Von der Lehringer Lanze bis zur Adelsfamilie von Klencke

Jahrbuch für den Landkreis Verden 2022 erschienen.

Das Jahrbuch für den Landkreis Verden ist seit Ende der 1950er Jahre ein steter Begleiter durch die Geschichte der Region. Der neue Band für 2022 präsentiert wieder zahlreiche Beiträge aus der Geschichte des heutigen Landkreises Verden. Die Arbeiten spannen dabei einen weiten Bogen, sowohl räumlich, indem Geschichte zwischen Bollen, Thedinghausen, Verden und Dörverden erzählt wird, als auch zeitlich. Denn die Texte behandeln Zeiträume vom 16. bis in das 20./21. Jahrhundert.

Die bibliophile Schatzkammer der Historischen Bibliothek am Domgymnasium Verden hält so manche Erkenntnis auch über die Geschichte der Schule selbst bereit, wie Hartmut Bösche in seinem Beitrag über den Rektor Fuhrmann weiß. Zudem liefert Bösche einen kurzen Bericht über einen Zufallsfund in eben jener Bibliothek: Eine unscheinbare Pappbox über die Funde von Lehringen entpuppte sich als sehr interessanter Fall mit noch unbekannten Fotos der Fundstelle von 1948, denn die Lehringer Lanze lockte sogar den berühmten Fotografen Otto Maximilian Umbehr „Umbo“ aus Hannover in den Kreis Verden.

Der ehemalige Verdener Kreisarchivar Rolf Allerheiligen hatte bis zuletzt an einem Gedenkaufsatz für den an den Funden von Lehringen beteiligten Ausgräber – den ehrenamtlichen Kreisarchivpfleger, Lehrer und Heimatforscher Otto Voigt – gearbeitet. Dieser Text ist nun vom jetzigen Kreisarchivar Florian Dirks zu Ende bearbeitet worden und wird in diesem Band abgedruckt.

Hermann Deuter bewegt sich auf seinem bewährten Terrain und komplettiert im Jahrbuch seine Serie über die Geschichte der Arbeiterbewegung in Verden, deren jähes Ende in der NS-Zeit er untersucht. In diesem Kontext ist auch sein zweiter Aufsatz in diesem Band verortet. Darin befasst er sich mit der sogenannten „Arisierung“ jüdischen Eigentums und jüdischer Geschäfte in Verden durch das NS-Regime – ein bisher, auch aufgrund der nun ausgelaufenen Datenschutzauflagen der Archive, eher unbearbeitetes Thema.

Reinhard Dietrich beschäftigt sich in seinem Beitrag mit den sich rasant ändernden Fährtarifen im Bollen der Inflationszeit. Eine Fähre ist auch das Thema von Helmut Lohmann, der die Geschichte des sogenannten Knoyl auf dem linken Weserufer gegenüber von Dörverden untersucht.

Aus dem Bereich Thedinghausen sind in diesem Jahr gleich drei Texte vorhanden. Während sich Kreisarchivar Dirks mit der bisher wenig beachteten Geschichte der niederadeligen Familie von Klencke beschäftigt, die unter anderem auch auf dem Gutshof Oenigstedt saß, berichtet Karl-Heinz Rengstorf über das Kriegsende im April 1945 in Oiste. Der ehrenamtliche Archivar der Samtgemeinde und Vorsitzende des Heimatvereins Thedinghausen Klaus-Dieter Schneider untersucht die Gründung der ersten Gesamtgemeinde.

Mit Joachim Woocks Aufsätzen zum Verdener Landgerichtspräsidenten sowie den Kriegsgefangenen-Arbeitskommandos 1939-1945 im Flecken Langwedel geht die Erforschung der Täter und Opfer dieses Zeitraums weiter. Außerdem ergaben sich weitere Erkenntnisse zu Fragen von bereits publizierten Aufsätzen, die hier ebenfalls präsentiert werden.

Mit der Geschichte Verdens setzen sich weitere Texte auseinander. So richtet Andrea Lutter ihren Blick auf die Busse der Firma Tangemann, während Wencke Hinz vom Stadtarchiv Verden die Geschichte der Impfpflicht im Verden des Kaiserreichs von 1871 beleuchtet. Bärbel Ebeling untersucht die Biographie des aus Verden stammenden möglichen Erfinders des Hot Dog. Axel Eggersglüß erzählt sehr persönlich aus seiner Kindheit mit seinem Großvater, dem DEFU-Inhaber Ferdinand Schmidt.

Das Jahrbuch für den Landkreis Verden ist eine heimatkundliche und regionalgeschichtliche Zeitschrift, die seit 1958 regelmäßig erscheint und vom Landkreis Verden herausgegeben wird. Bis zum 57. Jahrgang (bis 2014) lautete der Titel „Heimatkalender für den Landkreis Verden zur Orts- und Regionalgeschichte sowie Heimat- und Naturkunde“. – Das Jahrbuch vereint zahlreiche Beiträge verschiedener Autorinnen und Autoren. Einzelne Ausgaben widmen sich einem Schwerpunktthema, enthalten immer aber auch Beiträge zu ganz anderen Themen, zudem Erzählungen (teilweise in Plattdeutsch) und manchmal Sagen.

Link: Inhaltsübersicht und Verfügbarkeit der Heimatkalender/Jahrbücher 1958-2022

Stichwortverzeichnis/Schlagwortregister:
Detaillierte Stichwortverzeichnisse zum Inhalt der erschienenen Jahrbücher findet man

  • im Heimatkalender 1988: für die Jahrgänge 1958 – 1987
  • im Heimatkalender 2008: für die Jahrgänge 1988 – 2007 sowie
  • im Stichwortverzeichnis (pdf-Dokument): für alle bisher erschienenen Jahrgänge ab 1958.

Bezug und Preise:
Das Jahrbuch kann, soweit einzelne Jahrgänge nicht bereits vergriffen sind, direkt beim Kreisarchiv Verden bezogen werden. Das jeweils aktuelle Jahrbuch ist darüber hinaus auch im örtlichen Buchhandel sowie bei den regionalen Zeitungsgeschäftsstellen erhältlich.

Die Preise für den Heimatkalender / das Jahrbuch betragen:
5,00 Euro für Heimatkalender 1958 bis 1993
6,00 Euro für Heimatkalender 1994, 1995
7,00 Euro für Heimatkalender 1996, 1997
7,70 Euro für Heimatkalender 1998 bis 2004
8,20 Euro für Heimatkalender ab 2005 bis 2015
9,00 Euro für Jahrbuch ab 2016

Das neue Jahrbuch (Auflage: 2.300) wird ab sofort im Buch- und Zeitschriftenhandel, beim Landkreis Verden im Kreisarchiv sowie in den Geschäftsstellen der Tageszeitungen zum Preis von 9,00 Euro verkauft.

Kontakt:
Landkreis Verden
Fachdienst Kultur
Kreisarchiv Verden
Lindhooper Straße 67
27283 Verden (Aller)
Tel.: 04231 15-0 (Zentrale)
Fax: 04231 15-603 (Kreishaus)
kreisarchiv@landkreis-verden.de

Quelle: Landkreis Verden, Pressemitteilung, 4.11.2021

Berliner Gedenktafel für Literaturnobelpreisträger Imre Kertész

Kurz vor dessem 92. Geburtstag wurde für den verstorbenen ungarischen Schriftsteller Imre Kertész am Gebäude Meinekestraße 3 in Berlin-Charlottenburg am 4.11.2021 eine Berliner Gedenktafel angebracht. Sie erinnert an den Aufenthalt und Wohnort des Schriftstellers in den Jahren 2001 bis 2012 in Berlin, wo Kertész von 2001 bis 2003 Fellow des Wissenschaftskollegs Berlin war.

Der Schriftsteller Imre Kertész (1929-2016) im Jahr 2002 als Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin (Foto: WIKO Berlin).

Imre Kertész, geboren am 9. November 1929 in Budapest, wurde aufgrund antijüdischer Gesetze im Juli 1944 in Budapest verhaftet und zunächst in das Vernichtungslager Auschwitz, von dort in das Konzentrationslager Buchenwald und dessen Außenlager Tröglitz verschleppt. Nach der Befreiung kehrte er 1945 nach Budapest zurück und arbeitete als Journalist und Autor. In seinen Werken thematisierte er immer wieder diese KZ-Erfahrungen, so in seinem 1996 auf Deutsch publizierten Werk „Roman eines Schicksallosen“ und dem Werk „Kaddisch für ein nicht geborenes Kind“ (deutsch 1992).

Im Oktober 2002 erhielt Imre Kertész den Nobelpreis für Literatur. Im selben Jahr wählte ihn die Akademie der Künste in Berlin zum Mitglied. Im November 2012 wurde dort das Imre Kertész-Archiv öffentlich zugänglich gemacht.

In seinem Tagebuch jener Berliner Jahre finden sich zahlreiche Einträge zu seinem Leben in der Meinekestraße und ihrer Umgebung. So heißt es in seinem Eintrag vom 4. Januar 2002: „Vom 28. Dezember bis 3. Januar in Berlin. Die Wohnung in der Meineke-Straße. ‚Wir richten unser Berliner Zuhause ein.‘ Natürlich richtet Magda es ein. Wenn wir auf den Kurfürstendamm hinausgehen, nur wenige Schritte weit, genau an der Ecke Fasanenstraße, eine Gedenktafel: Hier arbeitete Musil an seinem Roman Der Mann ohne Eigenschaften. Eine Luxus-Emigration, sagte ich zu unseren deutschen Freunden, den E.s. In Wirklichkeit ein durchaus konsequenter Schritt, wenn auch ein verspäteter.“

Und am 18. Mai 2002 schreibt er in sein Tagebuch: „Auf dem Ludwigkirchplatz, wo ich neulich mit M. auf der Terrasse des Hamlet saß, ist mir auf einmal bewußt geworden, was dort mit mir geschieht. Ganz abgesehen von dieser Ruhe, den mächtigen Bäumen, den weißen Häusern an diesem Platz, von der Sicherheit und Gelassenheit, diesen äußeren Zeichen geistig-materiellen Wohnstands – sagte ich zu meiner Frau –, habe ich noch niemals in Frieden gelebt.“

Im November 2012 kehrte Imre Kertész wegen seiner Erkrankung an Parkinson nach Budapest zurück. Er starb dort am 31. März 2016. Das auf der Gedenktafel verwendete Zitat zu Auschwitz entstammt einem Interview mit Imre Kertész von 2015.

Die Berliner Gedenktafeln sind ein Programm des Landes Berlin, eingebunden in das Förderprogramm Historische Stadtmarkierungen des Senats. Die weißen Porzellantafeln werden von der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin hergestellt. Recherche und Organisation der Tafel erfolgte durch den Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V., der sich seit 2013 bei der Umsetzung des Berliner Gedenktafelprogramms engagiert.

Quelle: Stadt Berlin, Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Pressemitteilung, 5.11.2021

Museumsprojekt für Digital Natives des Deutschen Auswandererhauses

Seit mehr als drei Jahren ist das Deutsche Auswandererhaus Bremerhaven Teil des innovativen bundesweiten Verbundprojekts „museum4punkt0 – Digitale Strategien für das Museum der Zukunft“. Am 1. und 2. November 2021 präsentierte das Migrationsmuseum auf der diesjährigen Konferenz & Werkschau mit dem Titel „Digitale Vermittlung – vernetzt entwickeln und testen!“ in Berlin sein aktuelles Vorhaben. In diesem an Jugendliche gerichteten Vermittlungsangebot werden die Themen Identität und Diversität mit der Technik der 3D-Digitalisierung verwoben. Neben dem Deutschen Auswandererhaus stellten unter anderem auch das Deutsche Museum München und das Deutsche Historische Museum aus Berlin ihre Entwicklungen auf der Konferenz vor.

Im Rahmen des Verbundprojektes entwickelt das Deutsche Auswandererhaus derzeit in einem interdisziplinären Team ein neues Sammlungsformat, das partizipativ und explorativ von Jugendlichen gestaltet werden kann. Die Idee ist, dass Schülerinnen und Schüler eigene Objekte zum Themenfeld Identität und Diversität ins Museum mitbringen, diese digital in 3D für die Sammlung erfassen und später in eine eigene Ausstellung einbinden. Das Deutsche Auswandererhaus ermöglicht damit den sogenannten Digital Natives über Zeugnisse ihres Alltags und Handelns zu reflektieren, indem sie diese aufarbeiten und mit historischen Objekten der Museumssammlung in Beziehung setzen.

Aus den persönlichen Objekten der Jugendlichen soll eine „Junge Digitale Sammlung“ entstehen, die für das Museumspublikum zugänglich gemacht und durch stete Beteiligung von Klassen und Jugendgruppen weiterwachsen wird. So können Digital Natives selbst Museum mitgestalten und die Geschichten ihrer eigenen Generation – durch sie selbst erzählt – im Deutschen Auswandererhaus entdecken. Die Testphase hat im Herbst 2021 mit einem Workshop mit Schülern und Lehrern begonnen, bei dem erste von den Jugendlichen mitgebrachte Objekte digitalisiert wurden.

Bereits in den vergangenen Jahren hatte das Bremerhavener Migrationsmuseum sein Publikum in die Entwicklung und Erkundung digitaler Möglichkeiten eingebunden, etwa 2018 bei einem Ausstellungsexperiment mit Virtual Reality. Verschiedene Entwicklungen haben inzwischen dauerhaft einen Platz im Museum gefunden: An dem seit 2020 existierenden „Biographien-Portal“, das Objekte und Geschichten verbindet, können die Besucherinnen und Besucher ihre eigene Migrationsgeschichte digital hinterlassen. Die im Sommer 2021 eröffneten „Critical Thinking Stations“ bieten die Möglichkeit, während des Museumsrundgangs die eigene Meinung zu kontroversen Aspekten von Migration kundzutun und zu reflektieren.

Dank der Verlängerung der Förderung von museum4punkt0 durch die Staatsministerin für Kultur und Medien im Rahmen von „Neustart Kultur“ konnten zahlreiche Vorhaben und Ideen des in den vergangenen Jahren gewachsenen Verbundprojektes weiterentwickelt werden und viele neue entstehen. Das Ziel ist dabeigeblieben – nämlich innovative digitale Vermittlungsangebote zu entwickeln, zu erproben und die dabei gesammelten Erfahrungen mit anderen Einrichtungen inner- und außerhalb des Verbundes zu teilen.

Auf der nunmehrigen Konferenz im Berliner Humboldt Forum stellte das Deutsche Auswandererhaus anhand eines Kurzfilms und an einem Stand auf der messeartigen Werkschau den aktuellen Arbeitsstand der „Jungen Digitalen Sammlung“ vor. Die, passend zum Thema des Verbundes, umfassend hybride Veranstaltung ermöglichte digitalen Teilnehmern unter anderem, Vorträge und Diskussionen über aktuelle Entwicklungen der digitalen Vermittlung mitzuverfolgen, an Live-Führungen durch die Werkschau teilzunehmen und per Video-Chat den 18 Verbundpartnern direkt an ihren Ständen Fragen zu stellen.

Kontakt:
Deutsches Auswandererhaus
Columbusstraße 65
27568 Bremerhaven
Tel.: +49 / (0) 471 / 90 22 0 – 0
Fax.: +49 / (0) 471 / 90 22 0 – 22
info@dah-bremerhaven.de
https://dah-bremerhaven.de

Quelle: Stadt Bremerhaven, Pressemitteilung, 29.10.2021

Dresdner Umfrage »Stadtarchiv der Zukunft«

Noch bis 30. November 2021.

Die Nutzerinnen und Nutzer des Stadtarchivs Dresden werden im Rahmen einer Umfrage unter dem Titel „Stadtarchiv der Zukunft“ um ihre Meinung und Mitwirkung gebeten. Das Stadtarchiv der sächsischen Landeshauptstadt möchte mehr darüber erfahren, wie zufrieden die Nutzer mit dem Angeboten sind, welche Aspekte ihnen wichtig erscheinen und welche Veränderungen für sie von Bedeutung wären. Die Online-Umfrage läuft im Zeitraum vom 1. bis zum 30. November 2021.

Der Fragebogen (Ausschnitt, siehe Abb. oben) umfasst insgesamt 14 Fragen, wobei Fragen zur Nutzung, zur Zufriedenheit mit Dienstleistungen und zu Online-Angeboten im Mittelpunkt stehen. Auch besteht mehrfach die Möglichkeit, eigene Anmerkungen zu formulieren.

Die Ergebnisse der Umfrage werden im 1. Quartal 2022 auf der Internetseite des Stadtarchivs Dresden und im Amtsblatt veröffentlicht. Die Online-Befragung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Kommunalen Statistikstelle. Die erhobenen Daten werden für sechs Monate bei der Statistikstelle gespeichert und anschließend gelöscht. Einzelne Fragen können übersprungen werden, wenn Sie diese nicht beantworten möchten. Die Teilnahme an der Befragung erfolgt anonym. Die vollständige Beantwortung des Fragebogens dauert etwa fünf bis sieben Minuten.

Link: Umfrage »Stadtarchiv der Zukunft«

Kontakt:
Stadtarchiv Dresden
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden
Telefon 0351-4881515
Fax 0351-4881503
stadtarchiv@dresden.de

Quelle: Stadtarchiv Dresden, Umfrage 10/2021

Stadtgeschichtliche Ausstellung »Typisch Mannheim!«

Die am 5.11.2021 eröffnete Stadtgeschichtliche Ausstellung »Typisch Mannheim!« im MARCHIVUM zeichnet die über 400 Jahre alte Historie Mannheims auf bisher nie dagewesene Weise nach. Der Bogen reicht von der Gründung der Stadt 1606/07 bis hin zur Gegenwart. Auf mehr als 500 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden die großen und kleinen Geschichten, die Mannheims Identität bis heute prägen, multimedial und interaktiv erlebbar gemacht.

17. Jahrhundert
Die Schau beginnt spektakulär mit einem großen Stadtmodell, das mit dreidimensionialen Projektionseffekten in Mannheims Geschichte einführt. Anschließend erinnern virtuell in Szene gesetzte Ratsprotokolle an das Leben im 17. Jahrhundert und berichten von vielen Alltagsgeschichten aus der noch jungen Stadt.

18. Jahrhundert
Das 18. Jahrhundert repräsentieren die Kurfürsten Johann Wilhelm, Karl Philipp und Karl Theodor. Sie reden in einer virtuellen Gemäldegalerie mit- und übereinander und rühmen sich ihrer Taten für die Stadt. Die wissenschaftlichen Leistungen jener Epoche können spielerisch erkundet. Das Beispiel eines Waisenhauses verweist jedoch auf die sozialen Missstände.

19. Jahrhundert
Das 19. Jahrhundert veranschaulicht eine große Collection Wall, an der sich Mannheims Weg als badische Handels- und Industriestadt, die zunehmende Bedeutung von Bürgertum, Frauen und Arbeiterbewegung sowie das geradezu „amerikanische Wachstum“ zur Groß- und Einwanderungsstadt um 1900 erkunden lassen. Wie der Wasserturm Mannheims Wahrzeichen wurde, ist ein weiteres, spannendes Ausstellungskapitel. Zudem erwartet die Besucher*innen die einmalige Gelegenheit, auf einem nachgebauten Benz Patent-Motorwagen eine virtuelle Stadtrundfahrt durch das Mannheimer vergangener Tage zu unternehmen.

20. und 21. Jahrhundert
Im weiteren Teil der Ausstellung nimmt die Schau die Zäsuren, Auf- und Umbrüche des 20. und 21. Jahrhunderts in den Blick. Die zwei Weltkriege haben Spuren hinterlassen, die bis heute in der Stadt spürbar sind. Eine imposante, interaktive Digitalwand beantwortet Fragen etwa zum Wiederaufbau Mannheims oder wie sich das Stadtbild verändert hat. Am Ende des Rundgangs gibt eine spannende Inszenierung Auskunft über Einzelpersönlichkeiten und ihre Geschichte, und Mannheimer*innen erzählen, was ihren Stadtteil lebenswert und liebenswürdig macht – gilt doch die Quadratestadt bis heute auch als Stadt der Vororte.

Ausstellungsteam
Projektleitung: Prof. Dr. Ulrich Nieß, Dr. Harald Stockert, Dr. Andreas Schenk
Kurator: Dr. Anja Gillen, Dr. Andreas Schenk, Dr. Susanne Schlösser, Elke Schneider, Dr. Harald Stockert, Dr. Thomas Throckmorton
Ausstellungsdesign: Arbeitsgemeinschaft Tatwerk/finke.media und Stacey Spiegel

Eintrittspreis:
Einzelticket: 5.00 EUR
Ermäßigt: 2.50 EUR
Schüler/-innen in Klassen: 1.00 EUR

Flyer zur Ausstellung: PDF

Eröffnungswochenende der Stadtgeschichtlichen Ausstellung
FR, 5.11. – SO, 7.11., 10-18 Uhr | MARCHIVUM, Erdgeschoss
Führung | Die Stadtgeschichtliche Dauerausstellung des MARCHIVUM hat dieses Wochenende zum ersten Mal geöffnet. Erleben Sie 400 Jahre Mannheimer Stadtgeschichte in einer einzigartigen immersiven und interaktiven Schau und lassen Sie sich im Rahmen einer Führung die Highlights der Ausstellung näherbringen. Am Eröffnungswochenende sind sowohl der Eintritt in die Ausstellung als auch die Führungen kostenfrei. Pro Termin finden zwei parallele Führungen statt. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Die Führungen beginnen um 11, 13, 15 und 17 Uhr. Eine Anmeldung vorab ist nicht möglich.

Treffpunkt für die Führungen: Foyer im Erdgeschoss

Bitte beachten: Ab sofort gilt in Baden-Württemberg die Warnstufe: genesen – geimpft – PCR getestest (48 h).

Kontakt:
MARCHIVUM
Archivplatz 1
(Dammstraße/Ecke Bürgermeister-Fuchs-Straße)
68169 Mannheim
Tel.: + 49 621 293-7027 (Sekretariat)
Tel.: + 49 621 293-3926 (Pforte und Shop)
Fax: +49 621 293-7476
marchivum@mannheim.de
www.marchivum.de

Vergiss es! Nicht. Vom Erinnern und Vergessenwerden

Die erste Ausstellung des Historischen Archivs der Stadt Köln nach der Eröffnung des Neubaus am Eifelwall spielt im Titel auf den nach dem Einsturz vom 3. März 2009 rasch postulierten „Gedächtnisverlust“ Kölns an. Wie sich bald herausstellte, war der zunächst befürchtete Totalverlust der Erinnerung ausgeblieben, jedoch wird der Wiederherstellungsprozess noch Jahrzehnte benötigen.

Der Bezug des neuen Archivgebäudes gibt nun Anlass, die Gedächtnismetapher noch einmal aufzunehmen. Was ist eigentlich das kulturelle Gedächtnis? Was sind die Medien und Rituale des gesellschaftlichen Erinnerns? Wie wird Geschichte verbogen und manipuliert, wie wird sie genutzt, um die Zukunft zu gestalten? Was sind eigentlich Gedächtnisinstitutionen, wie eben Archive, deren Aufgabe es ist, gesellschaftliches Erinnern auch über das flüchtige menschliche Gedächtnis hinaus zu sichern und jeder Generation erneut die Möglichkeit zu geben, sich erneut ein Bild von der Vergangenheit zu machen?

Unter dem Slogan „Vergiss es! Nicht.“ präsentiert das Haus bis zum 8. Mai 2022 historische Einblicke in mehr als 100 Exponate von der Stadt-Verfassung des „Kölner Verbundbrief“ (1396) über einen Stammbaum Römischer Kaiser bis hin zum privaten Poesiealbum.


Ausstellung „Vergiss es! Nicht – Vom Erinnern und Vergessenwerden“ – Ein Interview mit Dr. Max Plassmann (Kurator im Kölner Stadtarchiv) auf DOMRADIO.de, 23.10.2021

Nach dem Auftakt soll es pro Jahr zu einer großen Folgeausstellung kommen, berichtete Archivleiterin Dr. Bettina Schmidt-Czaia. Zudem kündigten die Initiatoren eine Kooperation mit der Universität zu Köln an, die Forschungsergebnisse zum Themenkomplex „Gedächtnis/Altern“ vorstellen wird.

Ausstellungszeitraum: 20. Oktober 2021 bis 8. Mai 2022

Begleitprogramm zur Ausstellung „Vergiss es! Nicht.“: https://vergissesnicht.de/

16.11.2021 Prof. Dr. Björn Schumacher: Das Geheimnis des menschlichen Alterns
23.11.2021 Prof. Dr. Dieter Sturma: Kultur und Gedächtnis
07.12.2021 Marlene Kayen: Private Erinnerung und kulturelles Gedächtnis am Beispiel der Sammlungsarbeit des Deutschen Tagebucharchivs, einem Citizen-Science-Projekt
11.01.2022 Prof. Dr. Frank Jessen: Das Gedächtnis des Menschen: Vom gesunden und kranken Vergessen
25.01.2022 Gunter Demnig: STOLPERSTEINE – SPUREN und WEGE
22.02.2022 Prof. Dr. Christoph Cornelißen: Vom Nutzen und Nachteil der öffentlichen Archive für die Erinnerungskultur der Gegenwart
15.03.2022 Prof. Dr. Christiane Woopen: Das digitale Gedächtnis und unsere Bilder vom Menschen
22.03.2022 Gabriele Woidelko: Vor der eigenen Haustür das Gestern im Heute entdecken! Kinder und Jugendliche auf historischer Spurensuche im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten
05.04.2022 Dr. Max Plassmann: Hermann Weinsberg als historische Quelle – oder: wie zuverlässig sind Zeitzeugen?
26.04.2022 Prof. Dr. André Fischer: Epigenetik: Wie unser Erbgut zum Gedächtnis wird
03.05.2022 Dr. Julia Krämer-Riedel: Vergessenwerden – Fluch oder Segen? Archive und die Herausforderungen unserer digitalen Zeit

Soweit nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen um 18 Uhr im Historischen Archiv am Eifelwall 5, 50674 Köln statt. Anmeldung vorab unter AnmeldungArchiv@stadt-koeln.de an. Zu den Veranstaltungen ist ein gültiger 3G-Nachweis mitzubringen.

Öffnungszeiten:
Dienstag, Donnerstag und Freitag, 9 bis 16:30 Uhr
Mittwoch, 9 bis 19:30 Uhr

Coronaschutzmaßnahmen:
Der Zutritt zur Ausstellung richtet sich nach der aktuell gültigen Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Veranstaltungsort:
Historisches Archiv der Stadt Köln
Eifelwall 5
50674 Köln – Neustadt/Süd
Telefon: 0221 / 221-24455
Fax: 0221 / 221-22480
historischesarchiv@stadt-koeln.de

Quelle: Stadt Köln, Veranstaltungen, Okt. 2021; Kölner Wochenspiegel, 4.11.2021; https://vergissesnicht.de/

Schüler gestalten Logo für das Verdener Netzwerk Erinnerungskultur

Das Netzwerk Erinnerungskultur im Landkreis Verden besteht seit 2014. Es widmet sich der Geschichte des 20. Jahrhunderts in der Region Verden. Jetzt hat es auch ein Logo, das im Rahmen eines Schülerwettbewerbs entworfen wurde. Das Logo wird künftig auf der Internetseite sowie auf allen mit dem Netzwerk in Verbindung stehenden Projektpublikationen – vom Flyer bis zur Informationstafel – zu sehen sein.

Das Logo ist das Ergebnis eines Anfang 2020 initiierten Wettbewerbs, zu dem gezielt Schülerinnen und Schüler von Schulen aus dem Landkreis Verden aufgerufen waren. Aus den mehr als 30 eingereichten Entwürfen kürte die Lenkungsgruppe des Netzwerks die ersten drei Plätze. Auf Grund der pandemischen Lage konnten die Gewinnerinnen und Gewinner erst jetzt zur Preisverleihung ins Kreishaus eingeladen werden.


Abb.: Logowettbewerb Netzwerk Erinnerungskultur. Im Bild: Kreisarchivar Dr. Florian Dirks (links) und Jury-Mitglied Maria Schmidt (rechts), Schulleiterin der IGS Oyten, mit den Erst-, Zweit- und Drittplatzierten (von links nach rechts). (Foto: Landkreis Verden)

Den ersten Preis haben Marlen Berger und Robin van Ravenstein, beide Schülerinnen in der Oberstufe des Domgymnasiums Verden, gewonnen. Ihr Entwurf überzeugte die Jury am meisten, weil er die vielfältigen Facetten der Erinnerungskultur abbildet. Platz zwei ging an Naila Buse und Anna Röder, beide inzwischen am Domgymnasium. Ihr Entwurf gefiel der Jury wegen der liebevollen Aufmachung und des gewählten Mottos “Vergangenheit verbindet. Zukunft macht stark!“. Den drittplatzierten Entwurf entwarfen Malek Hamza und Niklas Herrmann, die vor einem Jahr noch die Oberschule Verdener Campus besuchten und jetzt in Ausbildung sind. Ihr Entwurf verknüpft den Namen des Netzwerks mit dem Projekt Stolpersteine.

Im Rahmen der Preisübergabe erläuterten die Teams noch einmal selbst ihre Motivation. „Alle drei Gewinnerteams zeichnet aus, dass sie aus eigener Initiative und ohne weitere Anregung durch Lehrkräfte am Wettbewerb teilgenommen haben“, betont der Verdener Kreisarchivar Dr. Florian Dirks, der die Urkunden und Sachpreise überreichte. Die Teams, so Dirks, hätten dabei großes Interesse an regionaler „Geschichte zum Anfassen“ gezeigt. Die Ereignisse der NS-Diktatur hätten eben auch hier bei uns stattgefunden und nicht nur im weit entfernten Berlin, in München oder im europäischen Ausland.

Für Anfang Juli 2022 plant das Netzwerk Erinnerungskultur bereits eine große Veranstaltung, in der das in Bremerhaven entwickelte und mit dem Hildegard Hamm-Brücher-Preis 2017 ausgezeichnete Projekt „Tag der Stadtgeschichte“ vorgestellt werden wird. In dem Projekt spüren Schülerinnen und Schüler der eigenen Vergangenheit nach und decken auf, an welchen Orten in ihrer Stadt sich historische Ereignisse zugetragen haben.

„Die Verbrechen des Nationalsozialismus sind keine abstrakten Themen für Geschichtsbücher, sondern sie haben sich auch in den Häusern, auf den Straßen und Plätzen vor Ort zugetragen“, erklärt Kreisarchivar Dirks. Diese „Orte der Diktatur“ werden am Tag der Stadtgeschichte aufgesucht. Interessierte können sich über die jeweiligen Ereignisse informieren, um fortan mit einem anderen, aufmerksameren Blick durch ihre Stadt zu gehen.

Kontakt:
Netzwerk Erinnerungskultur im Landkreis Verden
– Lenkungsgruppe –
Kreisrätin Regina Tryta
Tel. 04231 15-223
Dörte Lübkemann
Fachdienst Kultur
Tel. 04231 15-313
erinnerungskultur@landkreis-verden.de

Kreisarchiv Verden
Dr. Florian Dirks
Kreishaus, Zimmer 0160a (Eingang Ost, EG)
Lindhooper Straße 67
27283 Verden (Aller)
Telefon: 04231 15-200
kreisarchiv@landkreis-verden.de
Florian-Dirks@landkreis-verden.de

Quelle: Landkreis Verden, Pressemitteilung, 2.11.2021

Kinemathek Jerusalem wird digital

Die Kinemathek Jerusalem, eines der führenden Kulturzentren Israels und eines der größten Programmkinos der Welt, welches das jährliche Jerusalemer Filmfestival beherbergt, stellt nun ihr digitales Filmarchiv vor – das „Israel Film Archive„. Das Portal umfasst 96 Prozent der jemals in Israel gedrehten Filmaufnahmen seit dem späten 19. Jahrhundert, erstmalig in digitalisierter Form. Damit bietet es der Öffentlichkeit eine einmalige Gelegenheit, die bewegte Filmgeschichte des Landes kennenzulernen und seltene, historische sowie zeitgenössische, künstlerische Aufnahmen zu durchstöbern.

Das physische Archiv der Kinemathek dient kulturellen Einrichtungen, Forschern und Filmemachern bereits seit 40 Jahren als wichtige, lokale Ressource. Dank des aufwändigen Digitalisierungs- und Restaurierungsprozesses, in den bisher 10 Millionen US-Dollar investiert wurden, steht die Sammlung aus seltenen Filmschätzen ab sofort der Öffentlichkeit, allen Filmemachern sowie kulturell Interessierten weltweit zur Verfügung. Die digitale Filmfundgrube umfasst Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme sowie historische Aufnahmen, Wochenschauen (von 1927 bis 1972) und seltene Heimvideos, die einen einzigartigen persönlichen Blick auf Israel und seine Bewohner bieten. Die Online-Plattform ist kostenlos in Hebräisch und Englisch zugänglich.

Das „Israel Film Archive“ umfasst zwei Hauptbereiche:
The Historical View – Eine Zeitreise durch Israels reiche Geschichte anhand von Tausenden einzigartigen Archivmaterialien. Durch seltene Clips in hoher Qualität haben Nutzer hier die Möglichkeit, in historische Momente der vergangenen Jahrzehnte einzutauchen. Beispiele sind unter anderem die Israelische Unabhängigkeitserklärung, Feierlichkeiten zu den ersten jüdischen Feiertagen nach der Staatsgründung, die Wahl der Vertreter für den 20. Zionistenkongress (1937), die Purim-Parade in Tel Aviv (1928) sowie Videos von Marlene Dietrich oder Frank Sinatra bei ihren Besuchen in Israel. Alle audiovisuellen Inhalte dieses Bereiches sind mit englischen Untertiteln versehen.

The Artistic View – Eine Auswahl von über 300 Spiel- und Dokumentarfilmen, die in Israel/Palästina gedreht wurden. Neben der Sammlung israelischer Spielfilme, die vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute produziert wurden, enthält das Archiv eine Vielzahl von Dokumentarfilmen, die seit der Staatsgründung in Israel aufgenommen wurden. Darüber hinaus umfasst die Sammlung Filme, die von der israelischen Regierung und von verschiedenen kulturellen Einrichtungen wie beispielsweise der Israeli Film Service Collection und den Maccabi Movement, Yad Tabenkin oder Yad Vashem Archiven sowie Filmfachleuten kuratiert wurden.

Die Plattform https://jfc.org.il bietet dynamische Suchfunktionen, um die Inhalte u.a. nach Jahr, Wahrzeichen, Thema, Persönlichkeiten oder anhand einer interaktiven Karte zu durchsuchen. So können Nutzer beispielsweise nach über 4.000 bekannten Personen oder 7.000 Themen suchen.

Insgesamt umfasst das „Israel Film Archive“ über 30.000 Titel, die ursprünglich auf über zwei Millionen Metern Filmrolle aufgezeichnet wurden, und rund 4.500 Stunden an israelischen Produktionen. Während fast alle Inhalte kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, haben die Archivare unter den Spielfilmen besondere Titel und Filmklassiker ausgewählt, die als Video on Demand ein Jahr lang zum Preis von 4,99 USD ausgeliehen werden können, darunter auch Filme von Boaz Davidson und Avi Nesher.

Das Israelische Filmarchiv
Das Archiv ist ein zentraler Bestandteil der Jerusalemer Kinemathek, die jedes Jahr über 500.000 Besucher in ihrem Kino begrüßt und sich zum Ziel gesetzt hat, den kulturellen Dialog zu fördern und zu inspirieren. Im Jahr 2015 beschloss die Jerusalemer Kinemathek, ihr Filmarchiv ins 21. Jahrhundert zu führen und das audiovisuelle Erbe Israels digital zu revolutionieren, um der Verschlechterung des Zustands der Filmkopien und ihrem Alterungsprozess entgegenzuwirken. Dutzende Forscher und Katalogisierer arbeiteten seither über Jahre hinweg an der Infrastruktur und Umwandlung der Filmrollen in digitale Formate nach internationalen Standards. Heute verfügt das Archiv über ein Speichervolumen von etwa 6 Petabyte (6 Millionen Gigabyte). Aufgelöste Filmrollen, die oft die weltweit einzige Kopie eines bestimmten Films enthalten und bisher nicht projiziert werden konnten, werden nun in digitalen Dateien in 4K-Qualität archiviert und deren Inhalte so vor dem Vergessen bewahrt. Damit leistet die neue Plattform einen wichtigen Beitrag zur filmischen und kulturellen Forschung. Die verschiedenen Archivsammlungen erzählen die visuelle und audiovisuelle Geschichte Israels vom späten 19. Jahrhundert bis hin zur Gegenwart. So hat diese Sammlung eine enorme Bedeutung für den Staat Israel, für das jüdische Erbe und natürlich für alle, die sich für die Geschichte dieser Region interessieren.

„Wir haben vor sieben Jahren begonnen, unser Archiv in eine digitale Kultureinrichtung umzuwandeln, die für jeden überall zugänglich ist. Wir konnten nicht ahnen, dass sich diese Vision an dem Tag, an dem die Website nun online geht, als so relevant erweisen würde“, sagt Noa Regev, Direktorin der Jerusalemer Kinemathek, Israel Film Archive. „Mit dem Start der Online-Plattform erfüllt das Archiv seinen Auftrag, das audiovisuelle Erbe Israels auf internationalem, professionellem Niveau zu bewahren und das israelische Kino in Israel und in der Welt zu erhalten und zu fördern. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, und wir freuen uns darauf, unbekannte Filmschätze zu entdecken, seltene Filme zu scannen, ergänzende Inhalte zu erstellen und neue Kooperationen und Initiativen zu fördern.“

Über die Kinemathek Jerusalem
Die Kinemathek Jerusalem beherbergt das Israelische Filmarchiv, das seit 1960 für die Aufbewahrung und Erhaltung israelischer Spiel- und Dokumentarfilme (vom späten 19. Jahrhundert bis heute) zuständig ist. Durch den Launch des digitalen „Israel Film Archive“ hat auch die breite Öffentlichkeit im In- und Ausland die Möglichkeit Israels Filmgeschichte zu erkunden und zu durchstöbern. Neben den Restaurierungsarbeiten initiiert und produziert das Archiv restaurierte Digitalkopien ausgewählter israelischer Filmwerke.

Kontakt:
Israel Film Archive- Jerusalem Cinematheque
11 Hebron rd.
POB 8651
Jerusalem, 9108402
Tel. | 02.5654333
https://jfc.org.il/

Quelle: Presseinformation via AVIVA Berlin, 26.10.2021

Zwickau sucht auch für 2022 Stadtschreiber

Im Jahr 2022 möchte die Stadt Zwickau die Stelle des Stadtschreibers neu besetzen. Die Stelle, die als Stipendium ausgeschrieben ist, bietet vor allem jungen Leuten aus den Bereichen Germanistik, Geschichte, Archivwesen, Dokumentation und Bibliothekswesen die Möglichkeit, erste Erfahrungen im Berufsleben zu sammeln und selbst schöpferisch kreativ zu werden.

Der Aufgabenbereich liegt ganz in Anlehnung an die Verdienste Stephan Roths (1492-1546) – dem berühmten Zwickauer Stadtchronisten. So sollen städtische Veranstaltungen fotografisch und dokumentarisch begleitet und die Stadtchronik mittels Jahresrückblicken fortgeschrieben werden. Aber auch eigene literarische und wissenschaftliche Texte dürfen entstehen, die z. B. in der Schriftenreihe des Stadtarchivs „Cygnea“ veröffentlicht werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtarchivs Zwickau und des stadtgeschichtlichen Museums Priesterhäuser stehen der neuen Stadtschreiberin/dem neuen Stadtschreiber natürlich fachlich beraten und begleitend zur Seite.

Das monatliche Stipendium in Höhe von 1.000 Euro wird für einen Arbeitsaufenthalt in Zwickau von Mai bis Oktober 2022 vergeben. Für diesen Zeitraum wird eine Wohnung in der Stadt zur Verfügung gestellt. Die vollständige Ausschreibung ist unter www.zwickau.de/ausschreibungen zu finden. Der Bewerbungsschluss ist der 30. Dezember 2021.

Zwickau vergibt seit 2019 ein Stipendium für einen Stadtschreiber „Stephan Roth“. Die gebürtige Lichtensteinerin Cora Herzog besetzte von Juli bis Dezember 2019 erstmals das Amt. Von Mai bis Oktober 2021 hatte Diana Klein aus Wilhelmshaven die Stelle des Stadtschreibers „Stephan Roth“ inne (siehe Beitrag vom 20.9.2021: Zwickauer Zwischenfazit zum »Corona-Aufruf«).

Quelle: Stadt Zwickau, Pressemitteilung, 3.11.2021

Lingen erinnert an die letzte jüdische Holocaustüberlebende der Stadt

Ehrenbürgerin Ruth Foster wäre im November 2021 100 Jahre alt geworden.

Ruth Foster wurde als Ruth Heilbronn am 14.11.1921 in Lingen geboren. Ihre Eltern waren der aus Lengerich stammende Viehhändler Wilhelm Heilbronn und seine Frau Caroline, eine geborene Grünberg. Die Familie wohnte direkt gegenüber dem Gefängnis. Wenn dort ein jüdischer Gefangener einsaß, versorgte ihn die Mutter mit koscherem Essen. Der Vater geriet 1933 in Konflikt mit einem SA-Mann und wurde kurzzeitig in Schutzhaft genommen. Die Tochter besuchte derweil die Höhere Töchterschule, wo sie getrennt von ihren „arischen“ Mitschülern sitzen musste.


Abb.: Ruth Heilbronn (letzte Reihe Mitte) unter Mitschülerinnen der Höheren Töchterschule (Foto: Stadtarchiv Lingen)

Am Morgen nach der Reichspogromnacht (9.11.1938) wurden in Lingen 19 jüdische Männer und Frauen festgenommen. Ruths Vater Wilhelm Heilbronn verwies auf seine Auszeichnungen im Ersten Weltkrieg und verlangte, in einigem Abstand und auf der anderen Straßenseite zur Polizeiwache zu gehen. Seine Frau Caroline wurde bald wieder freigelassen, Wilhelm aber und fünf andere Männer verbrachten Wochen, teils Monate im KZ Buchenwald. Ruth hielt sich damals nicht in Lingen auf; sie besuchte mittlerweile eine jüdische Schule in Berlin, machte dort ihr „Einjähriges“ und lernte Krankenschwester und Kindergärtnerin.

Die Auswanderung der Familie Heilbronn gelang nicht. 1941 musste das Ehepaar in ein sog. „Judenhaus“ umziehen. Ruth, die immer noch in Berlin war, erinnerte sich später: „Am 9. Dezember 1941 bekam ich ein Telegramm von meinen Eltern, dass sie nach dem Osten deportiert wurden. Man musste damals als Jude – wir trugen zu der Zeit schon den Judenstern und hatten auch schon die separaten Lebensmittelkarten mit einem ‚J‘ – eine Erlaubns einholen, wenn man an einen anderen Ort gehen wollte, denn man konnte sich nicht frei bewegen. Ich holte mir also die Erlaubnis und kam dann von Berlin nach Lingen zurück. Die Bahnreise war nicht sehr angenehm. Juden mußten in einem separaten Abteil sitzen.“

Es war die erste Deportation aus Lingen. Neben Ruths Eltern waren auch andere Bewohner des „Judenhauses“ betroffen. Ruth entschloss sich, ihre Eltern freiwllig zu begleiten. Nach zwei Tagen in einer zur Sammelstelle umfunktionierten Osnabrücker Turnhalle bestiegen sie den sogenannten „Bielefelder Transport“, einen Sonderzug, der mit zuletzt über 1.000 Personen über Münster, Osnabrück und Bielefeld nach Riga fuhr.

Im Ghetto Riga wurden die arbeitsfähigen Bewohner in Arbeitskolonnen eingeteilt. Ruth und ihre Mutter arbeiteten im Armeebekleidungsamt. Der Vater Wilhelm musste außerhalb des Ghettos bei einer SS-Dienststelle Holz sägen. Im Juli 1944 begann die sogenannte Krebsbach-Aktion, bei der alle, die jünger als 18 oder älter als 30 waren, ermordet wurden. Wenig später wurde Ruth Heilbronn infolge der Auflösung des Ghettos zunächst in das KZ Kaiserwald gebracht, dann auf dem Seeweg in das KZ Stutthof bei Danzig. Im Januar 1945 begann die Evakuierung des Lagers Stutthof. Unter den Frauen, die bei eisigen Temperaturen auf offenen Güterwagen nach Westen transportiert wurden, war auch Ruth Heilbronn. Ziel war zunächst das Frauen-KZ Ravensbrück bei Berlin, dann ging es doch wieder ostwärts nach Stolp in Pommern. Dort mussten die Frauen Straßen bauen und Schützengräben ausheben. Als die Front näherrückte, begann der „Todesmarsch“ nach Westen.

Auf einem Bauernhof bei Lauenburg wurden die Frauen am 10.3.1945 von russischen Truppen befreit. „Als ich befreit wurde, habe ich 40 Kilo gewogen, und ich bin 1,76 m groß.“ Ruth wurde zusammen mit einer Freundin in ein russisches Lazarett nach Bromberg gebracht. Am 12. Juni 1945 verließ sie Bromberg, um nach Lingen zu kommen. Die Reise war schwierig, da alles in Trümmern lag. Um die amerikanische Zone zu erreichen, musste sie bei Dessau-Roßlau durch die Mulde schwimmen. Erst am 20. August erreichte sie nach zehn Wochen Lingen. Bei früheren Nachbarn fand sie Aufnahme. „In Lingen lernte ich auch meinen späteren Mann kennen. Er war Arzt in der polnischen Besatzungsarmee, ebenfalls Jude.“ Mit der Heirat nahm Ruth den Namen Foster an. „Im August 1947 zogen wir nach London.“ Von den 21 aus Lingen deportierten Juden war sie die einzige Überlebende. „Meine Familie wurde fast völlig in der Shoah vernichtet. Meine Eltern und neun von zehn Geschwistern meiner Mutter mit ihren Familien fanden den Tod in den Ghettos und Vernichtungslagern.“

Im September 1984 meldete sich Ruth Foster telefonisch bei der Lingener Stadtverwaltung. Sie sei gerade in Bremen und ihres Wissens die letzte noch lebende Jüdin Lingens. Sofern in Lingen eine Gedenktafel mit den Namen der Holocaustopfer geplant sei, könne sie bei den Recherchen helfen. Die Stadt nahm das Angebot an und begann gemeinsam mit dem Arbeitskreis Judentum-Christentum, der Pax-Christi-Gruppe und dem Stadtarchiv nun ihrerseits mit den Recherchen. Schließlich wurden die noch lebenden ehemaligen jüdischen Mitbürger nach Lingen eingeladen und ein Jahr später für die ermordeten jüdischen Mitbürger ein Gedenkstein aufgestellt. Auch Ruth Foster nahm an beiden Veranstaltungen teil. Außerdem gelang es ihr, Bernard Grünberg ausfindig zu machen, der nach der Reichspogromnacht mit einem Kindertransport nach England entkommen konnte. Der ehemaligen Jüdischen Schule, die 1998 als Gedenkort eingeweiht wurde, überließ sie ihr KZ-Kleid zur Ausstellung. 1993 erhielt sie zusammen mit Bernard Grünberg die Ehrenbürgerschaft der Stadt Lingen. Ruth Foster starb am 5. August 2014 in London. Sie hinterließ eine Tochter und Enkelkinder. In diesen Tagen wäre sie 100 Jahre alt geworden.

Den vollständigen Beitrag über das Leben von Ruth Foster mit weiteren Erinnerungszitaten bietet die Archivalie des Monats November 2021 des Stadtarchiv Lingen.

Kontakt:
Stadtarchiv Lingen (Ems)
Baccumer Straße 22
49808 Lingen (Ems)
Tel.: 0591 / 91671-11
stadtarchiv@lingen.de

Quelle: Stadtarchiv Lingen, Archivalie des Monats November 2021; Meppener Tagespost, 15.8.2014