Vorläufige Sperrung des Stadtarchivs Stralsund für die Öffentlichkeit

Mit sofortiger Wirkung hat der Oberbürgermeister der Hansestadt Stralsund am 17. Oktober 2012 das Stadtarchiv Stralsund im Johanniskloster für die öffentliche Nutzung vorläufig gesperrt. Grund für die Maßnahme ist ein Gutachten des Leipziger Zentrums für Bucherhaltung (ZfB), das von der Stadt in Auftrag gegeben wurde, nachdem es nach Veräußerung eines Teilbestandes der ehemaligen Gymnasialbibliothek an einen Antiquar Hinweise gegeben hatte, dass der Bücherbestand in schlechtem Zustand sei.

Oberbürgermeister Dr. Alexander Badrow: "Der Antiquar hat mich über den schlechten Zustand der erworbenen Bücher informiert und seine Sorge um den gesamten Bestand im Stadtarchiv zum Ausdruck gebracht, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Ich habe daraufhin unverzüglich die Überprüfung des Archivbestandes veranlasst."

Bei den durch das Zentrum für Bucherhaltung stichprobenartig untersuchten Beständen wurde Schimmelbefall festgestellt. Eine Trockenreinigung aller befallenden Bestände wird erforderlich. Bei stark kontaminierten Beständen muss eine besondere Gammabestrahlung vorgenommen werden. Seit wann der Befall vorliegt, konnte das Gutachten nicht beantworten.

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Abb.: Johanniskloster Stralsund (Foto: Hansestadt Stralsund)

Große Bereiche des Johannisklosters und des Archivhauses, insbesondere die Keller und das Erdgeschoss, sind aufgrund bauphysikalischer und raumklimatischer Bedingungen für eine Archivnutzung derzeit nicht geeignet.

Das Gutachten weist auf eine nicht auszuschließende gesundheitliche Gefährdung durch den Pilz sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Benutzer des Stadtarchivs hin. "Ich habe deshalb mit sofortiger Wirkung die vorläufige Schließung des Stadtarchivs für die öffentliche Nutzung veranlasst und prüfe derzeit die Arbeitsbedingungen für meine Mitarbeiter", sagt OB Badrow. Ein Raumluftgutachten zur lokalen Eingrenzung des Befalls ist beauftragt.

Alle befallenen Bestände können gerettet werden. Für die Restaurierung entstehen jedoch erhebliche Kosten, die schätzungsweise bis zu 1 Mio. Euro betragen könnten. Die Hansestadt Stralsund erarbeitet bis Ende November eine Nutzungskonzeption für das Johanniskloster, um zu klären, an welchem Ort und in welcher Weise die restaurierten Bestände künftig sicher aufbewahrt werden können.

Der angeblich überraschende Schimmelbefall von wertvollen Buchbeständen im Stadtarchiv Stralsund hat möglicherweise ein politisches Nachspiel. Für die nächste Bürgerschaftssitzung im November 2012 kündigten die Grünen eine Anfrage über die Hintergründe der katastrophalen Zustände an. Der Fraktionschef der Grünen im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Jürgen Suhr, sagte der Nachrichtenagentur dapd, Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) müsse genau erklären, wann die Verwaltungsspitze zum ersten Mal über die unhaltbaren Zustände in den Depots des Johannisklosters erfahren habe.

Zum Johanniskloster/Stadtarchiv
Das 1254 gegründete Franziskanerkloster St. Johannis zählt zu den kulturhistorisch wertvollsten Baudenkmalen Stralsunds. Seit den 1950er Jahren wird der Gebäudekomplex als städtisches Archiv genutzt. Das Stadtarchiv verwahrt die schriftlichen Zeugnisse zur Geschichte Stralsunds vom 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

Neben rund 9.000 Urkunden, Stadtbüchern ab 1270, Bürgerbüchern ab 1319 und Aktenmaterial verwahrt das Archiv umfangreiche Sammlungen, darunter zahlreiche Bildwerke. Die Bibliothek umfasst 125.000 Bände, die aus der ehemaligen Ratsbibliothek entstanden ist.

In der Vergangenheit sind am Gebäude unterschiedlichste Sanierungsmaßnahmen durchgeführt worden. Angefangen von Maßnahmen in den 1960er und 1980er Jahren bis hin zu den dringend notwendigen Dachsanierungsarbeiten, die aus dem Investitionsprogramm Nationale UNESCO-Welterbestätten gefördert werden konnten.

Kontakt:
Hansestadt Stralsund
Stadtarchiv
Am Johanniskloster 35
18439 Stralsund
Tel.: (0 38 31) 66 64 66 und 66 64 88
Fax: (0 38 31) 66 64 64
stadtarchiv@stralsund.de
www.stralsund.de/stadtarchiv

Quelle: Hansestadt Stralsund, Pressemitteilung, 17.10.2012; Nachrichten T-Online/dapd, 19.10.2012

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