Zum 17.6.2021 wird die Verantwortung für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der ehemaligen DDR von der BStU an das Bundesarchiv übergehen. Damit ist keine physische Verlagerung verbunden: Die Akten des MfS und der Stasi-Bezirksverwaltungen Berlin und Potsdam verbleiben an ihrem derzeitigen Aufbewahrungsort in Berlin-Lichtenberg.
Abb.: Eingang zum Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin-Lichtenberg (Foto: BStU / Mulders)
Auch das Recht auf Akteneinsicht für Betroffene, öffentliche Stellen und historische Aufarbeitung bleibt unverändert. Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 19.11.2020 den entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet, der die fortdauernde Anwendung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) für die Nutzung der Stasi-Unterlagen beinhaltet. Das Amt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) wird zum 17.6.2021 aufgelöst. Im Gegenzug sieht das Gesetz die Einrichtung des Amtes einer oder eines Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Bundestag vor.
In dem verabschiedeten Gesetz ist festgelegt, dass die Unterlagen der früheren Stasi-Bezirksverwaltungen an einem Archivstandort pro Bundesland zusammengeführt und dauerhaft gesichert werden. Dazu sind in Erfurt, Frankfurt (Oder), Halle, Leipzig und Rostock in den nächsten Jahren professionellen Standards genügende Archivmagazine zu errichten. Eine weitere Aufbewahrung an den bisherigen Standorten würde den Erhalt der originalen Unterlagen gefährden.
In Chemnitz, Cottbus, Dresden, Gera, Magdeburg, Neubrandenburg, Schwerin und Suhl werden die bisherigen BStU-Außenstellen als Außenstellen des Bundesarchivs weitergeführt bzw. neu eingerichtet. Sie sollen eng in die regionale Gedenkstättenlandschaft eingebunden werden, Anträge auf Einsichtnahme in die Unterlagen bearbeiten und sich in die historische Bildungsarbeit einbringen.
Bis zum 17.6.2021 sind Anträge auf Einsichtnahme in Stasi-Akten weiterhin ausschließlich an die BStU-Behörde zu richten. Das Bundesarchiv wird die bereits begonnene Digitalisierung der Stasi-Unterlagen weiterführen und ausbauen. Dazu soll in Berlin-Lichtenberg ein großes Digitalisierungszentrum entstehen. Durch die Digitalisierung ergibt sich perspektivisch auch die Möglichkeit der Nutzung von Stasi-Unterlagen an anderen Standorten des Bundesarchivs.
Dem Bundesarchiv steht mit dem Beschluss des Bundestag eine große Herausforderung bevor: Zu den aktuell rund 930 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesarchivs werden mehr als 1350 Kolleginnen und Kollegen der Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin und den Außenstellen hinzukommen. Die Menge des Schriftguts, das beim Bundesarchiv aufbewahrt wird, wird um ca. 110 km auf über 540 km anwachsen.
Mit der Verabschiedung des gemeinsamen Gesetzentwurfs von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen „zur Änderung des Bundesarchivgesetzes, des Stasiunterlagen-Gesetzes und zur Einrichtung einer oder eines SED-Opferbeauftragten“ ist die Zukunft des Stasi-Unterlagen-Archivs langfristig gesichert. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Roland Jahn sagte nach der Debatte: „Ich freue mich, dass der Gesamtbestand des Stasi-Unterlagen-Archivs jetzt als Teil des „Gedächtnisses der Nation“ im Bundesarchiv dauerhaft gesichert ist.“
Abb.: Roland Jahn, der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Foto: BStU)
Die Öffnung des Stasi-Unterlagen-Archivs ist eine Errungenschaft der Friedlichen Revolution und war ein weltweit erstmaliger Akt. Die Nutzung der Akten einer Geheimpolizei zur Aufklärung über die Mechanismen der SED-Diktatur und Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fand und findet eine hohe internationale Beachtung. Roland Jahn: „Die Reform garantiert die Nutzung der Stasi-Unterlagen für die Zukunft und betont den besonderen Charakter und Symbolwert des Stasi-Unterlagen-Archivs als Errungenschaft der Friedlichen Revolution mit internationaler Vorbildwirkung.“
Neu ist unter anderem, dass perspektivisch an den Standorten des Bundesarchivs in den westlichen Ländern, Koblenz, Bayreuth, Ludwigsburg oder Freiburg, Akteneinsicht möglich sein kann. Durch die im Gesetz festgeschriebene service-orientierte Quellenforschung im Stasi-Unterlagen-Archiv soll ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung und Verstetigung der Erforschung der SED-Diktatur geleistet werden. „Die Einbindung des Stasi-Unterlagen-Archivs in die Gedenkstättenlandschaft stärkt dieAufklärung über die SED-Diktatur und ist ein wichtiger Beitrag zur Sensibilisierung fürdie Werte von Freiheit und Menschenrechten“, so Roland Jahn.
Links:
- Deutscher Bundestag: Dokumente zur Entscheidung
- Michael Hollmann, Die Stasi-Unterlagen im Bundesarchiv: Vorlage des Präsidenten des Bundesarchivs für die Mitglieder des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages, 4.11.2020
- BStU in Zukunft – Fragen und Antworten auf der Website der Stasi-Unterlagen-Behörde
Kontakt:
Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU)
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Quelle: BStU, Nachricht, 19.11.2020; Bundesarchiv, Pressemitteilung, 19.11.2020