Zukunft der Stasi-Unterlagen liegt im Bundesarchiv

Den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 26.9.2019 zum „Konzept für die dauerhafte Sicherung der Stasi-Unterlagen durch Überführung des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv“ begrüßt der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, als einen nächsten Meilenstein zur Sicherung und Nutzung der Stasi-Unterlagen in der Zukunft: „Mit diesem Beschluss werden die Stasi-Unterlagen in absehbarer Zeit auch strukturell Teil des ‚Gedächtnisses der Nation‘, und es wird eine Grundlage für eine dauerhafte und zeitgemäße Nutzung dieser besonderen Dokumente geschaffen. Sie gelten den Opfern der Diktatur als Nachweis ihrer Verfolgung und sind für die Gesellschaft eine wichtige Quelle für die Erinnerung. Der Einblick in das Stasi-Unterlagen-Archiv kann über die Mechanismen der Diktatur aufklären und für die Herausforderungen der Demokratie sensibilisieren. Diese Wirkung hat das Archiv seit fast 30 Jahren ermöglicht. Es gilt nun diese Geschichte zu würdigen, die Nutzung der Stasi-Unterlagen zukunftssicher zu machen und sie für den Diskurs der nächsten Generationen zu ertüchtigen.“

Die Öffnung des Stasi-Unterlagen-Archivs war eine Errungenschaft der Friedlichen Revolution und weltweit erstmalig. Die Nutzung der Akten zur Aufklärung über die Mechanismen der SED-Diktatur und Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fand und findet eine hohe internationale Beachtung. „Gerade im 30. Jahr der Friedlichen Revolution ist ein guter Zeitpunkt gekommen, für diese wichtige Errungenschaft der Friedlichen Revolution – der Zugang zu den Akten – eine zeitgemäße Form zu finden, um diese Akten für die nächsten Generationen zur Verfügung zu stellen“, ergänzte Jahn. „Dabei ist zentral, dass der Aktenzugang unverändert möglich ist und die Erhaltung und Digitalisierung der Akten finanziell abgesichert ist. So können endlich notwendige Investitionen getätigt werden. Wichtig ist aber auch, dass die Erfahrungen, die wir mit den Bundesbeauftragten als Anwälte der Opferinteressen gemacht haben, nicht außen vorgelassen werden.“

Das Konzept legt für die Überführung des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv folgende Rahmenbedingungen fest:

  • Die Sichtbarkeit der Eigenständigkeit des Stasi-Unterlagen-Archivs mit internationaler Vorbildwirkung bleibt auch nach der Integration erhalten.
  • Das Stasi-Unterlagen-Gesetz bleibt als eigenständiges Gesetz erhalten.
  • Arbeits- und Serviceleistungen sollen verbessert werden, insbesondere Digitalisierung und archivgerechte Lagerung.
  • Zugang und Nutzung der Stasi-Unterlagen für die Gesellschaft soll verbessert werden, und die Grundlagenforschung beim Stasi-Unterlagen-Archiv wird zu einer quellenkundlichen Forschung weiterentwickelt.
  • Das Projekt der Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen wird fortgesetzt.
  • Der Standort der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg soll als „Ort deutscher Diktatur- und Demokratiegeschichte“ mit Bildungs- und Informationsangeboten der Akteure vor Ort weiterentwickelt und als Archivzentrum zur SED-Diktatur ausgebaut werden.

Der Beschluss formuliert zudem insgesamt drei noch zu treffende Entscheidungen. Neben der Weiterentwicklung des Amtes des Bundesbeauftragten soll auch die zukünftige Struktur der Außenstellen unter Einbeziehung des Bundesratsbeschlusses von 2017 konkret entschieden werden. Eine dritte Entscheidung sei zu treffen darüber, dass die Forschung über die Diktaturen des 20. Jahrhunderts in Deutschland und Europa gestärkt wird und die Schaffung eines eigenen Forschungszentrums dafür geprüft wird.

In der Beratung wurde zusätzlich die neunte Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes beschlossen, die eine Überprüfung der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und von Parlamenten auf jetziger Grundlage bis zu Jahr 2030 ermöglicht. Schließlich wurde auch der 13. Tätigkeitsbericht des BStU angenommen.

Weiterführende Links:

Zur Hinterlassenschaft der DDR-Geheimpolizei gehören 111 Kilometer Schriftgut. Ungefähr 50 Kilometer davon liegen am historischen Standort des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg. Dort werden sie bleiben. Die übrigen 61 Kilometer sind auf zwölf Archiv-Standorte in den östlichen Ländern verteilt. Keiner dieser Länder-Standorte erfüllt derzeit alle Kriterien für archivgerechte Lagerung. Zudem gibt es 15.000 Säcke mit den zerrissenen Papieren, die Stasimitarbeiter in den Wendetagen 1989 nicht mehr ganz vernichten konnten. Forscherinnen und Forscher arbeiten seit Jahren daran, diese Schnipsel zu digitalisieren und zusammenzusetzen. Auch 1,8 Millionen Fotodokumente blieben erhalten. Das Interesse an den Stasi-Unterlagen hält seit Jahrzehnten an. 45.000 Anträge auf persönliche Akteneinsicht wurden allein 2018 gestellt, seit dem Bestehen der Behörde waren es mehr als drei Millionen.

Im Bundestag haben alle Parteien (mit Ausnahme der AfD) die Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv bis Mitte 2021 befürwortet. Sowohl im Blick auf die politischen wie auf die archivfachlichen Implikationen der Stasi-Aktenüberführung bestanden in der Vergangenheit kontroverse Auffassungen. Frühere DDR-Oppositionelle befürchten u.a., dass nunmehr ein „Deckel auf die Geschichte gemacht“ werde (vgl. den Beitrag auf ZEIT online „Stasiunterlagen gehören künftig zum Bundesarchiv“).

Kontakt:
Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU)
Karl-Liebknecht-Straße 31/33
10178 Berlin
Telefon: 030 2324-50
Fax: 030 2324-7799
post@bstu.bund.de

Bundesarchiv
Potsdamer Straße 1
56075 Koblenz
Telefon: 0261 505 0
Fax: 0261 505 226
koblenz@bundesarchiv.de

Quelle: BStU, Pressemitteilung, 26.9.2019; ZEIT online, 26.9.2019

Zwei neue Veröffentlichungen des Stadtarchivs Limburg

Limburg an der Lahn hat viele interessante Gotteshäuser. Die bewegteste Geschichte hat die Kapelle in der Erbach, die nacheinander eine katholische Kirche, ein Salz- und Mineralwasserlager, eine evangelische Kirche, eine Synagoge und ein Aktenlager war und seit mehr als 70 Jahren eine evangelisch-lutherische Kirche ist. Anlässlich des Abschlusses der jüngsten Sanierungsarbeiten hielt Limburgs Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker einen Vortrag über die Geschichte der Kapelle, der nun ausgearbeitet erschienen ist. Auf 20 Seiten wird die wechselvolle Geschichte des Gotteshauses dargestellt. Das Heft begründet die neue Reihe „Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Limburg a. d. Lahn“, mit der eine Möglichkeit zur Publikation kürzerer Texte zur Stadtgeschichte geschaffen wurde.

Bibliografische Angaben:
Christoph Waldecker, Kleine Geschichte der Kapelle in der Erbach. Limburg 2019 (Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Limburg a. d. Lahn 1). 20 Seiten
Gratis erhältlich im Stadtarchiv und im Limburger Rathaus.

Als dritter Band der Reihe „Beiträge zur Geschichte der Kreisstadt Limburg a. d. Lahn“ erschien „Auf ein frohes Wiedersehen im Himmel“. Darin sind rund 260 Feldpostbriefe und Feldpostkarten des Limburgers Johann Rieth aus dem Ersten Weltkrieg. Der 1888 geborene Rieth schrieb zumeist an seine Frau und schilderte ihr seine Erlebnisse an der Westfront. Dem Leser wird deutlich, wie sehr sich seine Einstellung wandelte, von der Überzeugung, der Krieg sei notwendig hin zum brennenden Wunsch, es werde endlich Frieden geschlossen. Diesen zu erleben, war ihm nicht mehr vergönnt: Johann Rieth fiel am 4. Oktober 1917 während der dritten Flandernschlacht. Die Briefe vermitteln einen unmittelbaren Eindruck davon, was die Soldaten an der Front erleiden mussten und welche Sorgen sie sich zugleich um ihre Angehörigen in der Heimat machten. Der Leser erfährt von Kämpfen, Hunger, Dreck, Ängsten und Hoffnungen. Johann Rieths Enkelin Christa Elisabeth Rieth übertrug die oft schwer zu entziffernden Briefe in die moderne Schrift. Das Buch ist im Buchhandel sowie im Stadtarchiv Limburg erhältlich.

Bibliografische Angaben:
„Auf ein frohes Wiedersehen im Himmel“. Die Feldpostbriefe und Karten des Limburgers Johann Rieth aus dem Ersten Weltkrieg, eingeleitet und bearbeitet von Christa Elisabeth Rieth. Limburg a. d. Lahn 2019 (Beiträge zur Geschichte der Kreisstadt Limburg a. d. Lahn 3). 221 Seiten
ISBN 978-3-936162-13-4
19 Euro

Kontakt:
Stadtarchiv Limburg a. d. Lahn
Mühlberg 3
65549 Limburg
Tel. 06431/203-368
christoph.waldecker@stadt.limburg.de

Fabrikkinderarbeit in Bayern im 19. Jahrhundert

Eine kleine Lehrausstellung des Fachbereichs Archiv- und Bibliothekswesen der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern vom 24. September bis 7. November 2019, bearbeitet von Andreas Frasch

Anlässlich des Weltkindertages wurde am 24.9.2019 im Bayerischen Hauptstaatsarchiv die kleine Ausstellung „Fabrikkinderarbeit in Bayern im 19. Jahrhundert“ eröffnet. Die Ausstellung wurde im Rahmen der Ausbildung im Vorbereitungsdienst 2017/2020 für den Einstieg in der 3. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Bildung und Wissenschaft, fachlicher Schwerpunkt Archivwesen, an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern erarbeitet.

Erwerbstätigkeit von unter 14-Jährigen war in Bayern im gesamten 19. Jahrhundert Realität, etwa im Handwerk und im Dienstleistungsgewerbe, vor allem aber in der Landwirtschaft. Seit Beginn der Industrialisierung waren Kinder als billige Arbeitskräfte zudem in Fabriken beschäftigt, hierzu zählten auch Ziegeleien.

Die Ausstellung beleuchtet dieses Kapitel bayerischer Wirtschafts- und Sozialgeschichte unter den Fragestellungen: Welche Quellen geben Auskunft über Fabrikkinderarbeit in Bayern? Wie hoch war die Zahl der in bayerischen Fabriken beschäftigten Kinder? In welchen Regionen, Städten und Branchen wurden Kinder in Fabriken eingesetzt? Was waren typische Tätigkeiten, wie waren Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen? Was waren gesundheitliche Folgen der Fabrikkinderarbeit? Wie versuchte man, Arbeit und Schulbildung zu vereinbaren? Welchen Lohn erhielten Kinder für ihre Arbeit? Wie beurteilten Staat und Politik sowie verschiedene gesellschaftliche Gruppen wie Eltern, Arbeitgeber, Ärzte, Pädagogen und Kirchen die Fabrikarbeit von Kindern?

Die Exponate sind chronologisch ausgestellt – der erste Abschnitt reicht von den 1830er Jahren, als in Bayern die ersten Fabriken entstanden, bis zur Gründung des Deutschen Reichs, der zweite Abschnitt widmet sich der Zeit nach der Reichsgründung. Diese Zweiteilung entspricht der rechtlichen Zuständigkeit: Bis 1870 konnte das Königreich Bayern Kinderarbeit auf seinem Territorium selbständig regeln, danach galten in Bayern Gesetze und Verordnungen des Deutschen Reichs.

Grundsätzlich war die Beschäftigung von Kindern in Fabriken im 19. Jahrhundert die erste und einzige Form von Kinderarbeit, die vom Staat schrittweise reglementiert und eingeschränkt wurde. Dies bedeutete allerdings keineswegs ein Verbot. Erst 1903 verabschiedete der Deutsche Reichstag ein allgemeines Kinderschutzgesetz, von dem die landwirtschaftliche Kinderarbeit aber ausgeklammert war. Generell verboten wurde Kinderarbeit in der Bundesrepublik Deutschland erst durch das Jugendarbeitsschutzgesetz von 1960.

Die Ausstellung ist vom 24. September bis 7. November 2019 im Hauptgebäude des Bayerischen Hauptstaatsarchivs (Treppenhaus, 1. OG), Schönfeldstraße 5, 80539 München zu sehen.

Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 8.30 – 18.00 Uhr, Freitag 8.30 – 13.30 Uhr (an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen geschlossen)
Eintritt frei.

Führungen für Gruppen können unter (089) 28638-2575 vereinbart werden.

Quelle: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, Pressemitteilung, 23.9.2019

Archiv und Wirtschaft 3/2019

Die in Kürze erscheinende Ausgabe 3/2019 von „Archiv und Wirtschaft“, der Zeitschrift der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare e.V., umfasst neben mehreren Rezensionen und Tagungsberichten unter anderen auch einen Beitrag über den Nachlass des Zeitschriftenmachers und Zeichners Kurt Safranski (1890-1964) im Unternehmensarchiv der Axel Springer SE.

Inhaltsverzeichnis „Archiv und Wirtschaft“ 3/2019

AUFSÄTZE

Alfonso García-Rodriguez: The Asturiana De Zinc, S. A. U, Historical Archive (108-118)

Lars-Broder Keil: „Ich halte solche persönlichen Gefühle für Zeitverschwendung.“ Ungewöhnliche Unterlagen aus dem Nachlass von Kurt Safranski im Unternehmensarchiv der Axel Springer SE (119-127)

Jens Brokfeld: Die Erschließung der „Sammlung Firmenprospekte“ im Montanhistorischen Dokumentationszentrum (128-137)

BERICHTE

Karin Bock-Häggmark: „Heute an gestern für morgen denken“ – deutsche Wirtschaftsarchivare zu Gast in Stockholm. 55. Arbeitstagung der VdW „Archive ohne Grenzen – Grenzen für Archive“ vom 5. bis 7. Mai 2019 (138-143)

Fabian Kneule und Julia Lorenzen: 90. VdW-Lehrgang „More than ‚Nice-to-have’! – Ein Unternehmensarchiv, das sich rechnet! Archivmanagement auf konsequent betriebswirtschaftlicher Basis. Sensibilisierung und methodisch-praktische Einführung“ vom 7. bis 10. April 2019 in Wattens, Innsbruck und Hall (144-147)

REZENSIONEN

Christian Böse: Kartellpolitik im Kaiserreich. Das Kohlensyndikat und die Absatzorganisation im Ruhrbergbau 1893–1919 (Klaus Wisotzky) (148-149)

Christian Böse, Michael Farrenkopf und Andrea Weindl: Kohle – Koks – Öl. Die Geschichte des Bergwerks Prosper-Haniel (Klaus Wisotzky) (149-151)

Christian Keitel: Zwölf Wege ins Archiv. Umrisse einer offenen und praktischen Archivwissenschaft (Sebastian Beck) (151-153)

Jochen Streb: Trumpf. Geschichte eines Familienunternehmens (Claus W. Schäfer) (153-154)

Nachrichten (154)

Rezensionsliste (155-156)

Impressum (160)

Kontakt:
Dr. Martin Münzel
c/o F. Hoffmann-La Roche AG
„Archiv und Wirtschaft“
Bau 52/111
CH – 4070 Basel
Telefon: (0049) (0)30-2093-70571
Martin_Muenzel@Yahoo.com
http://www.wirtschaftsarchive.de/veroeffentlichungen/zeitschrift

 

Der Archivtag ist eine „politische Veranstaltung“

Vom 17.-20.9.2019 findet in Suhl der 89. Deutsche Archivtag statt. Mit „RECHTsicher – Archive und ihr rechtlicher Rahmen“ wurde ein Rahmenthema gewählt, das alle Bereiche archivischer Arbeit tangiert. Denn der rechtliche Rahmen gewinne für alle Aspekte der archivischen Tätigkeiten eine zunehmend größere Bedeutung, so der VdA-Vorsitzende Ralf Jacob: „Von der Bewertung und Übernahme bis zur Bereitstellung und Veröffentlichung von Archivgut müssen ArchivarInnen viele juristische Sachverhalte in Betracht ziehen und stets auf neue Herausforderungen reagieren.“

In seiner politischen Wochenvorschau in der Süddeutschen Zeitung (15.9.2019) wies Heribert Prantl im Vorfeld des Deutschen Archivtags darauf hin, dass Akten „hochpolitisch“ seien, der Archivtag mithin eine „politische Veranstaltung“.

Heribert Prantl: „Hirnlosigkeit ist kein Geschäftsmodell“

Mit Blick auf die Bedeutung und auf die Zukunft der Stasi-Unterlagenbehörde und in Erinnerung an die sog. „Bundeslöschtage“ am Ende der Ära Helmut Kohls sowie an die Vernichtung von NSU-Unterlagen im Bundesamt für Verfassungsschutz weist Prantl darauf hin, dass Archive das Gedächtnis einer Gesellschaft seien – „für Gutes und für Böses“.

Ergänzend zu Prantls Kolumne mag man auch den zusammenfassenden Bericht über den Eröffnungsvortrag von Hans-Christian Ströbele auf dem letztjährigen Deutschen Archivtag in Rostock lesen, der in dem jetzt erschienenen Tagungsband „Verlässlich, Richtig, Echt. Demokratie braucht Archive“ (S. 15-18) publiziert worden ist. Ströbele äußert darin die Hoffnung, dass bei einer zukünftigen Neufassung des Bundesarchivgesetzes die Sonderbestimmungen für Geheimdienste „aus vordemokratischen Zeiten“ abgeschafft werden und das Bundesarchiv gestärkt werde. Archive seien Teil des Gedächtnisses eines Volkes, und die Archivnutzenden seien dessen Gewissen. In einer Demokratie dürfe es kein exklusives Herrschaftswissen mehr geben, sondern nur den öffentlichen Zugang zu Herrschaftswissen.

Info:
VERLÄSSLICH, RICHTIG, ECHT – DEMOKRATIE BRAUCHT ARCHIVE!
88. Deutscher Archivtag 2018 in Rostock
(=Tagungsdokumentationen zum Deutschen Archivtag, Band 23), Fulda 2019
ISBN 978-3-9818504-2-0

Das Programm zum 89. Deutschen Archivtag in Suhl, der in Verbindung mit der Fachmesse Archivistica durchgeführt wird, findet man auf der Kongresswebsite www.archivtag.de.

 

Magdeburger Spuren

Ein Projekt des Stadtarchivs Magdeburg

Während des Dreißigjährigen Krieges ist mit dem historischen Ratsarchiv 1631 auch ein Stück des Gedächtnisses der Stadt Magdeburg zerstört worden. Dieser Verlust beeinträchtigt Forschung und Erinnerungskultur bis heute. Das Projekt „Magdeburger Spuren“ des Stadtarchivs Magdeburg versucht die Überlieferungen vor 1631 wiederherzustellen. Anlässlich eines Workshops am 5.9.2019 wurde auch die zugehörige Internetseite www.magdeburger-spuren.de freigeschaltet.

Abb.: Projektwebseite (Ausschnitt) „Magdeburger Spuren“ des Stadtarchivs Magdeburg

Dank einer überregional weiten Vernetzung blickt die Stadt Magdeburg auf eine reiche Vergangenheit. Durch dieses Netzwerk kann auf das kollektive Gedächtnis Europas zurückgegriffen werden, um die Geschichte der Elbestadt vor der Zerstörung des historischen Stadtarchivs wiederherzustellen. Das wusste bereits Otto von Guericke: Er begann nach dem Dreißigjährigen Krieg, Kopien aus auswärtigen Archiven von Wien bis Lübeck zu beschaffen, um die Rechtstitel seiner Stadt zu sichern.

Mit dem Projekt „Magdeburger Spuren“ hat das Stadtarchiv die Idee Guerickes aufgegriffen und dank „Digital Humanities“ ins 21. Jahrhundert übersetzt. Digital Humanities, also die digitalen Geisteswissenschaften, nutzen computergestützte Verfahren und digitale Ressourcen, um die zerstörten Überlieferungen vor 1631 virtuell zu rekonstruieren und nutzbar zu machen. Archivische Funde werden dabei als Digitalisate, zusammen mit allen wichtigen Erschließungsinformationen (Herkunftsarchiv, Signatur, Überlieferungskontext), in den virtuellen Bestand „Magdeburger Spuren“ aufgenommen und damit auf der Website für jedermann zugänglich.

Über das Projekt und erste Ergebnisse informierte im Stadtarchiv der Workshop am 5. September. Studierende aus Potsdam und Leipzig, die im Projekt mitgearbeitet haben, berichteten von ihren Erfahrungen. Die Spurensuche baut auf zukünftig auf eine breite Beteiligung Ehrenamtlicher, die das Projekt beispielsweise durch Recherchen in Online-Findmitteln unterstützen.

Das Projekt „Magdeburger Spuren. Virtuelle Rekonstruktion des verlorenen Stadtarchivs“ wird gefördert vom Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Programms „DigiProjekt-LSA – Digital Heritage„. Es ist ein Partner der Kampagne „Magdeburg 2025 – Kulturhauptstadt werden„. Als Kooperationspartner wirken mit: Stadtarchiv Braunschweig, Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Universität Leipzig, Lehrstuhl für Sächsische und Vergleichende Landesgeschichte, Fachhochschule Potsdam, Fachbereich Archivwissenschaft, und Kommunale Informationsdienste Magdeburg GmbH (KID).

Kontakt:
Stadtarchiv Magdeburg
Mittagstraße 16
39124 Magdeburg
Tel. 0391-5402912
archiv@magdeburg.de
www.magdeburg.de/stadtarchiv

 

Stadtarchiv Frankfurt (Oder) zieht um

Seit dem 15.8.2019 laufen die Vorbereitungen für den Umzug des Stadtarchivs Frankfurt (Oder) vom Collegienhaus in die ehemalige Bürgerschule. Seither ist das Archiv für die öffentliche Nutzung nicht zugänglich, doch ein nunmehr durchgeführter „Tag der offenen Tür“ am neuen Standort erfuhr bereits reges Interesse.

Abb.: Das Team des Stadtarchivs Frankfurt (Oder) bereitet die Archivalien für den Umzug vor (Foto: Stadtarchiv Frankfurt (Oder)/Baumann)

Schon seit einiger Zeit bereiten Archivleiter Dr. Denny Becker und sein Team das wertvolle Archivgut für den Umzug vor. Die Dimensionen, die bei diesem Umzug zu bewältigen sind, beeindrucken: Mehr als drei Kilometer Archivalien insgesamt, bestehend aus fast 12.000 Kartons mit Urkunden, Akten und Amtsbüchern, 11.800 Plakaten, Grafiken und Karten, rund 60.000 Fotografien und 2.000 Film- und Tonaufnahmen sowie einer Bibliothek mit 16.000 Medieneinheiten. Es handelt sich dabei um wertvolle historische Dokumente aus fast 800 Jahren Stadtgeschichte.

Den eigentlichen Umzug führt im September 2019 ein Unternehmen durch, das in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren ausgewählt wurde. Dr. Denny Becker: „Wir wollen so schnell wie möglich, aber das ist nicht vor Dezember, Januar möglich, wieder für unsere Nutzerinnen und Nutzer da sein. Dann mit erweiterten Öffnungszeiten, neuer Ausstellungstechnik, einem modernen Konferenzraum, modernen Lesesälen und unter deutlich besseren räumlichen und technischen Bedingungen. Bis dahin bitten wir um Verständnis für unseren eigenschränkten Service. Nur noch dringende Anfragen in Personenstandsangelegenheiten können während der Umzugszeit bearbeitet werden.“

Die seit 1997 leerstehende, denkmalgeschützte Bürgerschule am Lennépark konnte mit Fördermitteln von Bund und Land, aber auch Eigenmitteln, zum Archivgebäude umgebaut werden (Abb: Stadtarchiv).

Kontakt:
Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
Collegienhaus
Collegienstr. 8-9
15230 Frankfurt (Oder)
Telefon 0335/552-4301
Fax 0335/552-4399
stadtarchiv@frankfurt-oder.de
www.stadtarchiv-ffo.de

Quelle: Stadt Frankfurt (Oder), Pressemitteilung, 28.8.2019; MOZ, 9.9.2019