Vor 75 Jahren Naturkatastrophe von unfassbarem Ausmaß durch Hochwasser in Gütersloh

„Eine Naturkatastrophe von noch nicht übersehbaren Ausmaßen suchte unsere schöne Heidestadt heim“, so beschrieb ein Gütersloher Autor am Sonntag, 10. Februar 1946 die Katastrophe, die Gütersloh am Freitagabend, 8. Februar 1946 heimsuchte. Im Gütersloher Stadtarchiv ist dieses Ereignis kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs dokumentiert, an das sich ältere Gütersloher und Gütersloherinnen noch lebhaft erinnern.

Dämme rissen – Mauern wurden niedergedrückt
Als in den Abendstunden des 8.2.1946 wegen erhöhter Hochwassergefahr die Sirenen anschlugen, versammelten sich spontane Hilfstrupps, um das Schlimmste zu verhindern. Auch die in Gütersloh nach dem Krieg als Besatzungsmacht stationierten Briten und die “Deutsche Arbeitshilfe” packten mit an. Mauern wurden eingerissen, Abwassergräben gegen die immer größer werdende Wasserflut geschaufelt und Keller besonders gefährdeter Häuser leergeräumt, um wenigstens das Wichtigste in Sicherheit zu bringen. Aber mit dem Tempo des immer schneller ansteigenden Wassers konnten die Kolonnen auf Dauer nicht mithalten. Dämme rissen, Mauern wurden niedergedrückt und Brücken brachen unter den Wassermassen zusammen.

Durch die weit über die Ufer getretene Dalke war die Innenstadt schnell vom restlichen Stadtgebiet abgeschnitten, heißt es in den Quellen des Stadtarchivs Gütersloh. Die Bewohner und Bewohnerinnen der überfluteten Häuser versuchten sich mit Hilfe der aus Holz und leeren Kanistern zusammengezimmerten Boote in Sicherheit zu bringen.


Abb.: Die Dalkeüberschwemmung (hier an der Neuenkirchener Straße Ecke Dammstraße) im Jahr 1946 hatte teils verheerende Ausmaße (Foto: Stadt Gütersloh)

Großer Schaden durch Wassermassen
Wie sich schnell herausstellte, war der durch die Wassermassen entstandene Schaden immens. Lebensmittel und wertvolles Saatgut waren vernichtet, Keller komplett vollgelaufen, Häuser nicht mehr bewohnbar und die Schäden an Straßen, Brücken und Kanälen fast unüberschaubar – das ein dreiviertel Jahr nach Ende des Krieges, der auch in Gütersloh Tod und Zerstörung gebracht hatte. So lagen unter anderem der Bahnhof und die Blessenstätte in Schutt und Asche. Aber nicht nur die Gegend rund um die Dalke wurde schwer vom Hochwasser getroffen. Auch das nördlich gelegene Areal rund um den Schlangenbach wurde nicht verschont. Hier kam es durch die Überschwemmungen zu massiven Schäden an den überwiegend landwirtschaftlich genutzten Flächen.

„An größeren eingestürzten Brückenbauwerken ist die im Zuge der Reichsstraße 61 am Westring liegende Dalkebrücke und die im Zuge der Rhedaer Straße über die Wapel führende Brücke zu nennen. Bei dem Einsturz der Brücke am Westring ist auch der unter der Dalke liegende gedükerter (unterirdischer) Schmutzwasserkanal beschädigt und zum Teil vom Hochwasser fortgerissen.“ So geht es aus einem Schreiben der Gütersloher Verwaltung an den Regierungspräsidenten in Minden hervor. Es folgt eine vorsichtig in Reichsmark ausgedrückte Aufstellung der bis März festgestellten Schäden.

Die Dalke war an verschiedenen Stellen in einem solchen Ausmaß über die Ufer getreten, dass im Zentrum liegende Straßenzüge komplett unter Wasser gesetzt wurden. Hausbewohner, die sich nicht mit selbstgezimmerten Booten haben in Sicherheit bringen können, waren in ihren Häusern eingeschlossen. Das an der Dalke liegende Hospital (Elisabeth Hospital) wurde derart beschädigt, dass für die Patienten „Notspeisungen“ vorgenommen werden mussten.

Auch in den darauffolgenden Jahrzehnten ist es immer mal wieder zu Überschwemmungen gekommen. Eine derartige Überflutung wie 1946 ist heutzutage allerdings – dank Hochwasserschutz – nicht mehr vorstellbar. Rund um die Dalke wurden in den letzten Jahren große Renaturierungsflächen geschaffen, zum Beispiel am Ruhenstroths Weg oder im Westen der Stadt. Hier hat das Wasser deutlich mehr Platz, sich auszuweiten.

Kontakt:
Stadtarchiv Gütersloh
Stephan Grimm
Moltkestraße 47
33330 Gütersloh
Tel.: 05241 / 82-2302
stephan.grimm@guetersloh.de

Quelle: Stadt Gütersloh, Aktuelle Meldungen, 4.2.2021

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