Sonderausstellung im Hamburger Polizeimuseum vom 24. Oktober bis 21. November 2021.
Sie wurden entlassen, gedemütigt, bedroht, verfolgt, deportiert oder ermordet. Auch die Polizei Hamburg duldete zur Zeit des Nationalsozialismus keine Juden in ihren Reihen. Erstmals erinnert eine Ausstellung im Hamburger Polizeimuseum an Hamburgs jüdische Polizeibeamte.
Abb.: Informationsflyer zur Sonderausstellung im Polizeimuseum Hamburg (Bild: Polizei Hamburg)
Die Lebenswege von mehr als 46 jüdischen oder mit Jüdinnen verheiratete Polizisten und Polizeimitarbeiter hat Martin Bähr, Kriminaldirektor a.D., drei Jahre lang erforscht. Sein Fazit: „Fast alle wurden nach der Machtergreifung aus der Polizei entlassen. Diejenigen, die nicht nach Südamerika oder Palästina emigrierten, oder vor Kriegsbeginn ausreisen durften, wurden deportiert und ermordet, mussten Zwangsarbeit leisten oder fielen der Euthanasie zum Opfer“.
Anlässlich des Gedenkjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ zeigt das Polizeimuseum Hamburg vom 24. Oktober bis 21. November 34 dieser Biografien, um dieses dunkle Kapitel Hamburger Polizeigeschichte ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Im Staatsarchiv Hamburg ist Bähr umfassend fündig geworden: Personalakten der Polizei Hamburg und Wiedergutmachungsakten ermöglichten es, die Schicksale von jüdischen Polizeibeamten und ihren Familien detailliert nachzuzeichnen.
Abb.: Das Stadthaus (heute Stadthöfe) war bis 1943 Hamburgs Polizeipräsidium und seit 1933 Zentrale des nationalsozialistischen Regimes für Terror und Gewalt. (Bild: Fotograf/Urheber: Koppmann, Georg / Staatsarchiv Hamburg, 720-1/343-1 Landesbildstelle / Denkmalschutzamt Bildarchiv, Nr. 00085651)
Martin Bähr: „Es sind Schicksale von einfachen Ordnungs- und Wasserschutzpolizisten, Kriminalbeamten und Polizeioffizieren. Darunter auch sehr außergewöhnliche Karrieren, beispielsweise die von Hans Flatau, der den Erkennungsdienst leitete oder Oswald Lasally, der als Regierungsrat in der Polizeibehörde angestellt war und ganz offensichtlich hervorragende Arbeit geleistet hat“.
Abb.: Carl Riemann (geb. 1893) war Polizeileutnant und wurde 1941 im Zuge der Euthanasie ermordet. Seine Frau war Jüdin und überlebte die NS-Zeit (links). – Oswald Lassally (geb. 1897) wurde 1933 aus dem Polizeidienst entlassen, wegen „Rassenschande“inhaftiert und 1940 zur Ausreise gezwungen (Fotos: Polizei Hamburg)
Die Ausstellung im Polizeimuseum Hamburg beschränkt sich nicht allein auf die Darstellung der Biografien. Sie zeigt auch, wie die Polizei in der Weimarer Republik, während des Nationalsozialismus und in den Anfangsjahren der Bundesrepublik mit Mitarbeitern umgegangen ist. Ebenso gewährt sie Einblicke in den Polizeiapparat, den Arbeitsalltag und zeigt auf, welchen Einfluss die jeweilige Staatsform auf die Polizei Hamburg hatte.
Mit dem Ausruf „Juden brauchen wir hier nicht“ – dem Titel der Ausstellung – wurde der Hamburger Polizeihauptwachmeister Rudolf Cracauer nachweislich gedemütigt.
Stolpersteine gaben Anstoß zur Erforschung
Was gab den Anstoß für die Erforschung? Kriminaldirektor Martin Bähr: „Ausschlaggebend war für mich ein Zeitungsartikel über Stolpersteine. Ich habe mich gefragt, ob es in Hamburg jüdische Polizeibeamten gegeben hat. Da niemand die Frage beantworten konnte, habe ich mich im Staatsarchiv Hamburg auf die Suche begeben. Letztlich konnte ich 20 Polizeimitarbeiter mit jüdischen Wurzeln, 21 mit Jüdinnen verheiratete Mitarbeiter und sechs Menschen, die auf andere Weise betroffen waren, ermitteln und die Biografien zusammenstellen.“
Kontakt:
Polizeimuseum Hamburg
Akademie der Polizei Hamburg
Carl-Cohn-Straße 39
22297 Hamburg
Tel.: 040/4286- 680 80
polizeimuseum@polizei.hamburg.de
Quelle: Merkur.de, 24.10.2021; Polizeimuseum Hamburg, Veranstaltungen, Okt. 2021