Papst Franziskus möchte im Vatikan ein eigenes Filmarchiv einrichten lassen. Ihm schwebe eine Art Mediathek für audiovisuelles Erbe von hohem religiösen, künstlerischem und menschlichen Rang vor, sagt er in dem neuen Interviewbuch „Lo sguardo: Porta del cuore“ (Der Blick: Tür des Herzens), aus dem die Zeitung Il Messaggero am 18.7.2021 Vorabauszüge veröffentlichte. Dieses Filmarchiv könne neben Apostolischer Bibliothek und Vatikan-Archiv errichtet werden.
Die Filmbegeisterung verdankt das Kirchenoberhaupt seinen Eltern. Sie hätten ihn und seine Geschwister oft mit ins Kino genommen, so Franziskus. „Wohl zehn, zwölf Jahre lang habe ich jeden Film mit Anna Magnani und Aldo Fabrizi gesehen, von denen mir ‚Rom, offene Stadt‘ von Roberto Rossellini besonders gut gefallen hat.“ Der italienische Neorealismus habe ihm und seinen Altersgenossen besonders intensiv „die große Tragödie des Weltkriegs“ vermittelt, so der 84-Jährige.
Abb.: Filmplakat des Films „La Strada“ (Von Pabloglezcruz – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25511713)
Ganz besonders faszinieren den Argentinier auch die Film von Federico Fellini. Er habe es geschafft, den Blick auf Menschen am Rande, die Zurückgelassenen zu richten, so Franziskus. Fellinis Werk „La Strada – Das Lied der Straße“ von 1954 sei sein Lieblingsfilm, auch weil es darin etliche implizite Hinweise auf Franz von Assisi gebe.
Die päpstliche Preisung Fellinis sei ein Politikum, urteilt Oliver Das Gupta in seiner SZ-Kolumne „Bester Dinge“, hatte die Kirche mit dessen Filmen doch einst „dicke Probleme“. In „La Dolce Vita“ planscht Anita Ekberg nicht nur im Trevi-Brunnen, gleich zu Beginn schwebt auch eine Jesus-Statue am Hubschrauber gen Petersdom – und sonnenbadende Römerinnen winken. Und in „Achteinhalb“, so Das Gupta weiter, „sucht der Protagonist Hilfe bei einem Kardinal, im Dampfbad, leider ohne Erfolg. Denn: Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil, so die stoische Antwort seiner Eminenz. Mit der Aufnahme im Film-Archiv vergibt der Vatikan nun doch noch den Fellini-Filmen das Prädikat ‚besonders wertvoll'“.
Siehe auch:
Katholische Filmkommission freut sich über Filmbegeisterung des Papstes (domradio.de, 20.7.2021)
Quelle: DLF, Kulturnachrichten, 19.7.2021; katholisch.de, 19.7.2021; Süddeutsche Zeitung, 19.7.2021