Die Kooperation des Stadtarchivs Pforzheim und des französischen Vereins „Les Amis de Pforzheim“ soll die Erinnerung an Pforzheimer Zwangsarbeiter aus den Vogesen wachhalten.
Unter den Tausenden Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Pforzheim zur Arbeit gezwungen und ausgebeutet wurden, zählte auch eine Gruppe von über 600 Franzosen. Sie wurden am 8./9. November 1944 aus den Vogesendörfern La Bresse, Cornimont und Ventron deportiert und nach Pforzheim verschleppt, wo sie in der Stadt und im Umland in Rüstungsfabriken, der Stadtverwaltung, im Forst, bei Bauern und Handwerkern bis März 1945 schwerste Arbeit unter unmenschlichen Bedingungen leisten mussten. 18 von ihnen wurden beim Luftangriff am 23.2.1945 getötet. Weitere fünf verstarben an den Folgen oder aus anderen Ursachen.
Alljährlich am 23. Februar wird in Pforzheim der Zerstörung Pforzheims im Zweiten Weltkrieg, die mehr als 17.600 Menschen das Leben kostete, gedacht. Auch in diesem Jahr legte Oberbürgermeister Peter Boch im Namen der Bürgerschaft Pforzheims in würdigem Gedenken an alle Opfer des Krieges einen Kranz nieder. Das Gedenken wurde mit weiteren Kränzen unter anderem aus den Vogesengemeinden La Bresse, Cornimont und Ventron gewürdigt.
Abb.: Kranzniederlegung, v.l. Pfarrer Georg Lichtenberger, Oberbürgermeister Peter Boch und Dekanin Christiane Quincke (Foto: Stadt Pforzheim, Ella Martin)
Inzwischen besteht seit vielen Jahrzehnten ein freundschaftlicher Austausch zwischen der Stadt Pforzheim und den Vogesengemeinden, die von Verbindungen der Deutsch-Französischen-Gesellschaft Pforzheim und dem französischen Verein „Les Amis de Pforzheim“ begleitet werden. Aus diesen Kontakten ist im Jahr 2020 ein Projekt entstanden, das die wenigen erhaltenen Quellen zu den französischen Zwangsarbeitern im Pforzheimer Stadtarchiv durch Dokumente der Betroffenen und ihrer Familien ergänzt. Im September 2020 besuchte Christian Claudel aus La Bresse das Stadtarchiv.
Abb.: Mit Unterstützung der Deutsch-Französischen-Gesellschaft zu Besuch im Stadtarchiv: Christian Claudel aus La Bresse mit Bernhilde Starck von der DFG (l.) und Archivleiterin Klara Deecke (Foto: Stadt Pforzheim; Eugen Schüle)
Er übergab u. a. die verschriftlichten Erinnerungen seines Onkels an die Zwangsarbeit sowie die Kopie eines Schreibens der Pforzheimer Schmuckfirma E. G. Bek, in der die letzten Stunden eines der am 23. Februar 1945 getöteten Zwangsarbeiter geschildert werden. Bei einer anschließenden Archivführung mit Quellen zur Zwangsarbeit sowie detaillierten Recherchen konnten auch Informationen ermittelt werden, die den Nachfahren von Zwangsarbeitern in La Bresse noch nicht bekannt waren.
Abb.: Auf den Spuren französischer Zwangsarbeiter in Pforzheim: Stadtarchiv-Praktikantin Fabienne Bitz zeigt Christian Claudel zeitgenössische Dokumente zur Zwangsarbeit in Pforzheim (Foto: Stadt Pforzheim; Klara Deecke)
Eine Exkursion zur Bek’schen Fabrikvilla in der Schwarzwaldstraße sowie zum Schützenhaus in Büchenbronn, in dem zahlreiche zur Zwangsarbeit im Wald herangezogene Männer aus den Vogesen einquartiert waren, ergänzten den Besuch im Stadtarchiv.
Abb.: Im Schützenhaus Büchenbronn waren einige der aus den Vogesen verschleppten Zwangsarbeiter untergebracht, die im Forst arbeiten mussten (Foto: Stadt Pforzheim; Klara Deecke)
Nach dem arbeitsintensiven, aber ergebnisreichen Treffen waren sich die Kooperationspartner einig: Die Zusammenarbeit und der Austausch von Archivdokumenten sollen fortgesetzt werden.
Kontakt:
Stadtarchiv Pforzheim – Institut für Stadtgeschichte
Dr. Klara Deecke
Kronprinzenstr. 28
75177 Pforzheim
Tel.: 07231 / 39-2898
klara.deecke@pforzheim.de
Quelle: Stadtarchiv Pforzheim, Aktuelles, 09.02.2021; Stadt Pforzheim, Pressemeldung, 23. Februar 2021