Der Internationale Suchdienst (ITS/International Tracing Service) in Bad Arolsen erweitert sein Aufgabenspektrum und erhält ein neues Management. Der Internationale Ausschuss, dessen elf Mitgliedsstaaten die Richtlinien für die Arbeit des ITS in Bad Arolsen festlegen, hat vergangene Woche in Paris zwei neue Abkommen zu den künftigen Aufgaben und der Trägerschaft des ITS paraphiert. Neben der Suche und Schicksalsklärung werden die Aufgaben des ITS damit auch formell um die Forschung, Bildung, Gedenkarbeit sowie die Erschließung der Dokumente erweitert. Neuer institutioneller Partner wird 1. Januar 2013 das Bundesarchiv. Es soll den Internationalen Ausschuss und den Direktor des ITS in Bereichen wie Konservierung, Aufbewahrung und Erschließung beraten. Der Direktor wird künftig direkt vom Internationalen Ausschuss ernannt. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zieht sich Ende 2012 aus der Leitung des ITS zurück.
Anbei ein Statement des Präsidenten vom Internationalen Ausschuss, Frédéric Baleine du Laurens, sowie die Presseinformation des IKRK:
Statement des Präsidenten vom Internationalen Ausschuss, Frédéric Baleine du Laurens, Paris, 18. November 2011
Der Internationale Ausschuss für den Internationalen Suchdienst (ITS/International Tracing Service) hat sich zu einer Sitzung in Paris am 17. und 18. November 2011 getroffen. Er hat zwei wichtige Vertragsentwürfe paraphiert, welche die Verbundenheit der elf Mitgliedsstaaten mit dem ITS bekräftigen, seine Aufgaben bestätigen und erweitern sowie seinen künftigen Handlungsrahmen genauer angeben.
„Diese Abkommen bekräftigen erneut die einstimmige Unterstützung der elf Mitgliedsstaaten für den Internationalen Suchdienst, der eine bewundernswerte Arbeit im humanitären Bereich, aber auch zur Wahrung der Erinnerung leistet. Die soeben paraphierten Abkommen sind ein logischer Schritt, der der Öffnung des Archivs für die Forschung Ende 2007 folgt. Damit gibt es jetzt eine vertragliche Grundlage für die schrittweise Entwicklung des ITS zu einem internationalen Zentrum für Dokumentation, Information und Forschung“, sagte Frédéric Baleine du Laurens, Präsident des Internationalen Ausschusses und Direktor der Archive im französischen Außenministerium.
Mit den beiden neuen Verträgen, die noch von den Mitgliedsstaaten unterzeichnet und ratifiziert werden müssen, sei eine Lösung gefunden worden, die die Zukunft des ITS sichert, betonte Baleine du Laurens. „Seit seiner Entstehung war es eine wichtige Aufgabe des ITS, den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung und deren Rechtsnachfolgern Auskunft zu erteilen. Diese Arbeit wird in bestmöglicher Weise fortgesetzt. Wir müssen uns aber auch den Anforderungen der Gedenkarbeit bewusst sein und uns den Fragen der Zukunft stellen, in der es keine Zeitzeugen dieser Tragödien mehr geben wird. Die in Bad Arolsen verwahrten Dokumente bieten enorme Möglichkeiten für die Aufklärung und Ausbildung der künftigen Generationen und für die historische Forschung. Dieses Potenzial wollen wir künftig verstärkt nutzen und befürworten deshalb mit Entschiedenheit einen sehr breiten Zugang zu den in Bad Arolsen verwahrten Archiven, auch über die Möglichkeit eines externen Zugriffs auf die Datenbank des ITS.“
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat seinen Rückzug aus der Leitung der Einrichtung für Ende 2012 angekündigt. „Die wichtige humanitäre Arbeit des Roten Kreuzes und insbesondere die vielen Familienzusammenführungen waren für die Betroffenen von enormer Bedeutung“, äußerte Baleine du Laurens. „Der Internationale Ausschuss möchte seine hohe Wertschätzung für die bewundernswerte Arbeit, die das IKRK seit fast 60 Jahren auf diesem Gebiet geleistet hat, zum Ausdruck bringen und sich im Namen der elf Mitgliedsstaaten bei ihm herzlich und einstimmig bedanken.“
Der Internationale Ausschuss hat entschieden, dass ab dem 1. Januar 2013 das Bundesarchiv der „neue institutionelle Partner“ des ITS werden wird. Diese zwei Institutionen werden unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Statuten und Aufgaben eng zusammenarbeiten. „In Anbetracht der sehr hohen Kompetenz des Bundesarchivs freut sich der Internationale Ausschuss ganz besonders über die Zustimmung, der künftige institutionelle Partner des ITS zu sein“, erklärte Baleine du Laurens und fügte hinzu: „Wir wünschen im Interesse aller Beteiligten eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem ITS und dem Bundesarchiv. Als Ausdruck dieser besonderen Verbindung zwischen den beiden Institutionen wird das Bundesarchiv als Ständiger Beobachter beim Internationalen Ausschuss vertreten sein.“
Der Direktor des ITS wird künftig nach einstimmiger Billigung durch den Internationalen Ausschuss ernannt. Der Direktor wird ausschließlich dem Internationalen Ausschuss unterstehen und als dessen Sekretär handeln.
Über den Internationalen Suchdienst
Der Internationale Suchdienst (ITS) in Bad Arolsen dient Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung und deren Angehörigen, indem er ihr Schicksal mit Hilfe seines Archivs dokumentiert. Der ITS bewahrt diese historischen Zeugnisse und macht sie der Forschung zugänglich. Der ITS untersteht einem Internationalen Ausschuss aus elf Mitgliedsstaaten (Belgien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Israel, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Großbritannien, USA).
ICRC News Release No. 11/235
International Tracing Service: neues Management, zusätzliche Aufgaben
IKRK (Genf) – Der Internationale Suchdienst (ITS/International Tracing Service) in Bad Arolsen wird seine Rolle ausweiten. Während die Suche nach vermissten Personen in Folge des Zweiten Weltkrieges und die Familienzusammenführung fortgesetzt werden, entwickelt sich der ITS allmählich auch zu einem Zentrum für Dokumentation, Forschung und Bildung über die nationalsozialistische Verfolgung von 1933 bis 1945.
1955 hat der Internationale Ausschuss, dem heute elf Mitgliedsstaaten angehören, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) das Management des ITS anvertraut. Jetzt ist der Zeitpunkt für das IKRK gekommen, sich aus dieser Funktion zurückzuziehen. Dieser Prozess wird Ende 2012 zum Abschluss kommen.
Bei seinem Treffen in Paris hat der Internationale Ausschuss am 18. November 2011 ein erweitertes Mandat und eine neue Managementstruktur für den ITS vereinbart, bei der das Bundesarchiv die Rolle eines Beraters übernimmt. Diese Veränderungen sollen am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Das IKRK wird als Ständiger Beobachter im Internationalen Ausschuss vertreten bleiben und bei der Suche nach vermissten Familienangehörigen weiterhin mit dem ITS zusammenarbeiten, eingebunden in das weltweite Netz der Internationalen Rot-Kreuz- und Roter Halbmond-Bewegung.
Der neue Status ist ein Resultat der Öffnung des Archivs Ende 2007 und bestätigt die Entwicklung von einer vorwiegend auf die Suche und Familienzusammenführung orientierten Einrichtung zu einem Zentrum für die Dokumentation, Forschung und Bildung.
„Nach mehr als einem halben Jahrhundert im Management des ITS ist für uns die Zeit des Rückzugs gekommen. In dieser Zeit haben wir Millionen Menschen in der ganzen Welt Antworten zum Schicksal ihren Angehörigen geben können. Wir werden dem neuen ITS weiterhin unser Expertenwissen in Fragen der Suche und Schicksalsklärung zur Verfügung stellen“, erklärte Barbara Hintermann, Leiterin der IKRK-Aktivitäten in Europa und Nordamerika.
Der Internationale Suchdienst (ITS) in Bad Arolsen dient Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung und deren Angehörigen, indem er ihr Schicksal mit Hilfe seines Archivs dokumentiert. Der ITS bewahrt diese historischen Zeugnisse und macht sie der Forschung zugänglich.
Quelle: ITS, Pressemeldung, 22.11.2011