Die Evangelische Kirchengemeinde Meinerzhagen hat dieser Tage ihr überarbeitetes Archiv in 103 Archivkartons zurückbekommen. Ein Teil des Archivs war zwar schon früher einmal geordnet und verzeichnet worden, die Ordnungs- und Konservierungsstandards haben sich aber mit der Zeit geändert. Deswegen nutzte die Kirchengemeinde den Service des Landeskirchlichen Archivs der Evangelischen Kirche von Westfalen, sie bei der Sicherung ihres wertvollen Schriftgutes zu unterstützen.
Das Gemeindearchiv wurde nach Bielefeld transportiert, dort inhaltlich und zeitlich erschlossen und archivgerecht in konservierende Materialien verpackt. Dabei wurde ein „Findbuch“, in dem alle Archivalien in einer systematischen Reihenfolge aufgelistet sind, angelegt. Ein rascher Rückgriff auf die gesuchte Archivalie ist damit gewährleistet. Außerdem sind die Inhalte des Gemeindearchivs mit einer elektronischen Datenbanksystem erfasst. Das macht eine elektronische Recherche, zukünftig sogar online, möglich.
Das Archiv umfasst 737 Verzeichnungseinheiten (Urkunden, Kirchenbücher, Akten und Amtsbücher, Bauzeichnungen, Sammlungsgut) und erstreckt sich über den Zeitraum von 1392 bis 2008. Das Archiv enthält einen umfangreichen Urkundenbestand. Auch der Aktenbestand reicht weit zurück und liefert wertvolle Hinweise zur Geschichte der Kirchengemeinde und des Ortes Meinerzhagen. Aus den einzelnen Dokumenten sind das älteste Kirchenbuch und die Chronik des Pastors Sohn hervorzuheben.
Das älteste Kirchenbuch enthält neben den Daten über Taufen, Trauungen und Beerdigungen zwischen 1662 und 1698 auch Aufzeichnungen über den „Status Ecclesiae Meinertzhagensis“ (religiösen Stand der Kirchengemeinde). Um die Mitte des 17. Jahrhunderts beanspruchten Katholiken aus Kleve-Mark unter anderem die Meinerzhagener Kirche. Es kam zu einem Rechtsstreit, zu dem dieses Dokument gehört. In den Berichten vom 6. April 1648 und vom 2. Juni 1666 wurde eine Reihe von Zeugen aufgeführt, die glaubhaft bestätigen konnten, dass die Kirche am Ort schon seit langer Zeit der evangelischen Konfession angehöre. Nach erneuten Untersuchungen zwischen 1664 und 1667 wurden die Besitzansprüche der Katholiken zurückgewiesen.
Mitte der 1960er Jahre konnte die evangelische Kirchengemeinde die Chronik des Pastors Johann Adam Sohn (in Meinerzhagen 1740-1749, in Schwelm 1749-1784) und seiner Nachfahren erwerben. In der Sohn´schen Chronik reichen die geschichtlichen Daten von 1500 bis 1868. Die Chronik beginnt mit einer Schilderung der Ortsgeschichte und enthält zusätzlich Angaben über ein Marienbild, Altäre und Einzelheiten der Wallfahrtsprozessionen. Interessant ist die Nachricht über den Tod des dänischen Prinzen Christian Ulrich von Güldenlöwe am 16. Oktober 1640. Er wurde als Oberst in spanischen Diensten von niederländischen Dragonern auf dem Kirchplatz von Meinerzhagen im Kampf erschossen.
Besondere Beachtung verdient die mit 1764 beginnende Archivüberlieferung zur Baugeschichte. Mehrere Akten schildern den Wiederaufbau der Kirche und anderer kirchlicher Gebäude nach dem Großbrand von 1797. Damals wurden 81 von 116 Häusern zerstört und die Kirche so schwer beschädigt, dass der Turm einstürzte. Die nachfolgenden Renovierungen der Jesus-Christus-Kirche im 19. und 20. Jahrhundert zeigen die Bemühungen der Kirchengemeinde um die Erhaltung dieses ältesten Baudenkmals der Stadt Meinerzhagen, dem eine besondere kunsthistorische Stellung zugesprochen wird.
Das Verwaltungsschriftgut wird durch die Sammlungen von Fotos, Plakaten, Zeitungsausschnitten und Druckschriften bereichert.
Das Archiv der Kirchengemeinde Meinerzhagen wird seit 1990 ehrenamtlich von Karl-Heinz Bartsch betreut, 2000 kam die Archivpflege in der Ev. Kirchengemeinde Kierspe dazu. Mit großem Verantwortungsgefühl kümmert sich Herr Bartsch um die Sicherung und Aufarbeitung der geschichtlichen Quellen. Sein besonderes Interesse gilt der Familienforschung. Dank seines Engagements sind Eintragungen aus den Meinerzhagener Kirchenbüchern über Taufen, Trauungen und Sterbefälle,1662 beginnend, digital abrufbar.
Das Archiv ist von großer Bedeutung für die Identität und das Selbstverständnis einer Kirchengemeinde. Wir freuen uns, dass sich die Kirchengemeinde des Wertes ihres Archivs bewusst ist und hoffen, dass mit der Archivierung die Nutzungsmöglichkeiten des Archivs gestiegen und seine Erhaltung gewährleistet ist.
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www.evangelische-kirchengemeinde-meinerzhagen.de
Quelle: Westfälischer Anzeiger, 25.8.2011