DigiBaeck – Jüdisches Leo-Baeck-Archiv digitalisiert

Das 1955 gegründete und nach dem letzten Rabbiner im "Dritten Reich" benannte Leo-Baeck-Institut (LBI) in Manhattan (New York City) ist das weltweit größte Nachlassarchiv deutschsprachiger Juden. Das LBI pflegt ein jüdisches Kulturerbe, das fünf Jahrhunderte zurückreicht – darunter mehr als 10.000 Briefe und andere Dokumente, 2.000 Memoiren, 25.000 Fotos, 80.000 Bücher, 16.000 Zeitschriften und 2.500 Manuskripte.

SPIEGEL Online berichtet jetzt ausführlich darüber, dass das LBI seine Bestände in vierjähriger, fast abgeschlossener Arbeit komplett digitalisiert und online gestellt hat: DigiBaeck, das erste Online-Archiv seiner Art, biete seltene Einblicke in jüdisches Leben: Geburts- und Sterbeurkunden, Schulzeugnisse, Telegramme, Luftpostbriefe, Amtsbescheide, Tagebücher, Poesiealben, Kochrezepte. Hinzu kommen Tonbänder mit bisher rund 400 Interviews von Holocaust-Überlebenden.

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Abb.: DigiBaeck – Digitalisierte Sammlung des Leo-Baeck-Instituts

Rund drei Viertel des LBI-Archivgutes sind mittlerweile digitalisiert worden; angestrebt wird die vollständige Digitalisierung des Archivs, auch von noch hinzukommenden Sammlungen. Pro Monat schaffte das LBI 15 gefüllte Kartons in ein Labor in New Jersey, wo das Internet Archive, ein privates Projekt zur digitalen Langzeitarchivierung, jedes Stück einzeln begutachtete, fotografierte und einscannte. Parallel dazu wurde das komplette Material auf Mikrofilm übertragen. Die Mikrofilme sind in einem stillgelegten Kalkbergwerk im Westen Pennsylvanias verbunkert. Die virtuellen Dateien landeten auf zwei Computerservern in New York City.

Zu den herausragenden Teilen seines Archivs zählt das LBI Unterlagen und Fotografien aus dem Besitz von Albert Einstein, Tagebücher und Korrespondenz von Franz Rosenzweig sowie Unterlagen von vier Generationen der Familie Mendelssohn.

Link: www.lbi.org/digibaeck/

Kontakt:
Leo Baeck Institute
Center for Jewish History
15 West 16th Street
(Between 5th & 6th Avenues)
New York, NY 10011
Tel: (212) 744-6400 or (212) 294-8340
http://www.lbi.org/

Quelle: Marc Pitzke, Jeder Klick ein Schicksal, SPIEGEL Online, 18.11.2012

Akademie der Künste eröffnet das Imre-Kertész-Archiv

Die Akademie der Künste eröffnete am 15. November 2012 das Archiv des Schriftstellers, Nobelpreisträgers und Akademie-Mitglieds Imre Kertész. Unterstützt durch Mittel des Beauftragten für Kultur und Medien, der Kulturstiftung der Länder und der Friede-Springer-Stiftung, konnte die Akademie den künstlerischen Vorlass im Mai 2012 erwerben. Nach der Erschließung stehen rund 35.000 Blatt Archivmaterial Wissenschaft und Forschung zur Verfügung. Am Eröffnungstag gab es eine Vitrinenpräsentation von Manuskripten und Dokumenten Einblick in das Archiv zu Lebzeiten.

Ein erster Teil des Imre-Kertész-Archivs gelangte bereits Ende 2001 als Depositum ins Archiv der Akademie der Künste und wurde inzwischen auf Mikrofilm gesichert und elektronisch verzeichnet. Der weitaus größere Teil wurde im Jahr 2011 aus Budapest und Berlin übernommen und – unterstützt von Fachübersetzern – geordnet und erfasst. So befinden sich nunmehr die Manuskripte zu Kertész\‘ Werken "Roman eines Schicksallosen", "Galeerentagebuch", "Kaddisch für ein nicht geborenes Kind", "Dossier K.: eine Ermittlung", "Fiasko", "Ich – ein anderer" samt ihrer umfangreichen Vorarbeiten und Varianten im Archiv. Darüber hinaus liegen Manuskripte und Druckbelege zahlreicher seiner Essays und Reden vor, u.a. "Wem gehört Auschwitz?", "Die exilierte Sprache", "Bekenntnis zu einem Bürger. Notizen über Sándor Márai", "Wird Europa auferstehen?", "Budapest. Ein überflüssiges Bekenntnis", "Jerusalem, Jerusalem". Schriftwechsel ab 1988, insbesondere Korrespondenzen mit Verlagen, Redaktionen und Institutionen sowie Leserzuschriften, vermitteln einen Eindruck von Kertész\‘ Weg zum berühmten Autor. Umfangreiches Material zur Rezeption spiegelt die weltweite Wirkung seiner Werke wider. Als besonderer Schatz des Imre-Kertész-Archivs sind seine Tagebücher, geführt ab 1961, zu nennen mit eindrücklichen Beobachtungen und Reflexionen.

Imre Kertész, der am 9. November 83 Jahre alt wurde, Überlebender von Auschwitz und Buchenwald, hat 1975 mit seinem "Roman eines Schicksallosen" eine neue künstlerische Sichtweise in die Literatur und die Darstellung des Holocaust gebracht. Das Buch über das Überleben eines Jugendlichen in den Lagern erlangte – vermittelt durch die deutsche Übersetzung – erst nach der europäischen Wende Weltruhm. 2002 erhielt Imre Kertész den Nobelpreis für Literatur.

Kontakt:
Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin
Telefon +49(0)30-200 57-0 / -1000
Telefax +49(0)30-200 57-1702
info@adk.de
www.adk.de

Quelle: Akademie der Künste, Pressemeldung, 15.11.2012

Gorleben-Archiv hat Filmmaterial aus 35 Jahren digitalisiert

Im Gorleben-Archiv wurden im Jahr 2011/12 sämtliche Video- und Filmkassetten aus den letzten 35 Jahren auf DVDs überspielt und katalogisiert. Personen und Ereignisse sind nun mit Hilfe eines Schlagwortverzeichnis schnell auffindbar.

Auf der Jahrshauptversammlung des Vereins "Gorleben-Archiv" Anfang November 2012 dankte die Vorsitzende des Archivs, Asta von Oppen, Burghard Kulow und Bernd Westphal für ihr Engagement, die insgesamt 99 DVDs und ein eigenes Findbuch vorlegten. Aus den Jahren 1978 bis 1998 sind alle Akten der Rechtshilfegruppe Gorleben katalogisiert und füllen rund zehn Regalmeter in den Räumen des Archivs in Lüchow.

Die Bibliothek umfasst inzwischen fast sämtliche Literatur, Zeitschriftenreihen und Gutachten die zu Themen rund um das Atommülllager Gorleben im Laufe der letzten Jahrzehnte erschienen sind. Fast 500 Plakate sind archiviert und die Bibliothek wird ständig erweitert. Auch die bisher zur Verfügung gestellten Fotos sind erfasst.

Und es wird noch weiter archiviert. Zur Zeit lagern noch unzählige Kartons ungeöffnet. Eine Arbeitsgruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, die besondere Rolle der Frauen im Widerstand zu bearbeiten und zu dokumentieren. Dazu werden in einem Regalabschnitt Unterlagen der Gorlebenfrauen gesammelt.

Im Gorleben-Archiv arbeiten überwiegend ehrenamtliche Mitarbeiter, die von einer fest angestellten Kraft betreut und angeleitet werden.

Kontakt:
Gorleben Archiv e.V.
Rosenstraße 17
29439 Lüchow
Tel.: 05841 9715845
gorlebenarchiv@t-online.de
www.gorleben-archiv.de

Quelle: wendland-net, 10.11.2012

Südtiroler Landesarchiv übernimmt von Innsbruck umfangreiche Bestände

Geschichtsforschenden stehen im Südtiroler Landesarchiv in Bozen neue Dokumente und Akten zur Verfügung. Es handelt sich um Archivalien aus der Zeit zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert, die nach Ende des Ersten Weltkrieges in Innsbruck zurückgeblieben beziehungsweise im Zuge der Option nach Innsbruck gekommen waren. Das Tiroler Landesarchiv hat sie nun dem Südtiroler Landesarchiv übergeben.

"Die Beschäftigung mit Landesgeschichte, Familienforschung und Ortsgeschichte erfreut sich auch in Südtirol großer Beliebtheit", weiß Landesarchivarin Christine Roilo. Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung leben von der Verfügbarkeit von Schriftquellen, die in öffentlichen oder kirchlichen Archiven verwahrt werden. Daher ist die jüngste Bestandserweiterung, die das Südtiroler Landesarchiv vermeldet, für viele Forschende eine gute Nachricht.

"Im Zuge eines Beständeabgleiches konnte das Südtiroler Landesarchiv von seiner Schwesterinstitution in Innsbruck, dem Tiroler Landesarchiv, zahlreiche Archivalien aus der Zeit zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert übernehmen", so der stellvertretende Landesarchivar Gustav Pfeifer. Es handelt sich dabei um Bestände, die 1919 nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in Innsbruck zurückgeblieben bzw. um solche Archivfonds und Einzelstücke, die im Zuge der Option nach Innsbruck gekommen waren und bis vor kurzem am Tiroler Landesarchiv verwahrt wurden.

"Damit werden nunmehr Archivalien Südtiroler Provenienz wieder für die Forschung zugänglich gemacht, die lange Zeit entweder nur auf Mikrofilm, gar nicht oder nur sehr schwer einsehbar waren", betonen Südtirols Landesarchivare. Gemeinsam mit ihren Innsbrucker Kollegen verweisen sie darauf, dass damit ein schwieriges Kapitel der Nachkriegsgeschichte glücklich abgeschlossen werde.

Kontakt:
Südtiroler Landesarchiv
Armando-Diaz-Straße 8/B
39100 Bozen
Tel. 0471 411940
Fax 0471 411959
landesarchiv@provinz.bz.it
http://www.provinz.bz.it/landesarchiv

Tiroler Landesarchiv
Michael-Gaismair-Straße 1
A-6020 Innsbruck
Tel. +43 (0)512 508 3502
Fax +43 (0)512 508 3505
landesarchiv@tirol.gv.at
www.tirol.gv.at/themen/kultur/landesarchiv/

Quelle: Autonome Provinz Bozen, Pressemitteilung, 15.11.2012

Proteste gegen Kürzungen im Stadtarchiv Essen

Die Ausstellung zur Essener Stadtgeschichte im "Haus der Geschichte" musste aus personellen Gründen den für alle offenen Mittwochstermin streichen. Eine Ausstellung, deren Errichtung 400.000 Euro gekostet hat und die nun keiner mehr sieht. Allein im Bereich des Stadtarchivs/Hauses der Geschichte Essen sollen sechs Stellen wegfallen. Sechs Historiker verschiedener Universitäten haben jetzt einem Bericht der WAZ zufolge in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Reinhard Paß appelliert, die "Aussperrung" der Bürger nicht zuzulassen:

"Wir regen daher an, nach Wegen zu suchen, um die Ausstellung und das Stadtarchiv öffentlich zugänglich zu machen, zum Beispiel durch studentische Hilfskräfte, junge Menschen im freiwilligen sozialen Jahr Kultur oder den Bundesfreiwilligendienst." Es sei jedenfalls "unwürdig, dass eine Einrichtung wie das Haus der Essener Geschichte die Bürger, die dieses aus ihren Steuermitteln finanziert haben, einfach aussperrt".

Mitte Oktober 2012 hatte sich bereits der Historische Verein für Stadt und Stift Essen in einem offenen Brief an die Mitglieder des Rates der Stadt Essen gewandt und sich gegen die unzumutbare Einschränkung der Arbeit des Stadtarchivs Essen ausgesprochen. "Die Mitglieder des Historischen Vereins Essen und der AG der Essener Geschichtsinitiativen erwarten von der Stadt Essen eine ausreichende Personalausstattung für das Essener Stadtarchiv und ein damit verbundener ständiger Zugang der Öffentlichkeit zu der Ausstellung der Essener Geschichte."

Kontakt:
Haus der Essener Geschichte / Stadtarchiv
Ernst-Schmidt-Platz 1 (ehemalige Luisenschule)
45128 Essen
Telefon +49 (0) 201 – 88 41 300
Fax +49 (0) 201 – 88 41 313
hdeg@essen.de
www.essen.de/stadtarchiv

Quelle: WAZ/der westen, 9.11.2012; AG der Essener Geschichtsinitiativen, Info 33/2012, S. 30

Ausstellung mit historischen Gesangbüchern im Landeskirchlichen Archiv Bielefeld

„Singen ist eine edle Kunst und Übung“: Mit diesem Zitat des Reformators Martin Luther ist die Ausstellung zu historischen Gesangbüchern überschrieben, die das Landeskirchliche Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen bis Ende November 2012 zeigt. Sie ist am 12. November eröffnet worden.

Die Ausstellung, die im Kirchlich-diakonischen Archivzentrum am Bethelplatz in Bielefeld zu sehen ist, zeigt eine Auswahl wichtiger und ungewöhnlicher Werke aus der Gesangbuchgeschichte. Ein Schwerpunkt liegt auf westfälischen Gesangbüchern und Liederdichtern, wie Philipp Nicolai (1556-1608), Marie Schmalenbach (1835-1924) und Friedrich von Bodelschwingh der Jüngere (1877-1946).

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Abb.: Gesangbücher aus Soest und der Grafschaft Mark (Foto: EKvW)

Die Ausstellung ist nach dem Kirchenjahr aufgebaut. Zugleich werden die verschiedenen westfälischen Regionen, wie Minden-Ravensberg und die Grafschaft Mark exemplarisch vorgestellt wie auch spezielle Gesangbücher präsentiert, darunter Feldgesangbücher für Kriegszeiten seit dem 18. Jahrhundert oder Liedersammlungen aus der Zeit des so genannten „Kirchenkampfes“ während des Nationalsozialismus.

Beim ältesten in der Schau gezeigten Gesangbuch handelt es sich um das im Jahr 1604 in Herborn gedruckte Werk „Psalmen Davids. Nach Frantzösischer melodey und Reymen art in Teutsche reymen artig gebracht durch Ambrosius Lobwasser“.

Die Ausstellung beruht nicht nur auf Gesangbüchern aus den landeskirchlichen Archivbeständen sondern vor allem auf zahlreichen Werken aus der privaten Gesangbuchsammlung von Pfarrer i.R. Wilhelm Gröne aus Menden.

Kontakt:
Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen
Bethelplatz 2
33617 Bielefeld
0521/594164
archiv@lka.ekvw.de
www.archiv-ekvw.de

Quelle: EKvW, Aktuelle Nachrichten, 12.11.2012

Externes Gutachten zum Verkauf von der Teilen der Gymnasialbibliothek Stralsund angekündigt

Die Hansestadt Stralsund wird zum umstrittenen Verkauf von Teilen der ehemaligen Gymnasialbibliothek aus dem Stadtarchiv Stralsund eine unabhängige Fachmeinung von außen einholen, wie der Stralsunder Oberbürgermeister Dr. Alexander Badrow am 6. November 2012 erklärte:

"In den letzten Tagen gab es zur Veräußerung eines Teils der ehemaligen Gymnasialbibliothek aus dem Stralsunder Stadtarchiv eine kontroverse öffentliche Diskussion.

Die im Zusammenhang mit der Verkaufsentscheidung von den Fachleuten unserer Einrichtung vertretene Auffassung wurde dabei teilweise in Frage gestellt. Diese Einschätzungen und Aussagen, die über die Medien, insbesondere über das Internet, publiziert worden sind, nehme ich sehr ernst.

Ich meine, dass die Öffentlichkeit und insbesondere die Stralsunder Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf haben zu wissen, wie diese Aussagen zu werten sind. Da ich eine fachliche Beurteilung hinsichtlich des betreffenden Buchbestandes nicht selbst vornehmen kann, hole ich eine unabhängige Fachmeinung von außen ein.

Es wird für den Gutachter darum gehen, zu prüfen und zu bewerten, ob die getroffene Entscheidung unter Berücksichtigung aller relevanten Bestimmungen fachlich zu vertreten war.

Dr. Alexander Badrow
Oberbürgermeister der Hansestadt Stralsund"

Quelle: Hansestadt Stralsund, Medieninformation, 6.11.2012

Offener Brief der AG für pommersche Kirchengeschichte zum Verkauf der Stralsunder Gymnasialbibliothek

Unter Bezugnahme auf die aktuelle Berichterstattung über den Verkauf von Teilen der Stralsunder Gymnasialbibliothek im Zusammenhang mit dem Schimmelbefall des Stralsunder Stadtarchivs richtet der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte, OKR Dr. Christoph Ehricht vom bisherigen Konsistorium der Pommerschen Evangelischen Kirche, Greifswald, folgenden offenen Brief an den Stralsunder Oberbürgermeister Dr. Badrow und an den Präsidenten und die Mitglieder der Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund:

"[…] Einleitend möchte ich jedoch daran erinnern, dass die Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte der Hansestadt Stralsund seit vielen Jahrzehnten eng verbunden ist. Seit Gründung unseres Vereins 1971 war Prof. Dr. Dr. h.c. Herbert Ewe eines unserer treuesten Mitglieder, der in verdienstvoller Arbeit nach dem Zweiten Weltkrieg das Stralsunder Stadtarchiv aufgebaut und zu einer national wie international renommierten wissenschaftlichen Institution geformt hat.

Um so bestürzter sind wir über die Pressemeldungen der vergangenen Wochen, denen wir entnehmen mußten, daß die Hansestadt Stralsund den bisher im Stadtarchiv verwahrten Bestand ihrer traditionsreichen Gymnasialbibliothek an einen Antiquar veräußert hat. Lassen Sie mich Ihnen sehr persönlich und in aller Offenheit sagen, dass mich diese Meldung zutiefst deprimiert und fassungslos gemacht hat.

Das Stralsunder Gymnasium ist im Gefolge der Reformation im Jahre 1560 begründet worden. Die Bibliothek dieser Schule geht auf das Jahr 1627 zurück, enthielt aber durchaus Drucke, die bis in die Gründungszeit der höheren Lehranstalt zurückreichten. Es handelte sich bei der Stralsunder Gymnasialbibliothek nach den Verlusten am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg um die bedeutendste historische Schulbibliothek, die in Pommern erhalten geblieben war. Zahlreiche Bände dieser Schulbibliothek wiesen die Widmungen ihrer Stifter, oft bedeutende Lehrer und Geistliche in der Stadt am Strelasund, auf. Der Bestand als Ganzes war ein Zeugnis ersten Ranges für die Bildungsgeschichte der Stadt und des ganzen Ostseeraumes, was die Charakterisierung im 2003 erschienenen "Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Österreich und Europa", dem sog. Fabian-Handbuch, deutlich zeigt. Es schmerzt, wenn die Presse jetzt meldet, es habe sich "nur" um Schriften zur Theologie und Philologie gehandelt, die keinen besonderen Wert für die Stadt hätten. In Stralsund wurde die Reformation bereits 1525 eingeführt. Damit gehörte die Hansestadt damals zu den ersten Städten in Europa, die sich der neuen Lehre zuwandten.

Wenn die heutige Stadtverwaltung und auch die Stadtvertreter meinen, jahrhundertealte theologische Druckerzeugnisse aus städtischem Besitz verkaufen zu können, wirft das auch überregional ein verheerendes Licht auf den Umgang mit dem kulturellen Erbe einer Stadt, die erst vor zehn Jahren zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wurde.

Aus den Verlautbarungen der vergangenen Tage bleiben Fragen offen, auf die sowohl die Stralsunder als auch die wissenschaftliche Öffentlichkeit eine Antwort erwarten können:

1. Warum hat sich die Hansestadt Stralsund entschlossen, ihre Gymnasialbibliothek zu verkaufen? Bisher heißt es, die Initiative dazu wäre von einem Antiquar in Dinkelscherben ausgegangen, der im übrigen nach dem Erwerb des Bibliotheksbestandes die Stadtverwaltung überhaupt erst auf die unhaltbaren Lagerungsbedingungen im Stadtarchiv aufmerksam machte.

2. Wurde der gesamte Bestand der Gymnasialbibliothek veräußert?

3. Wurden über diesen Verkauf die Kommunalaufsicht und das Kultusministerium informiert?

4. Weiß die Hansestadt Stralsund im Einzelnen, was verkauft wurde, d.h. gibt es eine Liste der veräußerten Titel? In der Presse ist zu lesen, der Bestand sei nicht katalogisiert gewesen. In den vergangenen Wochen sind zahllose Titel in den einschlägigen Antiquariats-Internetportalen aufgetaucht, die neben den Stempeln und Exlibris der Gymnasialbibliothek auch solche der Stadtbibliothek und der Gräflich Löwenschen Büchersammlung tragen. Sind diese Bände aus dem Stadtarchiv, die offensichtlich nicht zur Gymnasialbibliothek gehörten, "versehentlich" mit verkauft worden?

5. Wie ist es zu erklären, daß zahllose Titel, die z.B. über ZVAB im Internet aus Stralsunder Provenienz angeboten werden, zu den Bereichen Stralsunder Stadt- und pommersche Landesgeschichte zählen, obwohl in den Mitteilungen der Pressestelle der Hansestadt genau dies ausgeschlossen, ja sogar als "Todsünde" bezeichnet wurde?

6. Ist gesichert, daß alle Titel, die jetzt verkauft wurden, wirklich Dubletten waren oder besteht die Gefahr, daß auch Titel, die nur einmal in Stralsund vorhanden waren, verkauft wurden und auf diese Weise der Stadt ein nicht wieder gut zu machender materieller und ideeller Schaden entstanden ist? Angesichts zahlloser Gelegenheitsdrucke und anderer frühneuzeitlicher Druckwerke, die in keinem digitalen deutschen Bibliothekskatalog nachgewiesen sind, aber derzeit aus Stralsunder Provenienz über ein Antiquariat verkauft werden, herrscht in der Fachöffentlichkeit große Unruhe.

7. Was wird die Hansestadt Stralsund unternehmen, um das derzeit geschlossene Stadtarchiv für die Forschung wieder zugänglich zu machen und die im Johanniskloster durch Feuchtigkeit und Schimmelbildung gefährdeten Archiv- und Bibliotheksbestände zu retten? Welche Gewähr besteht künftig, daß nicht weiteres Kunst- und Kulturgut aus städtischem Besitz veräußert wird?

8. Warum wurden die verkauften Werke nicht zuerst anderen Archiven und Bibliotheken im Land Mecklenburg-Vorpommern angeboten?

Zu DDR-Zeiten hat eine Firma im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit systematisch Kunst- und Kulturgut aus öffentlichem und privatem Besitz für Devisen verkauft und dazu großen Druck auf Museen, Archive und Bibliotheken ausgeübt. Es ist mehr als traurig, wenn die Hansestadt Stralsund 23 Jahre nach der politischen Wende nun selbst den Ausverkauf eines für die Bildungsgeschichte ihres Gemeinwesens unersetzlichen Biblioheksbestandes in einer nichtöffentlichen Hauptausschußsitzung der Bürgerschaft sanktioniert und über die Stadtverwaltung organisiert.

Für klärende Antworten auf diese Fragen wären wir dankbar und hoffen im übrigen, daß der offenbar bereits eingetretene schwere Schaden für das Ansehen der Hansestadt Stralsund und für unersetzliches pommersches Kulturgut im Rahmen des noch möglichen eingegrenzt werden kann.

Sie werden gewiß verstehen, dass ich dieses Schreiben auch der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebe.

Mit freundlichem Gruß
OKR Dr. Christoph Ehricht"

Kontakt:
Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte e.V.:
c/o Dipl.-Archivarin Ulrike Reinfeldt
Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland
Landeskirchliches Archiv Greifswald
Rudolf-Petershagen-Allee 3
17489 Greifswald
Tel.: 03834-572532
Fax: 03834-572536
Mobil: 0160-98987905
archiv@pek.de
www.pommersche-kirchengeschichte-ag.de

Quelle: Haik Thomas Porada, Mail vom 6.11.2012, betr. Information 59 der AG für pommersche Kirchengeschichte: Offener Brief an den Oberbürgermeister und den Präsidenten der Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund

Archivischer Notfallverbund der Städte Hemer, Iserlohn und Menden

Die Städte Hemer, Iserlohn und Menden haben sich zu einem archivischen Notfallverbund zusammengeschlossen, um gemeinsam Vorsorge zum Schutz ihres Archivgutes zu treffen und sich in Unglücks- und Katastrophenfällen gegenseitig zu unterstützen. Im Rathaus Iserlohn unterzeichneten die Bürgermeister von Hemer (Michael Esken) und Iserlohn (Dr. Peter Paul Ahrens) am 31. Oktober 2012 eine entsprechende Vereinbarung. Die Stadt Menden wurde durch den Stadtkämmerer (Uwe Siemonsmeier) vertreten.

Das Hochwasser an Elbe und Oder 2002, der Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar 2004 und der Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln 2009 haben das Bewusstsein der in Archiven und Bibliotheken Beschäftigten, der politisch Verantwortlichen und der Öffentlichkeit in den letzten Jahren dafür geschärft, dass Katastrophen auch die eigene Institution treffen können. Naturereignisse, Rohrbrüche, Brände oder technische Defekte stellen Gefährdungen der eigenen Bestände dar, die sich jederzeit ereignen können.

Urkunden, Amtsbücher, Akten und umfangreiche Sammlungsbestände müssen im Unglückfall schnell, umfassend und sachgemäß geborgen werden, sodass ein Substanzverlust vermieden oder zumindest begrenzt werden kann. Die in den Stadtarchiven aufbewahrten Unterlagen sind überwiegend unersetzbare Unikate, zu deren Aufbewahrung und Erhaltung die Kommunen gesetzlich verpflichtet sind.

Der nun gegründete Notfallverbund Hemer-Iserlohn-Menden soll dafür sorgen, dass bei Notfällen in den Archiven der benachbarten Städte personelle und fachliche Ressourcen gebündelt und die zum Schutz des Kulturgutes zu leistenden Aufgaben in gegenseitiger Unterstützung bewältigt werden. Die beteiligten Archive verpflichten sich in der Vereinbarung, für ihre Institution nach einem einheitlichen Muster Notfallpläne zu erstellen.

Mit den in Kürze anzuschaffenden mobilen Notfallboxen sind die Archivare Eberhard Thomas (Stadtarchiv Hemer), Rico Quaschny (Stadtarchiv Iserlohn) und Norbert Klauke (Stadtarchiv Menden) gerüstet, sich gegenseitig bei Notfällen die nötige Hilfe zukommen zu lassen. Unterstützung bei der Gründung des Notfallverbundes fanden die Archivare bei der für den Märkischen Kreis zuständigen Fachbehörde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, dem LWL-Archivamt für Westfalen in Münster. Der Leiter des Archivamtes, Dr. Marcus Stumpf, war bei Unterzeichnung der Vereinbarung ebenfalls anwesend.

Hemer, Iserlohn und Menden gehören zu den ersten Kommunen in Südwestfalen, die sich zu einem solchen Notfallverbund zusammenschließen. Ähnliche Vereinbarungen sind bislang beispielsweise in Magdeburg, Leipzig, Münster und Bielefeld geschlossen worden. Dass sich dem Notfallverbund in Zukunft weitere Kommunen oder nichtstädtische Institutionen anschließen, ist durchaus möglich. Zudem erhoffen sich die Initiatoren auch die Signalwirkung für andere Kommunen im Märkischen Kreis und im Hochsauerlandkreis, nach dem Modell "Hemer-Iserlohn-Menden" ebenfalls Notfallverbünde zu gründen.

Kontakt:
Archiv der Stadt Menden (Sauerland)
Westwall 21 – 23
58706 Menden
Tel.: 02373 903 780
Fax: 02373 903 10 780
archiv@menden.de
www.menden.de

Quelle: Norbert Klauke <archiv@menden.de>, Meldung, Mailingliste Westfälische Geschichte, 2.11.2012

Gemeindearchiv Burbach offiziell eröffnet

Burbach hat ein neues "Gedächtnis der Gemeinde". Es ist schon etwas Besonderes, das neue Archiv der Gemeinde Burbach. Seit einiger Zeit stand das Thema schon auf der Agenda von Politik und Verwaltung. 2008 beschloss der Rat, dass die Gemeinde Burbach ein eigenes Archiv bekommen soll. Jetzt kann mit der Eröffnung das Kapitel der Planung und Einrichtung zugeschlagen werden. Ab sofort sind die Türen im Kellergeschoss der Grundschule Burbach geöffnet.

„Es soll ein lebendiges und offenes Archiv sein“, formuliert Bürgermeister Christoph Ewers die Ausrichtung der neuen gemeindlichen Institution. „Die Menschen und Vereine in unserer Gemeinde sollen es nutzen, um ihre eigene Geschichte zu recherchieren oder aber die Historie eines Vereins aufzuarbeiten.“ Seinen ausdrücklichen Dank richtet Ewers‘ an die Politik. „Es ist in Zeiten knapper Kassen sicherlich keine Selbstverständlichkeit, dass entsprechende Gelder für Sachmittel und Personal bereitgestellt werden. Doch das zeugt auch davon, dass es allen Entscheidungsträgern ein wichtiges Anliegen ist, die Geschichte der Gemeinde Burbach und ihrer Rechtsvorgänger zu sichern und für die Nachwelt zu bewahren.“ Rund 150.000 € hat die Einrichtung des Archivs gekostet. Das LWL-Archivamt für Westfalen hat dazu einen Zuschuss gegeben. Deshalb war unter den Gästen auch Katharina Tiemann vom LWL. Sie schilderte in ihrem Festvortrag die Entstehungsgeschichte des Gemeindearchivs Burbach.

Viel ist seit der Ratsentscheidung passiert. „Entsprechende Räumlichkeiten mussten gefunden werden, Ausschreibungen für Bauarbeiten und Regalanlagen erfolgten, Um- und Einbaumaßnahmen wurden durchgeführt und nicht zuletzt musste auch eine Personalentscheidung getroffen werden,“ erinnert sich Rolf Winkel, zuständiger Fachbereichsleiter im Rathaus, an die zurückliegende Zeit. Im September 2010 nahm dann Patricia Ottilie ihren Dienst bei der Gemeinde Burbach auf. Die in Sachsen-Anhalt aufgewachsene Fachangestellte für Medien und Informationsdienste, die ihre Ausbildung beim Sächsischen Staatsarchiv absolviert hat, ist damit das Gesicht des Burbacher Gemeindearchivs. „Am Anfang musste ich mir erst mal einen Überblick über die vielen Aktenberge im Keller und am Dachboden des Rathauses machen“, erzählt Patricia Ottilie. Daher lag viel Arbeit vor der jungen Frau. Neben dem Sichten der einzelnen Akten und der Abwägung, ob sie archivwürdig sind, stand die Aufbereitung der historischen Unterlagen an, die ihren Platz jetzt in den rund 450 Regalmetern haben. Unter anderem mussten die Akten von Metall, sprich von Büro- und Heftklammern, befreit werden.

Untergebracht ist die Einrichtung im Kellergeschoss der Burbacher Grundschule. Ab sofort können Interessierte jeden Donnerstag von 13 bis 18 Uhr im Gemeindearchiv vorbeischauen und mit Hilfe von Patricia Ottilie auf Entdeckungstour durch die Kommunalgeschichte gehen. Aber auch nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung steht die junge Frau gerne bereit, um Hobbyforscher zu unterstützen.

Am Samstag, 27. Oktober 2012, fand zudem ein Tag der offenen Tür statt mit einem kleinen Rahmenprogramm für die Besucher, erklärt Patricia Ottilie, die zuständige Mitarbeiterin. Neben einem geführten Rundgang mit Erläuterungen wurde eine Schreibwerkstatt für Kinder angeboten und ein kleiner Exkurs gegeben, wie man richtig im Archiv recherchiert.

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Abb.: Das neue Gemeindearchiv Burbach ist eröffnet. Burbachs Bürgermeister Christoph Ewers, Archivarin Patricia Ottilie und Katharina Tiemann vom LWL-Archivamt für Westfalen freuen sich, dass die neue Einrichtung in Burbach nun offensteht (Foto: Gemeinde Burbach).

Aufgaben des Gemeindearchivs Burbach:

– Gedächtnis der Gemeinde
Das Gemeindearchiv ist das Gedächtnis der Gemeinde Burbach. Mit rund 450 Metern Akten und Urkunden, Karten, Plänen, Fotos, Filmen und anderen Archivalien dokumentiert es in Bild und Schrift die Geschichte der Gemeinde und ihres Verwaltungsvorgängers, des Amtes Burbach.

– Bewertung
Dieses Archivgut wird laufend durch Unterlagen ergänzt, die in den einzelnen Fachbereichen des Rathauses, sowie in den Außenstellen entstehen und aus denen das Gemeindearchiv aus fachlichen Kriterien jene auswählt, denen ein dauerhafter Wert für die Verwaltung, Bürger und Wissenschaft zukommt. Es übernimmt auch archivwürdige Unterlagen aus dem privaten Bereich, zum Beispiel Nachlässe bedeutender Persönlichkeiten.

– Quellen erschließen
Damit die Bestände des Gemeindearchivs von den Nutzern für ihre Forschungszwecke ausgewertet werden können, werden sie im Gemeindearchiv Burbach nach ihrer Herkunft, auch Provenienz genannt, geordnet und mittels einer speziellen Archivsoftware verzeichnet. Für Recherchezwecke stehen Findbücher zur Verfügung.

– Kulturgut erhalten
Um das Archivgut auch künftigen Generationen zu erhalten, wird es in Magazinen mit konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit verwahrt. Des Weiteren werden besonders bedeutende Archivalien zu ihrem Schutz digitalisiert.

– Wissen publizieren
Durch Ausstellungen und Vorträge leistet das Gemeindearchiv Burbach einen wichtigen Beitrag zur historischen Bildungsarbeit. Durch die Einbindung von archivischen Quellen in den Geschichtsunterricht kann das Gemeindearchiv als außerschulischer Lernort genutzt werden.

Benutzung des Gemeindearchivs Burbach:
Jeder, der ein berechtigtes Interesse hat, kann Archivgut des Gemeindearchivs benutzen. Als Einrichtung für die Öffentlichkeit verfügt das Gemeindearchiv über einen Benutzersaal, versehen mit Findmitteln für die Recherche in den Beständen. Vor der ersten Benutzung empfiehlt es sich, eine schriftliche oder mündliche Anfrage zu stellen, ob Unterlagen zum gewünschten Thema vorhanden sind und zur Einsichtnahme bereitgestellt werden können.

Kontakt:
Gemeindearchiv Burbach
Marktplatz 2
57299 Burbach
Telefon: (02736) 45-46
Telefax: (02736) 45-55
p_ottilie@burbach-siegerland.de

Quelle: Gemeinde Burbach, Pressemitteilung, 25.10.2012