Maria Kobold (Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden) und Jana Moczarski (Institut für Stadtgeschichte Frankfurt/M.) ist ein umfassendes Nachschlagewerk auf dem Gebiet der Bestandserhaltung in Archiven und Bibliotheken gelungen. Sehr schön gestaltet, wird dieses Buch im augenfälligen Querformat ein unverzichtbarer Ratgeber für die alltägliche Arbeit sein. Dass sich eine Archivarin und eine Restauratorin gemeinsam ans Werk gemacht und das Fachwissen beider Berufszweige zusammengeführt haben, trägt gute Früchte in dem außerordentlichen Detailreichtum der vorgestellten Maßnahmen. Doch nicht nur Archive und Bibliotheken sind die Zielgruppen. Die Autorinnen beziehen sich vielmehr auf sämtliche Entstehungs- und Bearbeitungsphasen von Schriftgut und richten sich damit auch an Verwaltungen und Registraturen, denn Bestandserhaltung beginnt bereits präventiv bei der Auswahl geeigneter Materialien und Lagerungsbedingungen im Vorfeld. Andererseits, so heben es Maria Kobold und Jana Moczarski einleitend hervor, erschöpft sich Bestandserhaltung nicht nur in fachgerechter Handhabung und Verpackung von Archivalien, Büchern oder Registraturgut, sondern impliziert als grundlegende Langzeitaufgabe zur Erhaltung unseres Kulturgutes auch die Lagerung und deren ständige Überwachung.
Abb.: Bestandserhaltung. Ein Ratgeber für Verwaltungen, Archive und Bibliotheken
Die ersten vier Kapitel des Ratgebers Bestandserhaltung befassen sich mit der vorarchivischen und -bibliothekarischen Bearbeitung, der Übernahme und Aufbereitung und schließlich der endgültigen Lagerung und Benutzung von Archiv- und Bibliotheksgut. Drei weitere Kapitel sind der Behandlung von bereits entstandenen Schäden gewidmet, dem Umgang im Leihverkehr und bei Ausstellungen sowie der Notfallvorsorge. Zur einfachen und schnellen Handhabung sind alle sieben Kapitel durch Registermarken am Seitenrand gekennzeichnet. Nach einem Einführungstext in jedem Kapitel fassen Merkkästen die wichtigsten Punkte kurz zusammen, so dass auch der eilige Leser sich schnell orientieren kann.
Danach folgen ausführliche Tabellen. Auch wenn die systematische Gegenüberstellung hier gelegentlich an ihre Grenzen stößt, lassen sich Vor- und Nachteile verschiedener Maßnahmen oder Materialien sowie mögliche Schäden sehr gut nachschlagen. Neben dem Schriftgut in Akten- oder Buchform werden auch alle anderen Archivaliengattungen und Materialien berücksichtigt wie Pergamenturkunden, Siegel, fotografische Materialien, audiovisuelle Medien und digitale Datenträger. Nicht gespart wurde in dem Band mit Illustrationen und Bildern, was zusätzlich zum Blättern einlädt. An der einen oder anderen Stelle werden auf diese Weise Sachverhalte veranschaulicht, die sich eben besser über Bilder erklären.
Sehr hilfreich für Ausstellungen ist z.B. die gezeichnete Anleitung für die einfache Herstellung einer Buchwiege aus Karton. Trifft doch früher oder später jedes Archiv oder jede Bibliothek auf das Problem, dicke Folianten im aufgeschlagenen Zustand lesbar und dennoch schonend in Ausstellungsvitrinen präsentieren zu wollen! Wie elegant und unauffällig diese Lösung sein kann, zeigen Fotos in dem Kapitel. Darüber hinaus hält die Veröffentlichung Musterverträge und -formulare bereit, so zur Benutzung, Archivalienausleihe oder für die Vereinbarung eines Notfallverbundes.
Dass dieses Buch sich als Ratgeber für die alltägliche Praxis bewähren wird, haben die Kolleginnen mit der ansprechenden und sehr übersichtlichen Gestaltung erreicht. Und mehr noch, auch der Anspruch, sich an weniger geschulte Mitarbeiter in kleineren und mittleren Kommunalarchiven und Bibliotheken zu wenden, lässt sich sicherlich erfüllen, denn über ein ausführliches Glossar am Ende des Buches erklären sich viele Fachbegriffe.
Die beiden Autorinnen haben ein grundlegendes Werk verfasst. „Der blaue Kobold“, wie das Buch im Gespräch unter Kollegen bereits getauft wurde, dürfte in Zukunft in keinem Handapparat von Archivaren und Bibliothekaren fehlen. In ihrem Fazit betonen die Autorinnen, dass vielfach weit reichende und teure Schäden an Büchern und Archivalien bereits durch entsprechende Fachkenntnisse der präventiven Konservierung und deren Anwendung vermieden werden könnten. Dies sollte, wenn man die Empfehlungen von Maria Kobold und Jana Moczarski beherzigt, wohl gelingen!
Info:
Maria Kobold und Jana Moczarski: Bestandserhaltung. Ein Ratgeber für Verwaltungen, Archive und Bibliotheken, Herausgeber: Kreisarchiv Hochtaunuskreis, Bad Homburg v.d. Höhe, Archivberatungsstelle Hessen, Darmstadt und Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt am Main, Vertrieb: Hessische Historische Kommission, Darmstadt; 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-88443-058-3, 252 S.
Ingrun Osterfinke (Landeskirchliches Archiv Bielefeld)