Das verschmorte Archiv der Tucher

Die Nürnberger Patrizierfamilie Tucher gehörte zu den bedeutendsten Handelsgeschlechtern der deutschen Renaissance. Ihr Archiv wurde über Jahrhunderte im Tucherpalais am Egidienberg in Nürnberg aufbewahrt. In der Bombennacht am 2. Januar 1945, in der die Stadt Nürnberg weitgehend zerstört wurde, erlitt auch das Familienarchiv im Tucherpalais gravierende Schäden. Durch Hitze und heißes Löschwasser schrumpften zahlreiche Pergamenturkunden auf ein Drittel ihrer Größe. Eine Öffnung der verbackenen, harten und brüchigen geschwärzten Pergamente schien unmöglich.

2010 wandte sich der Leiter des Stadtarchivs Nürnberg, Dr. Michael Diefenbacher, an den Geschäftsführenden Direktor des Instituts für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der Fachhochschule Köln, Prof. Dr. Robert Fuchs, einem weltweit gefragten Experten der Papierrestaurierung. Heute wurden einige der völlig zerstört geglaubten Pergamenturkunden weitgehend wieder hergestellt und lesbar an das Stadtarchiv Nürnberg zurückgegeben. Selbst die prachtvolle Illuminierung der an der Universität Bologna ausgestellten Promotionsurkunde des Sistus Tucher konnte gerettet werden.

»Auch die Malschichten waren zwar geschrumpft, sie ließen sich jedoch sehr gut festigen und vermitteln nun wieder annähernd ihre ursprüngliche Pracht«, berichtet Prof. Dr. Robert Fuchs. Im Beisein von mehreren Mitgliedern der Familie Tucher (Baron Wilhelm von Tucher, Baron Joachim von Tucher, Baronin Barbara von Tucher, Baron Dr. Paul von Tucher und Baronin Rebecca von Tucher) und Vertretern der Tucherstiftung wurden die restaurierten Pergamenturkunden jetzt in Nürnberg vom Leiter des Stadtarchivs Nürnberg, Dr. Michael Diefenbacher, und Prof. Dr. Fuchs von der Fachhochschule Köln der Presse vorgestellt.

In Semesterarbeiten des letzten Bachelorsemesters hat Prof. Dr. Robert Fuchs gemeinsam mit Studierenden beispielhaft Methoden zur Öffnung und Restaurierung der nahezu zerstörten Urkunden entwickelt. Durch gezielte Konditionierung in verschiedenen Feuchtekammerkonstruktionen und durch Goretex-Sandwich-Befeuchtung konnten die Urkunden wieder geöffnet und geglättet werden. Es gelang auch, die Schrift von besonders verschmorten Dokumenten mittels Durchlicht und Bandpassfilter-Reflektographie wieder lesbar zu machen. Sie stehen jetzt im Stadtarchiv Nürnberg, dem 1974 die Betreuung und Benutzung der Archive der Familie Tucher übertragen worden ist, wieder der Forschung zur Verfügung.

»Es ist unglaublich, dass es gelungen ist, diese wertvollen Urkunden nach über 60 Jahren wieder lesbar zu machen. Es sind aber leider nur 12 von ca. 200 Stück« sagte der Direktor des Stadtarchivs Nürnberg, Dr. Michael Diefenbacher. Auch Wilhelm von Tucher hob die Leistung der Durchführung der Restaurierung ausdrücklich hervor: »Die Familie von Tucher ist für den Einsatz und das Engagement von Herrn Prof. Dr. Fuchs und Herrn Dr. Diefenbacher in dieser Sache sehr dankbar!«

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Quelle: Fachhochschule Köln, Pressemitteilung, 25.7.2011

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