Heimat hatte lange keinen guten Ruf: ihr schien eine nationalistische Ideologie der Ausgrenzung innezuwohnen und der Staub von Dirndldamen in technicolor anzuhaften. Heimat stand in dem Verdacht, ein verlorener Ort zu sein, den nur Vertriebenenverbände zurückforderten. Sie hatte ihren Platz in den Namen von Vereinen und Museen gefunden.
Das Image hat sich gewandelt. Ob Heimat nun als Gegenentwurf zur Globalisierung funktioniert oder als ländliche Idylle, aus der Zeitschriftenverlage Profit schlagen, ob sie als Kulisse in der Werbung zum Garant für regionale Wertigkeit wird oder durch das Leben mit Migranten und der eigenen, zunehmenden Mobilität in den Fokus rückt – die Heimat ist zurück.
Was ist die Heimat? In dem Begriff vereinen sich räumliche und sensorische Dimensionen mit einer zeitlichen Komponente. So bezeichnen viele den Ort der Kindheit als Heimat – Schutz, Unbeschwertheit und Apfelkuchen. Heimat ist auch Vertrautheit mit kulturellen Gepflogenheiten und vor allem mit der Sprache. So vielfältig wie die Heimat ist auch ihr Verlust: das Erwachsenwerden schmilzt die Kindheit, Bauprojekte verändern die vertraute Natur, Freunde und Familienmitglieder entfremden sich oder sterben. Der größte Schritt aus der Heimat heraus ist allerdings der, den zu machen man gezwungen ist: Heimatverlust durch Krieg, Flucht, Vertreibung oder durch Hunger und Armut. Während die Heimat auf die Rückkehr des Abenteuerlustigen wartet, bleibt dem Flüchtling nur eine Erinnerung, die ihn begleitet.
Nach 1990 haben viele Menschen erfahren, was es bedeutet, der Heimat beraubt zu werden, ohne sie je verlassen zu haben. Verklärende „Ostalgie“ zeigt, wie sehr das Heimatgefühl mit kulturellen und durchaus auch politischen Strukturen verwoben ist.
All diese Facetten des Begriffes Heimat werden in der aktuellen Sonderausstellung "Heimat" im Burgsaal der Wewelsburg thematisiert. Darüber hinaus wird auch dem Kreismuseum Wewelsburg, seiner Geschichte und der vielfältigen Repräsentation der Heimat auf der Wewelsburg Raum gegeben.
Das Kreismuseum Wewelsburg hat seine Wurzeln im Heimatmuseum, das 1925 in der Burg eröffnet wurde und heute als Historisches Museum des Hochstifts Paderborn bekannt ist. Doch was bedeutet Heimat für die Menschen? Damals war es ein Ort, an dem man geboren war und lebte. Das vertraute Umfeld mit seiner Natur und dem geübten Brauchtum. Später wurde der Begriff „Heimat“ mit Unbehagen ausgesprochen. Seit der Zeit Blut-und-Boden-Ideologie haftete ihm das Stigma des Nationalsozialistischen an.
Wie ist es heute? In einer globalisierten Welt, in der auch die Arbeitssuche immer stärker mit großen räumlichen Veränderungen verbunden ist, erlebt die Heimat eine Renaissance. Ist Heimat eine Landschaft, der vertraute Dialekt, ein Geschmack? Sind es Menschen, die man lange kennt, oder ist es der Ort, an dem man aufgewachsen ist? Kann Heimat in der Fremde gefunden werden? Wie denken Menschen über Heimat, die aus anderen Ländern zugezogen sind und hier im Kreis Paderborn seit kurzem oder aber bereits in der zweiten oder dritten Generation leben?
Die Sonderausstellung „Heimat“, die seit dem 17. Februar und noch bis zum 14. April 2013 im Burgsaal der Wewelsburg gezeigt wird, geht diesen Fragen nach und möchte herausfinden, was der Begriff „Heimat“ im Hochstift bedeutet – nicht nur denen, die hier aufgewachsen sind, sondern auch den Aus- und besonders den Eingewanderten: Heimat im Kreis Paderborn hat viele Gesichter.
Die von Sabine Angenendt konzipierte Ausstellung ruht auf zwei Säulen: „Heimat“ und „Fremde“. Verbindendes Element ist ein Medientisch. Als Kernstück der Ausstellung lädt er dazu ein, mehr zu erfahren über Menschen verschiedener Herkünfte und ihre Migrationsgeschichte. Zwölf Interviewpartner erzählen aus ihrem Leben, von ihren Wurzeln, einem Neuanfang. Die Interviews wurden unter Anleitung ihres Lehrers Martin Rottmann von Schülerinnen und Schüler der Multimedia-AG des Bürener Liebfrauengymnasiums geführt und erstellt.
Zu sehen sind darüber hinaus historische und zeitgenössische Souvenirs aus dem Kreis Paderborn. Anekdoten, Statements und Fotos erzählen von Auswanderung und Vertreibung. Die Ausstellung zeigt auch einen Zusammenschnitt von Interviews mit Spielern des SC Paderborn 07, einem Verein der Region mit Spielern aus aller Herren Länder.
Die Ausstellung richtet sich sowohl an Erwachsene als auch an Schülerinnen und Schüler. Die Pädagogen des Kreismuseums haben verschiedene Programme zur Vertiefung des Themas erarbeitet, die über das Sekretariat der Wewelsburg gebucht werden können. Angeboten werden Workshops für Schülerinnen und Schülern der 3. bis 5. Klasse, Seminare und Theaterprojekte in Kooperation mit dem Theater Paderborn für Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse. Gespannt sein dürfen die Besucher auch auf eine szenische Lesung im März, die von Schülerinnen und Schülern der Hauptschule Niederntudorf/Wewelsburg und mit Hilfe der Theaterpädagogin Ann-Christin Ebert und der Dramaturgin Maren Simoneit erarbeitet wurde, sowie eine begleitende Heimatfilmreihe. Die Filmreihe wird finanziell unterstützt vom Förderverein des Kreismuseums Wewelsburg e.V.
Die Sonderausstellung kann während der Öffnungszeiten des Kreismuseums Wewelsburg besucht werden.
Eintritt einschl. Historisches Museum des Hochstifts Paderborn: 3 €, ermäßigt 1,50 €, Familienkarte 6 €
Gegen Vorlage des Eintrittsbons erhalten Besucher im Café – Restaurant Zur Wewelsburg 20 % Rabatt auf eine Kaffeespezialität und ein Stück Kuchen.
Die Wewelsburg im Internet: www.wewelsburg.de.
Kontakt:
Kreismuseum Wewelsburg
Burgwall 19
33142 Büren-Wewelsburg
Tel.: 02955 / 7622-0
Fax: 02955 / 7622-22
kreismuseum.wewelsburg@t-online.de
www.wewelsburg.de
Quelle: Der Landrat des Kreises Paderborn, Pressemitteilung Sonderausstellung „Heimat“, 2013