Die rheinischen Gestapostellen im Spiegel ihrer Überlieferung 1933-1945

Vortragsreihe mit Buchpräsentation und Ausstellung

20160229Die Geheime Staatspolizei war das wichtigste und bekannteste Instrument zur Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung. Im Rheinland gab es fünf, jeweils für einen Regierungsbezirk zuständige Staatspolizeistellen: in Düsseldorf, Aachen, Köln, Koblenz und Trier. Sie hatten regelmäßig über ihre Tätigkeit und ihre Beobachtungen Bericht zu erstatten.

Monatlich informierte die Gestapo auf diese Weise über die Stimmung in der Bevölkerung, über die wirtschaftliche Entwicklung, über das Verhalten der „Gegner“-Organisationen, zu denen neben den verbotenen Parteien und Gewerkschaften auch die Kirchen zählten, sowie aller gesellschaftlichen Vereinigungen einschließlich der NSDAP selbst und ihrer Gliederungen. Zugleich waren die Lageberichte Tätigkeitsnachweis über die Bekämpfung aller Formen von Widerstand und Opposition zum NS-Regime. Die Monatsberichte der Gestapo liefern mithin nicht nur eine Fülle von Informationen zur regionalen Sozial-, Wirtschafts- und Politikgeschichte des „III. Reiches“. Vielmehr bieten sie dem Historiker zugleich die Möglichkeit, diese Geschichte aus der Perspektive derjenigen nachzuzeichnen, die für die alltägliche Unterdrückung vor Ort die Hauptverantwortung trugen.

Das Landesarchiv NRW nimmt das Erscheinen des dritten und letzten Bandes der „Lageberichte Rheinischer Gestapostellen 1934-1936“ zum Anlass, um gemeinsam mit der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, in deren Reihe die Edition erscheint, diesen für die Forschung neu erschlossenen wichtigen Quellenfundus der Öffentlichkeit vorzustellen.

Am 1. März 2016 findet auf Einladung des Landesarchivs NRW Abteilung Rheinland und der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (18 Uhr, Vortagssaal, Schifferstraße 30, Duisburg) die Buchpräsentation der „Lageberichte Rheinischer Gestapostellen 1934-1936“ (Publikationsreihe der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Bd. LXXXI) mit Vortragsprogramm statt.

Begleitend zur Buchpräsentation zeigt die Abteilung Rheinland im Ausstellungsraum Exponate aus den Beständen zur Geschichte der Gestapo. Darin werden die Rolle der Behörde als Teil des nationalsozialistischen Unrechtssystems, einzelne Verfolgungsschicksale, aber auch die Geschichte der Gestapo-Akten und deren Nutzung nach dem Krieg exemplarisch thematisiert. In der Ausstellung wird eine weitere Quellengruppe vorgestellt: die Gestapo-Personenakten der Leitstelle Düsseldorf.

Im Anschluss daran veranstaltet das Landesarchiv NRW eine Vortragsreihe zur „Erinnerungsskultur“, um einige rheinische Institutionen der Erinnerungskultur sprechen zu lassen. Am Beispiel ausgewählter Verfolgtengruppen berichten die Referentinnen und Referenten über Repression, Verfolgung und die Erinnerungsarbeit der jeweiligen Einrichtung.

Vorträge im Rahmenprogramm (Frühjahr 2016)

  • 19.4.2016 Dr. Karola Fings (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln): Die NS-Verfolgung von Sinti und Roma
  • 10.5.2016 Dr. Jürgen Müller (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln/ Centrum Schwule Geschichte e.V.): Ausgrenzung der Homosexuellen aus der „Volksgemeinschaft“
  • 31.5.2016 Dr. Andreas Pilger (Stadtarchiv Duisburg/ Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie): Johanna Niederhellmann: eine sozialdemokratische Widerstandskämpferin und die Erinnerungskultur in Duisburg
  • 14.6.2016 Dr. Uri-Robert Kaufmann (Alte Synagoge Essen): Erinnerungskultur der Mehrheitsgesellschaft und innerjüdische Perspektive

Nähere Informationen zum Programm der Buchpräsentation, zu den Vorträgen im Rahmenprogramm und zur Ausstellung finden sich im Flyer.

Kontakt:
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen
Abteilung Rheinland
Schifferstraße 30
47059 Duisburg
Tel. +49 203 98721-0
Fax +49 203 98721-111
rheinland@lav.nrw.de
www.lav.nrw.de

Jahresbericht 2015 des Stadtarchivs Gotha

Nicht nur Familienforscher werden im Gothaer Stadtarchiv fündig

Mit der regelmäßigen Übernahme der archivierten Personenstandsregister in die Kommunalarchive seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts im Januar 2009 ist auch im Stadtarchiv Gotha ein kontinuierlicher Anstieg der Rechercheaktivitäten sowohl in Form von Direktbenutzungen, als auch durch schriftliche Anfragenbeantwortungen zu verzeichnen. Die Familienforschung erfreut sich seither offenbar noch größerer Beliebtheit. Die immerhin aus amtlich bestätigten Registern für den Forscher verfügbaren Zivilstandsnachweise seit 1876 scheinen als papiergewordenes Leben der Ahnen ein absolutes „must have“ zu sein.

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Abb.: Archivarin Ute Schlicke und Abteilungsleiter Andreas Mempel. – Ute Schlicke leitet das Stadtarchiv Gotha. Sie zeigt das älteste Dokument, eine Jahresrechnung der Kämmerei von 1668. Der Jahresrückblick 2015 des Stadtarchivs wurde als Faltblatt gedruckt. Andreas Mempel, Leiter der Abteilung innerbetriebliche Versorgung, zu der das Stadtarchiv gehört, hat ihn in der Hand. (Foto: Lutz Ebhardt)

Die klassische Archivarbeit besteht im Kern in der Sicherung, Erfassung, Bewertung, Erschließung und Auswertung von Schriftgut. Sie zielt letztlich auf einen archivisch aufbereiteten, den potentiellen Nutzerinteressen entsprechenden Zugang zu den Archivalien über Findhilfsmittel ab und ist in der Regel, der Natur der Sache geschuldet, wenig außenwirksam.

Einige ausgewählte Zahlen aus dem vergangenen Jahr sollen einen Einblick in die Arbeit eines Kommunalarchivs gewähren. Ausführliche Daten über die im vergangenen Jahr realisierten Arbeiten sind als PDF auf der Seite des Stadtarchivs über die Homepage der Stadt nachzulesen.

Statistik 2015 des Stadtarchivs Gotha:

  • Benutzungen gesamt: 344 (Steigerung zu 2014 um 61%)
  • Benutzertage: 249
  • Schriftliche Beantwortung von Anfragen gesamt: 322, davon 180 aus Personenstandsregistern (Steigerung zu 2014 um 18%)
  • geleistete Stunden im Rahmen von Ehrenamtsprojekten gesamt: 625
  • Bestandsergänzung durch Übernahmen: 11 laufende Meter
  • Ausgaben für Restaurierung: 8.000 €
  • Ausgaben für Sicherungsverfilmung: 5.000 €

Das Gothaer Stadtarchiv verwahrt stadtgeschichtliche Quellen mit einem Bestandsumfang von ca. 1000 laufenden Metern. Dazu gehören u. a. mittelalterliche Urkunden, Akten der Stadtverwaltung und der eingemeindeten Orte Boilstädt, Siebleben, Sundhausen und Uelleben des 17. bis 20. Jahrhunderts, Akten von Innungen und Vereinen, Firmenunterlagen, Nachlässe, Bauakten sowie zahlreiches Sammlungsgut zur Bestandsergänzung wie Wochen- und Tageszeitungen, Karten, Pläne, Plakate, Fotos, verschiedene Druckschriften und Amtsblätter. Außerdem stehen dem Benutzer die historische Gothana-Bibliothek mit ca. 2500 Bänden und eine moderne regionalgeschichtliche Präsenzbibliothek zur Verfügung.

Im Lesesaal des Stadtarchiv befinden sich acht Arbeitsplätze für die Benutzer, darunter zwei Computerarbeitsplätze und zwei Arbeitsplätze an Mikrofilmlesegeräten. Details zu Benutzung und Beständen sind aus dem Informationsblatt des Stadtarchivs und auf www.archive-in-thueringen.de zu erfahren.

Kontakt:
Stadtverwaltung Gotha, Neues Rathaus
Stadtarchiv
Ekhofplatz 24
99867 Gotha
Telefon: 03621-222142
Fax: 03621-222146
stadtarchiv@gotha.de

Quelle: Stadt Gotha, Pressemitteilung, 25.2.2016; Thüringer Allgemeine, 27.2.2016

30 Jahre Stadtarchiv Lingen

1986 öffnete das Stadtarchiv Lingen erstmals seine Pforten. Zu seinem 30-jährigen Jubiläum präsentiert das Archiv am bundesweiten Tag der Archive, Samstag, 5. März 2016, eine Ausstellung über seine Aufgaben und seine Geschichte von den Anfängen der städtischen Schriftgutverwahrung bis zu einem modernen Dienstleister.

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Quelle: Lingener Stadtarchiv

Stadtarchivar Dr. Mirko Crabus führt am Samstag jeweils um 10 Uhr, 12 Uhr und 14 Uhr führt durch Ausstellung und Magazine. Der Arbeitskreis Lingener Familienforscher steht im Lesesaal des Archivs mit Rat und Tat bereit und beantwortet Fragen zu Lingener Verwandtschaftsverhältnissen sowie zur Herkunft und Verbreitung von Familiennamen. Zudem können Besucher in den Sterberegistern von 1874 bis 1960 Namen recherchieren.

In den Räumen der Stadtbibliothek Lingen im selben Gebäude zeigt das Deutsche Archiv für Theaterpädagogik (DATP) Materialien aus seinen Sammlungen. Seit 2007 arbeitet es als Einrichtung der Hochschule Osnabrück im Gebäude des Instituts für Theaterpädagogik an der Baccumerstraße in Lingen. Das Archiv dient der Information, der Dokumentation und der Forschung zur Geschichte und Gegenwart der Theaterpädagogik. Schwerpunkt seiner Sammlungen bildet die Geschichte der Theaterpädagogik in den deutschsprachigen Ländern von 1945 bis in die Gegenwart. Im Rahmenprogramm referiert Frau Dr. Anne Keller um 11 Uhr im Bühnenraum des Professorenhaus zum Thema: „Das Volksspiel im Nationalsozialismus am Beispiel der Hitler Jugend.“ Frau Keller, Absolventin des Studiengangs für Theaterpädagogik an der Hochschule Osnabrück in Lingen, promovierte mit diesem Thema an der Universität der Künste Berlin unter der Betreuung von Frau Professorin Dr. Marianne Streisand, die das DATP leitet. Der Eintritt ist frei.

Das Stadtarchiv Lingen verwahrt und pflegt auf über 800 Regalmetern die historische Überlieferung der Stadt vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Es verwahrt Privat-, Firmen- und Vereinsbestände und sammelt historische Urkunden, Karten, Zeitungen und Fotos. Die Nutzung steht jedem Interessierten offen. Die Online-Recherche in den Beständen ermöglicht das Archivportal „Arcinsys Niedersachsen“. Archivalien gab es aber schon vor der Gründung des Stadtarchivs. Bereits im 16. Jahrhundert wurde eine „Ratskiste“ erwähnt, gewissermaßen der älteste Vorgänger des Archivs. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die Lingener Archivalien nach Osnabrück überführt. Vor 30 Jahren wurden sie in das neu gegründete Stadtarchiv überführt.

Kontakt:
Stadtarchiv Lingen
Baccumer Straße 22
49808 Lingen (Ems)
Tel. 0591 91671-10
m.crabus@lingen.de
www.stadtarchiv-lingen.de

Quelle: Stadt Lingen, Aktuelle Meldungen, 26.2.2016

Teilnahme des Bundesarchivs an der Allianz für Cyber-Sicherheit

Die Allianz hat das Ziel, die Cyber-Sicherheit in Deutschland zu erhöhen.

ACS_BroschuereSeit Februar 2016 ist das Bundesarchiv Teilnehmer der „Allianz für Cybersicherheit„. Diese Allianz ist eine Initiative des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), die im Jahr 2012 in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) gegründet wurde. Als Zusammenschluss aller wichtigen Akteure im Bereich der Cyber-Sicherheit in Deutschland hat die Allianz das Ziel, die Cyber-Sicherheit in Deutschland zu erhöhen und die Widerstandsfähigkeit des Standortes Deutschland gegenüber Cyber-Angriffen zu stärken. Zur gemeinsamen Förderung der Cyber-Sicherheit arbeitet das BSI intensiv mit Partnern und Multiplikatoren zusammen.

Die Allianz für Cyber-Sicherheit baut hierfür eine umfangreiche Wissensbasis auf und initiiert und betreibt Erfahrungs- und Expertenkreise zur Cyber-Sicherheit. Ergänzt werden diese Angebote durch weitere Beiträge der Partner z.B. in Form von Schulungen, zusätzlichen Informationsveranstaltungen oder der kostenlosen Bereitstellung von Sicherheitsprodukten. Die Teilnehmer sind auf der Webseite der Allianz veröffentlicht.

Link: Zur Webseite der „Allianz für Cybersicherheit“ (www.allianz-fuer-cybersicherheit.de)

Quelle: Bundesarchiv, Aktuelle Meldungen, Feb. 2016

200 Jahre Nassauisches Zentralarchiv

Tag der offenen Tür im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

ProgrammflyerDas Hessische Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden wird am 6. März 2016 von 11 bis 17 Uhr einen Tag der offenen Tür veranstalten. Grund ist der 200. Jahrestag der Gründung des Nassauischen Zentralarchivs in Idstein – der Vorgängerinstitution des Hessischen Hauptstaatsarchivs.

Neben Führungen durch die Magazine und Werkstätten – mit Präsentation besonderer Archivalien – bietet das Programm eine Vorführung von Filmsequenzen der letzten 50 Jahre über das Hauptstaatsarchiv, eine Reise in die Ritterzeit für Kinder von 5 bis 12 Jahren (Anmeldung erbeten), einen Sonderverkauf von landesgeschichtlichen Publikationen zu Schnäppchenpreisen sowie Kaffee und Kuchen.

Der Einblick hinter die Kulissen eines der großen Informationsdienstleister und einer der zentralen Anlaufstellen für alle historisch Interessierten in Hessen lohnt sich!

Link: Programmflyer

Kontakt:
Hessisches Hauptstaatsarchiv
Mosbacher Str. 55
65187 Wiesbaden
Tel. 0611/881-0
pressestelle@hla.hessen.de
www.landesarchiv.hessen.de

Der Zerstörung entkommene Unterlagen bereichern Heimsheims Geschichte

Aus der Serie „Geschichtsort Archiv“

Heimsheims Bürgermeister Jürgen Troll staunte nicht schlecht, als ihm Dr. Bernhard Fuchs ein gutes Dutzend historischer Dokumente in die Hand drückte: Alles andere als Dutzendware, nämlich eine wertvolle Ergänzung für das kriegsgebeutelte Stadtarchiv Heimsheim sind die dreizehn Papiere aus den Jahren 1633 bis 1833. Fuchs, selbst Heimsheimer Bürger, hatte die die Stücke aus dem Nachlass seiner Tante Helene Völmle erhalten.

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Abb.: Dr. Bernhard Fuchs (rechts) übergab wertvolle historische Dokumente an Heimsheims Bürgermeister Jürgen Troll (links) und Kreisarchivar Konstantin Huber, der die Dokumente sichtete (Foto: Moch/Stadtverwaltung Heimsheim).

„Damit sind die Schriften deutlich älter als die bislang vorhandenen Unterlagen im Stadtarchiv“, freut sich Schultes Troll. Bei der Zerstörung der Stadt 1945 war das alte Rathaus und mit ihm der Großteil der Akten in Flammen aufgegangen. Der im Jahr 2004 vom Kreisarchiv des Enzkreises geordnete Bestand umfasst zwar einige Dokumente, die aus der Zeit vor 1945 stammen, doch absolut nichts vor dem Jahr 1831.

„Jetzt besitzen wir wenigstens ein paar wirklich historische Dokumente“, freut sich Troll. „Wenngleich der Umfang unserer Bestände relativ klein bleibt, haben wir altersmäßig nun die Archive von Nachbarorten wie Lehningen, Wimsheim oder Iptingen übertroffen“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Das älteste der „neuen alten“ Dokumente ist ein Taufschein für Dorothea Götz aus Kollbrunn bei Winterthur, die wie zehntausende andere Wirtschaftsflüchtlinge nach dem Dreißigjährigen Krieg nach Württemberg kam. Sie heiratete 1665 den Heimsheimer Bürger Michel Rieder – im Ehebuch ist ihr Geburtsort als „Gollbronn“ eingetragen, wie Kreisarchivar Konstantin Huber berichtet; ihm hatte die Stadt die Papiere  zur Begutachtung übergeben.

Heimsheim Taufbrief 1634

Abb.: Das seit neuem älteste Dokument im Heimsheimer Stadtarchiv: Taufschein des Pfarrers J.U. Schweytzer aus Zell im Kanton Zürich für die 1633 geborene Dorothea Götz (Foto: Enzkreis)

Gleich mehrere Schriftstücke betreffen Streitigkeiten Heimsheims mit den Nachbargemeinden Hausen, Mühlhausen und Tiefenbronn über Steinbrüche oder den Einzug von Steuern und Wegegeld. Dazu gehören zwei Verträge von 1683 und von 1744. Ein Schiedsspruch der aus dem Haus Thurn und Taxis gebürtigen Herzogin-Witwe Maria Augusta von Württemberg entschied, ebenfalls 1744, über Streitpunkte mit der damals noch relativ jungen Waldensersiedlung Perouse: Dabei ging es um eine Schießstätte, die Haltung von Schafen, Holzhieb und das „Hund-Auffstocken“.

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Abb.: Sieben Siegel von Heimsheimer Bürgern unter einem Testament von 1806 (Foto: Enzkreis)

Ebenfalls enthalten sind ein Reskript ihres Sohnes, Herzog Friedrich Eugen von Württemberg, über Kosten der Napoleonischen Kriege. Auch die Testamente der Heimsheimer Bürger Michel Anßel (Anselm) und Andreas Schlientz finden sich in dem Konvolut. „Sage und schreibe 25 rote und schwarze Lacksiegel, darunter die der Stadt Heimsheim und der Familie von Gemmingen, illustrieren hübsch die historischen Schriften“, berichtet Huber.

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Abb.: Ein Reskript Herzog Friedrich Eugens von Württemberg von 1797 über Kriegskosten (Foto: Enzkreis)

Warum aber sind die Stücke überhaupt erhalten geblieben? Helene Völmle, Tante von Dr. Fuchs, war eine Tochter des Heimsheimer Stadtschultheißen Otto Völmle. Der Amtsvorvorgänger von Jürgen Troll amtierte fast vierzig Jahre in der Schleglerstadt, von 1904 bis 1941. „Völmle beschäftigte sich intensiv mit Heimatkunde“, weiß Kreisarchivar Huber. Unter anderem stammt die gedruckte Aufsatzsammlung „Chronik der Gemeinde Heimsheim“ von ihm.

Völmle müsse die Dokumente wohl den städtischen Archivbeständen entnommen und dann nicht wieder integriert haben, vermutet Huber und mahnt: „Derartige Vorgänge bedeuten normalerweise das dauerhafte Verschwinden der Unterlagen“. In diesem Fall war es ausnahmsweise anders – denn Völmle rettete die 13 Schriftstücke (unabsichtlich) vor der sicheren Zerstörung.

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung, 25 / 2016, 22.2.2016

Hidden Mother-Fotografie

Spiegel Online greift dieser Tage eine Veröffentlichung von frühen Kleinkinder-Fotografien auf, auf denen die Mütter als motiv-stabilisierende Faktoren mehr oder weniger auffällig in den Hintergrund gerückt worden sind: 2013 publizierte die Fotografin Linda Fregni Nagler diese eigenwilligen Aufnahmen unter dem Titel „The Hidden Mother“. Um die Kleinen während der langen Belichtungszeiten friedlich zu halten, musste ein Elternteil mitmachen, zumeist die Mutter – ohne erkennbar zu sein.

1.002 Bilder unterschiedlicher Verfahren und Formate (Daguerreotypie und Ferrotypie, Kabinettformat und Visitenkartenporträts etc.) von den Anfängen der Fotografie bis in den 1920er Jahre sind in dem mittlerweile vergriffenen Bildband von Linda Fregni Nagler vereint. Sie zeigen, wie die Mütter hinter einem Vorhang, einem Sessel oder unter einem Teppich versteckt versuchen, ihre Kinder so lange ruhig zu halten, bis der Fotograf die Aufnahme im Kasten hatte.

Die drei Mathers-Kinder aus Schultz in West Virginia, fotografiert mit ihrer versteckten Mutter von Albert J. Ewing (1870-1934). Quelle: Albert Ewing Collection via Ohio Memory.

Was tut man nicht alles fürs perfekte Kinderfoto! Wenn die Kleinen im 19. Jahrhundert nicht stillsaßen, kam Mutter mit aufs Bild – unter einer Burka-artigen Decke (SPON).

In the early days of photography mothers went to great – if not entirely convincing – lengths to conceal themselves in portraits of their children. And no one is quite sure why (The Telegraph).

Staatsarchiv Aurich unter neuer Leitung

Der Standort Aurich des Niedersächsischen Landesarchivs (NLA) hat eine neue Leitung. Am 17. Februar 2016 wurde Dr. Michael Hermann durch die Präsidentin des Landesarchivs, Frau Dr. Christine van den Heuvel, in sein neues Amt eingeführt. Er trat damit die Nachfolge des bisherigen, im Oktober 2015 in den Ruhestand verabschiedeten Leiters Prof. Dr. Bernhard Parisius an. Bereits seit Ende 2015 hatte Dr. Hermann die Leitung des Standorts Aurich kommissarisch wahrgenommen. Die Amtseinführung erfolgte anlässlich einer am Hauptsitz des Landesarchivs in Hannover stattfindenden Abteilungsleiterkonferenz, in der die Leitungen aller NLA-Standorte vertreten sind. Als neuer Leiter, versicherte Dr. Hermann, freue er sich auf die neuen Aufgaben und die Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Standortleiterinnen und -leitern.

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Abb.: v.l.n.r.: Die Präsidentin des NLA, Dr. Christine van den Heuvel, Dr. Sabine Graf (Hannover), Prof. Dr. Gerd Steinwascher (Oldenburg), Dr. Birgit Kehne (Osnabrück), Dr. Gudrun Fiedler (Stade), Dr. Brage Bei der Wieden (Wolfenbüttel), Dr. Stefan Brüdermann (Bückeburg) und Dr. Michael Hermann (Aurich) am Tag von dessen Amtseinführung anlässlich einer am Hauptsitz des Landesarchivs in Hannover stattfindenden Abteilungsleiterkonferenz (Foto: NLA)

Dr. Michael Hermann, Jahrgang 1969, studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München Neuere und Neueste Geschichte, Alte Geschichte und Politologie. 2002 wurde er mit einer Dissertation über die Kulturpolitik der bayerischen Landeshauptstadt 1919-1935 promoviert. Nach zwei Jahren Tätigkeit am Münchener Stadtarchiv verschlug es ihn in den Norden. Nach seinem Referendariat im niedersächsischen Archivdienst arbeitete er von 2003 bis 2012 in Aurich und wechselte anschließend an den Hauptsitz des Niedersächsischen Landesarchivs in Hannover, wo er für die Bereiche Personal und Haushalt verantwortlich war. In dieser Zeit war er auch teilabgeordnet an das Aufsichtsreferat für das Archivwesen bei der Niedersächsischen Staatskanzlei.

Seiner ostfriesischen Wahlheimat blieb Dr. Hermann in seiner wissenschaftlichen Tätigkeit stets treu. In zahlreichen Aufsätzen und Buchartikeln widmete sich der Neuzeithistoriker vor allem der Geschichte Ostfrieslands im 20. Jahrhundert. So gab er 2014 anlässlich der einhundertjährigen Wiederkehr des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs das Werk „Ostfriesland im Ersten Weltkrieg“ heraus. 2015 folgte die Herausgabe der Festschrift für seinen Vorgänger, Prof. Dr. Parisius: „Das 20. Jahrhundert im Blick“.

Der Standort Aurich, d.h. das frühere Staatsarchiv, ist verantwortlich für alle staatlichen Behörden und Gerichte und deren Rechts- und Funktionsvorgänger mit regionaler Zuständigkeit im historischen Territorium Ostfriesland. Das 1464 zur Reichsgrafschaft erhobene Ostfriesland fiel nach dem Aussterben seines angestammten Regierungshauses 1744 an Preußen, wurde 1815 Teil des Königreichs Hannover und gelangte 1866 zusammen mit diesem erneut an Preußen. Die räumliche Zuständigkeit des Standorts erstreckt sich seit jeher auf dieses Gebiet, das bis 1978 dem Regierungsbezirk Aurich entsprach und heute durch die kommunalen Gebietskörperschaften Stadt Emden sowie die Landkreise Aurich, Leer und Wittmund zu definieren ist.

Kontakt:
Niedersächsisches Landesarchiv – Standort Aurich
Oldersumer Straße 50
26603 Aurich
Telefon: (04941) 176 660
Fax: (04941) 176 673
Aurich@nla.niedersachsen.de

Archivischer Notfallverbund Pforzheim-Enzkreis gegründet

Aus der Serie „Geschichtsort Archiv“

Das Kreisarchiv des Enzkreises und die Stadtarchive von Pforzheim, Maulbronn und Mühlacker sowie das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg in Maulbronn wollen sich ab sofort im Katastrophenfall gegenseitig unterstützen.

„Gehen Sie in Gedanken einmal durch ihr privates Archiv“, meint Kreisarchivar Marc Kinast: „Wissen Sie noch, dass die Tagebücher unter dem Bett und die alten Liebesbriefe im Schuhkarton auf dem Kleiderschrank liegen?“ Was davon würde man wohl zuerst retten, wenn es brennt, und was mit dem von Löschwasser durchtränkten Fotoalbum der verstorbenen Großmutter tun?

Solche Fragen beschäftigen auch die Archive in der Region: Sie erheben für sich den Anspruch, die zentralen Orte der Überlieferung unserer Geschichte für die Ewigkeit zu sein. Die dort verwahrten Archivalien sind in der Regel einmalig und bei Verlust nicht zu ersetzen – genau wie die alten Liebesbriefe. Neben den gewöhnlichen Maßnahmen zum Erhalt des Archivguts, zum Beispiel dem Verpacken in alterungsbeständige Schutzmaterialien oder dem Entfernen metallhaltiger Bestandteile, gehört daher auch die Vorbereitung auf den – hoffentlich nie eintretenden – Katastrophenfall dazu. „Denken Sie an den spektakulären Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 oder den Brand der Anna Amalia-Bibliothek in Weimar 2004“, meint der Historiker.

Aber nicht nur solche großen, auch die kleinen Katastrophen können irreparable Schäden anrichten – beispielsweise, wenn durch einen Rohrbruch im Rathaus ein Regal voller Archivalien unter Wasser steht oder wegen schlechten Raumklimas Bestände von Schimmel befallen sind: Dann muss auf jeden Fall rasch gehandelt und wassergeschädigtes Archivgut schnell getrocknet werden, damit sich kein Schimmel bildet. Größere Mengen werden eingefroren und später bei Fachbetrieben gefriergetrocknet.

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Abb.: Schutzanzug gegen giftige Sporen: Kreisarchivar Marc Kinast bei der Dekontamination schimmelgeschädigten Archivguts (Foto: Enzkreis)

Um sich vorzubereiten und die vorhandenen Kräfte zu bündeln, haben die Archive der Region nun einen Notfallverbund gegründet. „Natürlich werden wir der Feuerwehr nicht bei ihrem Einsatz im Weg stehen“, betont Marc Kinast: „Unser Ziel ist es, anschließend dafür zu sorgen, dass beschädigtes Kulturgut zügig und erfolgreich geborgen und versorgt werden kann.“ Kinast leitet derzeit den „Archivischen Notfallverbund Pforzheim-Enzkreis“. Die beteiligten Institutionen würdigen damit seinen Einsatz bei den anderthalbjährigen Vorbereitungen zur Gründung. Auf dem Programm der nächsten Jahre stehen die Ausarbeitung detaillierter Notfallpläne für alle Einrichtungen, Notfallübungen und die Beschaffung spezieller Einsatzmaterialien.

Neben dem Schutz der eigenen Magazinräume will der Verbund auch Hilfeleistung für die vielen nicht hauptamtlich betreuten Gemeindearchive im Kreisgebiet bieten. Gerade dort sei die Einhaltung guter klimatischer Raumbedingungen das A und O, wie Kinast erklärt. Denn wenn aufgrund zu hoher Feuchtigkeit Schimmelbefall zu beklagen sei, müsse dieser aufwändig entfernt werden. Oft sei auch die Papiersubstanz betroffen, was dann sehr teure Restaurierungsmaßnahmen erfordere.

Kontakt:
Kreisarchiv des Enzkreises
Marc Kinast
Kommunale Archivpflege
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Telefon 07231 308-9425
Telefax 07231 308-9837
Kreisarchiv@enzkreis.de
marc.kinast@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung, 60/2016