Braumeister Böhme gegen die Gemeinde Laatzen

Der Archivfund im April 2021 des Stadtarchivs Laatzen kann mit der Überschrift „Das Leiden der Pfanne“ überschrieben werden. Im vorgestellten Schriftstück dreht sich alles um die Auseinandersetzung des Braumeisters Böhme mit der Gemeinde Laatzen. Streitstück ist eine kaputte Braupfanne.

Abb.: Rechnung des Braumeisters Böhme an die Gemeinde Laatzen wegen beschädigter Braupfanne (Stadtarchiv Laatzen)

Bei der kaputten Pfanne handelte es sich um eine sogenannte Braupfanne – regional unterschiedlich auch Würzepfanne, Sudpfanne, Braukessel oder Sudkessel genannt. Diese technische Anlage spielte beim Prozess des Bierbrauens eine elementare Rolle. Mit einer undichten Braupfanne ging ein Verlust des Bieres einher. Der Laatzener Braumeister Böhme wandte sich erstmals 1822 mit der Bitte an die Gemeinde Laatzen, die undichte Braupfanne zu reparieren. Der zwischen dem Braumeister und der Gemeinde geschlossene Vertrag verpflichtete Letztere dazu, die Braupfanne stets im einwandfreien Zustand zu erhalten und die erforderlichen Reparaturen aus ihren Mitteln zu bezahlen.

Leider schweigt das Schriftstück zu der offensichtlichen Frage, wieso die Reparatur der Braupfanne in der Verantwortung der Gemeinde Laatzen lag. Eine mögliche Antwort erschließt sich bei einem kurzen Exkurs in die Geschichte des Bieres: Im Frühmittelalter gehörte das Braurecht zu den Vorrechten der Grund- oder Landesherrschaft. Seit dem Hochmittelalter (Anfang/Mitte des 11. Jahrhunderts) ging das Braurecht größtenteils auf die Städte und Dörfer über. In den folgenden Jahrhunderten wurden fast überall Produktions- und Verkaufssteuern auf Bier erhoben. Aufgrund des hohen Bierkonsums war die „Biersteuer“ für den städtischen Fiskus äußert lukrativ. Der Bierkonsum war auch deshalb Anfang des 19. Jahrhunderts sehr hoch, da Bier zu den wichtigsten Getränken überhaupt gehörte und oftmals das damals noch unsaubere Wasser in den Städten und Dörfern ersetzte.

Als Gegenleistung für die an sie abgeführte „Biersteuer“ war die Gemeinde Laatzen möglicherweise dafür verantwortlich, dass die technischen Anlagen, die dem Bierbrauer sein Handwerk ermöglichten, instandgehalten und wenn nötig repariert wurden. Dem hier vorgestellten Schreiben vom 12. Mai 1829 ist zu entnehmen, dass sich die Gemeinde Laatzen erst nach mehrmaligen Aufforderungen – und selbst dann wohl mehr schlecht als recht – um die Reparatur der Braupfanne kümmerte.

„Aller dieser Reparaturen ohnerachtet war dem Übel, ‚das Leiden der Pfanne‘, nicht abgeholfen und dauerte unaufhörlich bis in diesem Jahre 1829 fort, wo es sich denn endlich die Gemeinde angelegen seyn ließ, die Pfanne einer Hauptreparatur zu unterziehen“

Ein Teil des Bieres ging nach wie vor verloren. Erst 1829 – acht Jahre und einige weitere erfolglose Reparaturen später – ließ die Gemeinde Laatzen die Braupfanne in Hannover von einem Kupferschmiedemeister reparieren. Braumeister Böhme stellte der Gemeinde Laatzen den Verlust durch die undichte Braupfanne in Rechnung – auf den Kosten wollte er schließlich nicht sitzen bleiben. In der Rechnung wird der jährliche Schaden durch den Verlust des Bieres aufgeschlüsselt. Unterm Strich verlangt der Braumeister von der Gemeinde 170 Reichstaler als Entschädigung, wobei er, wie er gegen Ende seines Schreibens angibt, auch noch mehr hätte verlangen können. Wer möchte, kann den ausführlichen Wortlaut der Rechnung auch als Transkription lesen.

Die Auswahl dieses Schriftstücks als „Archivale des Monats“ begründet Stadtarchivar Manuel Schwanse damit, dass „nicht nur historisch bedeutsame, sondern auch kuriose Schriftstücke aus den Beständen des Stadtarchivs Laatzen präsentiert werden sollen.“ „Der vorliegende Bericht des Hannoveraner Braumeisters Böhme über beschädigte Braupfannen und seine Auseinandersetzung mit der Gemeinde Laatzen mutet aus heutiger Sicht recht kurios an, etwa, wenn Böhme vom dem „Leiden der Pfanne“ schreibt. Gleichzeitig gibt uns der Archivfund einen Einblick in die Herausforderungen, mit denen ein Braumeister aus der Region vor nun knapp 200 Jahren zu kämpfen hatte“, so Manuel Schwanse weiter.

Kontakt:
Stadtarchiv Laatzen
Manuel Schwanse
Gutenbergstraße 15
30880 Laatzen OT Laatzen-Mitte
Tel.: 0511 / 8205-1015
manuel.schwanse@laatzen.de

Quelle: Ilka Hanenkamp-Ley, Stadt Laatzen, Pressemeldung, 31.03.2021; Stadtarchiv Laatzen, Archivale des Monats, Archivfund April 2021

Schülerpreis für ostfriesische Kultur und Geschichte 2021

Der Geschichtswettbewerb „Schülerpreis für ostfriesische Kultur und Geschichte“ geht in eine neue Runde. Die Ostfriesische Landschaft und das Niedersächsische Landesarchiv – Abteilung Aurich schreiben den Schülerpreis erneut aus.


Abb.: Plakat zum Schülerpreis (NLA-Abteilung Aurich, Ostfriesische Landschaft)

Nachdem im Jahr 2020 mit 27 Einsendungen fast ein Höchstwert bei den Bewerbungen verzeichnet werden konnte, wird auch im Jahr 2021 – inzwischen zum 12. Mal – ein Schülerpreis für ostfriesische Kultur und Geschichte vergeben.

Die Erforschung und die Darstellung der lokalen und regionalen Kultur und Geschichte haben in Ostfriesland immer schon ein breites Interesse gefunden und Ergebnisse von hohem Rang erbracht. Daran waren und sind neben den Fachwissenschaftlern immer auch eine große Zahl von Laien aus allen Berufen und Schichten beteiligt. Auch in den Schulen sind regionale und lokale Themen aus Kultur und Geschichte immer wieder Gegenstand von Unterrichtsprojekten und Fach- und Hausarbeiten.

Die Erforschung der ostfriesischen Kultur und Geschichte, ihre vermehrte Kenntnis und das vertiefte Verstehen tragen wesentlich bei zur Ausbildung der kulturellen Identität in der Region und zur bewussten Erhaltung der Vielfalt örtlicher und regionaler Traditionen. Dadurch wird insbesondere auch die junge Generation besser in die Lage versetzt, größere historische Zusammenhänge zu verstehen und zugleich die Verhältnisse vor Ort angemessen einzuordnen, Toleranz zu lernen und sowohl die eigene als auch die Heimat anderer stärker zu achten.

Mit dem „Schülerpreis für ostfriesische Kultur und Geschichte“ sollen herausragende Arbeiten von Schülerinnen und Schülern zu Themen der ostfriesischen Geschichte und Kulturgeschichte ausgezeichnet werden. Die sich mit diesen Themen beschäftigenden Schülerinnen und Schüler sollen auf diese Weise öffentliche Anerkennung für besondere Leistungen erhalten können.

Es können Arbeiten eingereicht werden, die im Rahmen der schulischen Beschäftigung in der gymnasialen Oberstufe mit ostfriesischer Kultur und Regionalgeschichte z. B. aus den Fächern Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Politik, Religion etc. entstanden sind, die einen Beitrag zur Erforschung der Kultur und Geschichte Ostfrieslands liefern und sich durch einen wissenschaftspropädeutischen Ansatz und Eigenständigkeit auszeichnen. Die Arbeiten müssen die individuelle Leistung erkennen lassen. Eine Veröffentlichung der ausgezeichneten Arbeit im Internet durch die Ostfriesische Landschaft ist vorgesehen.

Die eingereichten Arbeiten müssen im schulischen Rahmen mindestens mit der Note „gut“ bewertet sein oder von Lehrerinnen und Lehrern empfohlen werden. Der Vorschlag ist sowohl digital als eine einzige Datei (PDF) und in Druckform sowie in Verbindung mit der Angabe der Postadresse und der E-Mail-Adresse des Bewerbers einzureichen.

Über die Bewerbungen und Vorschläge entscheidet eine Jury unter Vorsitz des Direktors der Ostfriesischen Landschaft unter Beteiligung von zwei Wissenschaftlern der Ostfriesischen Landschaft, dem Leiter des Staatsarchivs in Aurich, Dr. Michael Hermann, und drei weiteren, vom Wissenschaftsausschuss der Landschaft zu bestimmenden Pädagogen aus Ostfriesland.

Der „Schülerpreis für ostfriesische Geschichte“ ist mit 500 € dotiert. Der Preis kann geteilt werden. Die Preisverleihung erfolgt im Dezember 2021. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, eine Rechtspflicht zur Verleihung besteht nicht. Vorschläge für geeignete Preisträgerinnen und Preisträger werden angenommen bis zum 30. September 2021. Einzureichen sind die Vorschläge bei der Ostfriesischen Landschaft.

Für Rückfragen stehen zur Verfügung:
Dr. Paul Weßels, Landschaftsbibliothek Aurich, Ostfriesische Landschaft (Wessels@ostfriesischelandschaft.de; Tel. 04941-179939),
Dr. Michael Hermann, Niedersächsisches Landesarchiv – Abteilung Aurich (Michael.Hermann@nla.niedersachsen.de; Tel. 04941-176660).

Kontakt:
Ostfriesische Landschaft
– Körperschaft des öffentlichen Rechts –
Georgswall 1-5
26603 Aurich
Tel.: 04941 / 1799-0
Fax: 04941 / 799-70
ol@ostfriesischelandschaft.de

Niedersächsisches Landesarchiv – Abteilung Aurich
Oldersumer Straße 50
26603 Aurich
Tel.: 04941 / 176 660
Fax: 04941 / 176 673
Aurich@nla.niedersachsen.de

Quelle: Ostfriesische Landschaft, Schülerpreis für ostfriesische Kultur und Geschichte 2021; Niedersächsisches Landesarchiv, Neuigkeiten 2021

Das Hoheitszeichen des großherzoglich mecklenburg-schwerinschen Konsulates in Bremen

„Auf einem Schild mittlerer Größe gemahlt“. – 100 Kilo Stahl, verteilt auf 970 x 760 x 4 mm, entsprechen nicht unbedingt landläufigen Vorstellungen von einer Archivalie. Seit 1914 gehört dennoch genau so ein Stück zu den Beständen des Landeshauptarchivs Schwerin. Es handelt sich mitnichten um eine bloße Stahlplatte, sondern vielmehr um das Behördenschild des mecklenburg-schwerinschen Konsulates in Bremen, wie das aufgetragene Wappen und die Umschrift unschwer erkennen lassen.


Abb.: Wappenschild des Konsulates des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin in Bremen, ca. 1883-1913 (Landeshauptarchiv Schwerin, 5.12-2/5, Nr. 41)

Wie aber wurde das großherzogliche Hoheitszeichen aus der Hansestadt zur Schweriner Archivalie?
Im 18. Jahrhundert begann Mecklenburg-Schwerin an Plätzen, die aus unterschiedlichen Gründen für das Herzogtum wichtig waren, diplomatisch-konsularische Agenturen zu etablieren: Amsterdam, Antwerpen, Kopenhagen, St. Petersburg, Wien, Berlin, Leipzig, Hamburg, Lübeck, Bremen. Ein wenig scheint es, als sollte hier Präsenz ohne kostspielige ständige Gesandtschaften gezeigt werden. Mit Konstanz wussten diese punktuellen Vertretungen oft nicht aufzuwarten, nach dem „Aus“ eines Repräsentanten blieben sie Jahre unbesetzt oder gingen gänzlich ein.

Das änderte sich im 19. Jahrhundert, als sich sukzessive ein Netz mecklenburgischer Konsulate konstituierte bzw. mehr und mehr verdichtete. Als die auswärtigen Beziehungen der deutschen Einzelstaaten 1867/68 auf den Norddeutschen Bund übergingen, unterhielt Mecklenburg-Schwerin fast 140 konsularische Vertretungen in aller Welt.

Die stetige konsularische Repräsentanz des Großherzogtums in Bremen begann, nachdem der von 1774 bis 1811 amtierende Konsularagent August Gottlieb Eckenbrecher keinen Nachfolger fand, im Jahr 1835. Zu diesem Zeitpunkt ließen sich an der Weser 14 außerdeutsche Staaten sowie vier Mitglieder des Deutschen Bundes konsularisch vertreten: Hannover, Kurhessen, Preußen, Sachsen. 1835 eröffneten hier außerdem noch Argentinien und Bayern Konsulate.

Die Kaufmannschaften in Rostock und Wismar, deren Schiffsführer in erster Linie Nutznießer des Konsulates in Bremen sein sollten, standen der Behörde eher ablehnend gegenüber. Sie hielten sie für weitgehend überflüssig und fürchteten – im Übrigen grundlos – mit der Einrichtung verbundene Kosten in Form von verpflichtenden Gebühren und Abgaben.

Treibende Kraft war 1835 der Bremer Rentier Ernst Christian Ludwig Gruner, der seinen Wohlstand als Kaufmann und Teilhaber eines Handlungshauses auf St. Thomas in Dänisch-Westindien erworben hatte und weiterhin mehrte. Nachdem er Anfang 1857 verstarb, folgte ihm im Lauf des Jahres Carl Tewes im Amt. Der zu den Gründerkreisen der Bremer Bank und des Norddeutschen Lloyd zählende Kaufmann, der sich intensiv für die Dampfschifffahrt auf der Oberweser engagierte, war Teilhaber einer der erfolgreichsten und kapitalstärksten Bremer Firmen im Nordatlantikhandel.

Nach seinem Ableben Anfang 1875 schien, zumal das Deutsche Kaiserreich die Außenvertretung der Einzelstaaten übernommen hatte, die großherzogliche Repräsentanz in Bremen erledigt. Allerdings unterhielten Schwerin und Bremen keine auswärtigen Beziehungen im eigentlichen Sinne, so dass 1877 ein gewisser Adolf Friesland seine Dienste als Konsul erfolgreich in Schwerin anbot. Er war Teilhaber der größten Bremer Petroleum-Raffinerie bzw. Mineralölfabrik August Korff und zudem Schwiegersohn des Firmenpatriarchen.
Als Adolf Friesland sechs Jahre später mit nicht einmal 40 Jahren starb, fand sich mit dem Lloyds-Repräsentanten Hermann Vietsch schnell ein Nachfolger, der erst Anfang 1914 durch Tod aus dem Amt schied. Danach ließ Mecklenburg, nicht zuletzt aufgrund der geringfügigen Konsulatsgeschäfte, die dritte seiner neben Königsberg und Hamburg noch bestehenden Außenvertretungen eingehen.

Deren Geschichte endete allerdings erst einige Wochen später, als die amtlichen Insignien und Hinterlassenschaften in Schwerin eintrafen. Das Außenministerium erhielt zwei Siegel, einen Stempel, das Konsulatspatent, Instruktionen, eingegangene Post, das Notariatsregister des Konsulats sowie per Bahnpost das Konsulats-Schild und eine mecklenburgische Flagge. Es reichte die Sendung mit Ausnahme der Flagge, die nach ihrer den aktuellen Vorschriften entsprechenden Herrichtung zunächst in Verwahrung genommen und fast zwei Jahre später dem Amt Schwerin zum Gebrauch übergeben wurde, an das damalige Geheime und Hauptarchiv Schwerin weiter.

Der Gebrauch von Flagge, Uniform und Wappen war ein Recht, aber keine Pflicht des Konsuls. Das Konsulatswappen, „auf einem Schilde mittlerer Größe gemahlt“, hatte „einzig und allein die Bequemlichkeit der Mecklenburgischen Schiffs-Capitains“ zum Zweck. In Bremen nun „mißfielen“, so Bürgermeister Christian Abraham Heineken in seiner „Geschichte der Freien Hansestadt Bremen“ aus dem Jahr 1812, „die reichgestickten Konsulatsuniformen“ und „großen Wappenschilder über den Haustüren“ von auswärtigen Konsuln „dem Gleichheit liebenden Bürger“. Entweder war das Hermann Vietsch entgangen, oder die Zeiten hatten sich Anfang der 1880er Jahre geändert: Von den vier mecklenburgischen Konsuln in Bremen wies einzig sein Nachlassinventar ein Wappenschild aus, so dass offenbar nur er dieses Hoheitszeichen führte. Die gegenüber dem Muster recht laienhafte Umsetzung verleiht dieser singulären Archivalie eine hohe Authentizität.

Abb.: Muster für das von den mecklenburg-schwerinschen Konsulaten zu gebrauchende Wappenschild (LHAS, 5.12-2/5, Nr. 2)

Kontakt:
Landeshauptarchiv Schwerin
Graf-Schack-Allee 2
19053 Schwerin
Telefon: 0385-588791 11
Telefax: 0385-588794 12
poststelle@lakd-mv.de

Quelle: Dr. Matthias Manke, Landeshauptarchiv Schwerin, Archivalie April 2021

Neuzugänge und drei Container Kassanda in Ahaus

Das Stadtarchiv Ahaus konnte kürzlich einige neue „Schmuckstücke“ in seine Bestände aufnehmen. Hierunter befindet sich beispielsweise eine Aktie der heute nahezu gänzlich aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwundenen Ahaus-Enscheder Eisenbahn (AEE).

Abb.: Aktie der Ahaus-Enscheder Eisenbahn-Gesellschaft über 400 DM, hier: vom Juli 1951. Von Auktionshaus Vladimir Gutowski – http://www.gutowski.de/Katalog-54/Katalogbilder/53.jpg, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50638026

Die Ahaus-Enscheder Eisenbahngesellschaft war 1898 gegründet worden und betreute einen 20,6 km langen Streckenabschnitt zwischen Ahaus und Enschede. Der auf niederländischem Gebiet liegende, sieben Kilometer lange, Teilabschnitt der Strecke wurde bereits 1928 verstaatlicht. Somit verblieb der Gesellschaft ein 13 km langer Abschnitt von Ahaus bis zur Grenze. 1966 stellte man den Personenverkehr auf der Strecke komplett ein. Daraufhin verkaufte die Gesellschaft ihre eigene Diesellok 1967 und übergab die Betriebsführung an die Bentheimer Eisenbahn. Die Zugförderung erfolgte fortan durch die Bundesbahn. Im Jahre 1988, aus welchem auch die Aktie datiert, wurde der Bahnbetrieb gänzlich aufgegeben. 1994 wurde die Gesellschaft verkauft und umbenannt in AEE Lebensmittel AG. Der Geschäftszweck änderte sich hin zur Vermögensverwaltung in einer Holding im Bereich Süßwarenindustrie, Verarbeitung von Lebensmitteln und Vermarktung von Frischfisch. 1998 wurde dann auch der Sitz nach Bonn verlegt und 2000 von dort nach Karlsruhe. 2001 erfolgte die Umfirmierung in AEE AG.

Zu den weiteren Zugängen im Stadtarchiv gehört eine Nachbildung eines Kupferstichs Ottensteins, ebenfalls auf einer Kupferplatte, erwerben. Es handelt sich um die Abbildung des „Fürstlich Braunschweig Lüneburgischen Ambthauß Ottenstein“ von Conrad Buno aus dem 17. Jahrhundert. Vom Amateurfilmclub Ahaus konnte das Stadtarchiv einen Film über die Nachtwächterführungen in der Stadt erhalten. Dieser und auch bisherige Filme wurden dem Stadtarchiv Ahaus auch als originäre Digitalisate überlassen, besonders auch vor dem Hintergrund des bevorstehenden Projekts der Einrichtung eines elektronischen Langzeitarchivs für die Stadt Ahaus, welches der Stadtarchivar Max Pfeiffer anstrebt.

Ein weiterer Höhepunkt der vergangenen Wochen war die große Aufräumaktion in den Altregistraturen der Stadtverwaltung. Hier staunten Max Pfeiffer und Kollegin Christa Neite nicht schlecht, als sie nach einiger Vorsortierung am  Ende doch ganze drei Container voller Altakten zusammenbrachten, deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen waren und die nicht archivwürdig waren. Diese Aktion brachte auf jeden Fall wieder einiges an Platz im Rathauskeller ein und war auch eine willkommene Abwechslung zum Büroalltag. „Nur unter großer Mithilfe der Kolleginnen und Kollegen konnten wir die Aussonderung der Altakten angehen, dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten nochmals herzlich bedanken“, freute sich Max Pfeiffer nach Beendigung der Aktion.

Abb.: Der Ahauser Archivar Max Pfeiffer vor einem Container mit Alt-Akten (Foto: Stadt Ahaus)

Neu für ihn nach nur einem halben Jahr im Rathaus ist auch der nun bereits begonnene Blick über den Tellerrand nach Gescher. Die Städte Ahaus und Gescher hatten eine Vereinbarung geschlossen, dass der Ahauser Stadtarchivar die Stadt Gescher vorübergehend archivfachlich berät, solange die dortige Stelle im Stadtarchiv vakant ist. Nach ersten Terminen in Gescher sieht Pfeiffer durchaus die Möglichkeit einer produktiven Zusammenarbeit, da das dortige Kollegium der Zusammenarbeit sehr offen und freundlich entgegensieht, wenngleich ausdrücklich klargestellt wurde, dass die Belange der Stadt Ahaus für den Archivar auch weiterhin Vorrang haben werden.

Kontakt:
Stadtarchiv Ahaus
Max Pfeiffer
Rathausplatz 1
48683 Ahaus
Tel.: 02561 – 72328
m.pfeiffer@ahaus.de

Quelle: Stadt Ahaus, Pressemitteilung, 1.4.2021

Aschaffenburger Archiv erhält Fördermittel aus dem Programm »WissensWandel«

Über eine Projektförderung in Höhe von 65.000 Euro kann sich das Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg freuen. Im Rahmen des Ende 2020 ausgeschriebenen Digitalprogramms für Bibliotheken und Archive steht bis Ende des Jahres diese Summe an Fördermitteln zur Verfügung, die in den Ausbau des digitalen Stadtlabors „Aschaffenburg 2.0“ bzw. des Digitalladens am Roßmarkt 11 fließen soll.


Abb.: Neues Schaufenster des Digitalladens (Foto: Helena Knuf)

Der Digitalladen soll im Rahmen des Projekts zu einer „analog-digitalen Schnittstelle der Stadtkultur“, das heißt als präsenter und barrierefreier Ort der Stadtkultur und Stadtgeschichte erweitert werden. Der für das Archiv zuständige Referent, Bürgermeister Eric Leiderer, weist dabei darauf hin, „dass sich durch den Roßmarkt 11 das digitale Angebot des Stadtlabors prinzipiell auch an Bürger*innen richtet, die bislang wenig Zugang zu digitalen Angeboten und digitaler Bildung haben. Auch ältere Menschen werden zur Partizipation eingeladen – und gerade sie sind es, die für das „digitale Gedächtnis“ wichtige Impulse liefern können.“

Die Fördermittel für das Projekt („Aschaffenburg 4.0. Eine analog-digitale Schnittstelle der Stadtkultur“) stammen aus dem Corona-Hilfsprogramm „NEUSTART KULTUR“ der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM). Zum Einsatz kommen dabei neben Honoraren, Sach- und Anschaffungskosten auch Personalmittel, die für das Feld der digitalen Kulturvermittlung vorgesehen sind.

Archivleiter Dr. Joachim Kemper unterstreicht: „Das Archiv versteht sich dezidiert als ‚offenes Archiv‘, sieht sich aber auch grundsätzlich als einer der Motoren für die digitale und kulturelle Entwicklung der Stadtgesellschaft. Der Zuspruch für das Projekt durch die Jury von „WissensWandel“ zeigt uns, dass wir mit dem Konzept des partizipativen Stadtlabors „Aschaffenburg 2.0“ richtigliegen, was erst recht für den Laden am Roßmarkt 11 gilt. Die Projektförderung hilft uns, diesen zu etablieren, mit dem mittelfristigen Ziel einer Verstetigung.“

Links:

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Dr. Joachim Kemper
Tel.: 06021 456105-0
stadtarchiv@aschaffenburg.de

Quelle: Stadt Aschaffenburg, Pressemitteilung, 10.4.2021

»Herder-Stipendium« der Stadt Bückeburg ausgeschrieben

Die Stadt Bückeburg stiftet einen Herder-Preis für eine wissenschaftliche Nachwuchsarbeit (Dissertation) sowie ein Stipendium für ein Dissertationsprojekt, das einen wesentlichen Beitrag für die Vermittlung und Aktualisierung von Herders Werk, insbesondere seiner Arbeiten der Bückeburger Zeit, leistet.


Abb.: „Herder-Stipendium“ der Stadt Bückeburg (Bild: Stadt Bückeburg)

Die Dissertation wird mit 2.500 Euro prämiert. Das Stipendium, mit dem ein Aufenthalt im Niedersächsischen Landesarchiv in Bückeburg unterstützt werden soll, beläuft sich auf 1.500 Euro. Die Preisvergabe soll am 16. September 2021 in der Stadtkirche Bückeburg stattfinden. Der Preis wird unterstützt von der Volksbank in Schaumburg eG und der Schaumburg-Lippischen Landeskirche.

Anlass des Preises
Als der Kosmopolit Johann Gottfried Herder (1744-1803) im April 1771 nach Bückeburg kommt, beginnt eine – im Vergleich zu seiner späteren Zeit in Weimar – zwar kurze, aber überaus produktive und für die Entwicklung seines Werkes ebenso grundlegende wie folgenreiche Zeit. Denn in den fünf Bückeburger Jahren, die literaturhistorisch der Bewegung des Sturm und Drang korrespondieren, formen sich die zentralen Ansichten von Herders umfassendem und ganzheitlich-integrativem Interesse an Welt, Kultur und Geschichte.

1772 erscheint seine Preisschrift „Über den Ursprung der menschlichen Sprache“. Sie bietet einen anthropologisch bestimmten sprachphilosophischen Neuansatz. In seinen berühmten Abhandlungen über Ossian, Shakespeare und über das Volkslied entwirft Herder ein neues, emphatisches Modell von (Welt-)Literatur. Die Konzeption der 1778 erscheinenden Schriften zur Plastik und „Vom Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele“ entwickeln dies weiter zu einer leiborientierten Einfühlungsästhetik und integrativen Wahrnehmungstheorie. Einen Höhepunkt bildet schließlich auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit (1774), in der Herder die aufgeklärt humanistische Idee profiliert, dass jede einzelne Kultur aus sich und ihrer Geschichte heraus, zu verstehen ist.

Wie keinem anderen gelingt Herder damit vor 250 Jahren die Grundlegung einer umfassenden Synthese von Anthropologie, Theologie, Kunst, Literatur und Geschichtstheorie. Auf diesen Grundlagen werden sowohl die Klassiker Goethe und Schiller, als auch die Romantiker und nicht zuletzt Friedrich Hölderlin am Ende des 18. Jahrhunderts aufbauen.

Mit dem Herder-Preis der Stadt Bückeburg wird 2021 eine zentrale Figur der europäischen Aufklärung geehrt. Herder hat ein ganzheitliches Kulturkonzept entworfen, das die Ideen von Bildung in ihrem zugleich anthropologischen, geschichtlichen und ästhetischen Zusammenhang wirksam sieht. Die Aktualität dieses umfassenden Anspruchs soll durch die Preisvergabe deutlich werden.

Bewerbungen können bis zum 30. Juni 2021 in Form einer einzigen pdf- oder ggf. Zip-Datei an JHarmening@bueckeburg.de vom Kulturverein Bückeburg gerichtet werden. Inhaltliche Rückfragen können an Lothar.van.Laak@uni-paderborn.de gerichtet werden. Prof. Dr. Lothar van Laak unterrichtet an der Uni Paderborn am Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft der Uni Paderborn, Neuere deutsche Literatur. Für weitere Informationen steht vor allem der Kulturverein Bückeburg zur Verfügung.

Kontakt:
Niedersächsisches Landesarchiv – Abteilung Bückeburg
Schloßplatz 2
31675 Bückeburg
Tel.: 05722 / 9677-30
Fax: 05722 / 9677-31
Bueckeburg@nla.niedersachsen.de

Kulturverein Bückeburg e. V.
Lange Straße 45
31675 Bückeburg
Tel. 05722 3610
kulturverein@bueckeburg.de

Quelle: Niedersächsisches Landesarchiv, Neuigkeiten 2021

Der »Bochumer Anzeiger« vom 10. April 1945

Der Bochumer Anzeiger gehört zu den bekanntesten Zeitungen, die bis 1945 in Bochum erschienen sind. Die WAZ kaufte in der Nachkriegszeit die Rechte an dem Titel und gab ihrer Bochumer Lokalausgabe diesen Namen, so dass dieser Zeitungsname den Bochumern bis heute ein Begriff ist.


Abb.: Titelblatt des Bochumer Anzeigers vom 10.4.1945 (Quelle: Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte)

Während der NS-Herrschaft erschienen in Bochum neben der NSDAP-Zeitung „Westfälische Landeszeitung – Rote Erde“, die „Westfälische Volkszeitung“ der Zentrumspartei sowie der nationalkonservative, parteiungebundene „Bochumer Anzeiger“. Die Westfälische Volkszeitung stellte zum 31. Mai 1941 wegen Papiermangels ihren Betrieb ein. Ausgaben der Roten Erde sind bis zum 11. März 1945 nachweisbar, allerdings ab dem Oktober 1944 nur sehr lückenhaft vorhanden.

Deshalb war es ein außerordentlicher Glücksfall, dass dem Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte Ausgaben des Bochumer Anzeigers aus den Jahren 1944 und 1945 angeboten wurden. Noch besser: die Ausgaben waren quasi druckfrisch in einem ungelesenen Zustand und ohne Lücken.

Die letzte Ausgabe erschien zum 10.April 1945, dem Tag des Einmarsches der amerikanischen Streitkräfte in Bochum. Unglaublich, ist, dass dort noch Inserate abgedruckt wurden.


Abb.: Inserate im Bochumer Anzeiger vom 10.4.1945 (Quelle: Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte)

Kontakt:
Stadtarchiv – Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte
Wittener Straße 47
44789 Bochum
Tel.: 0234 / 9109501
Fax: 0234 / 9109504
stadtarchiv@bochum.de

Quelle: Schaufenster Stadtgeschichte, Archivale des Monats April 2021

Ostergruß 1906 aus dem Kurort Godesberg am Rhein

Zumindest bis zum Weißen Sonntag, wenn nicht sogar bis Pfingsten, dürfen wohl Bezüge zum vergangenen Osterfest hergestellt werden. Der folgende, gezeichnete Ostergruß entstand durch den Wismarer Maler und Lithografen Friedrich Bremer (1860-1924), der sich 1906 als Patient in Dr. Franz Müllers „Sanatorium Schloß Rheinblick“ in Godesberg aufhielt.


Abb. Ostergruß des Wismarer Malers und Lithografen Friedrich Bremer (Stadtarchiv Bonn)

Ein Postkartenalbum mit 202 Zeichnungen des Künstlers hat sich im Stadtarchiv Bonn in der Sammlung „Aennchen Schumacher“ (SN 152) erhalten. Die naturgemäß zumeist postkartengroßen Malereien und Zeichnungen zeigen überwiegend Wismarer- und Küstenmotive; darunter befinden sich aber auch einzelne Rhein- und Godesberger Ansichten.

Bremer betrieb in Wismar eine Druckerei und Lithografieanstalt und fertigte Postkarten mit überwiegend Wismarer Ansichten, unter anderem des Wismarer Hafens. Nach seinem Sanatoriumsaufenthalt hatte der morphium- und alkoholkranke Maler weiterhin Beziehungen nach Bad Godesberg. So wohnte er 1908 sowie 1914 bis 1918 wiederum hier, und seine Schwester Ida Bremer, verwitwete Trendelburg, lebte später ebenfalls in – seit 1925 Bad – Godesberg.

Der Sammlungsbestand „Aennchen Schumacher“ umfasst hauptsächlich Fotografien und Postkarten, aber auch Briefe und Zeitungsartikel sowie Bücher mit Autorenwidmungen und dokumentiert das (studentische) Leben in Bonn und Bad Godesberg vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Zeit vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg. Die umfangreiche Sammlung hatte Aennchen Schumacher (1860-1935) bereits 1930 der Stadt Bad Godesberg vermacht, die 1931 ein Aennchen-Museum einrichtete. Nach Kriegszerstörung wurde das Museum nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiederaufgebaut. 1971 gelangte die Sammlung ins Stadtarchiv Bonn.


Abb.: Porträt der Aennchen Schumacher, nach einer Fotografie von 1877, an der Hauswand ihres Gasthofes in Bonn-Bad Godesberg (Foto: Lämpel, bearbeitet von Sir James – Eigenes Werk des ursprünglichen Hochladers Übertragen aus de.wikipedia nach Commons).

Anna Sibylla Schumacher, genannt „Aennchen“, wurde am 22.1.1860 in Godesberg geboren. Nach dem frühen Tod ihres Vaters Wilhelm Schumacher übernahm sie mit nur 18 Jahren zusammen mit ihrer Halbschwester Gertrud Rieck im Jahre 1878 die Führung des „Gasthofs zum Godesberg“, den sie 1891 in „Zur Lindenwirtin“ umbenannte. Wegen der günstigen Lage am Fuße der Godesburg, aber auch wegen der Lindenwirtin selbst war die Gaststätte eine sehr beliebte Studentenkneipe.


Abb.: Bad Godesberg a. Rh. Gasthof „Zur Lindenwirtin“ (Ännchen), Kunstverlag Wilhelm Köhler, Bonn a. Rh. Nr. 294 (Foto: virtuelles Brückenhofmuseum in Königswinter-Oberdollendorf)

Aennchen Schumacher hatte selbst dazu beigetragen, dass sie „Lindenwirtin“ genannt wurde. Immer auf der Suche nach neuen Liedern, die sie abends den Studenten auf dem Klavier vorspielte und die dann gemeinsam gesungen wurden, war sie auch auf das Lied „Keinen Tropfen im Becher mehr“ gestoßen, das 1877 von Rudolf Baumbach gedichtet worden war. Ab da sangen die zahlreichen Besucher jeden Abend das Lied. Schließlich wurde sogar von einigen ihrer Gäste noch eine neue Strophe hinzugedichtet, in dem Aennchen Schumacher als die im Lied beschriebene Lindenwirtin bezeichnet wurde.


Abb.: Postkarte des Gasthofs zum Godesberg, der 1891 in „Zur Lindenwirtin“ umbenannt wurde (Stadtarchiv Bonn)

1925 wurde Aennchen Schumacher sogar die Ehrenbürgerwürde der Stadt Bad Godesberg verliehen. Sie starb am 26.2.1935 und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Burgfriedhof beerdigt. – Die biografischen Informationen zum Wismarer Maler und Lithografen Friedrich Bremer stammen überwiegend vom Stadtgeschichtlichen Museum Wismar.

Kontakt:
Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn
Berliner Platz 2
53111 Bonn
Tel.: 0228 / 772410
stadtarchiv@bonn.de

Quelle: Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn, Zeitfenster, April 2021; Art: Aennchen Schumacher (Wikipedia)

Die Literaturzeitschrift »Rheinische Flora« der 1820er Jahre

In der Bibliothek des Stadtarchivs Aachen werden auch Zeitschriften aufbewahrt, die in Aachen erschienen sind, sich bestimmten Aspekten des kulturellen Lebens widmeten, hin und wieder durchaus überregionale Bedeutung erlangten und oft auch nur für kurze Zeit existierten. Ein Beispiel hierfür ist die Zeitschrift Rheinische Flora, Blätter für Kunst, Leben, Wissen und Verkehr.


Abb.: Titel der Ausgabe vom 28. April 1825 mit dem Frühlingsgedicht „Die Rose und der Schmetterling“ von Georg Graf von Blankensee (Stadtarchiv Aachen, Archivbibliothek, CZ 8)

Die Flora, die am 1. Januar 1825 mit einer Probenummer erstmals erschien, ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten; sie ist noch in sieben deutschen Bibliotheken neben dem Stadtarchiv Aachen nachweisbar, unter anderem in der Stadtbibliothek Aachen.

Die Rheinische Flora hatte in der regionalen Geschichtsschreibung zunächst durchaus Aufmerksamkeit erregt, sie war dann aber wieder weitgehend in Vergessenheit geraten. Im dritten Band der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins von 1881 setzte sich Alfred von Reumont (1808-1887) intensiv mit dem Blatt auseinander, indem er es als Hoffnungsstreifen an einem in literarischer Hinsicht von ihm sehr trüb gezeichneten Aachener Horizont beschrieb.

Nachdem Anfang der 1820er-Jahre erste vielversprechendere Publikationen in Aachen vorgelegt worden waren, gründeten die Herausgeber des Stadt-Aachener Anzeigers und des Unterhaltungs- und Literaturblatts, M. Urlichs und A. J. Cremer, die Rheinische Flora als belletristische Zeitschrift. Als Herausgeber engagierten sie Johann Baptist Rousseau (1802-1867).

Rousseau, 1802 in Bonn geboren, kam aus ärmlichen Verhältnissen, sein Vater war Stubenmaler. Durch die finanzielle Unterstützung eines reichen Onkels wurde ihm 1820 das Studium der Philologie an der Rheinischen Hochschule Bonn ermöglicht. Doch bereits 1821 musste er aus finanziellen Gründen sein Studium doch abbrechen, er verdiente seinen Lebensunterhalt nun als Hauslehrer, u. a. in Köln. Auch war er schon als Herausgeber anderer Literaturzeitschriften, z. B. des Westdeutschen Musenalmanachs tätig. Durch Rousseaus Freundschaft mit Wilhelm Smets (1796-1848) wurden die beiden Verleger auf Rousseau aufmerksam und stellten ihn ein.

Die Rheinische Flora veröffentlichte Lyrik und Erzählungen, Theaterkritiken, biographische Skizzen und Miszellen und vermittelte so den interessierten Bürgerinnen und Bürgern die verschiedenen Facetten des literarischen Lebens. In der Rheinischen Flora veröffentlichten namhafte Autoren: u.a. Heinrich Heine, Wilhelm Oertel, August Wilhelm Schlegel, Wilhelm Smets, Friedrich Arnold Steinmann, Adelheid von Stolterfoth und Jodocus Donatus Hubertus Temme.

Die Rheinische Flora erschien viermal, ab 1827 dann dreimal die Woche (mittwochs, freitags, sonntags), zum Teil mit Beilagen, und war im Abonnement zu jährlich 4 Talern erhältlich. Eine Ausgabe, in Halbbogengröße, hatte vier Seiten, dazu kam dann ggf. noch ein Blatt Beilage. Die Beilagen brachten mehr weltliche Themen: es gab hier z. B. Beiträge zum Wetter, zu laufenden Aachener Gerichtsverfahren oder auch Ankündigungen.

Im Stadtarchiv Aachen findet sich die Rheinische Flora vollständig, allein im ersten Jahrgang aus dem Jahr 1825 gibt es einzelne Lücken. Ende März 1827 erschien die letzte Ausgabe der Flora, das Blatt wurde nach dem Weggang Rousseaus in Richtung Hamm im Dezember 1826 nur noch ca. ein Vierteljahr weiter betrieben und dann eingestellt. Die Zeitschrift existierte somit nur etwas mehr als zwei Jahre.

Kontakt:
Stadtarchiv Aachen
in der Nadelfabrik
Reichsweg 30
52068 Aachen
Tel.: 0241 / 432-4972
Fax: 0241 / 432-4979
Stadtarchiv@mail.aachen.de

Quelle: Stadtarchiv Aachen, Neuigkeiten, Archivale des Monats April 2021, 31.03.2021

Archiv und Wirtschaft 1/2021

Die viermal jährlich erscheinende Verbandszeitschrift der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare e.V. (VdW), Archiv und Wirtschaft, erscheint in Kürze in seiner ersten Ausgabe des Jahres 2021. Zwischenzeitlich hat die VdW ihre Webseite www.wirtschaftsarchive.de überarbeitet, so dass sich die Übersicht aller Jahrgänge von „Archiv und Wirtschaft“ nunmehr unter einem neuen Link findet.

Die neue Ausgabe Heft 1/2021 von „Archiv und Wirtschaft“ beinhaltet u.a. einen Bericht über den 94. VdW-Lehrgang „Einführung in das Wirtschaftsarchivwesen (Einsteigen – Aufsteigen – Auffrischen)“, der vom 13. bis 18. September 2020 in Heidelberg stattfand.

Inhaltsverzeichnis „Archiv und Wirtschaft“ 1/2021

VdW-Jahrestagung am 3. Mai 2021 (Programm) (4-5)

AUFSÄTZE

Doris Eizenhöfer und Susan Becker: Nachhaltigkeit im Unternehmen – zwei Perspektiven (6-13)
Alexander L. Bieri: Roche in Riga – eine historische Wiedergutmachung (14-23)

DISKUSSIONSFORUM

Tobias Wildi: Honorar oder Lohn? Vielfältige Betreuungsmodelle fördern die Resilienz von Wirtschaftsarchiven (24-30)

BERICHTE

Maria Thumser: Kunst bewahren – Genossenschaftsgeschichte vermitteln (31-34)
Kai Balazs-Bartesch und Tobias Dörpinghaus: 94. VdW-Lehrgang „Einführung in das Wirtschaftsarchivwesen (Einsteigen – Aufsteigen – Auffrischen)“ vom 13. bis 18. September 2020 in Heidelberg (35-41)

REZENSIONEN

Christian Berg, Detlef Krause und Stefan Stein: Banken im Umbruch. Technik in der Commerzbank von 1870 bis heute (Siegfried Buchhaupt) (42-44)
Jens Heckl (Hrsg.): Unbekannte Quellen: „Massenakten“ des 20. Jahrhunderts. Untersuchungen seriellen Schriftguts aus normierten Verwaltungsverfahren, Bd. 4 (Matthias Weber) (44-46)

Nachrichten (46)
Rezensionsliste (47-48)
Impressum (52)

Kontakt:
Dr. Martin Münzel
c/o F. Hoffmann-La Roche AG
Redaktion „Archiv und Wirtschaft“
Bau 52/111
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Tel.: (0049) (0)159-06825241
martin.muenzel@wirtschaftsarchive.de
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