Zeitzeuge des Holocaust zu Besuch in Dinslaken

Wie jedes Jahr im Sommer war Fred Spiegel zu Besuch in seiner Geburtsstadt Dinslaken und bei Freunden in Hiesfeld. Diese Besuche sind nicht selbstverständlich, denn Spiegel wurde 1932 in eine jüdische Familie hineingeboren. Seinen Vater verlor er 1933. Als damals Sechsjähriger erinnert er sich gut an die Ereignisse im November 1938 in Dinslaken und die nachfolgende furchtbare Zeit. Seine Erinnerungen hielt er auf 170 Seiten unter dem Titel „Once the acacias bloomed“ fest. Der Band kann im Stadtarchiv Dinslaken eingesehen und in der Stadtbibliothek ausgeliehen werden.

Inzwischen ist Fred Spiegel vielen Schülern in dieser Stadt ein Begriff. Jahr für Jahr geht er seit den späten 1990er Jahren in die Dinslakener Schulen und erzählt als Zeitzeuge in gutem Deutsch, aber mit amerikanischem Akzent, aus seinem Leben, vom Überleben in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Viele Mitglieder seiner Familie kamen darin ums Leben. Spiegel wanderte in die USA aus. Dort geht der Zeitzeuge des Holocaust jährlich in etwa 80 Schulen und trägt dazu bei, dass die nationalsozialistischen Gräuel nicht vergessen werden.

Seine Eindrücke vom Besuch Spiegels schildert THG-Schüler Dennis Großmann (11. Klasse) so: "Wenn man den Mann fortgeschrittenen Alters in der Aula sieht, möchte man gar nicht glauben, dass man hier einen Überlebenden der Shoa vor sich hat. Fred Spiegel sitzt dort, fast schon ein bisschen schüchtern, und fängt an zu reden. Mit einer erstaunlich klaren Stimme erzählt er von seiner Kindheit und Jugend. Wie er im Stadtpark spielte, von älteren Jungen schikaniert wurde und deshalb mit den Kindern im Waisenhaus spielte. Wie er mit seiner Familie nach Holland flüchtete. Wie er von dort über das Transitlager Westerbork nach Bergen-Belsen kam. Und wie US-Soldaten später die Insassen des Gefangenenlagers fanden und sie, verwahrlost wie sie waren, nicht einmal für Menschen hielten." Warum er all dies den Jugendlichen erzähle, wird er gefragt. Nach kurzem Überlegen antwortet er: "Um euch die Möglichkeit zu geben, zu erfahren wie es wirklich war", und kurz später reicht er nach, "weil viel zu viele sich verschließen und nicht darüber reden wollen, was geschah."

Bürgermeister Dr. Michael Heidinger empfing Fred Spiegel gemeinsam mit der Ersten Beigeordneten Christa Jahnke-Horstmann im Rathaus. Heidinger drückte seinen Dank und seine Hochachtung für die Erinnerungsarbeit aus, die Spiegel in Dinslaken leistet, und wünschte sich, ihn noch oft begrüßen zu können. Ganz besonders denkt Michael Heidinger dabei an das Jahr 2013, das die Stadt zum Anlassnehmen wird, mit verschiedenen Veranstaltungen und Projekten an die Ereignisse in der Reichspogromnacht vor 75 Jahren zu erinnern.

Quelle: RP Online, 14.7.2011; Stadt Dinslaken – Pressestelle, Pressemeldung, 18.7.2011

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