Helfer/-innen für die Rettung des Stadtarchivs gesucht.
Auch das Stadtarchiv Leichlingen hat aufgrund des Starkregens im Juli 2021 schwere Schäden davongetragen, auch wenn über das tatsächliche Schadensausmaß zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden kann. Die Archivalien lagerten im Keller des Rathauses, der nach der Flut in der Innenstadt unter Wasser stand. Die Bestände waren mehrere Tage feuchter, schlammiger Umgebung ausgesetzt. Seit dem 26.7.2021 ist das Rathaus Leichlingen wieder vollständig begehbar. Am Wochenende zuvor wurde in einer Großaktion der Keller soweit ausgeräumt, dass der Zugang zum Archiv gewährleistet ist. Seitdem geht es mit voller Kraft an die Rettung der Bestände. Ein Mammutprojekt, denn alle Archivalien müssen geborgen, dokumentiert, vorsortiert, gereinigt und für den Abtransport vorbereitet werden.
Abb.: Eindrücke von den Zerstörungen und Erstversorgungsmaßnahmen im Stadtarchiv Leichlingen (Foto: Stadt Leichlingen)
Rettung durch Gefriertrocknung
In einem ersten Schritt müssen die Archivbestände, die in den Kellerräumen bereits nach wenigen Tagen anfingen zu schimmeln, zum Schutz von Mitarbeiter/-innen und Rathaus schnellstmöglich aus dem Gebäude gebracht werden. Die weiteren Sicherungsarbeiten erfolgen dann auf dem Gelände der ehemaligen Gemeinschaftsgrundschule Büscherhof (Am Schulbusch 15 b). Hier wird das geborgene Archivgut von den Helfer/-innen im Akkord für den Transport in ein Kühlhaus vorbereitet. Dafür wurden auf dem Schulhof in zwei Zelten sogenannte Waschstraßen aufgebaut. Mit einer handelsüblichen Gartendüse werden die Archivalien mit Leitungswasser von Schlamm und Schimmel befreit. Danach werden die Bestände trocken gewischt. Eine gewisse Grundfeuchte muss aber erhalten bleiben, da das Papier sonst unwiederbringlich zusammenklebt, während es trocknet. Im nächsten Schritt werden die Unterlagen in Stretchfolie gewickelt – eine weitere Maßnahme, um Feuchtigkeit zu binden, weitere Schäden zu vermeiden und zu verhindern, dass verschiedene Bestände während des Transports miteinander verkleben.
Die präparierten Archivalien werden in ein Kühlhaus in Troisdorf transportiert. Um Zeit zu gewinnen, wird dort durch Schockfrostung das Schimmelwachstum gestoppt und die langsame Eiskristallbildung vermieden, die weitere Schädigung der Archivalien nach sich ziehen würden. Je nach Kapazität erfolgt dann sukzessive die Trocknung der Bestände mithilfe einer Gefriertrocknungsanlage. Wenn sowohl Archivalien als auch Rathauskeller wieder trocken und nutzbar sind, werden die Archivgüter zurück nach Leichlingen gebracht. Liegt eine starke Beschädigung vor, muss darüber entschieden werden, ob eine Restaurierung der betroffenen Unterlagen noch möglich ist.
Archive aus der Region entsenden Hilfskräfte
Hilfe bei der Rettung erhalten die städtischen Mitarbeiter/-innen im Zuge der Amtshilfe von verschiedenen Archiven aus der Umgebung sowie weiteren freiwilligen Helfer/-innen. Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen hat Expert/-innen aus dem Fachbereich Restaurierungswerkstätten entsandt, das Archivberatungszentrum des Landschaftsverbands Rheinland hat ebenfalls Kräfte geschickt. Auch die Städte Leverkusen, Langenfeld und Monheim am Rhein haben Unterstützung gesandt. Gemeinsam mit Leichlingen gründeten die drei Städte 2013 den ersten Notfallverbund zwischen Archiven im Rheinland mit dem Ziel einer effizienten, systematischen Notfallvorsorge. Die Rettung des Leichlinger Stadtarchivs ist der erste größere Einsatz des Notfallverbunds. So unterstützt ein stabiles Kontingent an externen Helfer/-innen und Freiwilligen die städtischen Arbeiten.
Um die Bestände möglichst schnell zu retten, sind zusätzliche helfende Hände gern gesehen. Daher sind freiwillige Helfer/-innen aus der Bevölkerung aufgerufen, sich ab 29. Juli an der Reinigung und Verpackung der Archivalien zu beteiligen. Es handelt sich um physische Arbeit. Vorwissen wird nicht benötigt, die Archivar/-innen schulen die Helfenden. Schutzkleidung, Essen und Trinken wird von der Verwaltung zur Verfügung gestellt.
Bestand des Leichlinger Stadtarchivs
Das 1976 eingerichtete Stadtarchiv Leichlingen sammelt, erschließt und bewahrt Dokumente der Stadtverwaltung Leichlingen und der ehemaligen Gemeinde Witzhelden. Dabei handelt es sich um Akten und Urkunden, Amtsbücher, Ratsprotokolle und Ausschussniederschriften, Chroniken sowie Karten und Pläne. Hinzu kommen Bestände nichtkommunaler bzw. privater Herkunft wie Sammlungen und Nachlässe, Hofes- und Familienarchive sowie ein umfangreiches Bildarchiv. Circa 1.000 gefüllte Archivboxen und weitere unverpackte Archivalien, viele Tausend Fotografien, Personenstandsunterlagen sowie Altregistratur vieler Ämter sind von der Rettungsaktion betroffen.
Kontakt:
Stadtarchiv Leichlingen
Herr Marc Sievert
Am Büscherhof 1
42799 Leichlingen
Telefon: 02175 – 992 385
Fax: 02175 – 992 107
stadtarchiv@leichlingen.de
Quelle: Stadt Leichlingen, Pressemitteilung, 28.7.2021; Stadt Leichlingen, Pressemitteilung, 28.7.2021; Rheinische Post Online, 28.7.2021
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