Impfverzeichnis im Kirchenbuch Grenzach (1812/13)

Im lutherischen Kirchenbuch Grenzach 1798 bis 1812 findet man zwischen den Tauf- und Traueinträgen ein Impfverzeichnis. Dieses führt die Kinder auf, die 1811 bis 1813 geboren und als im Durchschnitt Halb- bis Einjährige 1812/13 durch den Chirurgen Johann Friedrich Stein (1781-1814; OFB Grenzach, S. 402) geimpft wurden.


Abb. Auszug aus dem Impfverzeichnis 1812 im Grenzacher Mischbuch (luth.) 1798-1812 (S. 107) (Landeskirchliches Archiv Karlsruhe)


Abb.: Zweiter Teil des Impfverzeichnisses 1813 im Grenzacher Mischbuch (luth.) 1798-1812 (S. 108) (Landeskirchliches Archiv Karlsruhe)

Derartige Einträge in Kirchenbüchern sind ungewöhnlich, aber doch zu erklären. Nachdem in den 1790er Jahren die Kuhpockenimpfung in England entwickelt wurde, kam diese ab der Jahrhundertwende in Europa zum Einsatz. Die Vorschrift zur Leitung und Ausübung der Kuhpocken-Impfung (1808), erlassen in den kaiserlich-königlich deutschen Erbstaaten, ist ein erstes Regulativ für das Impfgeschehen und beschreibt medizinische, politische und organisatorische Maßnahmen.

Dazu zählte, dass die Ärzte angehalten waren, über die Vorteile der Impfung aufzuklären und diese zu dokumentieren. Daneben wurden Pfarrer verpflichtet, bei Taufen Briefe an die Eltern zu verteilen. Die Vorschrift legte übrigens auch fest, dass jene, die sich nicht impfen ließen und keinen Nachweis der Impfung aufweisen konnten, von Stipendien und öffentlich unentgeltlichen Erziehungs-Instituten ausgeschlossen waren; wer in die Schule wollte, musste die Impfung schnellstmöglich nachholen. Es gab auch einen partiellen Impfzwang: Zöglinge in Waisenhäusern und Versorgungsanstalten des Staates mussten geimpft werden.

In Grenzach wurden die Pockenimpfungen in den sommerlichen Monaten Mai bis September durchgeführt. Diese „Massenimpfung“ der Jahre 1812/13 war offenbar ein Erfolg, wie man aus den Vermerken von Pfarrer Jakob Friedrich Ringer (1766-1817) herauslesen kann:

Sämtliche haben ächte Impfblattern gehabt. Also aus der Impftabelle des Chirurg Hrn. Stein gezogen. Grenzach, den 22ten Mai 1813. P. Ringer sowie Der sel. Herr Chir. Stein hat in seinem Impfungs Verzeichniß bei sämtlichen Kindern den Erfolg mit dem Prädicat Gut bezeichnet. Grenzach, d. 18ten Jul. 1814. J. F. Ringer.

Der impfende Chirurg Johann Friedrich Stein selbst ist mit 32 Jahren recht jung verstorben. In seinem Beerdigungseintrag vom 9. April 1814 ist aber keine Todesursache genannt.

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Quelle: Heinrich Löber, Aktuelles aus dem Archiv – Evangelische Landeskirche in Baden, 13.4.2021

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