Die in dem auf Informationswissenschaften spezialisierten BibSpider-Verlag erschienene Publikation „Ehrenamt im Archiv. Ein Leitfaden“ von Ramona Ruhl will praktische Hilfestellungen für den Einsatz und Umgang mit Ehrenamtlichen im Archiv geben (S. 10). Im ersten Kapitel (S. 12-14) gibt die Verfasserin, die mit dieser Arbeit ihr Studium der Informationswissenschaften, Fachrichtung Archiv, an der Fachhochschule Potsdam abgeschlossen hat und die seit Ende 2009 als Archivarin beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) angestellt ist, einen Überblick über verschiedene Formen ehrenamtlicher Archivtätigkeit. Ehrenamtliche Arbeit ist unbezahlte freiwillige Arbeit. Die Verfasserin versteht darunter vor allen die in der Regel zwar fachfremden, jedoch engagierten Zusatzkräfte. Sie rechnet auch die Studierenden- und Schülerpraktikanten dazu.
Im darauf folgenden Kapitel (S. 15-21) werden die Rahmenbedingungen benannt, die – am besten bereits vor Beginn der Tätigkeit – geregelt sein sollten. Es geht dabei um die vertragliche Absicherung (rechtliche Rahmenbedingungen), die Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes, den Arbeitsbedingungen, sowie den Arbeitsschutz, die Aufklärung über Datenschutz und Schweigepflicht und die Absicherung durch eine Unfall- und Haftpflichtversicherung.
Dass eine freiwillig engagierte Person Interesse an der Institution und am Arbeitsort Archiv haben sollte, ist dabei selbstverständliche Voraussetzung. Vertragliche Vereinbarungen verdeutlichen, dass die Tätigkeit auf Kontinuität ausgerichtet ist und dass der betreuende Archivar sich auf die Erfüllung der Aufgaben verlassen kann (S. 16). Durch die Regelung der Arbeitsbedingungen werden Missverständnisse vorgebeugt; die freiwillige Tätigkeit darf weder den Freiwilligen noch das Betreuungspersonal überfordern (S. 19, 25).
Im dritten Kapitel wird über mögliche Einsatzmöglichkeiten, über den Nutzen und Nachteil des Einsatzes, über die Qualifizierung von Betreuenden und über Fortbildungen für die Ehrenamtlichen sowie über Motivations- und Anerkennungsformen für zu leistende und geleistete Arbeit informiert (S. 22-33). Die Form der Anerkennung sollte, so die Verfasserin, flexibel und individuell sein. Sie zitiert den Münchner Wirtschaftssoziologen Gerd Mutz, der verdeutlicht, dass freiwillig Engagierte etwas an die Gesellschaft zurückgeben wollen, sie „erwarten keine Entlohnung, sondern Belohnung – vor allen Dingen immaterielle Formen der Anerkennung.“ (S. 33) Von der Gewinnung Freiwilliger und den Einsatzmöglichkeiten der Ehrenamtlichen in Geschichtsvereinen und Geschichtswerkstätten handelt Kapitel 4 (S. 34-40).
Die auf das Basiswissen reduzierte Publikation ist besonders für kleinere Einrichtungen oder für Einrichtungen, die in der Freiwilligenarbeit noch keine umfassenden Erfahrungen haben, gewinnbringend. Nicht zuletzt lassen Checklisten und Musterverträge die vorliegende Publikation zu einem kleinen, aber vollständigen Leitfaden werden (S. 53-57). Unter Anwendung dieses Leitfadens ist ein rechtlich und auch moralisch richtiger Umgang für Betreuer, Freiwillige und letztlich auch für das Archivgut und die inhaltliche Arbeit des Archivs gesichert.
Die öffentlichen Bemühungen um ehrenamtliche Arbeit sind in den vergangenen Jahren spürbar intensiviert worden. So werde ehrenamtliche Arbeit künftig beispielsweise auch in der evangelischen Kirche eine noch stärkere Rolle spielen als bisher schon, sagte eine leitende Theologin kürzlich voraus. Die unbezahlte freiwillige Arbeit durchlaufe derzeit in der Kirche einen Wandel. Zum traditionellen Ehrenamt kämen seit einiger Zeit verstärkt „neue Ehrenamtlichen“, die in erster Linie ein Interesse daran hätten, ihre jeweiligen Fähigkeiten gezielt einzubringen – anstatt nur dort eingesetzt zu werden, wo immer man sie gerade benötige.
Auch in archivischen Fachzeitschriften und Sammelbänden wurden bereits zahlreiche Praxiserfahrungen mit Ehrenamtlichen im Archiv publiziert. Der 64. Westfälische Archivtag 2012 in Gronau widmete diesem Thema ein eigenes Diskussionsforum. Dennoch ist die eigenständige Publikation in Zusammenhang mit den Checklisten und Musterverträgen eine Bereicherung für die hauseigene Archivbibliothek. Der Leitfaden bereitet auf die Praxis ehrenamtlicher Mitarbeit vor und kann auch während der Praxis ergänzend wirken.
Info:
Ramona Ruhl
Ehrenamt im Archiv: Ein Leitfaden
Verlag: BibSpider; Berlin, 1. Auflage 2012
64 Seiten
19,90 Euro
ISBN-10: 3936960623
ISBN-13: 978-3936960624
Kristina Ruppel