Am 9.6.2014 übergab Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dem Stadtarchiv Diksmuide in Belgien 17 Archivschachteln mit wertvollen spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Urkunden. Die Archivalien wurden im Rahmen einer Neuverzeichnung der Urkundensammlung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz entdeckt. Sie waren im Ersten Weltkrieg verloren gegangen.
Laut Akzessionsbuch hatte das Geheime Staatsarchiv PK die Dokumente 1970 von privater Seite in Berlin für 100,- DM angekauft. Wie sich nun herausstellte, handelte es sich bei den Dokumenten um im Ersten Weltkrieg verschlepptes Kulturgut. Die belgische Stadt Diksmuide hatte 1914 und 1917 im Brennpunkt der Kämpfe in Westflandern gestanden. Ihre Archivbestände waren nach dem Krieg fast vollständig verloren. Daher entschied die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Archivalien nach Diksmuide und ins dortige Stadtarchiv zurückzugeben. Zuvor wurden sie im Geheimen Staatsarchiv PK konservatorisch behandelt. Die kleinformatig zusammengelegten Dokumente wurden geglättet, gereinigt, im Zustand gesichert und in moderne Archivschachteln eingelegt.
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sagte: „Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz weiß aus eigener Erfahrung, dass Kriege neben allem Leid, das sie über Menschen bringen, immer auch Lücken in die kulturellen Überlieferungen reißen. Nicht nur der Zweite, sondern auch der Erste Weltkrieg hat solch schmerzliche Spuren hinterlassen. Ich würde mich freuen, wenn diese Rückgabe, gerade im Gedenkjahr an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs 2014, als kleine Geste der Versöhnung zwischen Belgiern und Deutschen verstanden wird.“
Diksmuide wurde im Ersten Weltkrieg im Herbst 1914 von deutschen Reserveregimentern (mit zahlreichen jungen Kriegsfreiwilligen) lange vergeblich bestürmt. Nach seiner Eroberung im November 1914 kam es zu Requirierungen von Lebensmitteln und wohl auch zu Plünderungen von Sachwerten. In ganz Belgien wurden im Zuge der Kampfhandlungen der Mittelmächte gegen die Entente-Mächte auch zahlreiche Kulturgüter zerstört. Gerade in den letzten Jahren sind von der Forschung verstärkt die Kriegsgräuel untersucht worden, die sich 1914 im besetzten Gebiet in Belgien ereignet haben.
Übergeben werden 17 Archivschachteln mit 23 Nummern, von 1446 (1 Nummer), 1519-1582 (13 Nummern), 1608-1647 (6 Nummern) und 1727-1739 (3 Nummern). Bei den meisten dieser Dokumente aus dem 15. bis 18. Jahrhundert handelt es sich um Pergament- oder Papierurkunden, die von Bürgermeistern und Schöffen der Stadt Diksmuide bei Verkauf- und anderen Rechtsgeschäften von Privatpersonen ausgestellt worden waren. Auch zwei an Bürgermeister und Rat von Diksmuide gerichtete Schreiben sind darunter.
Bei der Übergabe sprachen Lies Laridon, Bürgermeisterin der Stadt Diksmuide, Prof. Dr. Hermann Parzinger, Präsident der SPK, Dr. Marc Therry, Direktor des Rijksarchief België, Dr. Eckart Cuntz, Deutscher Botschafter in Belgien und Karline Ramboer, Stadträtin Diksmuide (Archive und Erbe).
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz erinnert im Jahr 2014 im Rahmen des Themenjahres „1914. Aufbruch. Weltbruch“ an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren. In zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen beschäftigen sich die fünf Einrichtungen der SPK mit dieser Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts und den vorausgegangenen Jahren des künstlerischen und technischen Aufbruchs in die Moderne.
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Quelle: Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Pressemitteilung, 6.6.2014