Neueröffnung des jüdischen Zentralarchivs in Deutschland

Deutschland hat ein neues Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden. Das am 14.9.2021 in Heidelberg eröffnete Zentralarchiv „birgt einen Schatz: das Gedächtnis der jüdischen Gemeinden“, sagte Dr. Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, bei einem Festakt. Anlass war der Umzug des 1987 in Heidelberg gegründeten Zentralarchivs zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland in neue, wesentlich größere und modernere Räumlichkeiten. Zuvor waren die Bestände auf verschiedene Standorte in Heidelberg verteilt gewesen. „Wie hat man aus dem Nichts wieder jüdisches Leben in Deutschland entwickeln können – das spiegelt sich in den Beständen dieser Einrichtung“, sagte Archivleiter Dr. Ittai Joseph Tamari.


Abb.: Dr. Josef Schuster beim Festakt zur Einweihung neuer Räume des Zentralarchivs zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, 14.9.2021, Heidelberg (Foto: Gregor Zielke)

Das Zentralarchiv ist eine Einrichtung des Zentralrats der Juden in Deutschland. In seiner Konzeption knüpft es an das Gesamtarchiv der deutschen Juden an, das von 1905 bis 1938 in Berlin bestand. Hauptanliegen ist die Aufbewahrung und Erschließung von historisch wertvollem Schriftgut jüdischer Gemeinden, Verbände, Organisationen und Personen. In der Regel werden die Akten dem Zentralarchiv als Depositum übergeben.

Die Richtlinien für die Arbeit werden von einem Beirat beschlossen. Zurzeit umfasst das Zentralarchiv, das derzeit über fünfzehn Mitarbeitende verfügt, rund 2.355 laufende Meter Dokumente, die das Leben vieler jüdischer Gemeinden in Deutschland überwiegend seit 1945 abbilden. Darunter sind Sitzungsprotokolle, Berichte über jüdische Lehrer und darüber, welche Feierlichkeiten stattfanden.


Abb.: Frau Lazarus Levy, Gerolsteiner Juden, Foto-Sammlung Lange, Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestand B. 3/47

Auch Dokumente wie Briefe jüdischer Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg und Berichte über den Gesundheitszustand von Holocaust-Überlebenden in den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg werden hier aufbewahrt. Geplant ist auch eine digitale Datenbank, um den Austausch mit anderen Archiven zu fördern. Die Kosten von jährlich rund 900.000 Euro werden vom Bundesinnenministerium getragen.

Hauptsächlich genutzt werden die Bestände des Zentralarchivs von Studierenden, für Promotionen und für wissenschaftliche Arbeiten. Aber auch z.B. Geschichtsvereine, Familienforscher und Museen nutzen die Informationen, die in den Akten des Zentralarchivs zu finden sind. Dabei ist festzustellen, dass neben Personen oder Institutionen aus dem deutschsprachigen europäischen Raum zunehmend Studierende aus den USA um Akteneinsicht im Zentralarchiv bitten.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) würdigte das Zentralarchiv anlässlich der Neueröffnung als Ort, der nicht nur der Aufbewahrung, sondern auch der Erforschung und Begegnung dienen solle. Jüdisches Leben sei keineswegs einfach da und leider keineswegs selbstverständlich, sondern müsse verteidigt werden, sagte die Ministerin. Der neue Standort im Landfried-Komplex in der Nähe des Heidelberger Bahnhofs sei gut gewählt, weil jüdisches Leben in Deutschland in einem lebendigen Viertel „sichtbar“ werde.

Kontakt:
Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland
Bergheimer Str. 147, Gebäude C
69115 Heidelberg
mail@zentralarchiv-juden.de
https://zentralarchiv-juden.de

Quelle: Zentralrat der Juden in Deutschland, Einweihung u. Das Gedächtnis der jüdischen Gemeinschaft; ORF, News, 14.9.2021; Deutschlandfunk, Nachrichten, 14.9.2021; Die ZEIT, 14.9.2021; FAZ, 14.9.2021

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