Einen besonderen Besuch erhielt Dr. Carsten Walczok, u.a. Leiter des Stadtarchivs Glinde, vor wenigen Tagen. Der ehemalige Oststeinbeker Gemeindearchivar Karlheinz Schmidt hatte interessante Unterlagen für ihn mitgebracht.
Im Zuge von gemeinsamen Recherchen mit dem jungen Hamburger Hobby-Historiker Julián Péter zu Bombenangriffen während des Zweiten Weltkriegs in der Region war Schmidt auch auf Protokolle zum Angriff auf das Glinder Heereszeugamt gestoßen. Kopien von diesen Unterlagen stellte er nun dem Glinder Stadtarchiv zur Verfügung.
Abb.: Ehemaliger Oststeinbeker Gemeindearchivar Karlheinz Schmidt (links) übergibt an Dr. Carsten Walczok verschiedene Unterlagen über den Bombenangriff auf das Glinder Heereszeugamt (Foto: Stadt Glinde).
US-Amerikanische B-24-Bomber waren am 6. Oktober 1944 über der Region einen Angriff geflogen und hatten damals wohl auch das Heereszeugamt Glinde als Ziel im Visier. Einige Gebäude wurden zerstört, darunter auch eine Baracke, in der niederländische Zwangsarbeiter untergebracht waren. Zum Glück war dies gerade leer und Personen kamen nicht zu Schaden.
Die US-Behörden protokollierten anschließend die Luftangriffe sehr detailliert, unter anderem auch mit Luftaufnahmen. Verschiedene Kopien von diesen historischen Fotos und den Ablaufprotokollen zeigen unter anderem die Krater, die auf dem Gelände des Heereszeugamtes durch die Fliegerbomben entstanden waren.
Abb.: Luftbild Glinde: Im Vordergrund Stadtteil Wiesenfeld und Gelände des Heereszeugamtes mit Blick in Richtung Norden, ca. 1995 (Kreisarchiv Stormarn, Signatur T 10 / 2328; Provenienz: Schwabenflugbild).
Für Glindes Stadtarchivar Dr. Carsten Walczok sind solche Unterlagen sehr wichtig. „Es ist interessant, die Ereignisse einmal von der anderen, der amerikanischen Seite aus betrachten zu können. Wir sind es den Menschen schuldig, die damals umgekommen sind, dass die Zeit auch heute noch einmal genau wissenschaftlich aufarbeiten“, sagte Walczok. Sobald er Zeit dafür hat, wird er die neuen Aufzeichnungen auswerten. Insgesamt sei die Geschichte Glindes zur Zeit des Zweiten Weltkrieges noch wenig erforscht. Das soll sich jedoch in den kommenden Monaten ändern.
Die beiden Hobby-Historiker Karlheinz Schmidt und Julián Péter erforschen auch die Umstände des Flugs eines viermotorigen US-amerikanischen Consolidated B-24-Bombers, der am 30. Oktober 1944 in Oststeinbek abgestürzt ist. Sie erkundeten unter anderem die Namen der acht Besatzungsmitglieder, die bei dem Absturz ums Leben kamen. Der frühere Gemeindearchivar Schmidt hatte vor mehr als 20 Jahren damit begonnen, das Unglück aufzuklären und mit Zeitzeugen zu sprechen.
Das 1937 in Glinde eingerichtete und 1944 zerstörte Heereszeugamt, dessen Gelände nach dem Krieg (bis 1968) von der Britischen Armee sowie von der Bundeswehr (bis 2005) genutzt wurde, hat im Jahr 2013 ein „Buchdenkmal“ erhalten. Dieses Denkmal soll den Einwohnern und Besuchern als „Gedächtnisstütze“ dienen, die nicht nur an die Geschichte des Heereszeugamtes erinnern soll, sondern auch an dessen Anteil an der Heeresverwaltung Hamburg und an den Kriegsvorbereitungen des nationalsozialistischen Deutschland, aber auch an eine der Keimzellen Glindes bei der Entwicklung von einem Dorf mit 500 Einwohnern um 1930 zu einer lebendigen und vielfältigen Stadt mit mehr als 18.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Kontakt:
Stadtarchiv Glinde
Archivar Dr. Carsten Walczok
Markt 1
21509 Glinde
Tel.: 040-710 02 219
Quelle: Stadt Glinde, News, 16.2.2022; Hamburger Abendblatt, 21.1.2022; Stadtmarketing Glinde: Buch Heereszeugamt, o.D.; Stormarn-Lexikon: Heereszeugamt Glinde (in Bearbeitung), o.D.