In den Jahren 1748 und 1756 wurde in Niederösterreich im Zuge der Theresianischen Staats- und Verwaltungsreform erstmals eine umfassende Aufnahme der steuerpflichtigen Einnahmequellen durchgeführt. Dies erfolgte für den Grundbesitz als das bedeutendste Steuerobjekt in Form der sogenannten Dominikal- und Rustikal-„Fassion“ (siehe unten die exemplarische Abb. aus dem NÖ Landesarchiv). Ab 1751 entstand die erste flächendeckende Erfassung aller Grundstücke sowie Hausbesitzer in den österreichischen Kronländern. Diese Theresianische Fassion stellt zugleich die erste von der landesfürstlichen Regierung veranlasste einheitliche Grundlage zur Steuerbemessung dar.
Die genealogische Datenbank GenTeam hat mit Unterstützung des Niederösterreichischen Landesarchivs in St. Pölten alle Hausbesitzer Niederösterreichs aufgrund der Rustikalfassionen erfasst und online gestellt. Neben dem Familiennamen und Vornamen der mehr als 100.000 Hausbesitzer wurden aufgenommen: das Viertel, in dem sich das Haus befindet, die Nummer der über 1.700 Fassionen, der Name der Herrschaft, die Buchnummer, (die Grundbuchsnummer), die Seite in der Fassion, der Ort/das Amt bzw. der Hofname. Gleichzeitig erfolgt eine laufende Onlinestellung der digitalisierten Fassionen selbst im Findbuch des NÖ Landesarchivs.
Zum Hintergrund
Bis zur Theresianischen Fassion verteidigten die Stände hartnäckig die Steuerfreiheit des „Herrenlandes“ (Dominikale). Diese wurde nunmehr beseitigt, wenngleich das Dominikale gegenüber dem „Bauernland“ (Rustikale) noch steuerlich günstiger eingestuft wurde. Die Theresiana wurde nach Herrschaften angelegt. Für jede Grundherrschaft war eine Fassion anzufertigen. Keine Fassionen liegen allerdings für die landesfürstlichen Städte und Märkte (mit Ausnahme von Perchtoldsdorf) vor, die zuvor bereits Gegenstand der Gaisruckschen Erhebungen gewesen waren.
Die Theresianische Fassion umfasst für Niederösterreich über 3.000 Bände. Das Erhebungsjahr war 1751. Erfasst wurden alle landwirtschaftlich genutzten Grundstücke nach ihrem Verkehrswert und ihrer Qualität, die gewerblichen Produktionsstätten (z. B. Mühlen) und vermietete Räume (Zinszimmer). Die Fassion jeder Herrschaft gliedert sich in Dominikal-, Rustikal- und Überländfassionen. In der Dominikalfassion sind alle von der Grundherrschaft in Eigenregie bewirtschafteten Liegenschaften, Betriebe und herrschaftlichen Rechte (= Einkünfte) verzeichnet.
Die Rustikalfassion enthält die von den Untertanen bewirtschafteten Gründe und Produktionsstätten. Zu jedem Haus wurden der Name des Besitzers, wenn vorhanden der Hausname, die an die Herrschaft zu entrichtenden Grunddienste, die zugehörigen Hausgründe und allenfalls das Hausgewerbe erfasst. (Die Eintragung der Gewerbe, bei denen die Gewerbekonzession mit dem Besitz des Gebäudes verbunden – also in einem Haus verwurzelt – war, in die Theresiana bildet die Grundlage für den Charakter als radiziertes Gewerbe.) Wenn ein zeitgleiches herrschaftliches Grundbuch vorhanden ist, können die Häuser anhand der Besitzernamen identifiziert werden. In der Überländfassion sind die durch die Grundherrschaft frei zu vergebenden, nicht fest mit einem Haus verbundenen Rustikalgründe (Überländen) aufgelistet, die auch an auswärtige Untertanen ausgegeben sein konnten.
Alle Flächenangaben beruhten auf Schätzungen und mündlichen Auskünften, eine Bodenvermessung fand nicht statt.
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Quelle: NÖ Landesarchiv, Aktuelles, 4.2.2022; Bernhard Hackl: Die Theresianische Dominikal- und Rustikalfassion in Niederösterreich 1748-1756. Ein fiskalischer Reformprozeß im Spannungsfeld zwischen Landständen und Zentralstaat (Beiträge zur neueren Geschichte Österreichs; Bd. 7), 1997