Faschings-Ski-Springen in Traunstein

Der Fasching naht mit großen Schritten – am 16. Februar ist bereits Faschingsdienstag – und auch die Schneelage ist durchaus zufriedenstellend. Aber: Bedingt durch das unsägliche Coronavirus ist heuer nicht erst am Aschermittwoch alles vorbei, nein, wir haben zwar „närrische Tage“, aber das, was man gemeinhin darunter versteht, fällt quasi völlig aus. Gleiches gilt bei geschlossenen Seilbahnen und Liften auch für das alpine Skivergnügen. Nur Tourengeher und Langläufer kommen (wenigstens teilweise) auf ihre Kosten – und natürlich auch der Fernsehsportler, denn der Weltcupzirkus darf seine Veranstaltungen, vom Langlauf über die Abfahrt bis zum Skispringen, weiterhin durchführen, wenn auch vor leeren Rängen und unter strengen Auflagen.

Skisport und Fasching – wie passt das, abgesehen von dem sich teilweise überschneidenden Zeitraum, zusammen? Dieser Frage soll hier historisch nachgegangen und dabei gleichzeitig an das Thema des Monats Januar 2021 vom Stadtarchiv Traunstein angeknüpft werden: Skispringen (Ein Traunsteiner Fotograf dokumentiert die Eröffnung der Skisprungschanze am Kälberstein in Berchtesgaden).

Blicken wir also mit einem am 16.2.1931 im Traunsteiner Wochenblatt veröffentlichten Bericht 90 Jahre zurück, als die Schanzenadler ihre erste Hochphase hatten und ihren waghalsigen Sport in Traunstein auf der Bürgerwaldschanze vor zahlreichen Zuschauern präsentierten – ernsthaft, aber auch unter den besonderen Bedingungen, die der Fasching nun einmal einfordert.

„Es war eine gute Idee des Traunsteiner Skiklubs, zwei Motiven Rechnung zu tragen, die den Fasching 1931 kennzeichnen: Die ernste Lage einerseits und das Bedürfnis der Menschen, mit Humor über diese ernste Lage hinwegzukommen, andererseits. [Dieses Motto würde auch aktuell sehr gut passen; Anm. d. Verf.] Beiden Motiven wurde der Skiklub Traunstein gerecht, indem er bei seinem maskierten Faschings-Springen Sportsgeist mit Faschingsfröhlichkeit verband. Es wurden trotz der maskierten ‚Brettlhupferei‘ ganz nette Sportsleistungen gezeigt. Auf die einzelnen Kostüme und Sprungleistungen einzugehen erübrigt sich durch den angenehmen Umstand, dass alle das Beste leisteten. Bei [= ungefähr] 1200 Zuschauer, zu denen leider auch Nichtzahlende gezählt werden müssen, hatten sich trotz des kalten Wetters eingefunden.

Das Faschingsspringen eröffnete die Primadonna Haßlbergianera mit einem schön gestandenen Sprung. Und nun folgten unter dem Halloh [sic] der Zuschauermassen Masken auf Masken: ‚Die Blauseidene‘* (Hehl Hans), ‚der Berliner Klause‘ in der kurzen Wichs mit Ballons auf den Skiern (Empl Toni), ‚der Reiseonkel‘ (Hans Pirkl), ‚die Bäuerin von Axdorf‘ (Tiefenthaler Daniel) und die ‚Bäuerin von der Au‘ (Empl Alois), ‚die Sennerin von der Strohn‘ (Fellner Hans), ‚Pat und Patachon‘ (Hölzensauer und Haßlberger), ‚die letzte in Traunstein übriggebliebene Sommerfrischlerin‘ (Mitterer Gg.), ‚das Bauernehepaar‘, wobei Sie mit einem Korb (Empl Toni) und Er mit einem Schirm (Hölzensauer) über die Schanze gingen, aber auch alle übrigen Masken […] erregten allgemeinen Beifall.


Abb.: Doppelsprung von Alois Empl und Hans Hölzensauer beim Faschingsspringen am Sonntag, den 15. Februar 1931 (Foto: Nachlass Meiche unter der Signatur MOS 212 im Stadtarchiv Traunstein)

Die Rolle des Verkehrsschutzmannes (Josef Müller) war sehr gut. Mit dem Riesenarm konnte das Springen einwandfrei gelenkt werden. Im Ganzen traten 25 Springer in drei Gängen an. Dank der vorzüglichen, stets bewährten Organisation der Leitung klappt alles tadellos. Abends vereinigte man sich zu einer gemüthlichen Unterhaltung im Hotel Wispauer, wo auch die Preisverleihung vorgenommen wurde. Alle Masken erhielten Preise in eß- und trinkbarer Form. Zum Schluße sei auch die Teilnahme der Siegsdorfer und Bergener Springer erwähnt. Dem Skiklub Traunstein ist aber noch – was im Hinblick der Entwicklung des Wintersportes in Traunstein und des weiteren Ausbaues der Sprungschanze sehr zu begrüßen ist – eine ganz nette Summe übriggeblieben. Ski Heil!“

Der am 16. Februar 1931 im Traunsteiner Wochenblatt veröffentlichte Bericht beschreibt exakt die gezeigte (und wiederum im Nachlass Meiche unter der Signatur MOS 212 entdeckte) Fotografie: Den Doppelsprung von Alois Empl (1913-1942) und Hans Hölzensauer (geboren 1901 in München, später nach Inzell verzogen) beim Faschingsspringen am Sonntag, den 15. Februar 1931, einer, so die damalige Vorankündigung, „Attraktion für Traunstein“, wie man sie sich heute in dieser Form (leider) nicht mehr vorstellen kann.

* „Blauseidene“: Gemeint war damit Christine Sinzinger (1854-1923), die als ledige Privatiere ab 1885 in Traunstein lebte und einen Hang zu blauer Kleidung (Blusen und Schürzen) hatte, was ihr diesen Spitznamen einbrachte. Sie galt als Traunsteiner Original und war scheinbar auch acht Jahre nach ihrem Ableben ein Begriff.

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Quelle: Stadtarchiv Traunstein, Archivale des Monats Februar 2021

Hallesche Bäckereimaschinenfabrik mischt im Stadtarchiv Halle (Saale) mit

Eine Werbeschrift der Halleschen Bäckereimaschinenfabrik („Habämfa“) aus der zeitgeschichtlichen Sammlung des Stadtarchivs Halle (Saale) wird dort als Archivalie des Monats Februar präsentiert. Vor einer „Habämfa MULTIPLEX“ stehend, verweist der Bäcker mit strahlendem Blick auf seine Backwaren und verspricht besseres Brot durch gemischtes und gesiebtes Mehl.


Abb.: Werbeschrift „MULTIPLEX“, 1950, 29,5 x 21 cm, Vorderseite (Stadtarchiv Halle (Saale))

Auf den folgenden Seiten des farbig bebilderten Prospekts finden sich nähere Informationen und Darstellungen zu dieser neuartigen Mehlmisch- und Siebanlage. Unter dem Arbeitsplatz sind die Tröge für Lagerung, Mischen und Sieben des Mehls und der Maschinenantrieb angeordnet. Vor allem kleinere Bäckereien wird diese Werbeschrift über die platzsparende Anlage der „Habämfa“ angesprochen haben.


Abb.: Werbeschrift „MULTIPLEX“, 1950, 29,5 x 21 cm, Rückseite (Stadtarchiv Halle (Saale))

Wie diese und andere Werbe- und Informationsschriften in der zeitgeschichtlichen Sammlung des Stadtarchivs Halle (Saale) belegen, war Halle bereits um 1900 ein Zentrum des Bäckereimaschinenbaues. Zahlreiche Fabriken produzierten hier verschiedene, speziell für das Bäckereigewerbe bestimmte Einrichtungen, von Teigteil- und Knetmaschinen über Schlag- und Rührmaschinen, bis hin zu Backöfen und Sackausklopfmaschinen.

Zahlreiche Neu- und Weiterentwicklungen in dieser Branche gehen auf Hallesche Firmen zurück. So ließ sich die Hallesche Bäckereimaschinenfabrik Rausch & Filbry, die seit Gründung 1919 unter dem Logo „Habämfa“ (Hallesche Bäckereimaschinenfabrik) firmierte, die MULTIPLEX wohl schon vor dem II. Weltkrieg patentieren. Nach Kriegsende war die alte Firma enteignet und zusammen mit der ehemaligen Firma „Eberhardt“ als nunmehr volkseigener Betrieb „VEB Habämfa“, einer Vereinigung volkseigener Maschinenbaubetriebe, der VVB NAGEMA, zugeordnet worden.

Das vom Stadtarchiv Halle (Saale) als Archivalie des Monats Februar 2021 vorgestellte doppelseitige Werbeblatt erschien 1950 als Nachauflage einer älteren Schrift, wobei die ursprüngliche Firmenbezeichnung und Adresse unter einem schwarzen Balken verschwanden und der aktuelle Name hinzugefügt wurde.

Mit vollautomatischen Bäckereimaschinen und kompletter Fertigstellung von Großbäckereien im In- und Ausland erlangte die HABÄMFA auch zu DDR-Zeiten Bedeutung. Nach Privatisierung 1990 stellte sie 1994 ihren Betrieb ein.

Kontakt:
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Rathausstraße 1
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 / 221-3300

Postanschrift
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Stadtarchiv
06100 Halle (Saale)

Quelle: Stadtarchiv Halle (Saale), Archivalie des Monats Februar 2021

Universitätsklinikum Dresden übergibt Dokumente zur Corona-Pandemie ans Stadtarchiv Dresden

Corona-Tagebuch, Schilder, Prozessbeschreibungen und weitere Unterlagen dokumentieren die Ausnahmesituation. Das Stadtarchiv Dresden ergänzt mit offiziellen Materialien den Bestand an privaten Dokumenten der Corona-Sammlung. Das Uniklinikum setzt die zu Pandemiebeginn gestartete kontinuierliche Dokumentation fort und erkennt hierin ein großes Lernpotential für die Zukunft.

Am 8.2.2021 übergab das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden eine stattliche Sammlung an Unterlagen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie an das Stadtarchiv Dresden.

Mit zahlreichen Dokumenten wie Verfahrensanweisungen, Hinweisschildern, Postern, mehreren Ausgaben des Mitarbeitermagazins „Carus Intern“ und des Newsletters „Carus Quick“ sowie dem Corona-Tagebuch und dem monothematisch auf die Corona-Krise zugeschnittenen Jahresbericht erhalten spätere Generationen einen Überblick über die vielfältigen Aktivitäten, mit denen das Dresdner Uniklinikum dieser Gesundheitskrise strukturiert begegnet ist. In den vergangenen Jahrzehnten seines Bestehens wurde das Uniklinikum noch nie mit einem krisenhaften Geschehen dieses Ausmaßes konfrontiert.

Die jetzt übergebenen Unterlagen dokumentieren einerseits die organisatorischen sowie administrativen Maßnahmen des Klinikums, um Patienten und Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen und andererseits alle Aktivitäten, durch die es gelungen ist, die Therapien analog zu den wachsenden Erkenntnissen der Wissenschaft zu optimieren. Dies dient nicht nur dem Nachweis der zahlreichen Maßnahmen und Aktivitäten, sondern vor allem auch der Möglichkeit, aus gemachten Erfahrungen für die Zukunft zu lernen, um möglichst optimal auf derartige Krisen vorbereitet zu sein.

Zwei Exemplare der im März 2020 selbst genähten Schutzmasken nebst einer zweiseitigen Anleitung zum Nacharbeiten, ein Patienten-Fragebogen der Corona-Ambulanz, das im Spätsommer erschienene „Corona-Tagebuch“, Mitarbeitermagazine und -newsletter, Verfahrensanweisungen beziehungsweise Prozessbeschreibungen, Hinweisschilder in verschiedenen Größen, der Jahresbericht 2019 und weitere Dokumente gehen als Zeitzeugen der COVID-19-Pandemie in das kollektive Gedächtnis des Stadtarchivs Dresden über.

Ein entsprechendes Paket mit diesen Unterlagen und Objekten nahm der Leitende Archivdirektor Prof. Thomas Kübler gemeinsam mit der Historikerin Mandy Ettelt aus den Händen von Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand, Prof. Maria Eberlein Gonska, Leiterin des Zentralbereichs Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement sowie Janko Haft, Kaufmännischer Vorstand des Uniklinikums, entgegen.


Abb.: (v.l.n.r.:) Prof. Maria Eberlein Gonska, Leiterin des Zentralbereichs QRM, Prof. Thomas Kübler, Leitender Direktor des Stadtarchivs Dresden, Janko Haft, Kaufmännischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums und Michael Doerwald, Creative Director der Dresdner Agentur Ketchum (Foto: Uniklinik Dresden)

„Bereits im April 2020 haben wir damit begonnen, eine Corona-Sammlung aufzubauen. Anfangs waren es vor allem Objekte und Dokumente aus Privathand“, sagt Prof. Thomas Kübler. „Neben dieser privaten Ebene ist es für uns als Stadtarchiv jedoch wichtig, auch Unterlagen zu bekommen, die das Geschehen aus der Perspektive öffentlicher Einrichtungen dokumentieren. Bei der Bewältigung der Pandemie in der Stadt spielt das Universitätsklinikum als öffentliche Institution eine zentrale Rolle. Deshalb ist es für unsere Arbeit sehr wichtig, Dokumente und Objekte aus dem Klinikbetrieb übernehmen zu können. Umso erfreulicher ist es, dass uns das Uniklinikum bei unserer Arbeit so unkompliziert unterstützt.“

„Um in der heraufziehenden Pandemie so wirksam und auch nachhaltig wie möglich agieren zu können, haben wir am Uniklinikum frühzeitig ein Krisenmanagement etabliert. Angesichts einer Situation, die in dieser Form und diesem Ausmaß absolutes Neuland darstellte, war uns klar, dass wir unser Tun immer wieder auf den Prüfstand stellen müssen. Das aber geht nur, wenn wir alle Maßnahmen und die davorliegenden Entscheidungsprozesse sorgfältig in Form einer Chronik dokumentieren“, erinnert sich Prof. Michael Albrecht an die ersten Monate der Pandemie.

„Anhand dieser Dokumente lassen sich die im Zuge der COVID-19-Pandemie ergriffenen Maßnahmen und Aktivitäten eindrucksvoll belegen“, ergänzt Prof. Maria Eberlein-Gonska. „Allein in den ersten beiden Monaten der Krise wurden über 1.100 Dateien in Form von Einträgen mit anhängenden Protokollen und Berichten angelegt, aktuell überblicken wir bereits mehr als 2.000. Ohne eine systematische Aufbereitung und Ablage dieser Dokumente in einer strukturiert aufgebauten Datenbank wäre ein großer Teil dieses Wissens in seiner Gesamtheit nicht verfügbar und würde den so wichtigen Lernprozess während und nach der Krise verhindern.“

Aus ganz unterschiedlichen, auch rechtlichen Gründen lassen sich derzeit viele dieser internen Dokumente nicht direkt in den Archivbestand überführen. „Es bleiben jedoch genügend Unterlagen, die wir bereits heute den nachfolgenden Generationen hinterlassen können. Sie werden ihnen helfen, das komplexe Geschehen in der Pandemie besser zu verstehen. Mit der Bitte um Unterlagen zur Corona-Krise hat das Stadtarchiv Dresden bei uns offene Türen eingerannt. Ich bin mir sicher, dass die ersten, heute übergebenen Dokumente nur der Anfang dessen sind, was das Universitätsklinikum den Archiven in den Jahren nach Ende der Krise zur Verfügung stellen kann“, so der Medizinische Vorstand weiter.

„Die Inhalte vieler Unterlagen wirken erst einmal ganz banal. Beispielsweise benötigten wir von einem zum anderen Tag Hinweistafeln und Wegweiser, damit Menschen mit Infektionsverdacht den direkten Weg in die Corona-Spezialambulanz finden und dabei keinen Kontakt zu Mitpatienten haben. Auch klinikumsintern gab es viel zu kommunizieren – zum Beispiel eine Anleitung zum richtigen Anlegen der Schutzausrüstung und auch zur Durchführung eines qualitativ hochwertigen Abstriches für die nachfolgende Testung. Auch solche Unterlagen, inclusive Foto- und Videodokumentationen, geben ein gutes Bild von der Situation im Uniklinikum ab“, sagt Janko Haft, Kaufmännischer Vorstand des Uniklinikums.

Insgesamt waren es bisher rund 1.000 Dokumente und Schilder, die es im Corporate Design zu gestalten galt. – Angesichts der sich oft ad hoc ändernden Situationen waren darunter immer wieder kurzfristige über Nacht oder das Wochenende zu erledigende Aufträge. Abgearbeitet wurden sie durch das von Michael Doerwald geleitete Grafikerteam der Dresdner Agentur Ketchum. Diese gestalterische Arbeit fand nun den Weg ins Dresdner Stadtarchiv.

Kontakt:
Landeshauptstadt Dresden
Stadtarchiv Dresden
Prof. Thomas Kübler
Amtsleiter / Leitender Archivdirektor
Tel.: 0351 / 4881501
TKuebler@Dresden.DE

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Pressemitteilung, 8.2.2021

Der grobe Gottlieb zu Dannenwalde

Was einen flüchtigen Strafgefangenen mit einer toten Preußenkönigin und sowjetischen Raketen verbindet.

Gleichsam am Ausgang des sogenannten Fürstenberger Zipfels, bis Ende 1933 zu Mecklenburg-Strelitz und seit Mitte 1950 zu Brandenburg gehörend, liegt das ehemalige Gutsdorf Dannenwalde. Der nebst Tornow südlichste mecklenburgische Ort, 1890 erstmals an der 200-Einwohner-Marke kratzend, zeigt auf dem Ansichtskartenmarkt verblüffende Präsenz. Dafür genügten im Grunde vier seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aufgenommene Fotomotive: das ganz gern als Schloss bezeichnete Guts- oder Herrenhaus, gefolgt von – in dieser Reihenfolge – Gastwirtschaft und neugotischer Oktogon-Kirche, und schließlich das 1877 errichtete Bahnhofsgebäude.

Die Häufigkeit des Gasthof-Motivs mag zunächst irritieren, aber das ändert sich bei genauerem Hinsehen. Denn die Ansichtskarten ließen den jeweiligen Dorfkrug-Inhaber nicht ungenannt: W. Albrecht, O. Günther, H. Lordain und Fritz Rickmann. Zumindest letzterer nannte sein mit drei verschiedenen Aufnahme-Perspektiven vertretenes Haus, vor welchem Hintergrund auch immer, „Der grobe Gottlieb“ und warb überdies mit „Gute Küche, solide Preise“.


Abb.: Dannewalde – Dorfstraße mit Gasthof (Foto: Landeshauptarchiv Schwerin: LHAS, 13.2-5, Nr. 1/170)

„Werbung“ ist dann wohl das Stichwort für die Präsenz der Wirtschaft auf den im Übrigen von verschiedenen Verlagen produzierten Ansichtskarten – die Inhaber nutzten sie für Werbezwecke. Einem der Verleger unterlief in der Herstellung ein vermutlich flüchtiger und dennoch schwerwiegender Fehler, aus dem sich diese „Archivalie des Monats Februar“ des Landeshauptarchivs Schwerin letztlich speist.

Die Buchbinderei und Papierhandlung Paul Fielitz in Fürstenberg vergaß ein „n“ zu setzen, so dass deren undatierte Postkarte nicht Dorfstraße und Gasthof im mecklenburgischen „Dannenwalde“ zeigte, sondern in einem nicht zu lokalisierenden „Dannewalde“! Über eventuelle Konsequenzen lässt sich lediglich spekulieren, aber das Wirtshaus bietet dann doch mehr als nur die Folie für ein Kuriosum. Einerseits stellte es zumindest 1925 ein Kunst- und Geschichtsdenkmal des Freistaates Mecklenburg-Strelitz dar, fand es sich doch mit Foto im gleichnamigen Kompendium des Stargarder Kirchenrates Georg Krüger wieder, im Übrigen neben bzw. nach der erwähnten Dorfkirche und dem Herrenhaus. Andererseits war der Dorfkrug am Morgen des 7. November 1850 nichts weniger als ein Schauplatz von National-, wenn nicht gar von Weltgeschichte. Und zwar weder erst- noch letztmalig.

Denn zum einen war er am 25. Juli 1810 der letzte mecklenburgische Ort bei der Überführung des Leichnams der am 19. Juli mit nur 34 Jahren in Hohenzieritz verstorbenen preußischen Königin Luise geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, deren antinapoleonischer Patriotismus sie bereits zu Lebzeiten zur Ikone und nach ihrem Tod zum Mythos werden ließ, nach Berlin-Charlottenburg. Allerdings widersprechen sich die Quellen, ob der Wechsel von einer Strelitzer auf eine preußische Eskorte im mecklenburgischen Dannenwalde oder im preußischen Fischerwall – je keinen halben Kilometer entfernt von der über den sogenannten Wentow-Kanal zwischen Kleinem und Großen Wentow-See verlaufenden mecklenburgisch-preußischen Grenze – stattfand. Auf der einst preußischen Seite erinnert jedenfalls ein 1811 errichteter, 1910 restaurierter und 2002 sanierter Gedenkstein an das Geschehen.

Und zum anderen hätte am 14. August 1977 von Dannenwalde aus, seit 1952 dem DDR-Bezirk Potsdam zugehörig und damit letztlich nicht einmal mehr brandenburgisch, gut und gern ein dritter Weltkrieg seinen Lauf nehmen können. Vermutlich von einem Blitzschlag ausgelöst flogen zwischen 14.00 und 19.45 Uhr dort stationierte sowjetische Katjuscha-Raketen unkontrolliert da durch die Luft, wo auch Kern- oder chemische Waffen vermutet wurden. Zum Ärgsten kam es nicht, es ließen „nur“ 70 Angehörige der Roten Armee ihr Leben und zivile Sachschäden in Höhe von 37.000 DDR-Mark fielen an. Ob davon auch die nunmehrige Konsum-Gaststätte „Alter Dorfkrug“, wie der „grobe Gottlieb“ in der DDR hieß, betroffen bzw. zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch existent war, ist gegenwärtig nicht geläufig.

Doch zurück zur Weltgeschichte, die am 7. November 1850 kurz in Dannenwalde rastete. Die Deutsche Revolution von 1848/49 formte manchen Biedermann zum politisch Radikalen, so auch den Bonner Universitätsprofessor für Kunst-, Literatur- und Kulturgeschichte Gottfried Kinkel. Als Teilnehmer am Sturm auf das Siegburger Zeughaus und am Badischen Aufstand geriet er in die Fänge der preußischen Justiz, die sich mit einer lebenslangen Zuchthausstrafe revanchierte. Allerdings war diese Rechnung ohne den ehemaligen Studenten Carl Schurz gemacht, der seinen Professor in der Nacht vom 6. auf den 7. November spektakulär aus der Festung Spandau befreite. Sie entwichen gen Norden, „bis die Flüchtlinge die Strelitzsche Grenze bei Dannenwalde erreichten. Sie atmeten hoch auf, als sie das mecklenburgische Wappen erblickten. Die dringendste Gefahr war überstanden. In Dannenwalde machten sie kurze Rast. Der Gastwirth daselbst hat später gerichtlich ausgesagt, daß am 7. November Morgens 8 Uhr zwei Fremde in einer Chaise mit zwei dunklen abgetriebenen Pferden bei ihm angekommen wären. […]. Von Dannenwalde fuhren die Flüchtlinge in langsamerem Tempo nach der Strelitzschen Stadt Fürstenberg, wo sie anhalten und ausspannen mußten, weil die Pferde keinen Schritt mehr vorwärts konnten.“

So beschrieb es später der Rostocker Anwalt Moritz Wiggers, der beiden zu einem Schiff ins sichere England verhalf. Gottfried Kinkel reüssierte dann in England und der Schweiz, Carl Schurz in den USA – als Lincolns Botschafter in Spanien, als Unions-General im Bürgerkrieg, als Senator für Missouri und als Innenminister.

Kontakt:
Landeshauptarchiv Schwerin
Graf-Schack-Allee 2
19053 Schwerin
Tel.: 0385 / 588791 11
Fax: 0385 / 588794 12
poststelle@lakd-mv.de

Quelle: Dr. Matthias Manke, Landeshauptarchiv Schwerin, Archivalie des Monats Februar 2021

Vor 75 Jahren Naturkatastrophe von unfassbarem Ausmaß durch Hochwasser in Gütersloh

„Eine Naturkatastrophe von noch nicht übersehbaren Ausmaßen suchte unsere schöne Heidestadt heim“, so beschrieb ein Gütersloher Autor am Sonntag, 10. Februar 1946 die Katastrophe, die Gütersloh am Freitagabend, 8. Februar 1946 heimsuchte. Im Gütersloher Stadtarchiv ist dieses Ereignis kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs dokumentiert, an das sich ältere Gütersloher und Gütersloherinnen noch lebhaft erinnern.

Dämme rissen – Mauern wurden niedergedrückt
Als in den Abendstunden des 8.2.1946 wegen erhöhter Hochwassergefahr die Sirenen anschlugen, versammelten sich spontane Hilfstrupps, um das Schlimmste zu verhindern. Auch die in Gütersloh nach dem Krieg als Besatzungsmacht stationierten Briten und die “Deutsche Arbeitshilfe” packten mit an. Mauern wurden eingerissen, Abwassergräben gegen die immer größer werdende Wasserflut geschaufelt und Keller besonders gefährdeter Häuser leergeräumt, um wenigstens das Wichtigste in Sicherheit zu bringen. Aber mit dem Tempo des immer schneller ansteigenden Wassers konnten die Kolonnen auf Dauer nicht mithalten. Dämme rissen, Mauern wurden niedergedrückt und Brücken brachen unter den Wassermassen zusammen.

Durch die weit über die Ufer getretene Dalke war die Innenstadt schnell vom restlichen Stadtgebiet abgeschnitten, heißt es in den Quellen des Stadtarchivs Gütersloh. Die Bewohner und Bewohnerinnen der überfluteten Häuser versuchten sich mit Hilfe der aus Holz und leeren Kanistern zusammengezimmerten Boote in Sicherheit zu bringen.


Abb.: Die Dalkeüberschwemmung (hier an der Neuenkirchener Straße Ecke Dammstraße) im Jahr 1946 hatte teils verheerende Ausmaße (Foto: Stadt Gütersloh)

Großer Schaden durch Wassermassen
Wie sich schnell herausstellte, war der durch die Wassermassen entstandene Schaden immens. Lebensmittel und wertvolles Saatgut waren vernichtet, Keller komplett vollgelaufen, Häuser nicht mehr bewohnbar und die Schäden an Straßen, Brücken und Kanälen fast unüberschaubar – das ein dreiviertel Jahr nach Ende des Krieges, der auch in Gütersloh Tod und Zerstörung gebracht hatte. So lagen unter anderem der Bahnhof und die Blessenstätte in Schutt und Asche. Aber nicht nur die Gegend rund um die Dalke wurde schwer vom Hochwasser getroffen. Auch das nördlich gelegene Areal rund um den Schlangenbach wurde nicht verschont. Hier kam es durch die Überschwemmungen zu massiven Schäden an den überwiegend landwirtschaftlich genutzten Flächen.

„An größeren eingestürzten Brückenbauwerken ist die im Zuge der Reichsstraße 61 am Westring liegende Dalkebrücke und die im Zuge der Rhedaer Straße über die Wapel führende Brücke zu nennen. Bei dem Einsturz der Brücke am Westring ist auch der unter der Dalke liegende gedükerter (unterirdischer) Schmutzwasserkanal beschädigt und zum Teil vom Hochwasser fortgerissen.“ So geht es aus einem Schreiben der Gütersloher Verwaltung an den Regierungspräsidenten in Minden hervor. Es folgt eine vorsichtig in Reichsmark ausgedrückte Aufstellung der bis März festgestellten Schäden.

Die Dalke war an verschiedenen Stellen in einem solchen Ausmaß über die Ufer getreten, dass im Zentrum liegende Straßenzüge komplett unter Wasser gesetzt wurden. Hausbewohner, die sich nicht mit selbstgezimmerten Booten haben in Sicherheit bringen können, waren in ihren Häusern eingeschlossen. Das an der Dalke liegende Hospital (Elisabeth Hospital) wurde derart beschädigt, dass für die Patienten „Notspeisungen“ vorgenommen werden mussten.

Auch in den darauffolgenden Jahrzehnten ist es immer mal wieder zu Überschwemmungen gekommen. Eine derartige Überflutung wie 1946 ist heutzutage allerdings – dank Hochwasserschutz – nicht mehr vorstellbar. Rund um die Dalke wurden in den letzten Jahren große Renaturierungsflächen geschaffen, zum Beispiel am Ruhenstroths Weg oder im Westen der Stadt. Hier hat das Wasser deutlich mehr Platz, sich auszuweiten.

Kontakt:
Stadtarchiv Gütersloh
Stephan Grimm
Moltkestraße 47
33330 Gütersloh
Tel.: 05241 / 82-2302
stephan.grimm@guetersloh.de

Quelle: Stadt Gütersloh, Aktuelle Meldungen, 4.2.2021

Vor 75 Jahren erste Sitzung der von der britischen Militärregierung ernannten Aachener Stadtvertretung

Am 5.2.1946 trat die von der britischen Militärregierung ernannte Stadtvertretung im Sitzungssaal der Handwerkskammer in der Couvenstraße erstmals zusammen. In dieser ersten Sitzung wurde Ludwig Kuhnen (4.11.1876 – 4.11.1955), der am 1.2.1946 von der britischen Militärregierung zum ehrenamtlichen Oberbürgermeister ernannt worden war, in sein Amt eingeführt.

Die erste Seite des gedruckten Protokolls der Sitzung vom 5. Februar 1946 stellt das Aachener Stadtarchiv als Archivalie des Monats Februar vor.


Abb.: Erste Seite des gedruckten Protokolls der Sitzung vom 5. Februar 1946 aus dem Stadtarchiv Aachen

Kuhnen, geboren im rheinländischen Kempen und von Beruf Journalist, war 1918 Mitglied im Aachener Arbeiter- und Soldatenrat, wurde Gewerkschafter und Sozialdemokrat; von Juli 1920 bis Oktober 1932 war er gewählter besoldeter Beigeordneter der Stadt Aachen. Nach dem Krieg war Kuhnen vor seiner Ernennung zum Oberbürgermeister erneut zum Beigeordneten bestimmt worden, zusätzlich wurde ihm die Leitung des Ernährungs- und Wirtschaftsamtes sowie des Amtes für Wirtschaftskonzessionen (seit 2.11.1945) übertragen.

Die ernannte Stadtvertretung bestand am Tag ihres Zusammentritts aus Kuhnen als Vorsitzendem, dazu kamen 41 ernannte Mitglieder und acht Angehörige der Stadtverwaltung. Bei der Zusammensetzung hatte die Militärregierung versucht, alle politischen Interessen zu berücksichtigen; neben drei Hausfrauen waren Arbeiter, Angestellte, Unternehmer, Kaufleute, Handwerker und Handwerksmeister, aber auch Akademiker und Landwirte vertreten.

Die Sitzung eröffnete Oberstleutnant G. F. Parrott, seit Juni 1945 britischer Kreis-Resident-Officer für den Stadtkreis, der sich mit einer Ansprache an die Anwesenden wandte. Er betonte: „… einzeln vertreten Sie verschiedene Parteien, Organisationen und Interessen innerhalb der Bürgerschaft Aachens, gemeinsam werden Sie die kommunale Verwaltungskörperschaft bilden; eine große Verantwortung liegt vor Ihnen, denn dies ist die erste Phase einer eigenen demokratischen und freien Regierung für Deutschland; auf Ihnen ruht die Verantwortung und Hoffnung für die Zukunft, Sie dürfen bei diesem höchst bedeutsamen Schritt vorwärts nicht versagen.“ Auch kündigte er Wahlen an – die erste Wahl der Stadtvertretung fand am 13.10.1946 statt –, vorsorglich wurden die Stadtvertreter aber für drei Jahre ernannt. Auch gab Parrott der Stadtvertretung grundlegende organisatorische Rahmenbedingungen an die Hand, die von der Militärregierung vorgegeben worden waren und in die neue Satzung der Stadt Aachen einfließen mussten, die am 19.2.1946 verabschiedet werden sollte.

In dieser ersten Sitzung folgten Ansprachen des Oberbürgermeisters Kuhnen und des Regierungspräsidenten Ludwig Philipp Lude (1895-1961), gefolgt von Ansprachen der Ratsherren und Ratsdamen – im damaligen Duktus des Protokolls mit z. B. „Ratsherr Frau Pascher“ benannt.

Oberbürgermeister Kuhnen appellierte in seiner Rede an die Versammlung, den Blick nach vorne zu richten, ohne die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft zu vergessen: „Ferner eine dringende Mahnung an die Frauen und Mütter: Erzieht Eure Kinder im Geiste des Friedens und der Völkerversöhnung. Helft mit ausrotten, was eine verkehrte und verbohrte Diktatur und Führerschicht in die Herzen der Kinder eingepflanzt hat. … Die Gangster eines Nationalsozialismus, die sich in großsprecherischer Weise ‚Führer des deutschen Volkes‘ schimpften, haben uns so oft erklärt, daß sie uns die Ehre und die Freiheit bringen wollten; in Wahrheit haben sie uns beides geraubt.“

Kontakt:
Stadtarchiv Aachen
Reichsweg 30 (Nadelfabrik)
52068 Aachen
Tel.: 0241 / 4324972
Fax: 0241 / 4324979
stadtarchiv@mail.aachen.de

Quelle: Stadtarchiv Aachen, Neuigkeiten, Rat der Stadt Aachen und Ausschüsse ab 1945, 29.1.2021

Buntpapier im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen

Als Archivalie des Monats Februar stellt das Stadtarchiv Villingen-Schwenningen das für Einbände von Büchern und Schriften verwendete Buntpapier vor.

Das erste Buntpapier entstand bereits Ende des 8. Jahrhunderts in Japan (Suminagashi-Papier). Über Persien und die Türkei kam das Buntpapier um 1600 nach Europa. Es muss nicht unbedingt bunt sein. Es gibt auch einfarbige, sogar weiße Papiere. Ihnen allen ist gemeinsam, dass nach der Herstellung des Rohpapiers, dessen Oberfläche mit Farbe bestrichen, getränkt oder geprägt wird. Das Material wurde und wird für verschiedene Zwecke benutzt: Schachteln, Objekte, Tapeten, Einbände, Buchvorsätze etc.


Abb.: Buntpapier ist auch im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen zu finden. Verschiedene Bücher und Schriften wurden mit dem hochwertigen Papier eingebunden (Foto: Stadtarchiv Villingen-Schwenningen).

Im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen finden sich die beiden letzten Anwendungen in großer Zahl. Vor allem Amtsbuchserien aber auch Titel der Wissenschaftlichen Spezialbibliothek des Stadtarchivs sind mit Buntpapier verschönert. Bei den Techniken sind vor allem Kleisterpapiere und marmorierte Papiere vertreten.

Die Grundlage der Kleisterpapiere bildet Kleister auf Stärke-, seltener auch auf Cellulosebasis. Ein Trägerpapier wird – meist vollständig – mit eingefärbtem Kleister bedeckt und anschließend ggf. noch mit einem Dekor versehen. Auch das Bedrucken mit Stempeln oder Modeln (Hohlform) war sehr beliebt. Die durch Wischen erzeugten Muster sind schwungvoll und bieten häufig reizvolle Farbeffekte.

Das Dekor von marmorierten Papieren entsteht durch das Aufbringen von flüssigen Farben auf den sogenannten Marmoriergrund. Die Farben können aufgetropft oder gesprüht und anschließend noch mit Nadeln oder Kämmen verzogen werden. Durch Auflegen eines Bogens Papiers auf den „Farbteppich“ wird das Dekor auf das Papier übertragen. Es gibt u. a. Steinmarmor-, Kamm-Marmor- und Wellenmarmorpapier. Bevor die städtischen Amtsbücher in Buntpapier eingebunden wurden, verwendete man Pergamente.

Nähere Informationen zu diesem Thema findet man in:
Mittelalterliche Einbandfragmente aus dem Stadtarchiv Villingen-Schwenningen. Edith Boewe-Koob, Villingen-Schwenningen: Verlag der Stadt 2018, 154 Seiten, ISBN 978-3-939423-30-0, 19,50 Euro
(erhältlich im Onlineshop des Stadtarchivs oder im Buchhandel) sowie auf der entsprechenden Seite über ‚Buntpapier‚ im Internet.

Kontakt:
Amt für Archiv und Schriftgutverwaltung
Winkelstraße 7, Bau D, 3. OG
78056 Villingen-Schwenningen
Abteilung Stadtarchiv
Lantwattenstraße 4
78050 Villingen-Schwenningen
Tel.: 07721 / 82-1810 und 07721 / 82-1817
stadtarchiv@villingen-schwenningen.de

Postanschrift:
Postfach 12 60
78002 Villingen-Schwenningen

Quelle: Stadtarchiv Villingen-Schwenningen, Aktuelles, Februar 2021

Amerikaner in Wiesbaden von 1945 bis 1963

Die Innenwelt der Außenwelt.

Das Stadtarchiv Wiesbaden zeigt bis zum 12. März 2021 eine virtuelle Ausstellung, die unter dem Titel „Amerikaner in Wiesbaden 1945 bis 1963. Die Innenwelt der Außenwelt“ die deutsch-amerikanischen Beziehungen in der hessischen Landeshauptstadt zwischen 1945 und 1963 in den Blick nimmt. Anhand von Fotografien, Alltagsgegenständen und Dokumenten aus dem Stadtarchiv Wiesbaden, die Kurator Georg Habs mit erklärenden Texten versehen hat, wird gezeigt, wie das amerikanische Leben in Wiesbaden funktionierte, wie sich das deutsch-amerikanische Verhältnis von den Nachkriegsjahren bis zum „Wirtschaftswunder“ wandelte und welch entscheidenden Beitrag amerikanische Hilfen wie der Marshallplan zum Wiederaufbau des zerstörten Westdeutschlands leisteten. Auch Exponate, die der deutsch-amerikanische Historiker Dr. John Provan aus seiner Privatsammlung zur Verfügung gestellt hat, sind zu sehen.


Abb.: Das Foto zeigt die Bowling Bahn in der Lindsey Air Station 1950 aus der Sammlung von Dr. John Provan (Foto: Dr. John Provan / wiesbaden.de)

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind amerikanische Truppen in Wiesbaden stationiert. Der Lebensstil der US-Soldaten und bald auch ihrer Familien prägte das Stadtbild in der Nachkriegszeit entscheidend mit. Seitdem gibt es dort zwei Parallel-Welten – »Little America« und das deutsche Wiesbaden.


Abb.: Die Amerikanerin Violet Morley neben einem brandneuen Cadillac in der Wiesbadener Virginia Straße 33, 1959 (Quelle: Sammlung Mike Leonard)


Abb.: Fahrzeuge anderer Art vor dem Hauptbahnhof, 1959 (Quelle: Stadtarchiv Sig. NE 001170, Foto Hans A. Scheffler)

Was für die einen die „Außenwelt“ darstellt, ist für die anderen die eigene „Innenwelt“. Die Freiheiten und Annehmlichkeiten, die Herausforderungen und Belastungen, die für Menschen hier wie dort bestehen, sind höchst unterschiedlich. Trotz der Zugangsbarrieren treffen die Einwohner dieser Parallel-Welten bei bestimmten Gelegenheiten aufeinander – bei der Arbeit, bei gemeinsamen Festen, beim Einkauf.


Abb.: Bewachtes Haupttor zur Lindsey Air Station, 1949 (Quelle: Sammlung Dr. John Provan)

Diese unmittelbaren Begegnungen sprechen für sich, offenbaren aber wenig von der Lebenswelt der anderen. Das ist heute so und war früher nicht anders. – Den einen oder anderen Blick auf die Realität hinter trennende Zäune zu riskieren, ist ein Angebot an alle Neugierigen. Auch dem wechselseitigen Verständnis kann solch genaues Hinsehen nur gut tun. Deshalb gibt es diese virtuelle Ausstellung zu den Anfangszeiten der Deutsch-Amerikanischen Beziehungen in Wiesbaden.

Die beiden unterschiedlichen Kulturen beeinflussten sich einander auf örtlicher Ebene. Eingebettet war dieses Wiesbadener Mit- und Nebeneinander in die allgemeinen Zeitläufe sowie die „große Politik“ der USA und der sich nach und nach herausbildenden Bundesrepublik Deutschland. Das eine ist ohne das andere nicht zu verstehen. Die Rückschau endet 1963. Nach dem Deutschland-Besuch und der Ermordung des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, blieb nichts, wie es war.


Abb.: Von John F. Kennedy an Oberbürgermeister Georg Buch überreichtes Porträtfoto, 1963 (Quelle: Stadtarchiv Wiesbaden Sig. 16072)

Die historische Zäsur war tief. Von dem „Danach“ zu erzählen, wäre Aufgabe einer weiteren Ausstellung.

Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 42
65197 Wiesbaden
Tel.: 0611 / 31-3329 und 0611 / 31-3747
Fax: 0611 / 31-3977
stadtarchiv@wiesbaden.de

Quelle: Veranstaltungen Stadtarchiv Wiesbaden; Konzept der Ausstellung

Stadtarchiv Landau dokumentiert abgängiges Kaufhof-Gebäude

Erhalten, ordnen, verzeichnen und vermitteln: Das sind die Aufgaben des Landauer Stadtarchivs. Aktuell geht Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer einer ganz besonderen Tätigkeit nach. Mit der Kamera bewaffnet dokumentiert sie das Innere des Kaufhof-Gebäudes, das ab Anfang März 2021 abgerissen werden soll, und hält dieses so für die Nachwelt fest.


Abb.: Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer bei fotografischen Dokumentationsarbeiten (Foto: Stadt Landau, MRN-News.de)

„Der Kaufhof war lange Jahre stadtbildprägend für die östliche Innenstadt und viele Menschen verbinden ganz persönliche Geschichten mit dem Geschäft, sei es die erste Cola, das Softeis samstags mit der Familie oder auch die Fahrt mit den ersten und lange einzigen Rolltreppen in der Stadt“, fasst die Stadtarchivarin zusammen.


Abb.: Auch das ist ein Stück Stadtgeschichte: Der Blick aus einem der oberen Stockwerke des maroden Kaufhof-Gebäudes in Landau (Foto: Stadt Landau)

Ihr besonderes Interesse auf Foto-Tour gilt „Originalteilen“ aus den 60er Jahren, als der Landauer Kaufhof eröffnet wurde, etwa alten Treppenläufen. Kohl-Langers Aufnahmen werden im Stadtarchiv Landau in der Maximilianstraße – und damit in unmittelbarer Nähe des Kaufhof-Gebäudes – verwahrt. Auch gibt es Pläne, täglich ein Foto vom Fortgang der Abrissarbeiten zu schießen, um auch dieses Stück Stadtentwicklung zu dokumentieren. An die Stelle des alten, maroden Gebäudes soll zukünftig ein moderner Mix aus Wohnen, Arbeiten und Einkaufen treten.

Vergessen wird der alte Kaufhof aber nicht: Dafür sorgen Christine Kohl-Langer und ihr Team. Das Stadtarchiv als zentrale Dokumentationsstelle ist das „historische Gedächtnis“ der Stadt Landau. Es umfasst über 500 laufende Meter Schriftgut, darunter Akten, Urkunden, Karten, Pläne, Rats- und Gerichtsprotokolle, Tauf-, Ehe- und Sterberegister, Plakate, Bildträger, Zeitschriften und Zeitungen.

Kontakt:
Stadtarchiv Landau
Christine Kohl-Langer
Maximilianstraße 7
76829 Landau in der Pfalz
Tel.: 06341 / 13-4202
Fax: 06341 / 13-4209
archiv-und-museum@landau.de

Quelle: Stadt Landau, Pressemitteilung, 27.1.2021; MRN-NEWS.de – Aktuelle Nachrichten, Videos und Events für die Metropolregion Rhein-Neckar, 27.1.2021