und Museen sowie die engagierten Heimat- und Geschichtsvereine sind in besonderer Weise geeignet, den historisch-kulturellen Reichtum des Bonner Raumes ins Bewusstsein zu rücken. Mit dem Zentrum soll die Sichtbarkeit der drei städtischen Gedächtnisinstitutionen gestärkt und das kulturelle Erbe einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Kontakt:
Bundesstadt Bonn
Kulturamt
Amt 41
53103 Bonn
Tel.: 0228 774467
kulturamt@bonn.de

Quelle: Stadt Bonn, Pressemitteilung, 2.2.2022